Urteil des BVerfG vom 22.09.2003

verfassungsbeschwerde, rücknahme, entziehung, form

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Manfred Mumme,
Schlossgarten 1, 22041 Hamburg -
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 922/01 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn A...
gegen a) den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom
19. April 2001 - 4 L 62/01 -,
b) das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19. Februar
2001 - 1 A 178/98 -
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter
Jentsch,
Broß
und die Richterin Lübbe-Wolff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 ( BGBl I S. 1473 ) am 22. September 2003 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Voraussetzungen, unter denen eine Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung
anzunehmen ist, liegen nicht vor.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist nicht i.S.v. § 93a Abs. 2
Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte
angezeigt, denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90,
22 <25 f.> ).
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Rücknahme seiner Einbürgerung sei eine von Art. 16
Abs . 1 Satz 1 GG untersagte Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit, ist dem
Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht Rechnung getragen. Dieser
Grundsatz verlangt, dass der Betroffene, bevor er das Bundesverfassungsgericht anruft, alle
nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine
Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder zu verhindern,
dass eine Grundrechtsverletzung überhaupt eintritt (BVerfGE 81, 22 <27>; 84, 203 <208>;
95, 163 <171>). Eine Verfassungsbeschwerde genügt dieser Anforderung nicht, wenn - wie
vorliegend - im Instanzenzug ein Mangel deshalb nicht nachgeprüft werden konnte, weil er
nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Form gerügt wurde ( BVerfGE 16, 124 <127>; 54, 53
<65>; 74, 102 <114> ). Die Grundrechtsverletzung, die der Beschwerdeführer darin sieht,
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dass die Rücknahme seiner Einbürgerung dem Verbot der Entziehung der deutschen
Staatsangehörigkeit zuwiderlaufe, hat er in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Februar 2001 nicht geltend gemacht. Er hat
vielmehr ausdrücklich die Auffassung vertreten, die Rücknahme einer erschlichenen
Einbürgerung könne nicht schlechthin unzulässig sein, und sodann ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) allein mit der Ablehnung einer
zeitlichen Begrenzung der Aufhebbarkeit der Einbürgerung im verwaltungsgerichtlichen Urteil
begründet. Damit hat der Beschwerdeführer es versäumt, das Oberverwaltungsgericht mit
der Frage zu befassen, ob Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG überhaupt die Rücknahme einer
Einbürgerung zulässt.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Jentsch
Broß
Lübbe-Wolff