Urteil des BVerwG vom 19.02.2003

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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 9 BN 5.03
OVG 2 D 14/02.NE
In der Normenkontrollsache
hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juni 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Brandenburg vom 19. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren
auf 8 000 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
Die Beschwerde des Antragsgegners bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerde macht in erster Linie geltend, dass das Normenkontrollgericht auf einer
unrichtigen Tatsachengrundlage entschieden habe. Einen Revisionszulassungsgrund im
Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vermag sie mit dieser Rüge nicht aufzuzeigen. Insbesondere
führen die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang hervorgebrachten Erwägungen
nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Denn
die Frage, ob die nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Kommunalabgabengesetz im Land Brandenburg
erforderliche Zustimmung des Ministeriums des Innern und der Finanzen für die kommunal-
aufsichtliche Genehmigung einer Steuersatzung vorliegt, mit der die Jagdsteuer erstmals im
Land Brandenburg eingeführt wurde, mag zwar von allgemeiner, über den Einzelfall hinaus-
gehender Bedeutung sein, ist jedoch, was die Beschwerde verkennt, keine Rechtsfrage, wie
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO es voraussetzt.
Das angefochtene Urteil leidet auch nicht an dem von der Beschwerde geltend gemachten
Verstoß gegen die richterliche Sachaufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1
VwGO). Dabei kann dahinstehen, ob die Beschwerde den Anforderungen an eine ordnungs-
gemäße Rüge dieses Verfahrensmangels genügt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom
19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO n.F. Nr. 26 = NJW
1997, 3328), denn ein solcher Verfahrensverstoß liegt jedenfalls nicht vor. Die Verletzung
der richterlichen Sachaufklärungspflicht setzt im Allgemeinen voraus, dass das Tatsachen-
gericht Aufklärungsmaßnahmen nicht ergriffen hat, auf die der anwaltlich oder sonst rechts-
kundig vertretene Beteiligte - insbesondere durch entsprechende Beweisanträge - hingewirkt
hat, oder dass sich dem Gericht diese Aufklärungsmaßnahmen auch ohne ein solches Hin-
wirken von sich aus hätte aufdrängen müssen. Dies war hier im Hinblick auf die vom An-
tragsgegner nunmehr vorgelegten Unterlagen über eine bereits im Jahre 1992 im Land
Brandenburg erfolgte ministerielle Zustimmung zur Einführung der Jagdsteuer nicht der Fall.
Das Normenkontrollgericht hat in dem ebenfalls eine Jagdsteuersatzung betreffenden Paral-
lelverfahren beim Ministerium des Innern hierzu ausdrücklich nachgefragt und von diesem
die eindeutige Auskunft erhalten, dass „eine Zustimmung gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Kommu-
nalabgabengesetz (KAG) zur Einführung der Jagdsteuer im Land Brandenburg (…) seitens
des MI und des MdF nicht erteilt” worden sei, so dass hierzu auch keine Vorgänge zugeleitet
werden könnten. Es begründete dies mit der - vom Normenkontrollgericht im hier angefoch-
tenen Urteil als unzutreffend angesehene - Rechtsauffassung, dass eine solche Einfüh-
rungszustimmung zur Jagdsteuer wegen der ausdrücklichen Erwähnung der Jagdsteuer in
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§ 3 Abs. 1 Satz 2 KAG nicht notwendig sei. Diese Erkenntnis hat das Gericht in das Verfah-
ren des Antragsgegners ausdrücklich eingeführt und die Frage der fehlenden ministeriellen
Zustimmung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG ausweislich der Sitzungsniederschrift mit den Be-
teiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert. Bei dieser Sachlage bestand für das Nor-
menkontrollgericht keine Veranlassung, weitere Nachforschungen darüber anzustellen, ob
eine ministerielle Zustimmung zur erstmaligen Einführung der Jagdsteuer nicht doch vorlie-
ge, zumal sich das Vorhandensein älterer Jagdsteuersatzungen im Land Brandenburg auf
der Grundlage der vom Innenministerium mitgeteilten Rechtsauffassung auch ohne Zustim-
mung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG ohne weiteres erklären ließ. Insbesondere mussten sich
dem Gericht keine weiteren Ermittlungen aufdrängen, auch nicht im Hinblick auf den vom
Antragsgegner nunmehr vorgelegten Runderlass des Ministeriums des Innern vom
22. Oktober 1992 zur Jagdsteuermustersatzung, der einen Hinweis auf die vorliegenden
ministerielle Genehmigung der ersten Jagdsteuersatzung enthält. Denn weder der Antrags-
gegner noch das Ministerium des Innern haben im Normenkontrollverfahren auf die mögli-
che Existenz eines solchen Erlasses hingewiesen. Selbst wenn er, wie der Antragsgegner
vorträgt, im Internet veröffentlicht sein sollte, ändert dies nichts daran, dass das Gericht bei
der gegebenen Auskunftslage keine Veranlassung sehen musste, gleichsam „ins Blaue hin-
ein” weitere Nachforschungen zu der Zustimmungsfrage anzustellen. Der Antragsgegner
selbst hat im Übrigen weder einen dahin gehenden Beweisantrag gestellt, noch in sonstiger
Weise auf konkrete weitere Ermittlungsmaßnahmen des Gerichts hingewirkt.
Was die vom Antragsgegner angesprochene Wirksamkeit und Bedeutung der angefochte-
nen Entscheidung für die Wirksamkeit anderer Jagdsteuersatzungen im Land Brandenburg
betrifft, bleibt es den zuständigen Stellen unbenommen, durch entsprechende Verlautbarun-
gen auf das Vorliegen der erforderlichen ministeriellen Zustimmung für die erstmalige Ein-
führung der Jagdsteuersatzung hinzuweisen. Im Übrigen kann dahinstehen, ob die Be-
schwerde mit ihrem Vortrag, nach der mündlichen Verhandlung seien die Unterlagen über
die Genehmigung der Jagdsteuersatzung im Archiv des Ministeriums des Innern aufgefun-
den worden, einen Wiederaufnahmegrund i.S.d. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO i.V.m. § 153
Abs. 1 VwGO dargetan hat. Die Zuständigkeit, über einen Wiederaufnahmeantrag zu befin-
den, liegt nach § 584 Abs. 1 ZPO nicht beim Revisionsgericht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus
§ 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.
Hien Vallendar Dr. Eichberger