Urteil des BVerwG vom 10.10.2012

BVerwG: anteil, park, aktiven, daten, leistungsfähigkeit, aufwand, vergleich, analyse, belastung, verkehrssicherheit

BVerwG 9 A 20.11
Rechtsquellen:
FStrG § 17 Satz 2, § 17e Abs. 6 Satz 2
BImSchG § 41, §§ 47a ff.
VwVfG § 74 Abs. 2 Satz 2
Stichworte:
Bauarbeiten; Bauzeit; Lärm; Staub; Erschütterungen; AVV Baulärm; Lärmprognose; worst-case-
Betrachtung; offenporiger Asphalt; Summenpegel; kritische Immissionsorte;
Lärmminderungsplanung; Lärmschutzkonzept; aktiver Lärmschutz; Lärmschutzwand; Vollschutz;
Teilschutz; städtebauliche Verträglichkeit; Verkehrssicherheit; Abwägung.
Leitsatz:
1. Von einem Vorhaben mittelbar Betroffene können eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur
hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung -
der ihren Belangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben sprechenden Belange verlangen.
2. Fehler bei der Verkehrs- oder der Luftschadstoffprognose stellen bei Klagen mittelbar
Betroffener regelmäßig nicht die Grundlagen der Planung in Frage, sondern können durch eine
Ergänzung der Planung um Schutzauflagen behoben werden (§ 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG).
3. Bei der Ermittlung derjenigen Variante aktiven Lärmschutzes, bei der mit gerade noch
verhältnismäßigem Aufwand eine maximale Verbesserung der Lärmsituation zu erzielen ist,
können solche Varianten ausgeschieden werden, bei denen weit höhere Kosten mit einer nur
geringfügig besseren Schutzwirkung einhergehen (sog. Sprungkosten; im Anschluss an Urteil
vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 33 S. 80 f.).
4. Die detaillierte Kosten-Nutzen-Analyse muss nicht auf solche Varianten aktiven Lärmschutzes
erstreckt werden, bei denen schon aufgrund einer Grobprüfung festgestellt werden kann, dass
sie nicht ernsthaft in Betracht kommen oder die wegen bestimmter Vorzüge (etwa besonderer
Wirtschaftlichkeit) in jedem Fall ausgeführt werden sollen.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 9 A 20.11
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 27. und 28. September 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick
am 10. Oktober 2012 für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verpflichtet, die Kläger zu 4, 5, 8 und 9 hinsichtlich des Schutzes
vor Immissionen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu
bescheiden.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
Die Gerichtskosten trägt der Beklagte zu 4/27, die Kläger zu 1, 2, 3, 6 und 7 zu
jeweils 1/9 und die Kläger zu 4, 5, 8 und 9 zu jeweils 2/27.
Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 4, 5, 8 und 9 trägt der Beklagte zu
jeweils 1/3. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Kläger zu 1, 2, 3,
6 und 7 zu jeweils 1/9 und die Kläger zu 4, 5, 8 und 9 zu jeweils 2/27. Im Übrigen
findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Gründe
I
1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung des Landes Berlin vom 29. Dezember 2010 für den Neubau der
Bundesautobahn A 100 im 16. Bauabschnitt (16. BA).
2 Der rund 3,2 km lange Abschnitt, der im Bedarfsplan des Bundes mit „vordringlichem Bedarf“
ausgewiesen ist, beginnt am Autobahndreieck Neukölln und soll an der Anschlussstelle Am
Treptower Park im Stadtstraßennetz enden. Er soll unter anderem den Verkehr, insbesondere im
Raum Neukölln und Treptow, bündeln und so diese Stadtteile und die Innenstadt vom
Durchgangsverkehr entlasten. Das Vorhaben ist Teil des nach dem Stadtentwicklungsplan
Verkehr und dem Flächennutzungsplan des Beklagten vorgesehenen sog. mittleren
Straßenrings, der im West- und Südteil der Stadt als Stadtautobahn (A 100) bereits vorhanden
ist. Die A 100 soll im Anschluss an die planfestgestellte Neubaustrecke im 17. Bauabschnitt (17.
BA) bis zur Frankfurter Allee fortgeführt werden; danach soll der mittlere Ring als Stadtstraße bis
zum Straßenzug Osloer Straße/Seestraße vervollständigt werden. Der 17. BA der A 100 ist im
Bedarfsplan des Bundes als Vorhaben des „weiteren Bedarfs“ eingestuft; ein
Planfeststellungsverfahren wurde insoweit noch nicht eingeleitet.
3 Die planfestgestellte Trasse verläuft nach dem Autobahndreieck Neukölln über eine Strecke
von 385 m in einem Tunnel (Tunnel Grenzallee) und daran anschließend weitgehend in
Troglage mit Unterführungen kreuzender Gleisanlagen der Fern- und der S-Bahn sowie der
Straßen Sonnenallee, Dieselstraße und Kiefholzstraße. Das nachgeordnete Stadtstraßennetz
wird über die Anschlussstellen Sonnenallee und Am Treptower Park an die A 100 angebunden.
Die Anschlussstelle Am Treptower Park stellt das Ende des 16. BA der A 100 dar, die dort in die
B 96a mündet.
4 Die Unterlagen zur Planfeststellung lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung im
Zeitraum vom 9. März bis 9. April 2009 zur Einsicht aus. Der Erörterungstermin wurde in der Zeit
vom 12. bis 27. November 2009 durchgeführt. Die Kläger erhoben Einwendungen gegen das
Vorhaben. Mit Datum vom 29. Dezember 2010 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau des
16. BA der A 100 fest.
5 Die Kläger sind Mieter oder Eigentümer bzw. im Falle der Klägerin zu 6 durch Vormerkung
gesicherte Erwerber von Wohnungen im Umfeld des planfestgestellten Abschnitts der A 100. Sie
wenden sich gegen Belastungen durch vorhabenbedingte Immissionen. Die für die
Einschätzung der Lärm- und Schadstoffbelastungen maßgebliche Prognose der künftigen
Verkehrsmengen sei ebenso fehlerhaft wie die Lufthygienische Untersuchung und die Annahme,
Überschreitungen der Grenzwerte für Luftschadstoffe könnten mit Mitteln der
Luftreinhalteplanung vermieden werden. Zu Unrecht sei zugunsten des Vorhabens in die
Abwägung eingestellt worden, dass die Belastung mit Verkehrslärm im Stadtgebiet infolge der
Bündelungswirkung der Neubaustrecke insgesamt zurückgehen werde. Zu Lasten des
Vorhabens hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Knotenpunkte Am Treptower
Park/Elsenstraße und Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm den Verkehr künftig nicht
mehr bewältigen könnten und es daher regelmäßig zu Staus mit umfangreichen
Ausweichverkehren in die umliegenden Stadtstraßen kommen werde. Es hätte näher geprüft
werden müssen, ob die Variante einer Halbanschlussstelle nördlich der Spree zur Vermeidung
unzumutbarer Schadstoffbelastungen in der Elsenstraße vorzugswürdig sei. Die
schalltechnische Untersuchung (Lärmprognose) sowie die Summenpegelbetrachtung seien
fehlerhaft erfolgt und das Lärmschutzkonzept sei nicht plausibel; es hätten weitergehende
Maßnahmen aktiven Schallschutzes festgesetzt werden müssen.
6 Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für das Bauvorhaben „Neubau der
Bundesautobahn A 100 zwischen Autobahndreieck Neukölln und Anschlussstelle Am Treptower
Park in den Bezirken Neukölln und Treptow-Köpenick von Berlin“ vom 29. Dezember 2010 i.d.F.
vom 27./28. September 2012 aufzuheben,
hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zu
verpflichten, sie hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen erneut zu bescheiden.
7 Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
8 Er tritt dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.
II
9 A. Die Klagen der Kläger zu 1 bis 5 und 7 bis 9 sind zulässig. Das gilt namentlich auch für die
Klagen der Klägerinnen zu 2 und 3. Diese können sich entgegen der Auffassung des Beklagten
als Wohnungsmieterinnen auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 GG gegen - hier auch nicht
gänzlich fernliegende - Gefährdungen ihrer Gesundheit durch vorhabenbedingte Immissionen
wenden (vgl. Urteile vom 29. Juli 1977 - BVerwG 4 C 51.75 - BVerwGE 54, 211 <222 f.> und vom
11. Mai 1989 - BVerwG 4 C 1.88 - BVerwGE 82, 61 <75>). Außerdem schützt § 41 Abs. 1
BImSchG die „Nachbarschaft“ i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG vor schädlichen Verkehrsgeräuschen,
wozu auch Anwohner zählen, die nicht Eigentümer sind (vgl. Beschluss vom 28. November 1995
- BVerwG 11 VR 38.95 - Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 5 S. 3). Ob die Klage der Klägerin zu 6
zulässig ist, kann dahinstehen; sie ist jedenfalls unbegründet.
10 B. Die Klagen sind mit ihrem auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses
gerichteten Hauptantrag unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem
Rechtsfehler, der die Kläger in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise -
Aufhebung des Beschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und
Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
11 Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche
Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit
bestehenden Wechselbeziehung - der ihren Belangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben
streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange
ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend
machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen
bestimmt sind (vgl. Urteile vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 71.07 - juris Rn. 47 und vom 24.
November 2010 - BVerwG 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 25 und 54; stRspr).
12 I. Es bedarf keiner Klärung, in welchem Umfang die von den Klägern genannten allgemeinen,
nicht auf ihre konkrete Immissionsbetroffenheit bezogenen Mängel der Planung nach diesem
Maßstab von ihnen geltend gemacht werden können. Offenbleiben kann ferner, ob einzelne
Kläger mit diesem Vorbringen teilweise ausgeschlossen sind; so haben etwa die Kläger zu 1 bis
5 im Verwaltungsverfahren nicht die Richtigkeit der Verkehrsprognose thematisiert (vgl. dazu
Urteil vom 26. Mai 2011 - BVerwG 7 A 10.10 - juris Rn. 31 ff.). Denn jedenfalls sind solche
Mängel nicht erkennbar. Im Urteil des Senats im Verfahren BVerwG 9 A 19.11 vom heutigen
Tage wird dazu ausgeführt:
„1. Die Planrechtfertigung ist für das Vorhaben gegeben. Es ist im Bedarfsplan für die
Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) -
FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten und damit gemäß § 1 Abs. 2 Satz
1 FStrAbG gemessen an der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten. Die
gesetzliche Feststellung des Bedarfs kann im gerichtlichen Verfahren nur beanstandet werden,
wenn sie evident unsachlich ist (stRspr; vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 -
BVerwGE 130, 299 Rn. 43). Bei dem Bedarf muss es sich um weiträumigen Verkehr handeln
(vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG). Das schließt die Bündelung mit anderen, lokal oder regional
ausgerichteten Zielen nicht aus. Auch ist es für Planungsabschnitte in innerstädtischen oder
stadtnahen Lagen nicht untypisch und besagt daher nichts über eine evident unsachliche
Bedarfsfeststellung, dass der Anteil des weiträumigen Verkehrs auf einer geplanten
Bundesautobahn stark hinter dem lokalen Verkehrsanteil zurückbleibt. Verfehlt wäre eine
Bedarfsfeststellung vielmehr erst dann, wenn es für die fernstraßenrechtliche Planung im
Hinblick auf den weiträumigen Verkehr keinerlei nachvollziehbaren Bedarf gäbe (vgl. Beschluss
vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 Rn. 7). Das kann
hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil eine Netzverknüpfung innerhalb des
Fernstraßennetzes geplant ist, nämlich zwischen der A 100 (A 113, A 115) und der
Bundesstraße B 96a. Folglich wird die A 100 im 16. BA auch weiträumigen Verkehr in
nennenswertem Umfang aufnehmen, wovon die Kläger im Übrigen in anderem Zusammenhang
selbst ausgehen.
2. Entgegen der Auffassung der Kläger wird kein unzulässiger Zwangspunkt geschaffen. Die
Rechtsprechung zur Zwangspunktsetzung dient der Gewährung effektiven Rechtsschutzes.
Danach kann sich ein Eigentümer gegen eine heranrückende Planung, die sein Grundstück
noch nicht unmittelbar betrifft, zur Wehr setzen, wenn ein Zwangspunkt geschaffen wird, der im
weiteren Planungsverlauf zwangsläufig dazu führen muss, dass er in seinen Rechten betroffen
wird (Urteil vom 25. Januar 2012 - BVerwG 9 A 6.10 - NVwZ 2012, 567 Rn. 21). Dies verkennen
die Kläger, wenn sie meinen, aufgrund des Vorhabens stehe zwangsläufig fest, dass die A 100
im nachfolgenden 17. BA oberirdisch fortgeführt werde, ohne dass die insoweit berührten
Belange etwa im Hinblick auf vorzugswürdige Alternativen abgewogen worden seien. Denn sie
haben nicht dargelegt, dass und auf welche Weise sie selbst im Folgeabschnitt nachteilig
betroffen sein könnten. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte für die behauptete
Zwangspunktsetzung. Das gilt auch mit Blick auf das im Rahmen der Umgestaltung des
Bahnhofs Ostkreuz errichtete „Vorsorgebauwerk A 100“ zur Unterquerung der
Stadtbahnstrecken.
3. Die Planfeststellung weist keinen offensichtlichen, für die Betroffenheit der Kläger erheblichen
Mangel der nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Abwägung auf, der auf das Abwägungsergebnis
von Einfluss gewesen ist und nicht durch Planergänzung behoben werden kann (§ 17e Abs. 6
FStrG).
a) Ohne Erfolg rügen die Kläger, dass die Abschnittsbildung abwägungsfehlerhaft sei. Die
Abschnittsbildung ist zulässig, wenn der jeweilige Teilabschnitt eine selbständige
Verkehrsfunktion besitzt und der weiteren Verwirklichung des Vorhabens keine
unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A
27.06 - NVwZ 2008, 678 Rn. 41 [insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr.
195]). Danach kann die Abschnittsbildung hier nicht beanstandet werden. Die planfestgestellte
Trasse ist schon wegen ihrer Verknüpfung mit dem umliegenden Straßennetz kein
Planungstorso, sondern dient für sich genommen dem Verkehr. Dass der Fortführung der A 100
im 17. BA unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen könnten, ist weder dargetan noch sonst
ersichtlich.
b) Die der Abwägung der Immissionsschutzbelange zugrunde gelegte Prognose der künftigen
Verkehrsmenge begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich
daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf
unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet
worden ist (stRspr; vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn.
96). Diesem Maßstab genügt die im Streitfall angegriffene Verkehrsprognose.
aa) Der methodische Ansatz der Verkehrsprognose ist vertretbar.
Ausweislich der Objektkonkreten Verkehrsprognose 2025, der Verkehrlichen Begründung 2025
sowie den nachvollziehbaren Erläuterungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren wurde bei
der Erstellung der Verkehrsprognose wie folgt vorgegangen: In Einklang mit Ziffer 1.2.2 des
Anhangs der Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte, Ausgabe 1996 - RAS-Q
96 wurde auf der Grundlage des vierstufigen Personenverkehrsmodells des Deutschen Instituts
für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Modellprognose erstellt, wonach der künftige Verkehr auf der
einzelnen Straße als abgeleitete Größe aus Strukturdaten etwa zur Einwohner- und
Beschäftigtenentwicklung sowie anhand von Zähldaten zur vorhandenen Verkehrsstärke über
die Stufen Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung, Verkehrsaufteilung und Wegewahl ermittelt
wird. Grundlage war die im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe erstellte Untersuchung der auf
den Personenverkehr bezogenen Nachfrage durch das DIW unter Beiziehung der Matrix des
Bundes zum Fernverkehr und eigener Daten zur Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs.
Außerdem wurden die Auswirkungen berücksichtigt, die sich aus den bereits abgeschlossenen
und für den Prognosezeitraum 2025 geplanten Veränderungen im Straßennetz sowie den nach
dem Stadtentwicklungsplan in Berlin beabsichtigten verkehrspolitischen Maßnahmen ergeben.
Die Ergebnisse der Objektkonkreten Verkehrsprognose fanden Bestätigung beim Abgleich mit
den Daten der Gemeinsamen Verkehrsprognose der Länder Berlin und Brandenburg 2025 und
den anlässlich der Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans Verkehr (Stand März 2011)
gewonnenen aktuellen Erkenntnissen.
Die hiergegen von den Klägern vorgebrachten Rügen dringen nicht durch. Der Beklagte hat in
der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, wie die auf die Jahre 2020 bzw. 2030
bezogene Personenverkehrsprognose des DIW methodengerecht auf den hier maßgeblichen
Prognosezeitraum 2025 übertragen wurde. Er hat ferner klargestellt, dass in das
Prognosemodell nicht nur die Daten zum Personenverkehr aus der Untersuchung des DIW,
sondern auch aus der Matrix des Bundes entnommene Daten zum Fernverkehr sowie aus der
wirtschaftlichen Entwicklung abgeleitete Annahmen zum künftigen Wirtschaftsverkehr
eingespeist wurden. Auch die Bewertung bedeutsamer Änderungen im Straßenverkehrsnetz - zu
denen auch das Vorhaben selbst mit dem angestrebten Bündelungseffekt zählt - lässt keine
Fehler erkennen. Ausweislich der Verkehrlichen Begründung für das Vorhaben und der
Angaben des Beklagten ist als bereits abgeschlossene wichtige Baumaßnahme etwa die
durchgängige Fertigstellung der A 113 neu in die Prognose eingeflossen. Berücksichtigt wurde
ferner der Umstand, dass mit dem Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) künftig ein
starker Verkehrserzeuger vorhanden sein wird. Soweit die Kläger in der der Verkehrlichen
Begründung als Anhang beigefügten „Liste der im Prognoseplanfall 2025 berücksichtigten
Ausbaumaßnahmen im Hauptverkehrsstraßennetz in Berlin und Brandenburg“ den „Ausbau der
A 114 von AD Pankow bis Landesgrenze Berlin“ vermissen, hat der Beklagte unwidersprochen
angegeben, dass eine solche Maßnahme nicht vorgesehen sei. Was etwa einen sechsstreifigen
Ausbau der A 10 außerhalb von Berlin vom Autobahndreieck (AD) Pankow bis zum AD
Havelland angeht, ist weder von den Klägern hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich, dass
eine solche Maßnahme den Verkehr auf der A 100 im 16. BA nennenswert beeinflussen könnte.
Soweit die Kläger u.a. in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass es für den aus
Richtung Dresden über die A 113 kommenden Durchgangsverkehr künftig attraktiv sein könnte,
durch das Stadtgebiet über die A 113 neu, die A 100 und die A 114 nach Norden in Richtung
Hamburg zu fahren, vermag dies nicht zu überzeugen. Eine Fortführung der Stadtautobahn im
Anschluss an den bis zur Frankfurter Allee reichenden 17. BA ist weder bis zum Prognosejahr
2025 noch überhaupt vorgesehen, vielmehr soll der nördliche Außenring von da aus weiterhin
nur über Stadtstraßen zu erreichen sein. Demgegenüber kann der von Süden kommende
Durchgangsverkehr über die nach Nordwesten führende Stadtautobahn und die A 111
durchgängig auf Autobahnen in Richtung Norden gelangen, ohne dass diese Strecke erheblich
länger wäre.
Dass sich der Beklagte nur hinsichtlich des Fernverkehrs auf die Daten der
Bundesverkehrswegeplanung gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Zwar wäre es in
methodischer Hinsicht problematisch, für ein einzelnes Projekt von den aus bundesweiten
Strukturdaten und Verkehrsuntersuchungen abgeleiteten Daten der
Bundesverkehrswegeplanung zur regionalen Entwicklung ohne Rücksicht auf die Konsistenz
der Strukturdatenbasis abzuweichen (vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 -
BVerwGE 133, 239 Rn. 110 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17
FStrG Nr. 208 Rn. 76 f.). Vorliegend wurden die Informationen des Bundesverkehrswegeplans
jedoch nicht nur punktuell durch aktualisierte Daten ersetzt. Vielmehr hat der Beklagte aus der
Erkenntnis heraus, dass die auf eine bundesweite Anwendung zielende
Bundesverkehrswegeplanung für die Prognose speziell des Verkehrs auf einer Stadtautobahn
keine zureichenden Daten liefern kann, von einer Anwendung der regionalisierten Informationen
der Bundesverkehrswegeplanung abgesehen und stattdessen eine eigene Modellprognose
vorgenommen, die auf die besonderen Verhältnisse im Stadtgebiet abstellt und bei der zudem
die konkrete städtische Verkehrspolitik Berücksichtigung gefunden hat (vgl. bereits Urteile vom
23. November 2001 - BVerwG 4 A 46.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 19 S. 43 f. und
vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 A 43.99 - BeckRS 2002, 20776). Eine solche Abweichung
von der Bundesverkehrswegeplanung nach Maßgabe besserer Erkenntnisse steht in Einklang
mit dem Abwägungsgebot. Dass sich die Daten aus der Fernverkehrsmatrix des Bundes nicht
methodengerecht in die Modellprognose des Beklagten integrieren lassen, haben die Kläger
nicht geltend gemacht.
Der Ansatz eines Faktors von 0,9 zur Umrechnung der durchschnittlichen werktäglichen
Verkehrsstärke (DTVw) in die für den Lärmschutz maßgebliche durchschnittliche tägliche
Verkehrsstärke (DTV) begegnet keinen Bedenken. Die Kläger machen zu Unrecht geltend,
dieser Faktor sei zu niedrig bemessen, weil die sonntägliche Verkehrsstärke dann nur 56 % des
werktäglichen Verkehrs betrage. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt,
dass der DTVw-Wert nur die Zeit von Montag bis Freitag, nicht jedoch den Samstag umfasse.
Damit entspricht der Faktor von 0,9 einer sonntäglichen Verkehrsstärke von 65 % im Vergleich
zum werktäglichen Verkehr, was plausibel ist.
bb) Auch der Ansatz eines Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV (Kfz/24 h) von 7,4 % für den Tag und für
die Nacht ist nicht zu beanstanden.
Nach Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) beträgt
der maßgebende Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV für Bundesautobahnen tags (6 bis 22 Uhr) 25 % und
nachts (22 bis 6 Uhr) 45 %. Hiervon kann nach der genannten Anlage abgewichen werden,
sofern „geeignete projektbezogene Untersuchungsergebnisse“ vorliegen. Solche
Untersuchungsergebnisse müssen auf ausreichenden empirischen Erkenntnissen beruhen, aus
denen in korrekter Weise Schlussfolgerungen für die zu beurteilende Situation gezogen werden;
eine mathematisch „zwingende“ Beweisführung ist nicht erforderlich (vgl. Urteil vom 11. Januar
2001 - BVerwG 4 A 13.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 16 S. 17 f.). Gemessen daran
weist die Prognose des Lkw-Anteils auf dem planfestgestellten Autobahnabschnitt keine Mängel
auf.
Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass allein anhand der in den vorliegenden
Planfeststellungsunterlagen enthaltenen Angaben nicht nachvollzogen werden kann, wie der
Beklagte zu den abweichenden Lkw-Anteilen gelangt ist. In der Objektkonkreten
Verkehrsprognose 2025 wird lediglich berichtet, dass die künftigen Schwerverkehrsanteile auf
der Grundlage von - den Pkw- und den Lkw-Verkehr gesondert ausweisenden - Zähldaten auf
der A 100 ermittelt worden seien. Im Folgenden wird dann nur das Ergebnis der Auswertung
mitgeteilt. Diese Angaben lassen keine Schlüssigkeitsprüfung zu. Indes führt allein eine
unzureichende Dokumentation der projektbezogenen Ermittlung der Lkw-Anteile nicht zu einem
relevanten Rechtsfehler. Den einschlägigen Normen kann keine Rechtspflicht zur umfassenden
Dokumentation „projektbezogener Untersuchungen“ i.S.d. Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV
entnommen werden. Der Behörde ist es daher nicht verwehrt, die Plausibilität der für die
Planung maßgeblichen abweichenden projektbezogenen Untersuchungsergebnisse
nachträglich aufzuzeigen. Sie geht dabei allerdings das Risiko ein, dass ihr eine solche
nachträgliche Darlegung gerade auch wegen der besonderen Komplexität, die den hierbei zu
beurteilenden Sachverhalten regelmäßig zu eigen ist, nicht oder nicht vollständig gelingt.
Vorliegend hat der Beklagte noch schlüssig dargetan, dass die maßgeblichen Lkw-Anteile
Ergebnis einer konsistenten und methodisch vertretbaren projektbezogenen Untersuchung sind
(Schriftsätze vom 6. August 2012 und vom 14. September 2012 sowie Erläuterungen seitens der
Fachbehörde und der Verkehrsmanagement Zentrale Berlin - VMZ - in der mündlichen
Verhandlung). Danach wurden zunächst die auf DTVw von Kfz und Lkw > 3,5 t bezogenen
Zähldaten der Stadtautobahn (A 100) des Jahres 2006 ausgewertet. Für die gesamte
Stadtautobahn wurde daraus ein auf DTVw bezogener Lkw-Anteil > 3,5 t von 6,8 % hergeleitet.
Das Ergebnis wurde anhand der DTVw-Werte der Verkehrsmengenkarte 2005 verifiziert. Für die
A 100 im Bereich des AD Neukölln, also in unmittelbarer Nähe des Vorhabens, beträgt der Lkw-
Anteil > 3,5 t am DTVw nach dieser Datengrundlage 5,9 %; auch in weiteren Abschnitten der A
100 liegt der Lkw-Anteil > 3,5 t danach unterhalb des projektkonkret ermittelten Anteils von 6,8 %
am DTVw. Darüber hinaus überprüfte die VMZ die Richtigkeit des Lkw-Anteils im Auftrag des
Vorhabenträgers anhand der Verkehrsmengenkarte 2009 mit dem Ergebnis, dass der Lkw-Anteil
> 3,5 t am DTV für die Autobahnen im direkten Bereich des Vorhabens im Mittel 5,8 % und für
vergleichbare Autobahnendstücke 5,2 % (A 100 zwischen Anschlussstelle - AS - Jakob-Kaiser-
Platz bis AS Beusselstraße) bzw. 5,1 % (A 114 zwischen AS Bucher Straße bis AS Pasewalker
Straße) beträgt („Analyse der aktuellen Verkehrsdaten“ im Schreiben der VMZ vom 15.
Dezember 2010). Zur Bestimmung des Lkw-Anteils für den Tag und die Nacht wurde auf die auf
einer Auswertung von Verkehrszählungen der Jahre 1997 bis 1999 beruhende Ermittlung der
„maßgebenden Lkw-Anteile p im Berliner Straßennetz“ zurückgegriffen und dieser Untersuchung
entnommen, dass sich die Lkw-Anteile tags und nachts auf der Berliner Stadtautobahn „nicht
signifikant“ unterscheiden und daher einheitlich angesetzt werden können. Die Fachbehörde
verifizierte diese Erkenntnis projektkonkret anhand der Zähldaten der A 100 des Jahres 2006 mit
dem Ergebnis, dass sich die Tages- und Nachtanteile des Lkw-Verkehrs auch für diesen
Zeitraum nur geringfügig unterscheiden. Sodann errechnete die Fachbehörde unter Anwendung
eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) genannten Umrechnungsfaktors von 1,17
den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw mit aufgerundet 8 %. Diesem Wert wurde ein
„Sicherheitszuschlag“ von 1 % hinzugerechnet, um Prognoseunsicherheiten aufzufangen.
Schließlich wurde zur Ermittlung des für den Lärmschutz maßgeblichen Lkw-Anteils > 2,8 t am
DTV ein aus Zählergebnissen und Erfahrungswerten abgeleiteter Umrechnungsfaktor von 0,821
für den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw angesetzt, so dass der maßgebende Lkw-Anteil p nach
Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV 7,4 % beträgt.
Dieses Vorgehen erscheint insgesamt plausibel. Dass für die Berliner Stadtautobahn, bei der es
sich nicht um eine großräumige Autobahnverbindung außerhalb bebauter Gebiete handelt,
geringere Lkw-Anteile p als die in Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV genannten
Anteile gelten müssen, liegt auf der Hand. Selbst auf Autobahnabschnitten am Rande des
Stadtgebiets, bei denen die Funktion der Erschließung stark bebauter Gebiete mit entsprechend
hohem Pkw-Verkehr erheblich weniger ausgeprägt ist als bei dem hier vorliegenden
innerstädtischen Autobahnendstück, werden die in Tabelle A genannten Lkw-Anteile deutlich
unterschritten (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 A 43.99 - BeckRS 2002, 20776:
15 % tags und 20 % nachts auf der A 113 im Abschnitt zwischen AS Stubenrauchstraße und AS
Adlershof). Die Einschätzung des Beklagten, dass der für das Vorhaben angesetzte Lkw-Anteil
deshalb „auf der sicheren Seite“ liegt, weil er erheblich höher ist als die Zählwerte, die für
vergleichbare, in das Stadtstraßennetz mündende Autobahnabschnitte ermittelt wurden, ist gut
nachvollziehbar. Die Plausibilität dieser Annahme zeigt auch die vom Beklagten im gerichtlichen
Verfahren eingereichte „Untersuchung zum anzusetzenden Lkw-Anteil“ der
Ingenieurgesellschaft H.-L. vom 12. September 2012. Danach beträgt der Lkw-Anteil p > 2,8 t am
DTV bei Auswertung der Straßenverkehrszählungen der BASt aus den Jahren 2005 und 2010
für Autobahnabschnitte mit vergleichbarer Netzfunktion wie das Vorhaben im Mittel 2,6 % tags
und 4,4 % nachts bzw. 2,7 % tags und 4,3 % nachts; der höchste Tagwert liegt bei 4,2 % bzw. 4,7
% (A 100, Abschnitt zwischen AS Beusselstraße und AS Jakob-Kaiser-Platz) und der höchste
Nachtwert bei 6,9 % (A 102, Abschnitt zwischen AD Tempelhof und AS Gradestraße) bzw. 8 %
(wiederum A 100, Abschnitt zwischen AS Beusselstraße und AS Jakob-Kaiser-Platz). Für alle
Autobahnabschnitte der A 100 ermittelte der Gutachter aus den genannten Zählungen der BASt
den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV mit 4,2 % tags und 7,4 % nachts bzw. 4,2 % tags und 6,5 %
nachts. Vor diesem Hintergrund erscheint insbesondere der Ansatz eines Lkw-Anteils > 2,8 t am
DTV von 7,4 % für den Tag als worst-case-Betrachtung.
Den hiergegen gerichteten Einwänden der Kläger kann nicht gefolgt werden. Soweit sie darauf
verweisen, dass der Bundesverkehrswegeplan 2003 für den sechsstreifigen Neubau der A 100
von einem Lkw-Anteil von 14 % für das Jahr 2015 ausgeht, führt dies nicht weiter. Wie bereits
dargelegt, durfte der Beklagte annehmen, dass die aus bundesweiten Daten auf die Regionen
„umgelegten“ Werte der Bundesverkehrswegeplanung die besonderen Verhältnisse im
Stadtgebiet von Berlin nicht zureichend widerspiegeln und daher jedenfalls für eine
projektbezogene Prognose des Verkehrs zum Zweck der Lärmschutzplanung nicht geeignet
sind. Ohne Erfolg rügen die Kläger, der Beklagte habe den Lkw-Anteil lediglich aus den
vorliegenden Zähldaten bestimmt, jedoch keine auf das maßgebliche Jahr 2025 bezogene
Prognose des Lkw-Anteils vorgenommen. Die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde hat in
der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die bedeutsamen Veränderungen im Straßennetz -
hier insbesondere auch die durchgängige Fertigstellung der A 113 und die Auswirkungen des
künftigen Flughafens BBI - sowie die zu erwartende wirtschaftliche und demografische
Entwicklung und der Bündelungseffekt der neuen Trasse der A 100 in die Prognose des Lkw-
Anteils eingeflossen sind. Dass die Fachbehörde dabei zu der Einschätzung gelangt ist, der
Lkw-Anteil auf den mit dem Vorhaben vergleichbaren Autobahnabschnitten werde sich bis zum
Jahr 2025 nicht wesentlich ändern, belegt entgegen der Auffassung der Kläger kein methodisch
fehlerhaftes Vorgehen. Der Beklagte hat zur Bestätigung dieser Einschätzung eine retrospektive
Betrachtung der Zähldaten vorgenommen, wonach der Lkw-Anteil auf den Abschnitten mit
vergleichbarer Netzfunktion über einen langen Zeitraum hinweg stabil geblieben sei. Das ist
nicht zu beanstanden. Die Kläger begründen ihre abweichende Bewertung des künftigen Lkw-
Anteils vor allem damit, dass der Durchgangsverkehr über die Neubaustrecke der A 100 auf
kurzem Wege durch das Stadtgebiet von Süden nach Norden gelangen könne; es sei zu
erwarten, dass gerade Lkw während der Nachtzeit diese dann nicht belastete Strecke wählten.
Wie bereits ausgeführt, ist diese Einschätzung angesichts der Möglichkeit, über den westlichen
mittleren Ring und die A 111 durchgängig auf Autobahnen auf den nördlichen äußeren Ring zu
gelangen, nicht überzeugend. Die der Planung zugrunde gelegten Lkw-Anteile werden auch
nicht durch höhere Lkw-Anteile auf der A 113 (vgl. Kleine Anfrage vom 1. März 2011, Drucks.
16/15246 des Abgeordnetenhauses Berlin) in Frage gestellt. Denn die A 113 erfüllt als
stadtauswärts bzw. auf den im Westen durchgängig vorhandenen mittleren Ring führende
Autobahn eine deutlich stärkere Funktion als großräumige Straßenverbindung als das
planfestgestellte innerstädtische Autobahnendstück der A 100. Im Übrigen liegt der Lkw-Anteil
auf dem Abschnitt zwischen dem AD Neukölln und der AS Späthstraße, der dem Vorhaben am
nächsten liegt, mit einem Wert für den Lkw-Anteil > 3,5 t am DTVw von 6,9 % bzw. für den Lkw-
Anteil > 2,8 t am DTV von rund 6,6 % immer noch deutlich unter dem für die A 100 im 16. BA
prognostizierten Lkw-Anteil.
Die Umrechnung des Lkw-Anteils > 3,5 t in den maßgeblichen Lkw-Anteil > 2,8 t mit dem Faktor
1,17 lässt entgegen der Auffassung der Kläger ebenfalls keinen Abwägungsfehler erkennen.
Zwar ist bereits geraume Zeit vergangen, seit die BASt diesen Umrechnungsfaktor aus den
bundesweiten Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes abgeleitet hat. Auch hat die Vertreterin
der zuständigen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es möglich
gewesen wäre, den Umrechnungsfaktor anhand der zum Planungszeitpunkt vorliegenden
Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes zu aktualisieren. Sie hat jedoch weiter ausgeführt,
dass kein regionalisierter Umrechnungsfaktor gebildet werden könne, weil sich den auf die
formale Zulassung der Fahrzeuge bezogenen Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes nicht
entnehmen lasse, wie hoch der tatsächliche Anteil des Schwerlastverkehrs in Berlin sei. Daher
sei der Sicherheitszuschlag von 1 % auf den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw angesetzt worden, um
die mit der Verwendung des bundesweiten Umrechnungsfaktors von 1,17 verbundenen
Prognoseunsicherheiten aufzufangen. Ein solches Vorgehen für den Fall nicht weiter auflösbarer
Unwägbarkeiten ist sachgerecht. Der Beklagte hat diese Methodik auch nicht dadurch selbst in
Frage gestellt, dass die VMZ bei der Verifizierung des prognostizierten Lkw-Anteils anhand der
Verkehrsmengenkarte 2009 einen Umrechnungsfaktor von 1,28 angewandt hat. Wie in der
mündlichen Verhandlung deutlich wurde, ist die Verwendung des höheren Umrechnungsfaktors
nicht besseren Erkenntnissen geschuldet, sondern diente angesichts der in der Fachwelt
geführten Diskussion über die Richtigkeit des von der BASt vorgegebenen Faktors der Prüfung,
welchen Spielraum der Sicherheitszuschlag von 1 % insoweit eröffnet. Dies zeigt das Ergebnis
der Prüfung. Denn bei Ansatz eines Umrechnungsfaktors von 1,28 ergibt die Auswertung der
Zähldaten aus der Verkehrsmengenkarte 2009 den für die Planung maßgeblichen Lkw-Anteil >
2,8 t am DTV von 7,4 %, wenn von einem Sicherheitszuschlag abgesehen wird.
Nicht zu beanstanden ist schließlich der Faktor von 0,821 zur Umrechnung des Lkw-Anteils > 2,8
t am DTVw in den auf DTV bezogenen Anteil. Die Kläger stützen ihre Zweifel an der Richtigkeit
dieses Faktors wohl darauf, dass er von dem Faktor von 0,9 abweicht, mit dem die auf den
DTVw bezogene „allgemeine“ Verkehrsstärke in den DTV-Wert umgerechnet wurde. Es liegt
jedoch auf der Hand, dass der Faktor zur Ermittlung des Lkw-Anteils am DTV niedriger sein
muss, weil für Lkw ein Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen gilt.
Nach allem ist es den Klägern nicht gelungen, die auf einer Einschätzung der zuständigen
fachtechnischen Behörde beruhende Prognose des für den Lärmschutz maßgeblichen Lkw-
Anteils zu erschüttern. Daher sieht der Senat keinen Anlass, das von den Klägern beantragte
Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung einzuholen, dass sich „unter
Einbeziehung aller relevanten Einflussfaktoren bis zum Jahr 2025“ ein höherer Lkw-Anteil > 2,8 t
als 7,4 % ergebe (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45>;
Beschluss vom 4. Januar 2007 - BVerwG 10 B 20.06 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353
S. 5 m.w.N.; stRspr).
c) Es ist nicht erkennbar, dass die Abwägung auf einer fehlerhaften Untersuchung und
Bewertung der Schadstoffbelastungen beruht.
aa) Die Kläger sind der Auffassung, es müssten geeignete Vorkehrungen getroffen werden um
sicherzustellen, dass die prognostizierten Überschreitungen der Grenzwerte der Verordnung
über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) nicht eintreten. Dem
kann nicht gefolgt werden.
Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die
Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem
System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von
den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als
Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben
zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die
Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des
Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von
einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die
maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber
davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung
sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere
Umstände vorliegen (vgl. Urteile vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 6.03 - BVerwGE 121, 57 <60
ff.> und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 106 f.). Gemessen
daran genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung.
Dass die vorhabenbedingten Immissionen nicht bereits für sich genommen höher sind als die
Grenzwerte, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Kläger meinen jedoch unter
Bezugnahme auf die Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde des Beklagten im
Anhörungsverfahren vom 5. November 2009, dass die Luftreinhalteplanung in Berlin ihre
Möglichkeiten bereits ausgeschöpft habe und daher nichts mehr zu einer Vermeidung der
prognostizierten Grenzwertüberschreitungen beitragen könne. Dafür lässt sich indes der
genannten Stellungnahme nichts entnehmen. Dort wird ausdrücklich angemerkt, dass im Falle
von Grenzwertüberschreitungen verkehrliche Maßnahmen erforderlich wären. Soweit die
Immissionsschutzbehörde in ihrer Stellungnahme davon ausgeht, dass solche verkehrlichen
Maßnahmen nicht im Rahmen der Luftreinhalteplanung, sondern nur durch die
Verkehrsbehörden vorgenommen werden können, hat sie übersehen, dass gemäß § 47 Abs. 4
Satz 2 BImSchG in Luftreinhalteplänen im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und
Straßenverkehrsbehörden auch „Maßnahmen im Straßenverkehr“ festgelegt werden können
(vgl. auch § 40 BImSchG). Auch sonst sind keine „besonderen Umstände“ erkennbar, die eine
Bewältigung von Grenzwertüberschreitungen mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung
ausnahmsweise als ausgeschlossen erscheinen lassen. Im Planfeststellungsbeschluss (S. 246)
werden mehrere auf das gesamte Stadtgebiet bezogene Maßnahmen genannt, so zum Beispiel
die Sperrung der Innenstadt für bestimmte Kraftfahrzeuge mit hohen Abgaswerten. Die Kläger
zeigen nicht auf, dass diese Maßnahmen nicht geeignet sind, die Hintergrundbelastung im
Stadtgebiet zu senken. Zudem hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Reihe von
unmittelbar auf die Trasse bezogener verkehrlicher Maßnahmen genannt wie beispielsweise
eine weitere Optimierung der Lichtsignalanlagen oder die Anbringung von „Umweltmodulen“, die
bei bestimmten Messwerten eine Steuerung des Verkehrs zum Zweck der Abgassenkung
auslösen, ferner mit den Planzielen vereinbare temporäre Beschränkungen des Lkw-Verkehrs
und der Fahrgeschwindigkeit. Schließlich werden im Planfeststellungsbeschluss (S. 171)
mögliche Maßnahmen zum Schutz der Innenwohnräume aufgeführt. Auch insoweit ist weder von
den Klägern dargelegt noch sonst erkennbar, dass solche Maßnahmen mit der Funktion des
Vorhabens nicht vereinbar oder untauglich sind.
bb) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Beurteilung der Schadstoffbelastung
kritische Bereiche ausgespart wurden.
Die in der 39. BImSchV festgelegten Luftschadstoffgrenzwerte dienen dem Schutz der
menschlichen Gesundheit. Daher ist entscheidend, ob sie in der konkreten Schadstoffsituation,
der Menschen an bestimmten Stellen ausgesetzt sind, eingehalten werden, und nicht, ob dies im
Gesamtgebiet flächendeckend oder im Durchschnitt der Fall ist (vgl. Urteil vom 26. Mai 2004
a.a.O. S. 60 f.). Diese Anforderung erfüllt die der Planung zugrunde gelegte Lufthygienische
Untersuchung (LU).
Die Kläger sind der Auffassung, nach Anlage 3 zur 39. BImSchV sei die Schadstoffbelastung nur
für solche Bereiche nicht zu beurteilen, die zum Aufenthalt für Menschen nicht geeignet seien.
Daher hätte nicht nur die Belastung an den Hausfassaden, sondern auch die des Luftraums über
den Gehwegen ermittelt werden müssen. Gerade die am höchsten belasteten Bereiche seien
somit ausgeblendet worden. Dem kann nicht gefolgt werden. Es trifft nicht zu, dass die
Schadstoffbelastung für alle zum Aufenthalt von Menschen geeignete Bereiche zu berechnen ist.
Zwar werden in Abschnitt A Nr. 2 Buchst. a) und c) der Anlage 3 zur 39. BImSchV bestimmte
nicht dem Aufenthalt von Menschen dienende Orte genannt, für die generell keine Beurteilung
der Schadstoffbelastung vorzunehmen ist. Daraus folgt indes nicht, dass alle übrigen Bereiche
zu untersuchen sind. Vielmehr ist die Luftqualität an den übrigen Orten gemäß Abschnitt A Nr. 1
der Anlage 3 zur 39. BImSchV nach den in den Abschnitten B und C für die Lage der
Probenahmestellen für ortsfeste Messungen festgelegten Kriterien zu beurteilen; das gilt auch,
soweit die Luftqualität - wie hier - durch Modellrechnungen beurteilt wird. Nach Abschnitt B Nr. 1
Buchst. a) erster Spiegelstrich der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Belastung derjenigen
Bereiche zu beurteilen, „in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung
wahrscheinlich ... über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum
Mittelungszeitraum der betreffenden Immissionsgrenzwerte signifikant ist“. Maßgebliches
Kriterium für die Festlegung des Untersuchungsbereichs ist also das Verhältnis der
Aufenthaltsdauer von Menschen zum Mittelungszeitraum des jeweils zu beurteilenden
Grenzwerts; diese Aufenthaltsdauer muss einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum
ausmachen. Da die Grenzwerte dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, kommt es auf
die Belastung des einzelnen Menschen und damit auf dessen typische Aufenthaltsdauer an, und
nicht auf den Zeitraum, in dem wechselndes Publikum vorhanden ist. Danach sind selbst
bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der
39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen
kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist (vgl. Urteil
vom 26. Mai 2004 a.a.O. S. 60 f.). Die Luftqualität über Gehwegen ist mithin dann nicht zu
beurteilen, wenn dort lediglich ständig wechselnder Fußgängerverkehr stattfindet. Anderes gilt
abhängig vom Mittelungszeitraum des jeweiligen Grenzwerts für Gehwege, auf denen sich etwa
„Schankvorgärten“ von Gaststätten befinden, wie dies die Kläger für die Elsenstraße behaupten.
Unabhängig davon wurde die Luftqualität nach den unbestrittenen Angaben des Gutachters in
der mündlichen Verhandlung vorliegend nicht nur bezogen auf die Hausfassaden, sondern im
Rahmen einer zusätzlichen Untersuchung flächenhaft - und damit unter Einschluss der
Gehwegbereiche - anhand eines mikroskaligen Ausbreitungsmodells (MISKAM) berechnet (vgl.
LU S. 97 f. und ergänzende Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde vom 5. November
2009).
cc) Zu Unrecht rügen die Kläger, sowohl die Vorbelastung (Hintergrundbelastung) mit
Schadstoffen als auch die meteorologischen Verhältnisse hätten grundstücksbezogen beurteilt
werden müssen.
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass vom Vorhabenträger nicht gefordert werden
kann, eigene jahrelange Messungen vorzunehmen, um die Vorbelastung an Ort und Stelle
grundstücksbezogen analysieren zu können. Soweit für die Vorbelastung im
Untersuchungsgebiet Messdaten nicht zur Verfügung stehen, kann daher auf über die Jahre hin
erhobene Messdaten anderer geeigneter Messstationen zurückgegriffen werden. Dabei muss
die Auswahl der berücksichtigten Messstationen den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen
(vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201 Rn.
126 [insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 133, 239] und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08
- Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 129). Nichts anderes kann gelten, soweit keine
Messungen zu den für die grundstücksbezogene Beurteilung der Luftqualität relevanten lokalen
Luftströmungen vorliegen. Auch insoweit kann aus vorhandenen meteorologischen Daten auf
die örtlichen Verhältnisse geschlossen werden, um aufwändige Messungen vor Ort zu
vermeiden.
Ausgehend davon kann die Beurteilung der Luftqualität im Untersuchungsgebiet nicht
beanstandet werden. Zur Ermittlung der Vorbelastung wird in der LU (S. 15) ausgeführt, dass für
das Untersuchungsgebiet selbst keine flächendeckenden Messdaten über die
Luftschadstoffbelastungen vorliegen, dass die vorhandenen Hintergrundbelastungsrechnungen
jedoch für Berlin räumlich differenzierte Aussagen zur Vorbelastung - auch des
Untersuchungsgebiets - erlauben. Die Richtigkeit dieser vom Gutachter des Beklagten in der
mündlichen Verhandlung näher erläuterten Angabe wird von den Klägern nicht substantiiert in
Abrede gestellt. Soweit sie eine Verifizierung der auf diese Weise errechneten Vorbelastung im
Untersuchungsgebiet durch einzelne Messungen vermissen, hat der Gutachter in der
mündlichen Verhandlung dargelegt, dass solche Messungen aufwändig wären und über einen
Zeitraum von mindestens einem Jahr stattfinden müssten. Dies kann vom Vorhabenträger nicht
verlangt werden, zumal die Datenlage für Berlin nach den Ausführungen des Gutachters in der
mündlichen Verhandlung „komfortabel“ ist und relativ genaue Aussagen zur örtlichen
Vorbelastung zulässt. Die im Trassenbereich vorherrschenden bodennahen Strömungen wurden
ausweislich der LU (S. 20 ff.) aus einer Ausbreitungsklassenstatistik abgeleitet, die sich auf
langjährige meteorologische Daten der Messstation Berlin-Grunewald stützt. Diese Werte
wurden zudem an die aus klimatischen Modellrechnungen bekannten spezifischen
Strömungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet bei Inversionswetterlagen angepasst. Der
Gutachter hat ergänzend in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass aufgrund der
homogenen Topografie vor Ort die Strömungsverhältnisse auf diese Weise relativ genau erfasst
werden könnten. Von größerem Einfluss im innerstädtischen Bereich seien die
Gebäudeverhältnisse, die jedoch bereits im Rahmen der Berechnungsmodelle berücksichtigt
würden. Eine grundstücksbezogene Ermittlung der lokalen Strömungen würde mehrjährige
Messungen an Ort und Stelle voraussetzen. Die Kläger sind diesen nachvollziehbaren
Darlegungen nicht substantiiert entgegengetreten.
dd) Die Kläger weisen ferner darauf hin, dass nach der LU die Schadstoffbelastung im Bereich
Elsenstraße/Am Treptower Park für den Planfall 16. BA 2025 geringer sei als für den Nullfall
2025, obwohl für den Planfall eine deutlich höhere Verkehrsbelastung erwartet werde. Daran
werde die fehlende Plausibilität der LU erkennbar. Dem kann aufgrund der Erläuterungen des
Gutachters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gefolgt werden. Danach wurde
ursprünglich tatsächlich angenommen, dass die Schadstoffbelastung im Planfall trotz höherer
Verkehrsbelastung geringer sei, weil der Verkehrsfluss infolge der im
Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Steuerung der Lichtsignalanlagen („Grüne Welle“)
besser sei als im Nullfall. Der Planfeststellung sei jedoch dann eine höhere Schadstoffbelastung
im Planfall 16. BA 2025 zugrunde gelegt worden, weil die Entlastung durch den besseren
Verkehrsfluss die Belastung durch den höheren Verkehr weder überwiege noch kompensiere.
Dies erscheint plausibel.
Hinsichtlich der sonstigen auf die LU bezogenen Rügen der Kläger hat entweder der Gutachter
in der mündlichen Verhandlung die Vertretbarkeit der LU plausibel dargelegt (insbesondere
Hintergrundbelastung Benzo(a)pyren, 98-Perzentilwert, Berücksichtigung der Bebauung bei der
Ausbreitungsrechnung), oder es fehlt - auch mit Blick auf die Erläuterungen in der LU - an
hinreichend substantiiertem bzw. schlüssigem Vorbringen.
d) Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, zulasten des Vorhabens hätte berücksichtigt werden
müssen, dass die Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer
Allee/Markgrafendamm den prognostizierten Verkehr nicht bewältigen könnten, was erhebliche
Ausweichverkehre in die umliegenden Stadtstraßen und höhere Belastungen mit
Luftschadstoffen zur Folge haben werde.
Die Verkehrsabläufe im Bereich der genannten Knotenpunkte wurden im Auftrag des Beklagten
fachlich untersucht. Wie der Verkehrsgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung
erläuterte, liegt der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte die im
Planfeststellungsbeschluss angeordnete Koordinierung der Lichtsignalanlagen untereinander
(„Grüne Welle“) und der dadurch ausgelöste Verkehrsfluss zugrunde. Danach seien die
Knotenpunkte leistungsfähig, was die Simulation des künftigen Verkehrs bestätigt habe. Würden
die einzelnen Knotenpunkte hingegen gemäß dem vereinfachten Modell des Handbuchs für die
Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) isoliert betrachtet und eine durch Koordinierung
der Lichtsignalanlagen unbeeinflusste Normalverteilung des Verkehrs unterstellt, fehle es
tatsächlich an einer hinreichenden Leistungsfähigkeit. Eine solche Betrachtung werde jedoch
dem tatsächlichen Zufluss des Verkehrs an den Knotenpunkten nicht gerecht, da sie die Effekte
der Koordinierung der Lichtsignalanlagen ausblende.
Die im Auftrag des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg erstellte und von den Klägern vorgelegte
fachliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit durch das Büro D. lässt nicht erkennen, dass die der
Planfeststellung zugrunde gelegte fachtechnische Einschätzung grobe, offen erkennbare Mängel
oder unlösbare Widersprüche aufweist oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen
ausgeht (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 81).
Ausweislich der von den Klägern vorgelegten Untersuchung wurde jeder Knotenpunkt einzeln
ohne Rücksicht auf die geplante Koordinierung der Lichtsignalanlagen betrachtet und auf dieser
Grundlage deren fehlende Leistungsfähigkeit festgestellt. Daraus wird dann geschlossen, dass
eine Koordinierung der Strecke nicht sinnvoll sei, weil die Leistungsfähigkeit bei einer
Koordinierung im Allgemeinen weiter sinke. Diese Einschätzung beruht hinsichtlich der
Berücksichtigung der angeordneten Koordination der Lichtsignalanlagen auf einem anderen
methodischen Ansatz als die der Planfeststellung zugrunde gelegte Bewertung. Dass fachliche
Einschätzungen bei unterschiedlicher Methodik zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen,
versteht sich von selbst und besagt für sich genommen nichts über die Plausibilität der
jeweiligen Untersuchung. Soweit die Kläger geltend machen, dass auch der Knotenpunkt A
100/Am Treptower Park nicht hinreichend leistungsfähig sei, können sie sich schon nicht auf die
Untersuchung des Büros D. berufen. Dort wird die Leistungsfähigkeit dieses Knotenpunktes
vielmehr ausdrücklich bejaht. Nach allem besteht kein Anlass, das von den Klägern beantragte
Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung einzuholen, die Knotenpunkte A
100/Am Treptower Park, Am Treptower Park/Elsenstraße und Elsenstraße/Stralauer
Allee/Markgrafendamm seien im Planfall verkehrlich überlastet und könnten durch Koordinierung
nicht funktionsfähig gemacht werden. Im Übrigen haben die Kläger auch nicht dargelegt,
weshalb die Beweisfrage nicht bereits aufgrund der von ihnen hierzu vorgelegten fachlichen
Untersuchung abschließend geklärt ist (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2008 - BVerwG 9 B
28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 5).
e) In die Abwägung durfte zugunsten des Vorhabens eingehen, dass die Belastung mit
Verkehrslärm in der Umgebung der Trasse durch Verlagerungen des Verkehrs aus den vom
nachgeordneten Straßennetz erschlossenen dicht bewohnten Stadtgebieten auf die
Stadtautobahn insgesamt zurückgehen wird. Die gegen diese Annahme gerichteten Rügen der
Kläger können nicht durchdringen.
In die Modellprognose der künftigen Verkehrsbelastung wurden die wegen der vorhabenbedingt
kürzeren Reisezeit zu erwartenden Verlagerungen des Verkehrs vom öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) ebenso eingespeist
und damit bei der Bilanzierung des Verkehrslärms berücksichtigt wie der Umstand, dass infolge
der attraktiveren Verkehrsverhältnisse die Fahrstrecken im Durchschnitt länger werden (Anteil
dieses Verkehrs insgesamt etwa zwischen 2,5 % und 5 % am prognostizierten Verkehr auf dem
planfestgestellten Abschnitt). Die entsprechenden nachvollziehbaren Erläuterungen der
Vertreterin der zuständigen Fachbehörde haben die Kläger nicht substantiiert angegriffen.
Soweit die Kläger vorbringen, die Belastungen durch das Vorhaben selbst seien nicht in die
Bilanzierung einbezogen worden, übersehen sie, dass dies nach den eingehenden
Darlegungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 167 ff.) nicht zutrifft. Bei der Abwägung
wurde außerdem beachtet, dass die eine Gesundheitsgefahr durch Lärm anzeigenden
Schwellenwerte infolge des Vorhabens erstmals überschritten werden können oder eine bereits
hohe Vorbelastung noch erhöht werden kann.
Es ist vertretbar, diesem Aspekt deshalb kein eigenständiges Gewicht beizumessen, weil es
wegen des angeordneten passiven Schallschutzes tatsächlich nicht zu
Gesundheitsgefährdungen kommt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 167 und 169). Zu Unrecht
machen die Kläger geltend, dass bei der Lärmbilanzierung der vorhabenbedingte
Verkehrszuwachs im Stadtteil Friedrichshain ausgeblendet worden sei. Nach den vorliegenden
Unterlagen (Imelmann, Schalltechnischer Bericht Nr. 293.4 Ordner
„Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen“ S. III 2078 ff. und S. III 2083) wurden auch die
Auswirkungen des Vorhabens auf das Stadtgebiet Friedrichshain untersucht und etwa für das
Boxhagener Viertel ein deutlicher Anstieg des Verkehrslärms angenommen und in die
Gesamtbetrachtung der durch das Vorhaben bewirkten Be- und Entlastungen einbezogen. Die
Lärmbilanzierung beruht ferner nicht auf widersprüchlichen Grundannahmen zur
Wahrnehmbarkeit von Lärmänderungen, vielmehr wurde ausweislich des
Planfeststellungsbeschlusses (S. 165 f.) eine einheitliche Hörbarkeitsschwelle von rund 1 dB(A)
zugrunde gelegt. Schließlich ist bei der Bewertung der Entlastungswirkungen nicht außer Acht
gelassen worden, dass es vorhabenbedingt zu Verlagerungen vom ÖPNV auf den MIV kommen
wird. Wie die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung
unwidersprochen ausgeführt hat, werde dadurch der Erhalt und Ausbau eines leistungsfähigen
und attraktiven ÖPNV nicht vereitelt, vielmehr sei vorgesehen, das System des ÖPNV im Zuge
des Vorhabens zu verbessern.
f) Abwägungsfehler bei der Trassenwahl sind nicht zutage getreten.
Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht
kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden
Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange
eingehen. Die Behörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine
sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist;
Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon
in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Die dann noch ernsthaft in Betracht
kommenden Trassenalternativen müssen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersucht
und verglichen werden. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl
sind nur dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge einer fehlerhaften
Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler
unterlaufen ist oder wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter
Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil
öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (vgl. Urteil
vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 65 f.; stRspr). Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die
Trassenwahl nicht als fehlerhaft.
aa) Die Behörde hat die von den Klägern im gerichtlichen Verfahren im Einzelnen dargelegte
Variante einer Halbanschlussstelle Am Treptower Park für den Nord-Süd-Verkehr und einer
weiteren Halbanschlussstelle Stralauer Allee nördlich der Spree für den Süd-Nord-Verkehr
anstelle der planfestgestellten (Voll-)Anschlussstelle Am Treptower Park im
Verwaltungsverfahren keiner näheren Untersuchung unterzogen. Die Kläger sehen darin einen
Abwägungsfehler. Zwar habe eine Aufspaltung des Verkehrs auf zwei Halbanschlussstellen
„verkehrskonzeptionelle“ Nachteile. Gleichwohl sei diese Lösung vorzugswürdig, weil so der
Verkehr auf der Elsenstraße um die Hälfte verringert werde. Nur auf diese Weise sei es möglich,
die dortige Stau- und Luftschadstoffproblematik zu bewältigen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Der Beklagte weist darauf hin, dass die von den Klägern vorgeschlagene Variante
Umwegfahrten zur Folge hätte, weil beispielsweise aus Süden von der Anschlussstelle
Sonnenallee kommende Fahrer nicht unmittelbar in Richtung Kreuzberg oder Treptow fahren
könnten, sondern dazu zunächst die Spree in Richtung Norden queren müssten, um sodann
nach einer Wende über die Elsenbrücke zurück in den Bereich Elsenstraße zu fahren. Dies ist
auch ohne fachliche Untersuchung ohne Weiteres nachvollziehbar. Sollte der Verkehr zur
Vermeidung dieses Umweges die Stadtautobahn in größerem Umfang bereits an der
Anschlussstelle Sonnenallee in Richtung Kreuzberg oder Treptow verlassen, wie die Kläger
wohl meinen, hätte dies den Nachteil, dass insoweit das Planziel der Verkehrsbündelung nicht
erreicht würde. Es ist nicht erkennbar, dass diesen Nachteilen einigermaßen gewichtige Vorteile
der Halbanschluss-Variante gegenüber stehen. Wie bereits ausgeführt, bestehen keine
Anhaltspunkte dafür, dass der Bereich der Elsenstraße wegen fehlender Leistungsfähigkeit der
Knoten Am Treptower Park/Elsenstraße und Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm
stauträchtig ist oder dass Überschreitungen der Luftschadstoffgrenzwerte der 39. BImSchV dort
nicht mit Mitteln der Luftreinhalteplanung begegnet werden kann. Soweit die Lärmgrenzwerte der
16. BImSchV oder die Schwellenwerte für gesundheitsgefährdenden Lärm überschritten werden,
wird passiver Schallschutz gewährt (Planfeststellungsbeschluss S. 22 f.). Bereits aus diesen
Gründen musste die Behörde die Halbanschlussstelle nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Im
Übrigen hat der Beklagte weiter darauf hingewiesen, dass die Verkehrsflächen der Straße Alt
Stralau bei weitem zu klein seien, um den Verkehr von der A 100 aufzunehmen, zu stauen und in
das angrenzende Straßennetz verteilen zu können. Diesem konkreten Einwand haben die
Kläger auch im nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Oktober 2012 nicht substantiiert
widersprochen. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als in der von ihnen vorgelegten
fachlichen Untersuchung von D. zur Leistungsfähigkeit der besagten Knotenpunkte (S. 10)
angemerkt wird, dass die Straße Alt Stralau bereits heute überlastet ist. Nach allem kann
dahinstehen, ob die von den Klägern vorgeschlagene Variante außerdem in das für die
Schifffahrt notwendige Lichtraumprofil der Spree eingreifen würde oder den Wegfall der für die A
100 im 17. BA vorgesehenen Anschlussstelle Markgrafendamm zur Folge hätte, wie der
Beklagte meint.
bb) Auch die weiteren gegen die Alternativenprüfung vorgebrachten Einwände greifen nicht
durch. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 70 f.) und des Erläuterungsberichts (S.
34 ff., 38a f.) wurde die Alternativenbetrachtung der Linienbestimmung nicht ohne erneute
Abwägung „übernommen“, sondern nochmals eingehend mit Blick auf die aktuellen
Randbedingungen überprüft. Bei der Höhe der prognostizierten Verkehrsbelastung hält sich
ferner der gewählte Querschnitt der A 100 (sechsspurige Autobahn) im Rahmen der Vorgaben
der einschlägigen Regelwerke. Soweit die Kläger die Vorzugswürdigkeit etwa einer Bündelung
der Autobahn mit der Ringbahn bereits östlich des Unterhafens oder einer Verschwenkung der
Autobahn in Richtung Ringbahn im Bereich Güterbahnhof Treptow behaupten, fehlt ihrem
Vorbringen jede Substanz. Soweit sie auf die Vorzugswürdigkeit einer weiträumigen Verlegung
der Trasse nach Osten oder einer Verlegung der Anschlussstelle Am Treptower Park in Richtung
Puschkinallee abstellen, fehlt jede Auseinandersetzung mit den eingehenden Erwägungen, aus
denen heraus diese Varianten ausgeschieden wurden (vgl. Erläuterungsbericht S. 38a f.;
Planfeststellungsbeschluss S. 50, 209 und 218).“
13 II. Darüber hinaus übersehen die Kläger, dass namentlich die gegen die Richtigkeit der
Verkehrsprognose und der Lufthygienischen Untersuchung gerichteten Rügen und der Einwand,
die fehlende Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt
Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm werde erhebliche Ausweichverkehre in die
umliegenden Stadtstraßen und höhere Belastungen mit Luftschadstoffen zur Folge haben, von
vornherein nicht geeignet sind, den mit dem Hauptantrag geltend gemachten
Aufhebungsanspruch zu stützen.
14 Ein Rechtsverstoß führt gemäß § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG nur dann zu einem
Anspruch auf Aufhebung oder Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bzw. auf
Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit desselben, wenn er die
Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils überhaupt in Frage
stellt und daher nicht isoliert im Wege der Planergänzung durch nachträgliche Schutzauflagen
behoben werden kann (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn.
59). Diese Voraussetzung ist bei Klagen mittelbar Betroffener hinsichtlich von Fehlern der
Verkehrs- oder Luftschadstoffprognose regelmäßig nicht gegeben. Bei ihnen geht es - anders als
bei Klagen von Enteignungsbetroffenen - insoweit nicht um den auf die Gesamtplanung
bezogenen öffentlichen Belang des Schutzes aller Anlieger vor Verkehrslärm oder
Luftschadstoffen und dessen Bewältigung, sondern um die Frage, ob gerade die konkreten
Immissionsschutzbelange des einzelnen mittelbar betroffenen Klägers unzureichend
berücksichtigt wurden. Soweit dies der Fall ist, wird dem in der Regel im Wege der
Planergänzung durch eine isolierte Schutzauflage begegnet werden können. Dem Vorbringen
der Kläger kann nicht entnommen werden, dass etwaige noch nicht bewältigte Schutzansprüche
derart umfassend sind, dass sie nicht ohne Änderung des gesamten Schutzkonzepts erfüllt
werden können. Die mittelbar betroffenen Kläger können auch nicht unter Hinweis auf die ihrer
Ansicht nach fehlende Leistungsfähigkeit der genannten Knotenpunkte rügen, dass wesentliche,
mit dem Vorhaben verfolgte Ziele nicht erreicht werden können. Vielmehr kann es insoweit nur
um die Frage gehen, ob die behaupteten Ausweichverkehre Auswirkungen auf die
Immissionsbetroffenheit gerade der Kläger haben und daher weitergehende
Schutzvorkehrungen zu treffen sind.
15 C. Die auf erneute Bescheidung hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen gerichteten
Klagen der Kläger zu 4, 5, 8 und 9 sind begründet; die Ablehnung weitergehender Maßnahmen
des aktiven Schallschutzes ist insoweit rechtswidrig und verletzt diese Kläger in ihren Rechten
(§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das gilt jedoch nicht für das entsprechende
Bescheidungsbegehren der Kläger zu 1, 2, 3, 6 und 7.
16 I. Die Einwände der Kläger können allerdings in weitem Umfang nicht durchdringen.
17 1. Bei einigen Rügepunkten haben die Kläger im Klageverfahren im Wesentlichen nur ihre -
pauschal gehaltenen - Einwendungen im Anhörungsverfahren wiederholt, ohne sich mit der
Erörterung dieser Punkte im Planfeststellungsbeschluss bzw. in den vorliegenden Unterlagen
auseinanderzusetzen. Danach gibt es etwa bei den von den Klägern aufgerufenen Themen
„Beachtung des Trennungsgrundsatzes nach § 50 BImSchG“ (vgl. Planfeststellungsbeschluss S.
188), „Lichtimmissionen“ (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 250 und Ordner
„Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen“ S. III 2023) und „fehlende Berücksichtigung
maßgeblicher Immissionsorte“ (vgl. Ordner „Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen“ S. III
1996 ff. sowie S. III 2063 ff.) keine Anhaltspunkte für einen Abwägungsmangel. Soweit die
Kläger geltend machen sollten, die Lärmauswirkungen des Vorhabens auf die Stadtstraßen
seien im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung „weitgehend“ nicht ermittelt worden, ist
dieser Einwand schon deshalb unbeachtlich, weil er angesichts der eingehenden Beschreibung
der Lärmauswirkungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung (Planfeststellungsunterlagen Bd. 7
Unterlage 16.1 S. 118 ff., insb. S. 123 ff.) jeder Substanz entbehrt. Auch der Einwand eines Teils
der Kläger, vom trassenparallelen Betriebsweg könne Einsicht auf ihr Grundstück genommen
werden und dessen Benutzung sei mit Lärm verbunden, geht über eine pauschale Behauptung
nicht hinaus. Weshalb die Benutzung des Betriebsweges durch Fußgänger und Radfahrer sowie
vereinzelt durch Betriebs- und Notfallfahrzeuge mit erheblichen Geräuscheinwirkungen auf die
Anlieger der Trasse verbunden sein sollte, erschließt sich nicht. Die fehlende Einsehbarkeit stellt
vorbehaltlich besonderer Einzelfallumstände, die hier weder dargetan noch ersichtlich sind,
lediglich eine Chance dar, deren Vereitelung hingenommen werden muss (vgl. Urteil vom 28.
Oktober 1993 - BVerwG 4 C 5.93 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 120 S. 114).
18 2. Hinsichtlich der bauzeitlichen Belastungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen sind
keine Abwägungsfehler erkennbar.
19 Bezogen auf den Schutz der Anlieger vor bauzeitlichem Lärm ist im
Planfeststellungsbeschluss angeordnet, dass während der Bauarbeiten das Landes-
Immissionsschutzgesetz Berlin, das u.a. vorschreibt, schädliche Umwelteinwirkungen soweit
möglich und zumutbar zu vermeiden und die Nachtruhe nicht zu stören (§ 2 Abs. 1, § 3) sowie
die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) in der jeweils
gültigen Fassung einzuhalten sind; in der Nacht dürfen Bauarbeiten nur dann ausnahmsweise
durchgeführt werden, wenn dies zwingend notwendig ist und wenn die zuständige
Immissionsschutzbehörde die Arbeiten zugelassen hat (S. 21 f.). Durch den Verweis auf die
Geltung der AVV Baulärm steht fest, dass deren Immissionsrichtwerte für die von den
Baumaschinen und Baustellen ausgehenden Geräusche, die insoweit den unbestimmten
Rechtsbegriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ nach § 22 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1
BImSchG und damit zugleich den hier nach § 17b Abs. 1 FStrG maßgeblichen unbestimmten
Rechtsbegriff der „nachteiligen Wirkungen“ i.S.d. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG konkretisieren (vgl.
Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 7 A 11.11 - NVwZ 2012, 1393 Rn. 25 ff.), nicht überschritten
werden dürfen. Außerdem ist dem Vorhabenträger aufgegeben, bei der Ausarbeitung des
Verkehrskonzepts für die Bauzeit besonders auf die Freihaltung der Wohnstraßen von
Umleitungs- und Baustellenverkehr in den an das Vorhaben angrenzenden Wohngebieten zu
achten (S. 30).
20 Was die baubedingten Staubbelastungen angeht, ist der Vorhabenträger verpflichtet, den
ausführenden Baufirmen im Rahmen der Vergabe Auflagen bezüglich der Vorsorge zur
Minimierung der Ausbreitung von Staub (insbesondere bei Abrissarbeiten in der direkten Nähe
von Wohngebäuden) und zur Sauberhaltung des angrenzenden öffentlichen Straßennetzes zu
erteilen (S. 26). Darüber hinaus ist auch insoweit das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin
maßgeblich, das in § 9 vorschreibt, die Entstehung und Ausbreitung von Stäuben u.a. bei der
Errichtung von Anlagen nach Möglichkeit durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden oder
jedenfalls zu vermindern (S. 21 f.).
21 Hinsichtlich des Schutzes der Anlieger vor Erschütterungen während der Bauzeit ist im
Planfeststellungsbeschluss angeordnet, dass zur Vermeidung bzw. Minderung von baubedingt
unzumutbaren Erschütterungen bei der Baudurchführung moderne Verdichtungstechnik zum
Einsatz kommt (S. 30) und bei entsprechender Gefährdungslage ein Beweissicherungsverfahren
oder ein statischer Nachweis geführt oder Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen (S.
24 f.). Insoweit hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss durch Protokollerklärung dahin
ergänzt, dass die Vorgaben der DIN 4150 (Erschütterungen im Bauwesen) einzuhalten sind.
22 Die Kläger legen nicht substantiiert dar, weshalb trotz dieser Auflagen die Gefahr bestehen
soll, dass es zu unzumutbaren bauzeitlichen Belastungen kommt bzw. weshalb diese
Belastungen noch näher hätten ermittelt werden sollen. Sie haben ihr Vorbringen auch nicht mit
Blick auf die vom Beklagten im Verfahren BVerwG 9 A 18.11 mit Schriftsatz vom 6. August 2012
als Anlage VT 3 vorgelegten Übersichtspläne des Baulogistikkonzepts mit Angabe von
Entfernungen der Baustellen u.a. zu den Gebäuden Kiefholzstraße ... und Beermannstraße ...
weiter konkretisiert.
23 3. Die der Planung zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägern
geltend gemachten Mängeln.
24 a) Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch für den Bereich der Zu- und Abfahrtsrampen
zur Anschlussstelle Am Treptower Park gewährleistet, dass die Schutzvorkehrungen - wie auch
sonst entlang der Trasse - zugunsten der Anlieger nach dem für den Planfall 16. BA und dem
Prognosefall 17. BA jeweils höheren Beurteilungspegel bemessen werden. Zwar wurden nach
Angaben des Beklagten dem Schutzkonzept für diesen Bereich abweichend vom sonstigen
Vorgehen nicht die eventuell höheren Beurteilungspegel im Prognosefall 17. BA zugrunde
gelegt. Dies beruht jedoch nach dessen nachvollziehbaren Ausführungen darauf, dass die
Trasse hier bei einer Fortführung der A 100 im 17. BA ohnehin - nach der durch Planänderung
erfolgten Verlagerung der westlichen Rampe nach Osten zur Verschonung des Gebäudes
Beermannstraße ... und ... in noch weiterem Umfang - baulich umgestaltet werden müsse und
das Schutzkonzept insoweit aufgrund einer aktuellen schalltechnischen Untersuchung erneut
festzulegen sei. Demgegenüber hätten die Schutzvorkehrungen in den übrigen Bereichen
entlang der Trasse auch bei einer Realisierung des 17. BA Bestand. Jedenfalls nachdem der
Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt hat, dass eine solche Untersuchung
im Falle der Fortsetzung der A 100 im 17. BA u.a. bezogen auf die Kiefholzstraße ... und die
Beermannstraße ... vorgenommen werde, ist gewährleistet, dass die worst-case-Betrachtung der
Lärmbelastung auch im Falle der Kläger zu 4 bis 9 zum Zuge kommt.
25 b) Die Kläger rügen ferner, die lärmmindernde Wirkung des offenporigen Asphalts im Umfang
von 5 dB(A) sei nicht dauerhaft gewährleistet, da im Planfeststellungsbeschluss keine
Pflegemaßnahmen angeordnet worden seien. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Der
Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass er die mit offenporigem
Asphalt versehenen Fahrbahnen spätestens sechs Jahre ab Inbetriebnahme auf die akustische
Wirksamkeit dieses Belages überprüfen und ggf. unverzüglich Maßnahmen zur
Wiederherstellung derselben ergreifen wird; diese Überprüfung und etwaige Abhilfemaßnahmen
werden in der Folgezeit im Abstand von jeweils einem Jahr wiederholt. Danach ist nicht zu
beanstanden, dass bei der auf das Prognosejahr 2025 bezogenen Lärmprognose von einer
lärmmindernden Wirkung des offenporigen Asphalts in Höhe von 5 dB(A) ausgegangen wurde.
26 Zu Unrecht meinen die Kläger, der schalltechnischen Untersuchung hätte nicht die
Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zugrunde gelegt werden
dürfen. Die Planfeststellungsbehörde darf für den Regelfall davon ausgehen, dass eine
Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten wird. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür
ersichtlich, dass verkehrsrechtliche Ge- und Verbote gerade im Bereich der Anschlussstelle Am
Treptower Park ausnahmsweise generell nicht beachtet werden (vgl. Urteil vom 20. Januar 2010
- BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 39). Dass die Geschwindigkeit
auf der Ein- und der Ausfahrrampe der Anschlussstelle Am Treptower Park mit nur 60 km/h
angesetzt wurde, ist angesichts der Notwendigkeit, die Fahrzeuge vor der Ausfahrt in die Straße
Am Treptower Park abzubremsen bzw. auf der Einfahrrampe zu beschleunigen, ohne Weiteres
vertretbar. Besondere Zuschläge für die Geräuschentwicklung beim Abbremsen und
Beschleunigen sind in den einschlägigen Normen nicht vorgesehen, was angesichts der
Geräuschminderung durch die geringere Geschwindigkeit nachvollziehbar ist (vgl. auch VGH
Mannheim, Urteil vom 9. Februar 2010 - 3 S 3064/07 - juris Rn. 99 [insoweit nicht veröffentlicht in
NuR 2010, 736]).
27 c) Es gibt keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Summenpegelbetrachtung.
28 Ein Anspruch auf weitergehenden Schallschutz aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht
für Gesundheit und Eigentum besteht dann, wenn der Summenpegel sämtlicher Verkehrswege
die Schwellenwerte von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts überschreitet (stRspr; vgl. Urteil vom
13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69). Dies hat der Beklagte erkannt.
Entgegen der Annahme der Kläger hat er in die Summenpegelbetrachtung nicht nur die
planfestgestellte A 100 und die bestehenden Bahnstrecken einbezogen (vgl.
Planfeststellungsunterlagen Bd. 4 Unterlage 11.2 Anlage 3), sondern auch die vorhandenen
Stadtstraßen. So waren für die festgestellten Überschreitungen der Schwellenwerte etwa im
Bereich der Elsenstraße, zu deren Bewältigung der Planfeststellungsbeschluss einen Anspruch
auf passiven Schallschutz vorsieht (S. 22 f.), gerade die hohe Verkehrsbelastung dieser
Stadtstraße maßgeblich, neben der der Schienenverkehrslärm in den Hintergrund tritt (vgl.
Ordner „Zusätzliche Unterlagen“ S. IV 71 ff. und 78 ff.). Auch hinsichtlich der Wohngebäude in
der Kiefholzstraße und in der Beermannstraße wurde zur Ermittlung des Summenpegels neben
der Gesamtbelastung durch das Vorhaben und den Schienenverkehr auch der Verkehr auf
diesen Straßen selbst betrachtet, ohne dass eine Überschreitung der Schwellenwerte festgestellt
wurde (Ordner „Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen“ S. III 2065 f. und 2102 ff.). Dass die
Summenpegel Planfall 16. BA/Schiene einerseits und Planfall 16. BA/Kiefholzstraße bzw.
Beermannstraße andererseits gesondert betrachtet wurden, ist nicht zu beanstanden. Der
Lärmgutachter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass die
Lärmquellen Schiene und Stadtstraße nicht gleichgerichtet auf die Wohngebäude einwirken, so
dass die kritischen Immissionsorte nicht einheitlich, sondern nur nach dem jeweiligen
Summenpegel bestimmt werden können, den diese Lärmquellen mit dem Vorhaben bilden.
Davon abgesehen ist auch die Einschätzung des Gutachters nachvollziehbar, dass der Verkehr
auf diesen Stadtstraßen ohnehin neben dem Schienenverkehr keinen Einfluss auf den
Summenpegel hat, weil er in der Beermannstraße einen nur geringen Umfang aufweist und in
der Kiefholzstraße im Planfall 16. BA abnehmen wird. Der Gutachter hat darauf hingewiesen,
dass die Summenpegelbetrachtung daher nicht auf diese Stadtstraßen hätte erstreckt werden
müssen; dies sei vielmehr nur mit Blick auf ein entsprechendes Begehren der Kläger zu 4 bis 9
geschehen.
29 Dass der Beklagte der Beurteilung des Schienenlärms die Betriebsprogramme der DB Netz
AG mit einem Prognosehorizont 2015 zugrunde gelegt hat, begegnet keinen Bedenken im
Hinblick auf die Abweichung vom hier maßgeblichen Prognosezeitraum 2025. Denn es liegt
eine Erklärung der Bahnbehörde vor, wonach die Betriebsprogramme auch bis 2025
Aussagekraft hätten, weil bis dahin keine Veränderung in der Transportnachfrage vorgesehen
sei. Die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwände erhoben. Auf Nachfrage hat der
Beklagte erklärt, dass insbesondere die Anbindung des Ostkreuzes bereits im Betriebsprogramm
berücksichtigt sei.
30 4. Rechte der Kläger werden auch insoweit nicht berührt, als sie die Unvereinbarkeit des
Vorhabens mit der Lärmminderungsplanung des Beklagten wegen Überschreitung der eine
Gesundheitsgefährdung anzeigenden Schwellenwerte behaupten. Aus der Regelung der
Lärmminderungsplanung in den §§ 47a ff. BImSchG ergeben sich zwar Pflichten der
zuständigen Behörden zur Erarbeitung von Lärmkarten und zur Aufstellung von
Lärmaktionsplänen, jedoch keine Schutzansprüche einzelner Immissionsbetroffener (vgl. Urteil
vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 43.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 56 Rn. 46). Im
Übrigen wird passiver Schallschutz gewährt, soweit eine Überschreitung der Schwellenwerte
festgestellt wurde, was - wie ausgeführt - hinsichtlich der Bewohner in der Kiefholzstraße und der
Beermannstraße nicht der Fall ist.
31 II. Die Versagung weitergehenden Schallschutzes ist gegenüber den Klägern zu 4, 5, 8 und 9
rechtswidrig, weil sie nicht auf einer schlüssigen Kosten-Nutzen-Analyse beruht; insoweit ist
gegenüber diesen Klägern erneut über die Gewährung von Schallschutz zu entscheiden.
Hinsichtlich der übrigen Kläger kann das Lärmschutzkonzept hingegen nicht beanstandet
werden.
32 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht es den Vorgaben
des § 41 BImSchG, die Unverhältnismäßigkeit der Kosten aktiven Lärmschutzes allein daraus
herzuleiten, dass die nach § 42 Abs. 2 BImSchG zu leistenden Entschädigungen für passiven
Lärmschutz - wie regelmäßig - erheblich niedriger wären. Vielmehr ist grundsätzlich zunächst zu
untersuchen, welcher Betrag für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig
sicherstellende Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Sollte sich dieser
Aufwand als unverhältnismäßig erweisen, sind - ausgehend von diesem grundsätzlich zu
erzielenden Schutzniveau - schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch
verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu
ermitteln. Dabei sind in Baugebieten dem durch die Maßnahme insgesamt erreichbaren Schutz
der Nachbarschaft grundsätzlich die hierfür insgesamt aufzuwendenden Kosten der Maßnahme
gegenüberzustellen und zu bewerten (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 -
BVerwGE 110, 370 <390> sowie - BVerwG 11 A 46.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 34
S. 85 und vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 63).
33 Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des
Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des
Einzelfalles (vgl. Beschluss vom 30. August 1989 - BVerwG 4 B 97.89 - Buchholz 406.25 § 41
BImSchG Nr. 5 S. 2; Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 64). Ziel der Bewertung der Kosten
hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die
auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint
(vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 382, vom 24. September 2003 -
BVerwG 9 A 69.02 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 39 S. 103 und vom 3. März 2004 -
BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 113). Kriterien für die Bewertung
des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebiets, das
ohne ausreichenden aktiven Schallschutz von schädlichen Umwelteinwirkungen durch
Verkehrsgeräusche des betreffenden Verkehrsweges betroffen wäre, die Zahl der dadurch
betroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten
Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke.
Innerhalb von Baugebieten sind bei der Kosten-Nutzen-Analyse insbesondere Differenzierungen
nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten (Betrachtung der Kosten je Schutzfall).
So wird bei einer stark verdichteten Bebauung noch eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu
erzielen sein als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl
von Bewohnern schließen lässt (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S.
383 und vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 64).
34 1. Ein schlüssiges Lärmschutzkonzept, das diesen Anforderungen genügt, ist bezogen auf
das Gebäude Kiefholzstraße ... (Kläger zu 4, 5, 8 und 9) - ebenso wie auf das Gebäude
Beermannstraße ... und ..., s. Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren BVerwG 9 A 19.11 -
nicht zu erkennen. Daher ist insoweit die Annahme des Beklagten nicht nachvollziehbar, dass
die Kosten für eine Schallschutzwand mit einer Höhe bzw. Abschirmwirkung (Errichtung auf der
Trogoberkante) von mehr als sechs Metern außer Verhältnis zum dadurch zu erzielenden Schutz
stehen.
35 a) Vor der in der mündlichen Verhandlung erklärten Planänderung im Bereich der
Anschlussstelle Am Treptower Park mit dem Ziel einer Verschonung des Wohngebäudes
Beermannstraße ... und ... ist der Beklagte davon ausgegangen, dass eine massive,
hochabsorbierende Lärmschutzwand zum Schutz des Wohnkomplexes Kiefholzstraße ... und
des Bereichs Beermannstraße auch über eine Höhe von sechs Metern hinaus städtebaulich
verträglich sei. Von der Bewältigung weiterer Schutzfälle durch Errichtung massiver
Lärmschutzwände in einer Höhe von sieben bzw. acht Metern wurde gleichwohl abgesehen,
weil sich die Kosten pro geschützter Wohneinheit des Gebäudes Kiefholzstraße ... von 10 812 €
(Antragsvariante) auf 11 687 € (Teilschutzvariante 127) bzw. 12 780 € (Teilschutzvariante 128)
und im Bereich Beermannstraße von 4 292 € (Antragsvariante 1766) auf 6 446 € (Höhe sieben
Meter) bzw. 7 060 € (Höhe acht Meter) erhöhen würden. Über eine Höhe von acht Metern hinaus
sollten die untersuchten Lärmschutzvarianten mit aufwändigen transparenten Aufsätzen
versehen sein. Dementsprechend erhöhten sich die Kosten pro Schutzfall für diese Varianten
deutlich. Sie wurden wegen „sprunghaften“ Anstiegs der Kosten und negativer städtebaulicher
Wirkungen ausgeschlossen (Ordner „Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen“ S. III 2031 ff.).
36 Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung bezogen auf die
Kiefholzstraße ... zu Protokoll erklärt, dass das bisherige Konzept infolge der Planänderung
gemäß dem Lageplan „Prüfvariante-AS Am Treptower Park“ (Ordner
„Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen“ S. III 1910) nicht mehr aufrechterhalten werden
könne und es insbesondere aus städtebaulichen Gründen geboten sei, Lärmschutzwände
nunmehr bereits ab einer Höhe von sechs Metern nicht mehr massiv, sondern nur noch mit
einem transparenten Aufsatz auszugestalten. Dies habe wegen der erheblich höheren Kosten
einer transparenten Ausbildung von Lärmschutzwänden zur Folge, dass eine sieben Meter hohe
Lärmschutzwand (sechs Meter mit einem transparentem Aufsatz von einem Meter) einen
„Kostensprung“ von 4 500 € pro geschützter Wohneinheit gegenüber der Antragsvariante
(Lärmschutzwand mit sechs Metern) auslöse, während die Kostensteigerung bei einer insgesamt
massiv ausgebildeten Lärmschutzwand (Teilschutzvariante 127) von sieben Metern Höhe nur
875 € betrage. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte hierzu weiter erläutert, dass die
Bauwerke vor der Einmündung der Trassen in die Straße Am Treptower Park infolge der
topografischen Verhältnisse eine von der Beermannstraße aus sichtbare Höhe von insgesamt
etwa zehn Metern erreicht hätten. Nachdem die Gradienten der beiden Rampen infolge der
Planänderung etwa drei Meter tiefer lägen als zuvor, sei angesichts dieser veränderten Situation
eine massive Lärmschutzwand nur noch bis zu einer Höhe von sechs Metern städtebaulich
verträglich.
37 Bezogen auf den Bereich Beermannstraße hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung
eine Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz vorgelegt. Die
Unterlage verweist darauf, dass durch die Verlegung der westlichen Zufahrtsrampe um etwa 30
Meter nach Osten die Rampen, die auf beiden Seiten durch Bauwerke „eingefasst“ seien
(Lärmschutzwand im Westen und bahnseitige Stützwand im Osten), nunmehr eng beieinander
verliefen. Wegen dieser besonderen Verhältnisse sei es aus Gründen der Verkehrssicherheit
geboten, die Lärmschutzwand über eine Höhe von sechs Metern hinaus transparent
auszugestalten. Ansonsten wäre die Fahrsicherheit wegen der eng zusammenstehenden hohen
Begrenzungen des Straßenraums, die ähnlich der Einfahrt in einen Tunnel bedrohlich und
erdrückend wirkten, und der plötzlichen Veränderung der Situation gegenüber den
vorangehenden Straßenabschnitten erheblich eingeschränkt. Die Vollschutzvariante 7011
(Höhe von maximal 15 Metern) sei auch bei Verwendung eines transparenten Aufsatzes wegen
der Raumwirkung eines solchen Bauwerks als städtebaulich äußerst negativ zu bewerten. Die
Kosten von 24 143 € je Schutzfall stünden erkennbar außer Verhältnis zum erzielbaren
Schutzeffekt. Außerdem löse die nicht hochabsorbierende transparente Aufsatzkonstruktion
Schallreflexionen aus, die insbesondere den aus dem Bahnlärm gebildeten Summenpegel
erhöhten. Die weiteren Varianten einer Lärmschutzwand über sechs Meter hinaus mit
transparentem Aufsatz schützten nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Wohneinheiten
zusätzlich. Die Kosten je Schutzfall betrügen bei der Antragsvariante (massive Lärmschutzwand
von sechs Metern) 8 806 €, während sie bei den höheren Varianten mit transparentem Aufsatz
von 14 723 € (Lärmschutzwand von sieben Metern) bis zu 24 143 € bei der Vollschutzvariante
reichten und damit unverhältnismäßig hoch seien. Ein weiterer Vorteil der ausgewählten
Variante sei darin zu sehen, dass so ein städtebaulich einheitliches Gesamtbild von der
Kiefholzstraße bis zur Beermannstraße gewährleistet sei.
38 b) Diesen Darlegungen kann kein schlüssiges Konzept für den Schutz der Gebäude
Beermannstraße ... und ... sowie Kiefholzstraße ... entnommen werden, aufgrund dessen beurteilt
werden kann, ob es vertretbar ist, weitergehende Maßnahmen des aktiven Schallschutzes als
unverhältnismäßig auszuschließen.
39 aa) Allerdings sind die Erwägungen des Beklagten zur wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit
der verschiedenen Varianten für sich genommen nicht zu beanstanden.
40 Bei der Ermittlung derjenigen Variante aktiven Lärmschutzes, bei der mit gerade noch
verhältnismäßigem Aufwand eine maximale Verbesserung der Lärmsituation zu erzielen ist,
können solche Varianten als wirtschaftlich unverhältnismäßig ausgeschieden werden, bei denen
einerseits die Kosten im Vergleich zu anderen Varianten stark ansteigen, andererseits aber nur
noch eine geringe Zahl von Wohneinheiten zusätzlich geschützt wird (sog. Sprungkosten; vgl.
Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 33 S. 80 f.
[insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 110, 370]). Danach ist die Annahme des Beklagten, es
sei wirtschaftlich nicht vertretbar, im Bereich der Beermannstraße ... und ... bzw. der
Kiefholzstraße ... Vollschutzvarianten von Lärmschutzwänden wie auch solche über eine Höhe
von sechs Metern hinaus mit transparentem Aufsatz zu errichten, an sich nicht zu beanstanden.
Nach der Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz im Bereich
Beermannstraße betragen die Kosten der Vollschutzvariante (Lärmschutzwand mit 15 Metern)
rund 1,7 Mio. €. Das ist beinahe das Vierfache der Kosten der Antragsvariante (Lärmschutzwand
mit sechs Metern) von etwa 440 000 €. Dabei können mit der Vollschutzvariante nur 28 weitere
Schutzfälle bewältigt werden, was lediglich rund einem Drittel der bereits mit der Antragsvariante
zu bewältigenden 86 Schutzfälle entspricht. Dementsprechend betragen die Kosten pro
Schutzfall bei der Vollschutzvariante mit 24 143 € nahezu das Dreifache der bei der
Antragsvariante entstehenden Kosten je Schutzfall von 8 806 €. Eine Lärmschutzwand mit einer
Höhe von sieben Metern kostet wegen des aufwändigen transparenten Aufsatzes von einem
Meter 736 136 € gegenüber dem Aufwand von 440 316 € für eine massive sechs Meter hohe
Lärmschutzwand. Da mit der sieben Meter hohen Lärmschutzwand lediglich zwei Schutzfälle
zusätzlich bewältigt werden können, steigen die Kosten je Schutzfall von 8 806 € „sprunghaft“
auf 14 723 €. Dieses Missverhältnis zwischen Kostensteigerung und zusätzlich zu
bewältigenden Schutzfällen besteht auch bei den jeweils um einen weiteren Meter erhöhten
Lärmschutzwänden bis hin zur Vollschutzvariante. Entsprechendes gilt für den Lärmschutz der
Kiefholzstraße ... (vgl. Ordner „Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen“ S. III 2043). Insoweit
hat der Beklagte zu Protokoll gegeben, dass die Kosten je Schutzfall bei der Antragsvariante von
10 812 € auf 15 312 € ansteigen, wenn die Lärmschutzwand mit einem transparenten Aufsatz
von einem Meter auf insgesamt sieben Meter erhöht wird; demgegenüber beträgt der Anstieg der
Kosten je Schutzfall bei einer vor der Planänderung als städtebaulich verträglich angesehenen
massiven Lärmschutzwand mit einer Höhe von sieben Metern nur 875 €. Der Beklagte durfte
daher annehmen, dass bei einer massiven sechs Meter hohen Lärmschutzwand eine maximale
Verbesserung der Lärmsituation bei gerade noch vertretbaren Kosten erreicht werden kann.
41 Das Vorliegen wirtschaftlich nicht vertretbarer Sprungkosten kann nicht deshalb verneint
werden, weil der Anstieg der Kosten je Schutzfall prozentual geringer ausfällt, wenn in den
Vergleich nicht nur die Kosten der verschiedenen Lärmschutzwände selbst, sondern auch
diejenigen der nach dem Lärmschutzkonzept vorgesehenen anderen Maßnahmen aktiven
Schallschutzes wie die Verwendung von lärmminderndem offenporigen Asphalt oder einer
absorbierenden Wandverkleidung (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 163) einbezogen werden.
Wie ausgeführt, ist für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit aktiven Lärmschutzes unter dem
Aspekt der Sprungkosten maßgeblich, ob die Mehrkosten, die bei einer Variante im Vergleich zu
anderen Varianten anfallen, in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang des dadurch
zusätzlich zu erzielenden Lärmminderungseffekts stehen. Welche Kosten in diese
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einzustellen sind, hängt von der Reichweite der Variantenprüfung
ab. Stehen bestimmte Maßnahmen aktiven Lärmschutzes nicht zur Auswahl, weil bereits
aufgrund einer Grobprüfung feststeht, dass sie nicht ernsthaft in Betracht kommen (vgl. Urteil vom
15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <388>) oder - wie hier die
Verwendung offenporigen Asphalts und einer lärmmindernden Wandverkleidung - in jedem Fall
ausgeführt werden sollen, ist der Aufwand für diese Maßnahmen für den Kosten-Nutzen-
Vergleich der noch offenen Varianten ohne Bedeutung.
42 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine solche Beschränkung des Umfangs der
Variantenuntersuchung an Rechtsfehlern leidet. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. In
diesem Zusammenhang rügen die Kläger zu 4, 5, 8 und 9 für das Gebäude Kiefholzstraße ...
hätte Vollschutz durch eine Deckelung der in Troglage geführten Trasse gewährt werden
müssen. Diese Maßnahme durfte vorab ausgeschieden werden, weil die Kosten hierfür von rund
18 Mio. € die Kosten für Vollschutz durch eine Kombination von Lärmschutzwand (sechs bis
zehn Meter Höhe mit einem 2,5 Meter hohen transparenten Aufsatz, Kosten etwa 1,1 Mio. €),
absorbierender Wandverkleidung (Kosten 110 000 €) und offenporigem Asphalt (Kosten 83 370
€) von insgesamt etwa 1,3 Mio. € bei Weitem übersteigen (Ordner
„Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen“ S. III 1862 f.). Eine Deckelung der Trasse ist
danach offenkundig unwirtschaftlich, auch wenn in der auf die Kiefholzstraße bezogenen
Kosten-Nutzen-Analyse allein der Aufwand für eine zur Gewährung von Vollschutz notwendige
Lärmschutzwand mit 2,5 Mio. € beziffert wird (Ordner „Abwägungsmaterial/zusätzliche
Unterlagen“ S. III 2043). Angesichts der in der Untersuchung genannten relativ geringen Kosten
für offenporigen Asphalt und eine absorbierende Wandverkleidung ist auch ohne Weiteres
nachvollziehbar, dass diese Maßnahmen aktiven Lärmschutzes, die im Falle des offenporigen
Asphalts mit einer Lärmminderung um immerhin 5 dB(A) einhergehen, keiner näheren Kosten-
Nutzen-Analyse im Vergleich mit anderen Maßnahmen unterzogen wurden, sondern in jedem
Falle ausgeführt werden sollen. Die Kläger haben im Übrigen kein abweichendes
Lärmschutzkonzept aufgezeigt, bei dem ernsthaft in Betracht kommt, dass wegen eines
günstigeren Kosten-Nutzen-Verhältnisses noch weitere Schutzfälle bis hin zum Vollschutz bei
angemessenem Aufwand bewältigt werden können.
43 bb) Nicht hinreichend schlüssig erscheint jedoch die Begründung dafür, weshalb die
Lärmschutzwand ab einer Höhe von sechs Metern nur noch mit einem - den Kostensprung
verursachenden - transparenten Aufsatz versehen werden kann.
44 Die in der mündlichen Verhandlung überreichte Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem
und passivem Lärmschutz für den Bereich Beermannstraße stützt sich zur Begründung nicht auf
die veränderte städtebauliche Situation infolge der Tieferlegung der Rampen, obwohl sich diese
Veränderung nach den o.g. Angaben des Beklagten gerade hier auswirkt. Stattdessen wird
maßgeblich auf den Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit abgestellt. Die verminderte
Raumwirkung der Trasse auf den Bereich Beermannstraße durch Tieferlegung der Rampen
stellt auch kein weiteres Begründungselement neben dem Aspekt der Verkehrssicherheit dar.
Vielmehr wird in städtebaulicher Hinsicht auf die Gewährleistung eines einheitlichen
Gesamtbildes von der Kiefholzstraße bis zur Beermannstraße abgestellt. Die angeblichen
Auswirkungen der Planänderung auf die städtebauliche Situation im Einzelnen erschließen sich
nicht. Was den stattdessen in der Unterlage zum Lärmschutzkonzept für die Beermannstraße
entscheidungstragend eingeführten Aspekt der Verkehrssicherheit anbelangt, ist nicht
hinreichend plausibel dargelegt, weshalb er gebietet, dass die Lärmschutzwand in diesem
Bereich ab sechs Meter Höhe transparent auszugestalten ist. Die Unterlage stellt selbst den
Vergleich mit der Einfahrt in einen Tunnel auf, in der die Fahrbahnen erfahrungsgemäß ebenfalls
nicht selten eng beieinander liegen. Es ist nicht erkennbar, dass die Situation unter dem
Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit im Bereich der durch eine Lärmschutzwand auf der einen
und eine Stützwand auf der anderen Seite begrenzten, aber nach oben nicht „gedeckelten“
Rampen der A 100 ungünstiger ist als bei Tunneln, zumal auf den Rampen ohnehin nur mit
reduzierter Geschwindigkeit gefahren werden kann.
45 2. Die Kläger zu 1, 2, 3, 6 und 7 haben hingegen keinen Anspruch, hinsichtlich des Schutzes
vor Immissionen erneut beschieden zu werden.
46 Das Vorhaben löst für den Kläger zu 1 keine Immissionsbetroffenheit aus. Das Wohngebäude
Heckmannufer ..., in dem sich seine Eigentumswohnung befindet, liegt nach den unbestrittenen
Angaben des Beklagten rund 900 m vom Trassenbereich und etwa 100 m von der Schlesischen
Straße entfernt in einer Nebenstraße ohne Durchgangsverkehr. Es kann nicht davon
ausgegangen werden, dass es infolge fehlender Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte Am
Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm zu erheblichen
Ausweichverkehren in der Schlesischen Straße kommen wird, die sich auf den Kläger zu 1
belastend auswirken könnten. Wie ausgeführt, bestehen hierfür keine Anhaltspunkte.
47 Hinsichtlich der Wohnungen der Klägerinnen zu 2 und 3 wurden unstreitig keine
vorhabenbedingten Überschreitungen der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV ermittelt. Eine
abwägungsfehlerhafte Berücksichtigung von Lärmbetroffenheiten unterhalb dieser Grenzwerte
liegt nicht vor. Die Behörde hat im Planfeststellungsbeschluss (vgl. S. 223 ff.) hinreichend
deutlich zu erkennen gegeben, dass der Lärmschutz auf das rechtlich Gebotene beschränkt
werden soll, was nicht zu beanstanden ist (vgl. Urteil vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 -
Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 50 f.).
48 Auch die Kläger zu 6 und 7 (Beermannstraße ...) sind mit dem planfestgestellten aktiven
Schallschutz keinen die Lärmgrenzwerte überschreitenden Immissionen ausgesetzt. Diese
Kläger können auch nicht verlangen, dass wegen der Planänderung (Verschonung des
Gebäudes Beermannstraße ... und ... durch Verlegung der westlichen Zufahrtsrampe der
Anschlussstelle Am Treptower Park um etwa 30 m nach Osten) eine neue schalltechnische
Beurteilung vorgenommen wird. Sie weisen in der Klagebegründung vom 11. April 2011 (S. 50)
selbst darauf hin, dass der Erhalt des Gebäudes Beermannstraße ... und ... ausweislich der
Variantenuntersuchung zu geringeren Belastungen des Gebäudes Beermannstraße ... führt (vgl.
Ordner „Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen“ S. III 1913: Abschirmwirkung des
Gebäudes Beermannstraße ... und ... für die restlichen Gebäude der Beermannstraße); auch die
Belastungen der Kiefholzstraße ... würden sich nach den Lärmberechnungen infolge der
Verlegung der Rampe verringern. Im Übrigen liegt es auch nach den vorliegenden Plänen nahe,
dass die Lärmbelastung in den genannten Bereichen durch die Planänderung verringert wird. Es
ist weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb der von den Klägern
kritisierte Umstand, dass die aus Anlass der Planänderung ermittelten Beurteilungspegel für das
Gebäude Beermannstraße ... und ... von den im Rahmen der Variantenprüfung für dieses
Gebäude ermittelten Pegel abweichen, etwas an dieser Einschätzung ändern sollte. Für die
Beermannstraße ... kommt hinzu, dass sowohl die im Rahmen der Variantenprüfung für die
Planänderung ermittelten Beurteilungspegel (Ordner „Abwägungsmaterial/Zusätzliche
Unterlagen“ S. III 1962 f.) als auch die Beurteilungspegel, die für die zunächst geplante
Ausführung der Anschlussstelle Am Treptower Park festgestellt wurden
(Planfeststellungsunterlagen Bd. 4 Unterlage 11.2 S. 106 f.), deutlich unterhalb der
Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV liegen.
49 D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 1 VwGO
i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Dr. Bier
Buchberger
Dr. Christ
Prof. Dr. Korbmacher
Dr. Bick