Urteil des BVerfG vom 30.09.2001

verfassungsbeschwerde, verfahrensobjekt, verhinderung, abstimmung

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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 911/00 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn S...
gegen a) den Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 31. März 2000 - 1 Qs 145/00 -,
b) den Beschluss des Amtsgerichts Freiberg vom 11. Januar 2000 - 4 Cs 640 Js
46720/98 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Präsidentin Limbach
und die Richter Hassemer,
Mellinghoff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 ( BGBl I S. 1473) am 30. September 2001 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine
Aussicht auf Erfolg hat.
Die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen den Beschwerdeführer verstößt nicht gegen
Verfassungsrecht.
Die Pflicht eines Zeugen, vor Gericht zu erscheinen, ist eine von der Strafprozessordnung
vorausgesetzte allgemeine Staatsbürgerpflicht (vgl. BVerfGE 49, 280 <284>), bei deren
Nichterfüllung § 51 StPO verfassungsrechtlich unbedenklich die Möglichkeit gibt, dem
ordnungsgemäß geladenen und nicht genügend entschuldigten Zeugen die durch sein
Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen und gegen ihn ein Ordnungsgeld festzusetzen
(vgl. BVerfGE 76, 363 <383>). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Zeugenpflicht mit
der Wahrnehmung beruflicher Pflichten kollidiert. Ein Zeuge hat jedoch einen Anspruch auf
eine angemessene Behandlung und darf nicht zum bloßen Verfahrensobjekt gemacht werden
(vgl. BVerfGE 27, 1 <6>; 38, 105 <114>); daraus folgt jedoch von Verfassungs wegen nicht
die Pflicht, Termine mit einem Zeugen, der auf eine berufliche Verhinderung hinweist,
abzustimmen. Beruft sich ein geladener Zeuge wie der Beschwerdeführer allgemein auf die
Notwendigkeit einer terminlichen Abstimmung und macht er im Übrigen keine dringenden
beruflichen Hinderungsgründe für einen bestimmten Vernehmungstermin geltend, sind die
Gerichte deshalb aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gehindert, im Falle seines
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Nichterscheinens die in § 51 StPO vorgesehenen Rechtsfolgen gegen den ausgebliebenen
Zeugen anzuordnen.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (vgl. § 93d Abs. 1 Satz 3
BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach
Hassemer
Mellinghoff