Urteil des BVerwG vom 12.02.2004

BVerwG (wahl, bundesverwaltungsgericht, auswahl, arbeit, mitbestimmung, vorbereitungshandlung, beschwerde, rechnung, beteiligung, gehalt)

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 7.04
OVG 12 LB 4/03
In der Personalvertretungssache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. August 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n he w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
B ü g e und V o r m e i e r
beschlossen:
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Die Beschwerde des Beteiligten die Nichtzulassung der
Rechtsbeschwerde im Beschluss des Schleswig-Holsteinischen
Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat für Mitbestimmungs-
sachen/Land - vom 12. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Die allein erhobene und statthafte Abweichungsrüge greift nicht durch (§ 88 Abs. 2
MBG SH i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 92 a Satz 1 ArbGG). Der
angefochtene Beschluss weicht nicht von dem in der Beschwerdebegründung zitier-
ten Senatsbeschluss vom 29. Januar 2003 - BVerwG 6 P 16.01 - (Buchholz 251.95
§ 51 MBG SH Nr. 5) ab.
Nach dieser Entscheidung kann von einer Maßnahme im personalvertretungsrechtli-
chen Sinne nur gesprochen werden bei einer Handlung und Entscheidung, die den
Rechtsstand der Bediensteten oder eines Bediensteten berührt. Lediglich der Vorbe-
reitung einer Maßnahme dienende Handlungen einer Dienststelle sind, wenn sie
nicht bereits eine beabsichtigte Maßnahme vorwegnehmen oder unmittelbar festle-
gen, keine Maßnahme (a.a.O. S. 24 f. m.w.N.).
Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Be-
schluss ausgegangen (vgl. Beschlussabdruck S. 6 f.). Es hat zutreffend erkannt,
dass eine Ausnahme von dem Grundsatz, wonach Vorbereitungshandlungen keine
Maßnahmen sind, im vorliegenden Fall nicht mit der Erwägung anerkannt werden
kann, anderenfalls werde die Mitbestimmung bei der endgültigen Maßnahme einge-
schränkt oder ausgehöhlt; denn die abschließende Entscheidung - die Wahl des
Bürgeramtsleiters durch die Stadtverordnetenversammlung - ist hier wegen § 83
Abs. 1 Satz 1 MBG SH nicht mitbestimmungspflichtig. Gleichwohl hat das Oberver-
waltungsgericht die vorbereitende Maßnahme - den Besetzungsvorschlag - wegen
ihrer Bindungswirkung für die nachfolgende Wahl durch die Gemeindevertretung für
mitbestimmungspflichtig gehalten. Es hat dabei angenommen, dass die für den Ge-
setzgeber maßgeblichen Gründe dafür, die Mitbestimmung bei der Wahl durch die
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Gemeindevertretung auszuschließen, für den Besetzungsvorschlag des Bürgermeis-
ters nicht gelten.
Eine dem widersprechende Aussage findet sich im zitierten Senatsbeschluss vom
29. Januar 2003 nicht. Für die Entscheidung des Senats, die Einführung und Durch-
führung eines Assessment-Centers - ein spezielles Verfahren zur Auswahl der Teil-
nehmer an Kursen der Aufstiegsweiterbildung - als mitbestimmungspflichtig nach
§ 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH einstufen, war zwar von Bedeutung, dass die Auswahl
für die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung ebenso wie die diesbezügliche
Festlegung allgemeiner Grundsätze ihrerseits mitbestimmungspflichtige Maßnahmen
sind (a.a.O. S. 26 f.). Dies diente jedoch als Beleg dafür, dass die Veranstaltung des
Assessment-Centers nicht lediglich der mitbestimmungsfreien Vorbereitungsphase
zuzuordnen, sondern den bereits anerkanntermaßen mitbestimmungspflichtigen
Maßnahmen gleich zu achten war. Eine Aussage des Inhalts, dass die endgültige
Entscheidung vorprägende Vorbereitungshandlungen ausnahmslos nur dann als
Maßnahmen gewertet werden können, wenn die endgültige Entscheidung ihrerseits
mitbestimmungspflichtig ist, wurde damit nicht getroffen. Insbesondere verhielt sich
der Beschluss vom 29. Januar 2003 nicht zu Sonderkonstellationen der hier in Rede
stehenden Art. Über den vorliegenden durch die speziellen Regelungen in § 83
Abs. 1 MBG SH und § 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 Satz 2 GO SH geprägten Sonderfall
oder ihm vergleichbare Sachverhalte war nicht zu entscheiden.
In dem im Beschluss vom 29. Januar 2003 zitierten Beschluss vom 26. Januar 2000
- BVerwG 6 P 2.99 - (BVerwGE 110, 287) hat der Senat die dienststelleninterne
Auswahl von Einsatzbereichen zur gemeinnützigen Arbeit für Sozialhilfeempfänger
als mitbestimmungspflichtig nach § 51 Abs. 1 MBG SH gewertet. Durch diese Maß-
nahme wurde die Heranziehung von Sozialhilfeempfängern zur gemeinnützigen Ar-
beit vorbereitet, die als außenwirksame Maßnahme der Aufgabenerfüllung selbst
nicht mitbestimmungspflichtig war (a.a.O. S. 294 ff.). Dieser Fall ist zwar dem hier
vorliegenden nicht in jeder Hinsicht vergleichbar, weil die Arbeitsanordnung des So-
zialhilfeträgers - anders als die Wahl eines leitenden Kommunalbeamten durch die
Gemeindevertretung - ohne innerdienstlichen Gehalt ist. Doch zeigt er immerhin,
dass die Kombination von mitbestimmungspflichtiger Vorbereitungshandlung und
mitbestimmungsfreier abschließender Maßnahme nicht als unvereinbar mit der Se-
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natsrechtsprechung anzusehen ist. Hier kommt der Grundsatz, dass die Vorberei-
tungshandlung mitbestimmungsfrei ist, weil dem Mitbestimmungsrecht des Personal-
rats durch seine Beteiligung an der abschließenden Maßnahme in aller Regel Rech-
nung getragen wird (vgl. dazu Beschluss vom 14. Oktober 2002 - BVerwG 6 P 7.01 -
Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 104 S. 36 f.), nicht zum Zuge.
Bardenhewer Büge
Vormeier