Urteil des BVerwG vom 26.07.2005

BVerwG (gewerbesteuer, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, vermietung, wohnung, zweitwohnung, beschwerde, bundesverwaltungsgericht, belastung, einkünfte, verpachtung)

Rechtsquelle:
GG Art. 105 Abs. 2 a
Stichworte:
Zweitwohnungssteuer; Aufwandsteuer; Mischnutzung der Wohnung; Gewerbesteuer.
Leitsatz:
Wird für die Vermietung einer Wohnung Gewerbesteuer erhoben, schließt dies die
Veranlagung des Wohnungsinhabers zur Zweitwohnungssteuer nicht aus, wenn er
die Wohnung jedenfalls zeitweise auch zu Zwecken der eigenen Lebensführung
nutzt.
Beschluss des 10. Senats vom 26. Juli 2005 - BVerwG 10 B 48.05
I. VG Schleswig vom 24.06.2004 - Az.: VG 6 A 103/03 -
II. OVG Schleswig-Holstein vom 20.04.2005 - Az.: OVG 2 LB 61/04 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 48.05
OVG 2 LB 61/04
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Juli 2005
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter
am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Prof. Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen
Oberverwaltungsgerichts vom 20. April 2005 wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 2 502,30 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO)
gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig, ob für das Innehaben eines
Ferienhauses Zweitwohnungssteuer erhoben werden kann, obwohl in dem
maßgeblichen Veranlagungszeitraum für die Vermietung des Hauses zugleich
Gewerbesteuer zu zahlen war.
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Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, zu deren Klärung es der Durchführung
eines Revisionsverfahrens bedürfte, zeigt die Beschwerde damit nicht auf. Denn die
Frage lässt sich ohne weiteres auf der Grundlage der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts bejahen.
Im Hinblick auf die Erhebung von Gewerbesteuer für die Vermietung einer
Zweitwohnung gilt insoweit im Grundsatz nichts anderes, als es der Senat in seinem
Urteil vom 27. Oktober 2004 (BVerwG 10 C 2.04 - KStZ 2005, 50 = ZKF 2005, 91) für
das Nebeneinander von Einkommensteuer und Zweitwohnungssteuer bei gemischt
genutzten Zweitwohnungen entschieden hat. In der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist danach geklärt, dass die eine Zweitwohnungssteuer
erhebende Gemeinde von Verfassungs wegen gehalten ist, solche Wohnungen von
dieser örtlichen Aufwandsteuer auszunehmen, die ausschließlich der Erzielung von
Einkünften durch Vermietung und Verpachtung dienen und damit als "reine Geld-
oder Vermögensanlage" gehalten werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 1979
- BVerwG 7 C 53.77 - BVerwGE 58, 230 <235>; Urteil vom 10. Oktober 1995
- BVerwG 8 C 40.93 - BVerwGE 99, 303 <307>; Urteil vom 26. September 2001
- BVerwG 9 C 1.01 - BVerwGE 115, 165 <169>). Ist indes geklärt, dass die
Zweitwohnung jedenfalls auch zu Zwecken der eigenen Lebensführung genutzt wird,
steht die Zweitwohnungssteuerpflicht im Grundsatz fest (BVerwG, Urteil vom
27. Oktober 2004 - BVerwG 10 C 2.04 - a.a.O.). Sie wird in einem solchen Fall auch
nicht dadurch infrage gestellt, dass sich für die Zweitwohnungssteuer relevante
Leerstandszeiten mit jenen überschneiden, die nach der neueren Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 6. November 2001 - IX R 97/00 - BFHE 197, 151)
bei der Bestimmung der Einkommenserzielung einkommensmindernd berücksichtigt
werden. Denn im Rahmen der Zweitwohnungssteuererhebung ist bei gemischt
genutzten Zweitwohnungen grundsätzlich jede Leerstandszeit, für die der
Wohnungsinhaber die eigene Nutzungsmöglichkeit rechtlich nicht ausgeschlossen
hat, Ausdruck der Einkommensverwendung zur persönlichen Lebenshaltung; der
Wohnungsinhaber kann ungeachtet seiner Vermietungsabsicht auf die Wohnung
zugreifen und sie selbst nutzen. Das hat zur Folge, dass solche Leerstandstage
einen Bezug zu beiden Steuertatbeständen aufweisen. Sie sind einerseits Ausdruck
des mit dem Innehaben der Zweitwohnung betriebenen besonderen Aufwands für die
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private Lebensführung und können andererseits nach der für das
Einkommensteuerrecht maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
gemäß der hierfür vorgesehenen pauschalierenden Zuordnung als durch die
Vermietungsbemühungen veranlasst anzusehen seien (BVerwG, Urteil vom
27. Oktober 2004, a.a.O.).
Entsprechendes gilt für das Verhältnis zwischen Gewerbesteuer und
Zweitwohnungssteuer. Wenn - wie hier nach den mit Revisionsgründen insoweit
nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts - eine
jedenfalls zeitweise Nutzung der Zweitwohnung zu Zwecken der eigenen
Lebensführung feststeht, rechtfertigt dies im Grundsatz die
Zweitwohnungssteuerpflicht des Wohnungsinhabers, ohne dass dem die Belastung
der Wohnungsvermietung mit der Gewerbesteuer entgegenstünde. Denn
Gewerbesteuer und Zweitwohnungssteuer beruhen auf verschiedenen
Steuergründen und erfassen je unterschiedliche Steuergegenstände (im Ergebnis
ebenso OVG Münster, Urteil vom 23. April 1993 - 22 A 3850/92 - NVwZ-RR 1994, 43
und FG Bremen, Urteil vom 1. Februar 2000 - 299283 K 2 - NVwZ-RR 2001, 56 zur
fehlenden Gleichartigkeit von Zweitwohnungs- und Gewerbesteuer). Während die
Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG eine
Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers ist, die in
der Verwendung seines Vermögens oder Einkommens für den persönlichen
Lebensbedarf sichtbar wird (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR
1275/79 - BVerfGE 65, 325 <346 f.>), ist die Gewerbesteuer jedenfalls in ihrem
rechtlichen Ausgangspunkt eine Objektsteuer (BFH, Urteil vom 24. August 2000 - IV
R 51/98 - BFHE 192, 534; Urteil vom 18. September 2003 - X R 2/00 - BFHE 203,
263), die den Gewerbebetrieb zum Gegenstand hat und dessen Ertrag besteuert.
Dabei ist es, worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, in
diesem Zusammenhang ohne Belange, ob die Einkünfte aus der Vermietung der
Ferienwohnung im Falle des Klägers zu Recht als Einkünfte aus einem
Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 EStG (vgl. dazu
Güroff, in: Glanegger/Güroff, GewStG, 5. Aufl. 2002, § 2 Rn. 56) angesehen werden.
Wegen des je unterschiedlichen Steuergegenstandes und Steuergrundes schließt
die Belastung der Erträge aus der Vermietung einer Zweitwohnung mit der
Gewerbesteuer die Besteuerung wegen zeitweiser Eigennutzung derselben
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Wohnung mit der Zweitwohnungssteuer jedenfalls ebenso wenig aus, wie die
Erhebung von Einkommensteuer für Vermietung und Verpachtung einer
Zweitwohnung die Heranziehung des Inhabers dieser Wohnung zur
Zweitwohnungssteuer bei Mischnutzung der Wohnung hindert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung
folgt aus § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 3 GKG.
Hien Vallendar Prof. Dr. Eichberger