Urteil des BVerfG vom 29.01.2004

verfassungsbeschwerde, ausgleichszahlung, gesetzesmaterialien, stadt

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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 917/02 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn M...,
gegen a) den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. März 2002 -
3 UZ 3201/00 -,
b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juni 2000 - 15 E
3706/97 (2) -,
c) mittelbar Hessisches Gesetz zum Abbau der Fehlsubventionierung im
Wohnungswesen (HessAFWoG) vom 5. Juni 1996
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Hassemer,
die Richterin Osterloh
und den Richter Mellinghoff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 (BGBl I S. 1473 ) am 29. Januar 2004 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe durch die
Stadt Frankfurt a.M. auf der Grundlage des Hessischen Gesetzes zum Abbau der
Fehlsubventionierung im Wohnungswesen vom 5. Juni 1996 (HessAFWoG, GVBl I S. 262).
Die
Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein
Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.> ). Sie
hat keine Aussicht auf Erfolg.
a) Dem Landesgesetz steht nicht die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG entgegen. Der
Bundesgesetzgeber hat zwar mit dem Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im
Wohnungswesen (AFWoG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I S. 1523, 1542) von seiner
konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht (vgl. BVerfGE 78, 249
<266 ff.> ). Auf Grund des durch Änderungsgesetz vom 11. Juli 1985 ( BGBl I S. 1276 )
eingeführten § 16 AFWoG sind die Vorschriften des AFWoG mit Ausnahme der
Gebietsbestimmung in § 1 Abs. 4 und der Aufkommensverwendung in § 10 Abs. 2 bis 4
AFWoG aber nicht mehr anzuwenden, soweit landesrechtliche Vorschriften an deren Stelle
erlassen werden.
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Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch bei umfassender und
erschöpfender
Regelung eines
Gegenstandes
der
konkurrierenden
Gesetzgebungskompetenz durch den Bund sind landesrechtliche Regelungen insoweit
zulässig, als das Bundesrecht Vorbehalte zu Gunsten der Landesgesetzgebung enthält (vgl.
BVerfGE 20, 238 <251>; 21, 106 <115>; 24, 367 <386>; 29, 125 <137>; 33, 224 <229>; 83,
2 4 <30>). Einen solchen Vorbehalt zu Gunsten der Landesgesetzgebung hat der
Bundesgesetzgeber mit § 16 AFWoG nachträglich in das Bundesrecht aufgenommen und
damit die gemäß Art. 72 Abs. 1 GG für die Länder ursprünglich bestehende Regelungssperre
weitgehend wieder aufgehoben (vgl. BVerwGE 111, 211 <213>). Der hessische
Landesgesetzgeber hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und mit seinem Gesetz
zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen die bundesrechtliche Regelung
ergänzt und überlagert.
b) Die Behauptung des Beschwerdeführers, der bundesgesetzliche Vorbehalt sei nicht
ausdrücklich erklärt worden und nicht hinreichend bestimmt, findet im Wortlaut der Vorschrift
und den Gesetzesmaterialien keine Stütze. Den Ländern sollten im Hinblick auf die sehr
unterschiedliche Lage auf den regionalen Wohnungsmärkten größere Handlungsspielräume
bei der Erhebung der Ausgleichszahlung eingeräumt werden (vgl. BTDrucks 10/3467, S. 8).
Auch die vom Beschwerdeführer angeführte Bundesratsinitiative (vgl. BRDrucks 145/00)
liefert keine Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit des § 16 AFWoG. Dort ging es um
die Frage einer weiteren Flexibilisierung der landesrechtlichen Regelungen. Geändert werden
sollte § 1 Abs. 4 AFWoG, nicht § 16 AFWoG.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Hassemer
Osterloh
Mellinghoff