Urteil des BVerwG vom 13.03.2017

BVerwG (jugend, berlin, arbeitsverhältnis, mitglied, arbeitgeber, verhältnis zu, verfügung, juristische person, auslegung, beendigung)

Rechtsquelle:
BPersVG
§ 9
Stichworte:
Weiterbeschäftigungsanspruch eines Mitglieds der Jugend- und Auszubilden-
denstufenvertretung; Arbeitsplätze außerhalb der Ausbildungsdienststelle.
Leitsätze:
1. Für die Frage, ob ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz für ein Mit-
glied der Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung zur Verfügung steht,
kommt es auf alle Dienststellen im Geschäftsbereich der übergeordneten
Dienststelle an.
2. Das Begehren des öffentlichen Arbeitgebers nach Auflösung des Arbeitsver-
hältnisses mit dem Jugendvertreter kann nicht mit der Begründung abgelehnt
werden, der Jugendvertreter könne außerhalb der Ausbildungsdienststelle bzw.
in einer Dienststelle außerhalb des Geschäftsbereichs der übergeordneten
Dienststelle beschäftigt werden.
Beschluss des 6. Senats vom 19. Januar 2009 - BVerwG 6 P 1.08
I. VG Berlin vom 01.11.2006 - Az.: VG 72 A 10.06 -
II. OVG Berlin-Brandenburg vom 15.08.2007 - Az.: OVG 62 PV 11.06 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 1.08
OVG 62 PV 11.06
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In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Januar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge,
Vormeier, Dr. Bier und Dr. Möller
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Be-
schluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg
- Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes -
vom 15. August 2007 wird hinsichtlich des Hauptantrages
zurückgewiesen.
Hinsichtlich des Hilfsantrages wird der vorbezeichnete
Beschluss aufgehoben. Insoweit wird die Sache zur er-
neuten Anhörung und Entscheidung an das Oberverwal-
tungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
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G r ü n d e :
I
Ab 1. August 2003 absolvierte die Beteiligte zu 1 bei der Hauptverwaltung
Berlin der Deutschen Bundesbank eine Ausbildung im Ausbildungsberuf Kauf-
frau für Bürokommunikation. Mit Schreiben vom 27. Februar 2006, welches
gleichlautend an alle Auszubildenden des Ausbildungsjahres 2003 gerichtet
war, teilte die Antragstellerin der Beteiligten zu 1 mit, dass im Hinblick auf be-
vorstehende Filialschließungen eine dauerhafte Weiterbeschäftigung nicht
möglich sei, erklärte sich aber bereit, sie nach bestandener Abschlussprüfung
in ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Dauer von sechs Monaten zu über-
nehmen. Zugleich bat sie die Beteiligte zu 1 um vorsorgliche Mitteilung, ob sie
an einem Einsatz in der Zentrale in Frankfurt am Main interessiert sei. Am
16. März 2006 wurde die Beteiligte zu 1 erneut zum Mitglied der Jugend- und
Auszubildendenvertretung der Hauptverwaltung Berlin sowie zum Mitglied der
Bezirksjugend- und Auszubildendenvertretung der Hauptverwaltung Berlin ge-
wählt. Mit Schreiben vom 21. März 2006 teilte die Beteiligte zu 1 unter Bezug-
nahme auf das Schreiben der Antragstellerin vom 27. Februar 2006 mit, dass
sie das angebotene befristete Arbeitsverhältnis nach Beendigung ihrer Ausbil-
dung in Anspruch nehmen wolle, und bewarb sich zugleich um einen Arbeits-
platz in der Zentrale der Antragstellerin. Mit weiterem Schreiben vom 11. April
2006 bat die Beteiligte zu 1 gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG um Übernahme in ein
Arbeitsverhältnis für unbestimmte Zeit. Am 20. Juni 2006 bestand sie die Ab-
schlussprüfung.
Am 3. Juli 2006 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht beantragt,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Beteiligten zu 1
ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht begründet worden
sei, hilfsweise das zustande gekommene Arbeitsverhältnis
aufzulösen.
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge abgelehnt. Die Beschwerde der An-
tragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückge-
wiesen: Mit dem rechtzeitig gestellten Übernahmeverlangen der Beteiligten zu 1
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vom 11. April 2006 sei die Fiktion eines Dauerbeschäftigungsverhältnisses ent-
standen. Dem vorangegangenen Schreiben vom 21. März 2006 könne ein Ver-
zicht auf den Weiterbeschäftigungsanspruch der Jugendvertreterin nicht ent-
nommen werden. In diesem Schreiben habe die Beteiligte zu 1 lediglich auf das
an alle Auszubildenden des Jahrgangs 2003 gerichtete Informationsschreiben
der Antragstellerin vom 27. Februar 2006 Bezug genommen, in welchem diese
auf die nur gegebene Möglichkeit befristeter Arbeitsverhältnisse sowie eines
etwaigen Arbeitsplatzes in Frankfurt am Main hingewiesen habe. Das Schrei-
ben vom 21. März 2006 enthalte nichts zu den Rechten oder Befugnissen aus
der Funktion als Jugendvertreterin, so dass es eines entsprechenden Vorbe-
halts seitens der Beteiligten zu 1 nicht bedurft habe. Auch der hilfsweise ge-
stellte Auflösungsantrag der Antragstellerin sei zurückzuweisen. Für die Frage,
ob ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz für den Jugendvertreter zur
Verfügung gestellt werden könne, komme es zunächst allein auf den Bereich
der Ausbildungsdienststelle an. Eine Ausnahme sei aber für den Fall vorzuse-
hen, dass der öffentliche Arbeitgeber Auszubildende, welche er in der Ausbil-
dungsdienststelle nicht weiterbeschäftigen könne, bei anderen Dienststellen
seines Zuständigkeits- und Verantwortungsbereichs einzustellen pflege, sofern
der Auszubildende sein Einverständnis mit einer Weiterbeschäftigung zu geän-
derten Arbeitsbedingungen erklärt habe. Im vorliegenden Fall habe ein nach
Lage der Dinge berücksichtigungsfähiger Dauerarbeitsplatz bei der Zentrale der
Antragstellerin in Frankfurt am Main zur Verfügung gestanden, auf dem die Be-
teiligte zu 1 zumutbarerweise hätte weiterbeschäftigt werden können. Die An-
tragstellerin pflege Absolventen der Berufsausbildung adäquate Dauerarbeits-
plätze bei der Zentrale in Frankfurt am Main anzubieten. Auf einen derartigen
Arbeitsplatz habe sich die Beteiligte zu 1 in ihrem Schreiben vom 21. März
2006 rechtzeitig beworben. Sie hätte in dem von der Antragstellerin durchge-
führten Auswahlverfahren zum Zuge kommen müssen. In ihrer Person sei im
Verhältnis zu erfolgreichen Mitbewerbern ein offenkundig schwerwiegender
Qualifikationsmangel nicht gegeben gewesen.
Die Antragstellerin trägt zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde vor: Bereits
dem Hauptantrag sei stattzugeben gewesen, da kein Dauerbeschäftigungsver-
hältnis nach § 9 Abs. 2 BPersVG entstanden sei. Wer schriftlich die Weiterbe-
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schäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis verlangen könne, dann
jedoch lediglich die Übernahme in ein befristetes Arbeitsverhältnis wünsche,
bringe damit konkludent zum Ausdruck, dass er auf sein Recht zur Übernahme
in das unbefristete Arbeitsverhältnis verzichte. So sei das Schreiben der Betei-
ligten zu 1 vom 21. März 2006 zu verstehen gewesen. Es sei anzunehmen ge-
wesen, dass der Beteiligten zu 1 aufgrund ihrer bereits wiederholten Mitglied-
schaft in der Jugend- und Auszubildendenvertretung bekannt gewesen sei,
dass sie aufgrund ihrer personalvertretungsrechtlichen Funktion ihre dauerhafte
Weiterbeschäftigung habe verlangen können. Der Verzicht sei rechtswirksam,
weil er innerhalb von drei Monaten vor Beendigung des Berufsausbildungsver-
hältnisses erklärt worden sei. Es sei nicht folgerichtig, in dem Schreiben vom
21. März 2006 einerseits die Einwilligung der Beteiligten zu 1 zu einer nicht
ausbildungsadäquaten Weiterbeschäftigung nach Ausbildungsende zu sehen,
andererseits aber im Hinblick auf einen möglichen Verzicht auf die Weiterbe-
schäftigung strikt auf den Wortlaut abzustellen. Zumindest dem Hilfsantrag hät-
te das Oberverwaltungsgericht stattgeben müssen. Entgegen der Auffassung
des Oberverwaltungsgerichts sei die Weiterbeschäftigung zu geänderten Ar-
beitsbedingungen bei Einwilligung des Auszubildenden nur zuzulassen, wenn
der freie Arbeitsplatz in der Ausbildungsdienststelle zur Verfügung stehe. Im
Übrigen gebe es im Bereich der Deutschen Bundesbank keine Übung, Auszu-
bildende, die in den Ausbildungsdienststellen keinen Einsatz finden könnten,
andernorts einzustellen. Sie könnten sich vielmehr, wie jeder anderer Bewer-
ber, auf offene Dauerarbeitsplätze bewerben. Für die Einstellung in der Zentra-
le sei ein internes Auswahlverfahren geschaffen worden, das die Bewerber zu-
nächst durchlaufen und bestehen müssten, bevor sie nach bestandener Ab-
schlussprüfung eingestellt würden. Selbst wenn ein Dauerarbeitsplatz in der
Zentrale dienststellenübergreifend zu berücksichtigen gewesen wäre, wäre die
Beteiligte zu 1 nach dem Grundsatz der Bestenauslese und dem Leistungsprin-
zip nicht zum Zuge gekommen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und den
dort gestellten Anträgen zu entsprechen.
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- 7 -
Die Beteiligten beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.
Der Vertreter des Bundesinteresses schließt sich den Ausführungen der An-
tragstellerin an.
II
Die zulässige Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist hinsichtlich des Haupt-
antrages nicht begründet. Hinsichtlich des Hilfsantrages ist sie dagegen be-
gründet. Insoweit beruht der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts auf der
unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93
Abs. 1 Satz 1 ArbGG). In diesem Umfang ist er aufzuheben und die Sache zur
neuen Anhörung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzu-
verweisen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1
ZPO).
1. Das mit dem Hauptantrag geltende Feststellungsbegehren ist nicht begrün-
det. Zwischen der Antragstellerin und der Beteiligten zu 1 ist am 20. Juni 2006
ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen (§ 9 Abs. 2 BPersVG).
a) Die Beteiligte zu 1 gehörte zu dem in § 9 Abs. 1 BPersVG bezeichneten Per-
sonenkreis. Als Auszubildende im Ausbildungsberuf Kauffrau für Bürokommu-
nikation stand sie in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbil-
dungsgesetz - BBiG -, welches gemäß § 21 Abs. 2 BBiG mit dem Bestehen der
Abschlussprüfung am 20. Juni 2006 endete. Zu diesem Zeitpunkt war sie so-
wohl Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung als auch der Bezirks-
jugend- und Auszubildendenvertretung der Hauptverwaltung Berlin der Deut-
schen Bundesbank, der Beteiligten zu 4 und 5.
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b) Die Beteiligte zu 1 hat innerhalb der letzten drei Monate vor Ausbildungsen-
de, nämlich mit Schreiben vom 11. April 2006, von der Antragstellerin ihre Wei-
terbeschäftigung verlangt, wie es § 9 Abs. 2 BPersVG für die Begründung eines
unbefristeten Arbeitsverhältnisses vorsieht.
Diese Erklärung ist rechtswirksam. Die Beteiligte zu 1 hatte nicht bereits zuvor
im Schreiben vom 21. März 2006, mit welchem sie auf das Angebot der An-
tragstellerin auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages eingegangen war
und sich zugleich um einen Arbeitsplatz in der Zentrale der Antragstellerin be-
worben hatte, auf ihren Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 9 Abs. 2
BPersVG verzichtet. Die dahingehende Würdigung des Oberverwaltungsge-
richts hält der Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren stand.
Bei der Auslegung von Willenserklärungen im Rechtsbeschwerdeverfahren ist
zu differenzieren. Typische Verträge, wie z.B. Formulararbeitsverträge, die für
eine Vielzahl von Fällen verwandt werden und für die deshalb ein Bedürfnis
nach einheitlicher Auslegung besteht, sind wie Rechtsnomen zu behandeln;
ihre Auslegung kann vom Rechtsbeschwerdegericht ohne Einschränkungen
überprüft werden (vgl. Beschluss vom 23. August 2007 - BVerwG 6 P 7.06 -
Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 13 Rn. 21 m.w.N.). Die Auslegung von
nicht typischen Willenserklärungen und Verträgen ist dagegen in erster Linie
Sache der Tatsachengerichte und in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur einge-
schränkt überprüfbar. Der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht
unterliegt allein, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenser-
klärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt worden sind, ob dabei gegen
Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen und ob der Tatsachenstoff voll-
ständig verwertet wurde (vgl. BAG, Urteile vom 23. Januar 2002 - 7 AZR
611/00 - BAGE 100, 204 <206>, vom 5. September 2002 - 8 AZR 702/01 - AP
Nr. 1 zu § 280 BGB n.F. Blatt 415 und vom 24. September 2003 - 10 AZR
640/02 - BAGE 108, 1 <15>).
Das Schreiben der Beteiligten zu 1 vom 21. März 2006 ist eine atypische Wil-
lenserklärung. Dessen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht hält dem
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vorbezeichneten - eingeschränkten - Prüfungsmaßstab stand. Zu Recht ist das
Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass nicht jeder Abschluss eines
befristeten Arbeitsvertrages durch den Jugendvertreter innerhalb der letzten
drei Monate vor Ausbildungsende als Verzicht auf den Weiterbeschäftigungs-
anspruch nach § 9 Abs. 2 BPersVG zu werten ist, sondern dass es auf den
Wortlaut und die Begleitumstände der Erklärung ankommt (vgl. Beschluss vom
31. Mai 2005 - BVerwG 6 PB 1.05 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 24 S. 33).
Es hat maßgeblich darauf abgestellt, dass das Schreiben vom 21. März 2006
eine Reaktion auf das Überbrückungsangebot der Antragstellerin vom
27. Februar 2006 an alle Auszubildenden des Jahrgangs war und keinerlei Be-
zugnahme auf die personalvertretungsrechtlichen Funktionen der Beteiligten
zu 1 enthielt. Diese selbstständig tragende Erwägung ist frei von Verstößen
gegen Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Soweit das
Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Mitteilung über die
Zulassung zur Abschlussprüfung eingegangen ist, handelt es sich lediglich um
eine ergänzende, nicht entscheidungserhebliche Hilfserwägung (vgl. BA S. 11:
„ im Übrigen auch deswegen“ ).
Die Beurteilung des Oberverwaltungsgerichts ist auch insoweit widerspruchs-
frei, als es die Bewerbung um einen Arbeitsplatz in der Zentrale im Schreiben
vom 21. März 2006 zur Bewertung des Weiterbeschäftigungsverlangens vom
11. April 2006 herangezogen hat. Die Interpretation dieses Verlangens im Lich-
te des früheren Bewerbungsschreibens steht nicht in denknotwendigem Wider-
spruch dazu, in dem früheren Schreiben eine vom Weiterbeschäftigungsan-
spruch der Jugendvertreterin unabhängige Erklärung zu sehen.
2. Für das hilfsweise geltend gemachte Auflösungsbegehren sind die formellen
Voraussetzungen gegeben. Gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG kann der
Arbeitgeber spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des
Berufsausbildungsverhältnisses beim Verwaltungsgericht beantragen, das nach
§ 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.
a) Arbeitgeber im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG ist derjenige, der beim
Vertragsschluss Vertragspartner des Arbeitnehmers wäre (vgl. Beschlüsse vom
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1. Dezember 2003 - BVerwG 6 P 11.03 - BVerwGE 119, 270 <272> = Buchholz
250 § 9 BPersVG Nr. 23 S. 25, vom 1. November 2005 - BVerwG 6 P 3.05 -
BVerwGE 124, 292 <294> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 25 Rn. 14 und
vom 8. Juli 2008 - BVerwG 6 P 14.07 - juris Rn. 12). Das ist hier die Deutsche
Bundesbank, die als bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen
Rechts Arbeitnehmer beschäftigt (§§ 2, 31 Abs. 1 des Gesetzes über die Deut-
sche Bundesbank - BBankG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. Oktober
1992, BGBl I S. 1782, im vorliegenden Zusammenhang anzuwenden in der bis
zum 19. Juli 2007 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 29. Juni
2006, BGBl I S. 1402). Mit ihr hatte die Beteiligte zu 1 bereits ihren Berufsaus-
bildungsvertrag abgeschlossen.
b) Im Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG handelt für den Arbeitgeber derjeni-
ge, der ihn gerichtlich zu vertreten hat. Nur wer zu gerichtlichen Vertretungen
befugt ist, kann beim Verwaltungsgericht Anträge nach § 9 Abs. 4 BPersVG
stellen (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 a.a.O. S. 272 bzw. S. 25 und
vom 8. Juli 2008 a.a.O. Rn. 13).
aa) § 11 Abs. 1 BBankG weist - von hier nicht in Betracht kommenden Aus-
nahmen abgesehen - die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der
Deutschen Bundesbank dem Vorstand zu. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1
BBankG sind Willenserklärungen für die Deutsche Bundesbank verbindlich,
wenn sie von zwei Mitgliedern des Vorstandes abgegeben werden. Für eine
rechtswirksame Antragstellung bei Gericht genügt daher eine Unterzeichnung
durch zwei Vorstandsmitglieder. Mit Blick auf die Schutzzwecke in § 9 BPersVG
sind die Voraussetzungen für eine rechtswirksame Antragstellung sichtbar er-
füllt, wenn die innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist eingegangene An-
tragsschrift von zwei Vorstandsmitgliedern der Antragstellerin unterzeichnet ist.
Eine rechtzeitige Antragstellung ist aber auch durch eine Antragsschrift mög-
lich, die durch einen nachgeordneten Bediensteten unterschrieben ist; dieser
muss dann allerdings seine Vertretungsbefugnis innerhalb der Ausschlussfrist
durch Vorlage einer Vollmacht nachweisen, die von zwei Vorstandsmitgliedern
unterzeichnet ist (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 a.a.O. S. 274 ff. bzw.
S. 26 ff. und vom 8. Juli 2008 a.a.O. Rn. 17).
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bb) Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BBankG sind Willenserklärungen für die
Deutsche Bundesbank auch verbindlich, wenn sie von zwei bevollmächtigten
Vertretern abgegeben werden. Die Vertretungsbefugnis kann durch die Be-
scheinigung eines Urkundsbeamten der Deutschen Bundesbank nachgewiesen
werden (§ 11 Abs. 3 BBankG). Der Urkundsbeamte wird vom Präsidenten der
Deutschen Bundesbank bestellt und muss die Befähigung zum Richteramt be-
sitzen (§ 30 BBankG). Die Anforderungen an eine wirksame Antragstellung
nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG sind erfüllt, wenn die innerhalb der Aus-
schlussfrist eingegangene Antragsschrift von zwei bevollmächtigten Vertretern
unterzeichnet und die Bescheinigung eines Urkundsbeamten über die Vertre-
tungsbefugnis beigefügt ist. Sie sind ebenfalls erfüllt, wenn die rechtzeitig ein-
gegangene Antragsschrift von einem nachgeordneten Bediensteten unter-
zeichnet und ihr eine Vollmacht von zwei bevollmächtigten Vertretern sowie die
Bescheinigung des Urkundsbeamten beigefügt sind.
cc) Die letztgenannten Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die innerhalb der Aus-
schlussfrist eingegangene Antragsschrift ist von zwei Beamten der Antragstelle-
rin unterzeichnet. Ihr war eine Vollmacht beigefügt, die vom Zentralbereichslei-
ter Recht und seinem Stellvertreter ausgestellt ist. Diese gehören der dem Vor-
stand unterstellten Führungsebene an (§ 7 Abs. 1 Satz 3 BBankG i.V.m. § 6
Satz 1 des Organisationsstatuts vom 8. Mai 2002). Ihre Vertretungsbefugnis
war durch eine Bescheinigung des Urkundsbeamten nachgewiesen.
3. Ob das Auflösungsbegehren der Antragstellerin begründet ist, vermag der
Senat anhand der bisherigen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht
abschließend zu klären.
Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG ist das nach § 9 Abs. 2 BPersVG be-
gründete Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund
derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbe-
schäftigung nicht zugemutet werden kann. Die Fortsetzung des Arbeitsverhält-
nisses ist dann unzumutbar, wenn der Arbeitgeber dem Jugendvertreter zum
Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung keinen ausbildungsadäquaten
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Dauerarbeitsplatz bereitstellen kann (vgl. Beschluss vom 1. November 2005
a.a.O. S. 295 f. bzw. Rn. 19).
a) Für die Frage, ob ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz für ein Mit-
glied der örtlichen Jugend- und Auszubildendenvertretung zur Verfügung steht,
kommt es allein auf den Bereich der Ausbildungsdienststelle an (vgl. Beschluss
vom 1. November 2005 a.a.O. S. 296 ff. bzw. Rn. 20 ff.). Bei einem Mitglied
einer Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung kommt es dagegen nicht
nur auf die Ausbildungsdienststelle, sondern auf alle Dienststellen des Ge-
schäftsbereichs der übergeordneten Dienststelle an, bei welcher die Jugend-
und Auszubildendenstufenvertretung gebildet ist.
aa) Schutzzweck der Regelung in § 9 BPersVG ist es, Auszubildende vor Per-
sonalmaßnahmen zu bewahren, die sie an der Ausübung ihrer Jugendvertre-
terarbeit hindern oder ihre Unabhängigkeit in dieser Arbeit beeinträchtigen kön-
nen. Indem § 9 BPersVG die amtierende Jugend- und Auszubildendenvertre-
tung vor dauernden oder vorübergehenden Änderungen ihrer Zusammenset-
zung schützt, dient er zugleich der Kontinuität der Gremienarbeit. Ist der Aus-
zubildende Mitglied der örtlichen Jugend- und Auszubildendenvertretung, wird
das kollektivrechtliche Element des Schutzzwecks nicht erreicht, wenn er in
einer anderen Dienststelle als der Ausbildungsdienststelle weiterbeschäftigt
wird. Denn damit erlischt gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 4, § 60 Abs. 4 BPersVG seine
Mitgliedschaft in der Jugend- und Auszubildendenvertretung (vgl. Beschluss
vom 1. November 2005 a.a.O. S. 297 bzw. Rn. 23).
bb) Der für § 9 BPersVG wesentliche Schutzzweck der Ämterkontinuität ist je-
doch gewahrt, wenn ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenstufenvertre-
tung von seiner Ausbildungsdienststelle in eine andere Dienststelle des Ge-
schäftsbereichs überwechselt.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG erlischt die Mitgliedschaft im Personalrat
durch Ausscheiden aus der Dienststelle. Diese Bestimmung gilt gemäß § 54
Abs. 1 BPersVG für die Stufenvertretungen entsprechend. Dies bedeutet, dass
das Ausscheiden aus dem Zuständigkeitsbereich der übergeordneten Dienst-
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stelle, bei der die Stufenvertretung gebildet worden ist, das Ausscheiden aus
der Stufenvertretung zur Folge hat. Andererseits ist ein bloßer Wechsel der
Dienststellenzugehörigkeit unschädlich, wenn auch die neue Dienststelle zum
Zuständigkeitsbereich derselben übergeordneten Dienststelle zählt oder der
Betroffene zu dieser übergeordneten Dienststelle selbst wechselt (vgl. BAG,
Beschluss vom 11. Juli 1990 - 7 ABR 52/89 - BAGE 65, 283 <287>; Lorenzen,
in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertre-
tungsgesetz, Stand Januar 2009, § 54 Rn. 17; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/
Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 54 Rn. 2; Ilbertz/
Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 54 Rn. 13;
Schwarze, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008,
§ 54 Rn. 9).
Diese Grundsätze gelten für die Jugend- und Auszubildendenstufenvertretun-
gen entsprechend (§ 60 Abs. 4, § 64 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Die Mitglied-
schaft in einer solchen Vertretung erlischt daher nicht, wenn der Jugendvertre-
ter in eine andere Dienststelle innerhalb des Geschäftsbereichs derjenigen
übergeordneten Dienststelle überwechselt, bei welcher die Jugend- und Aus-
zubildendenstufenvertretung gebildet ist.
cc) Auch der weitere Normzweck des § 9 BPersVG, nämlich der Schutz vor
nachteiligen Folgen der Amtsausübung, rechtfertigt es, den Weiterbeschäfti-
gungsanspruch eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenstufenvertre-
tung auf alle Dienststellen des Geschäftsbereichs zu erstrecken.
Die Aufgaben und Befugnisse der Jugend- und Auszubildendenvertretung sind
eingebettet in die Arbeit des Personalrats. Beim Antragsrecht, bei der Vertre-
tung von Anregungen und Beschwerden, bei der Beeinflussung der Tagesord-
nung, beim suspensiven Vetorecht, beim Recht auf beratende und stimmbe-
rechtigte Teilnahme an Sitzungen ist Adressat jeweils der Personalrat, dem die
Jugend- und Auszubildendenvertretung zugeordnet ist (§ 34 Abs. 3, § 39 Abs. 1
und 2, § 40 Abs. 1, § 61 Abs. 1 und 2 BPersVG). Bei den Monatsbesprechun-
gen zwischen Personalvertretung und Dienststellenleiter kommt es zu einer
direkten Begegnung zwischen diesem und der Jugend- und Auszubildenden-
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vertretung, wenn jugendliche Arbeitnehmer und Auszubildende besonders be-
troffen sind (§§ 57, 61 Abs. 4, § 66 Abs. 1 BPersVG). Wenn § 64 Abs. 1 Satz 2
BPersVG bestimmt, dass für die Aufgabenzuweisung an die Jugend- und Aus-
zubildendenstufenvertretung § 61 BPersVG entsprechend gilt, so bedeutet
dies, dass als Adressat der Aktivitäten an die Stelle des örtlichen Personalrats
die Stufenvertretung tritt, welcher die Jugend- und Auszubildendenstufenvertre-
tung zugeordnet ist (vgl. Altvater u.a., a.a.O. § 64 Rn. 7; Gerhold, in: Lorenzen
u.a., a.a.O. § 64 Rn. 32 ff.; Gräfl, in: Richardi/Dörner/Weber, a.a.O. § 64
Rn. 14 ff.; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 64 Rn. 15 ff.).
Die Kompetenz der Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung knüpft somit
an die originäre, dienststellenübergreifende Zuständigkeit der Stufenvertretung
an, wie sie sich aus § 82 Abs. 1 BPersVG ergibt. Sie ist insbesondere dann
gegeben, wenn alle jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden im Ge-
schäftsbereich der übergeordneten Dienststelle betroffen sind. Der Wirkungs-
kreis erstreckt sich auf die übergeordnete Dienststelle selbst und alle ihr nach-
geordneten Dienststellen. In diesem Umfang geraten die Mitglieder der Jugend-
und Auszubildendenstufenvertretung in jenen typischen Interessengegensatz
zum Leiter der übergeordneten Dienststelle, wie er für die Bipolarität der perso-
nalvertretungsrechtlichen Dienststellenverfassung kennzeichnend ist und wie er
auch der Regelung in § 47 BPersVG zugrunde liegt. Dem muss der Schutzbe-
reich des § 9 BPersVG Rechnung tragen, weil dem dienststellenübergreifenden
Wirkungskreis des in der Ausbildung befindlichen Mitglieds der Stufenvertre-
tung ein erhöhtes Risiko entspricht, nach dem Abschluss seiner Ausbildung in
keiner der Dienststellen, die dem Leiter der übergeordneten Dienststelle unter-
stehen, weiterbeschäftigt zu werden. Das bedeutet, dass bei einem Mitglied der
Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung in die Beurteilung des Weiterbe-
schäftigungsanspruchs alle Dienststellen einzubeziehen sind, welche dem Di-
rektionsrecht des Leiters der übergeordneten Dienststelle unterstehen.
Damit können sich freilich die Chancen auf Durchsetzung des Weiterbeschäfti-
gungsanspruchs bei Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenstufenvertre-
tung in Abhängigkeit von der Größe des Geschäftsbereichs und der Anzahl der
dazugehörigen Dienststellen deutlich verbessern; darauf weist die Antragstelle-
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rin im Schriftsatz vom 7. Januar 2009 zutreffend hin. Doch findet diese Besser-
stellung ihre Rechtfertigung in dem erhöhten Schutzbedarf, der sich aus der
Verantwortung des Leiters der übergeordneten Dienststelle für alle Dienststel-
len des Geschäftsbereichs und seinem damit korrespondierenden Einflussbe-
reich herleitet. Ein totales Einstellungsgebot bedeutet dies nicht, weil es dem
öffentlichen Arbeitgeber unbenommen bleibt, die Unzumutbarkeit der Weiter-
beschäftigung geltend zu machen, wenn in keiner Dienststelle des Geschäfts-
bereichs ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz vorhanden ist. Da es auf
den jeweiligen Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle ankommt, ist
die Betrachtungsweise jedenfalls typischerweise enger als eine undifferenzierte
arbeitgeberbezogene Beurteilung, welcher der Senat im Beschluss vom
1. November 2005 (a.a.O. S. 299 bzw. Rn. 27) entgegengetreten ist.
dd) Soweit dem Senatsbeschluss vom 1. November 2005 (a.a.O. S. 296 bzw.
Rn. 21) zu entnehmen ist, dass für den Weiterbeschäftigungsanspruch auch
eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung allein die
Ausbildungsdienststelle maßgeblich sein soll, wird daran aus den vorgenannten
Gründen nicht mehr festgehalten.
Die in dem vorbezeichneten Senatsbeschluss erwähnte Dienststellenbezogen-
heit des Weiterbeschäftigungsanspruchs steht der Einbeziehung aller Dienst-
stellen des Geschäftsbereichs der übergeordneten Dienststelle nicht entgegen.
Denn die Tätigkeit der Stufenvertretung im Rahmen ihrer originären Zuständig-
keit hat, wie dargelegt, dienststellenübergreifenden Charakter. Daran knüpft die
Arbeit der Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung an. Ist Wirkungskreis
der örtlichen Jugend- und Auszubildendenvertretung die Dienststelle, bei wel-
cher sie eingerichtet ist, so ist dies bei der Jugend- und Auszubildendenstufen-
vertretung der Dienststellenorganismus, welcher aus der übergeordneten
Dienststelle und den ihr nachgeordneten Dienststellen besteht. In diesem Sinne
bleibt die Weiterbeschäftigung „ dienststellenbezogen“ , nämlich auf den jeweili-
gen Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle beschränkt.
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Die Weiterbeschäftigung eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenstu-
fenvertretung ist dem öffentlichen Arbeitgeber somit nicht unzumutbar, wenn
zwar nicht in der Ausbildungsdienststelle, aber in einer anderen Dienststelle
des Geschäftsbereichs der übergeordneten Dienststelle ein ausbildungsadä-
quater Dauerarbeitsplatz zur Verfügung steht. Damit ist freilich die inhaltliche
Deckungsgleichheit zwischen dem Ausbildungsverhältnis und dem kraft gesetz-
licher Fiktion begründeten Arbeitsverhältnis nicht mehr im vollen Umfang gege-
ben (vgl. Beschluss vom 1. November 2005 a.a.O. S. 297 f. bzw. Rn. 24). Dies
ist jedoch mit Blick auf den doppelten Schutzzweck des § 9 BPersVG gerecht-
fertigt: Mit dem Eintritt des Auszubildenden in die Jugend- und Auszubilden-
denstufenvertretung überschreitet sein personalvertretungsrechtlicher Wir-
kungskreis den Bereich seiner Ausbildungsdienststelle, und die Kontinuität der
Gremienarbeit ist auch bei einem Wechsel der Dienststelle innerhalb des Ge-
schäftsbereichs der übergeordneten Dienststelle gewährleistet.
b) In den Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 9 BPersVG nicht einzubezie-
hen sind demgegenüber alle Dienststellen außerhalb des Geschäftsbereichs
derjenigen Dienststelle, bei welcher die Jugend- und Auszubildendenvertretung
gebildet ist, der der betreffende Auszubildende angehört. Freilich hat der Senat
einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Jugendvertreters in einer anderen
Dienststelle für möglich gehalten, wenn der öffentliche Arbeitgeber bei anderen
Auszubildenden entsprechend verfährt und der Jugendvertreter sich spätestens
mit dem eigenen Weiterbeschäftigungsverlangen (hilfsweise) damit einverstan-
den erklärt hat (vgl. Beschluss vom 1. November 2005 a.a.O. S. 298 f. und 309
bzw. Rn. 26 f. und 48 unter Hinweis auf BAG, Beschluss vom 6. November
1996 - 7 ABR 54.95 - BAGE 84, 294 <298 f>). Inzwischen hat das Bundesar-
beitsgericht jedoch klargestellt, dass die Weiterbeschäftigungspflicht des Ar-
beitgebers nach § 78a BetrVG stets - auch bei nach dem Konsensprinzip ge-
änderten Arbeitsbedingungen - betriebsbezogen ist (vgl. Beschluss vom
15. November 2006 - 7 ABR 15/06 - BAGE 120, 205 Rn. 42). Dieser Auffas-
sung ist auch für den Bereich des Personalvertretungsrechts zu folgen, weil die
Weiterbeschäftigung nach § 9 BPersVG wegen des hier ebenfalls geltenden
Grundsatzes der Ämterkontinuität zwingend den Verbleib des Jugendvertreters
in der Ausbildungsdienststelle oder - bei einem Mitglied der Jugend- und Aus-
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zubildendenstufenvertretung - in einer Dienststelle des Geschäftsbereichs der
übergeordneten Dienststelle voraussetzt. Das Auflösungsbegehren des öffentli-
chen Arbeitgebers kann daher keinesfalls mit der Begründung abgelehnt wer-
den, der Jugendvertreter könne außerhalb der Ausbildungsdienststelle bzw. in
einer Dienststelle außerhalb des Geschäftsbereichs der übergeordneten
Dienststelle weiterbeschäftigt werden (so bereits Beschluss vom 11. März 2008
- BVerwG 6 PB 16.07 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 30 Rn. 15). Die vom
Oberverwaltungsgericht zitierte Senatsrechtsprechung, wonach ein freier Ar-
beitsplatz vorrangig mit dem Jugendvertreter zu besetzen ist, solange Mitbe-
werber nicht objektiv wesentlich fähiger und geeigneter sind (vgl. Beschlüsse
vom 9. September 1999 - BVerwG 6 P 5.98 - BVerwGE 109, 295 <301>
= Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 18 S. 5 f. und vom 17. Mai 2000 - BVerwG
6 P 9.99 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 20 S. 15), bezieht sich auf die Aus-
bildungsdienststelle bzw. - bei einem Mitglied der Jugend- und Auszubilden-
denstufenvertretung - auf die Dienststellen des Geschäftsbereichs der überge-
ordneten Dienststelle. Für andere Dienststellen gilt sie nicht.
c) Aus den vorstehenden Grundsätzen ergibt sich für die Weiterbeschäftigung
eines Mitglieds der Bezirksjugend- und Auszubildendenvertretung bei der
Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank Folgendes:
aa) Wie sich aus § 6 Abs. 1 und 2 sowie § 53 Abs. 1 BPersVG entnehmen
lässt, geht das Bundespersonalvertretungsrecht vom Grundmodell einer drei-
stufigen Verwaltung aus. Der obersten Dienstbehörde unmittelbar nachgeord-
net sind die Behörden der Mittelstufe, denen andere Dienststellen nachgeord-
net sind. Während in den Dienststellen aller drei Stufen örtliche Personalräte
gebildet werden, wird zusätzlich bei der obersten Dienstbehörde ein Hauptper-
sonalrat und bei einer Behörde der Mittelstufe ein Bezirkspersonalrat eingerich-
tet.
Das für die Bundesbank maßgebliche Organisationsrecht folgt dem dreistufigen
Modell. Auf der obersten Stufe befindet sich die Zentrale in Frankfurt am Main
mit dem Vorstand als Leitungsorgan, dem neun Hauptverwaltungen unterste-
hen, denen wiederum Filialen nachgeordnet sind (§ 2 Satz 3, § 7 Abs. 1 Satz 1
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und 2, §§ 8, 10, 29 Abs. 1 BBankG, im Folgenden anzuwenden in der bis zum
30. Juni 2006 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 25. Juni 2004,
BGBl I S. 1383). Die oberste Dienstbehörde befindet sich daher auf der Ebene
der Zentrale. Behörden der Mittelstufe sind die Hauptverwaltungen, denen Filia-
len unterstehen. Ob Letzteres bereits aus den genannten allgemeinen Vor-
schriften folgt und die noch auf die alte Organisationsstruktur vor dem 30. April
2002 (Landeszentralbanken) zugeschnittene Sonderbestimmung in § 89 Nr. 1
BPersVG nach Inkrafttreten der Organisationsreform leerläuft, kann auf sich
beruhen. Sollte dies nämlich nicht der Fall sein, so ist jedenfalls aus § 89 Nr. 1
BPersVG im Wege der anpassenden Auslegung abzuleiten, dass die Haupt-
verwaltungen Behörden der Mittelstufe sind (vgl. dazu Altvater u.a., a.a.O. § 89
Rn. 6; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD, Bd. V § 89 Rn. 5; Kersten, in:
Richardi/Dörner/Weber, a.a.O. § 89 Rn. 3; Schlatmann, in: Lorenzen u.a.,
a.a.O. § 89 Rn. 7 ff.; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 89 Rn. 3). Bei den Hauptverwal-
tungen der Deutschen Bundesbank sind daher Bezirkspersonalräte zu bilden.
bb) Daraus folgt, dass die Hauptverwaltungen der Deutschen Bundesbank Be-
zirksjugend- und Auszubildendenvertretungen haben (§ 64 Abs. 1 Satz 1
BPersVG). Für die Weiterbeschäftigung des Mitglieds einer Bezirksjugend- und
Auszubildendenvertretung bei einer Hauptverwaltung der Deutschen Bundes-
bank kommt es daher darauf an, ob im maßgeblichen Zeitpunkt der Beendi-
gung der Ausbildung in der Hauptverwaltung selbst oder in einer der ihr nach-
geordneten Filialen ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz zur Verfügung
steht. Unerheblich sind etwaige freie Arbeitsplätze in der Zentrale. Denn diese
gehört nicht zum nachgeordneten Geschäftsbereich einer Hauptverwaltung,
sondern ist ihr übergeordnet.
d) Demnach war die Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1 für die Antrag-
stellerin zumutbar, wenn bei Beendigung der Ausbildung am 20. Juni 2006 ein
ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz entweder in der Hauptverwaltung Ber-
lin oder in einer der dieser nachgeordneten Filialen in Berlin, Cottbus, Frankfurt
an der Oder und Potsdam zur Verfügung standen. Ob dies der Fall ist, vermag
der Senat nicht zu beurteilen, weil es im angefochtenen Beschluss an dahinge-
henden tatsächlichen Feststellungen fehlt. Das Oberverwaltungsgericht ist - von
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seinem Standpunkt aus folgerichtig - dieser Frage nicht nachgegangen, weil es
- wie ausgeführt zu Unrecht - auf freie Arbeitsplätze in der Zentrale der Antrag-
stellerin in Frankfurt am Main abgestellt hat.
4. Für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nach Zurückverweisung
sieht sich der Senat zu folgenden Hinweisen veranlasst:
a) Grundlage für die Personalwirtschaft der Antragstellerin ist die vor Beginn
eines Geschäftsjahres aufzustellende Plankostenrechnung, die vom Vorstand
beschlossen wird (§ 26 Abs. 4 Satz 2 BBankG i.V.m. § 1 Abs. 7 des Organisa-
tionsstatuts). Die Plankostenrechnung hat Budgetcharakter (vgl. BTDrucks
14/6879 S. 13). Waren in der Plankostenrechnung 2006 für die Hauptverwal-
tung Berlin Dauerstellen für Angestellte mit der von der Beteiligten zu 1 erwor-
benen Qualifikation ausgewiesen und war eine solche Stelle am 20. Juni 2006
frei, so war diese Stelle vorrangig mit der Beteiligten zu 1 zu besetzen (vgl. zum
Staatlichen Haushaltsplan: Beschluss vom 1. November 2005 a.a.O. S. 300
bzw. Rn. 29).
b) Nicht ausgeschlossen erscheint aber auch, dass der Vorstand der Antrag-
stellerin sich bei der Aufstellung der Plankostenrechnung darauf beschränkt,
die Stellen nach Entgeltgruppen geordnet in bestimmtem Umfang den Haupt-
verwaltungen zuzuweisen, und diesen die Zuordnung der Stellen zu beruflichen
Funktionen überlässt (s. § 7 Abs. 1 Satz 3 BBankG i.V.m. § 7 Satz 1 des Orga-
nisationsstatuts). Sollte der Präsident der Hauptverwaltung Berlin auf der
Grundlage einer derartigen Zuweisung entschieden haben, auf ihm für das Ge-
schäftsjahr 2006 zugewiesenen Stellen Arbeitsplätze zu schaffen oder beizu-
behalten, die der Qualifikation der Beteiligten zu 1 entsprachen, so wäre ein
derartiger ab 20. Juni 2006 freier Arbeitsplatz vorrangig mit ihr zu besetzen ge-
wesen (vgl. Beschluss vom 1. November 2005 a.a.O. S. 303 bzw. Rn. 33).
c) Die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung richtet sich nach den Verhältnis-
sen im Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung (vgl. Beschluss vom
29. März 2006 - BVerwG 6 PB 2.06 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Rn. 3
m.w.N.). Der Stichtag wirkt nicht nur für und gegen den Jugendvertreter, son-
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dern auch für und gegen den öffentlichen Arbeitgeber. Darauf, dass ein freier
ausbildungsadäquater Arbeitsplatz nur zur vorübergehenden Besetzung vorge-
sehen war und daher für die Beteiligte zu 1 nicht in Betracht kam, kann sich die
Antragstellerin daher nur dann berufen, wenn bereits am 20. Juni 2006 eine
verbindliche Entscheidung der zuständigen Stelle vorlag, diesen Arbeitsplatz zu
einem bestimmten Termin entfallen zu lassen. Eine bloße Absichtserklärung
ohne exakte terminliche Fixierung reicht nicht aus. Ist dagegen der Wegfall des
Arbeitsplatzes terminlich bestimmt worden, so ist es unschädlich, wenn dieser
Arbeitsplatz vorübergehend mit einer Mitarbeiterin besetzt wurde, welcher bis-
her eine niedriger zu bewertende Tätigkeit zugewiesen war (vgl. § 14 des Tarif-
vertrages für die Beschäftigten der Deutschen Bundesbank vom 1. Oktober
2005).
d) Für die Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes kommt es auf die tatsächliche Be-
schlussfassung der zuständigen Stelle der Antragstellerin an. Sind nach Erge-
hen eines derartigen Beschlusses in Unterlagen der Verwaltung beizubehalten-
de und abzuschaffende Arbeitsplätze versehentlich vertauscht worden, so kann
dieses Versehen der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden. Anders
verhält es sich im umgekehrten Fall, in welchem ein Versehen der Beschluss-
fassung vorausgeht und diese im Ergebnis beeinflusst. Entscheidet sich die
zuständige Stelle für die Schaffung oder Beibehaltung eines ausbildungsadä-
quaten Dauerarbeitsplatzes, so muss es dabei für die Weiterbeschäftigung des
Jugendvertreters sein Bewenden haben. Die rückwirkende Fehlerkorrektur ver-
trägt sich nicht mit dem qualifizierten Diskriminierungsschutz des § 9 BPersVG.
e) Besonders in den Blick zu nehmen sind die schon vom Verwaltungsgericht
erörterten Arbeitsplätze der Hauptverwaltung Berlin Nr. 70018887 und
70018895, die in der „ Auswertung Einstufungskatalog“ vom 24. April 2006 als
nicht besetzt ausgewiesen waren, aber auch Stellen in der Filiale Berlin, die
gemäß der Aufstellung der Antragstellerin vom 20. Juni 2006 mit dem Bemer-
ken „ nicht mehr benötigt“ als nicht besetzt ausgewiesen waren. Das Oberver-
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waltungsgericht wird sich im gebotenen Umfang vor allem die Plankostenrech-
nung 2006 vorlegen lassen müssen.
Dr. Bardenhewer Büge Vormeier
Dr. Bier Dr. Möller
B e s c h l u s s
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Rechtsbe-
schwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt (§ 23 Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1
und 8 Satz 1 Halbs. 1 RVG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG analog.
Büge