Urteil des BVerfG vom 07.02.2002

verfassungsbeschwerde, ermessen, entlastungszeuge, befangenheit

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Dieter Fuisting und Koll.,
Berliner Promenade 12, 66111 Saarbrücken -
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 9/02 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn C. ,
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Andernach vom 28. November 2001 - 2040 Js
36618/00.2 Ds -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Präsidentin Limbach
und die Richter Hassemer,
Mellinghoff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 ( BGBl I S. 1473) am 7. Februar 2002 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine
Aussicht auf Erfolg hat. Sie ist unbegründet.
Gemäß § 467 Abs. 4 StPO steht die Zubilligung einer Auslagenerstattung im Falle einer
Verfahrenseinstellung im Ermessen des Gerichts. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts ( BVerfGE 82, 106 <119>; Beschluss der 2. Kammer des
Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 1995 - 2 BvR 2588/93 -; in
J u r i s veröffentlicht) stellt die Versagung des Auslagenersatzes keine Strafe oder
strafähnliche Sanktion dar. Sie widerspricht auch nicht der verfassungsrechtlichen
Unschuldsvermutung, solange sich die Entscheidung über die Auslagenerstattung auf
Erwägungen zum Tatverdacht stützt und ihre Begründung - wie hier - keine gerichtliche
Schuldfeststellung oder -zuweisung enthält ( BVerfGE 82, 106 <119 f.>). Ferner ist es von
Verfassungs wegen nicht geboten, einem nicht verurteilten Beschuldigten unter allen
Umständen sämtliche Auslagen zu erstatten (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten
Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 1995 - 2 BvR 2588/93 - sowie Urteil
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 25. August 1987 - Nr.
9/1986/107/155 -, NJW 1988, S. 3257, 3258 zu Art. 6 II MRK). Ein Erstattungsanspruch
besteht vielmehr nur nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung, die unter anderem das
Veranlasserprinzip - verfassungsrechtlich unbedenklich - verwirklicht (vgl. Beschluss der 2.
Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 1995 - 2 BvR
2588/93 -).
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Dass das Amtsgericht das ihm gemäß § 467 Abs. 4 StPO eingeräumte Ermessen
willkürlich ausgeübt habe, ist weder vom Beschwerdeführer vorgetragen worden noch sonst
ersichtlich. Insbesondere war dieses Ermessen - entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers - nicht auf Grund vorangegangener Fairnessverstöße des Amtsgerichts
reduziert. Ein etwaiger Gehörsverstoß wurde durch das Nachverfahren geheilt, in dem ein
anderer als der vom Beschwerdeführer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte
Richter entschieden hat (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 2 StPO). Dass das Amtsgericht zum ersten
Hauptverhandlungstermin
aus Zweckmäßigkeitserwägungen
(Anregung
einer
Verfahrenseinstellung gemäß § 153 a StPO) noch keine Zeugen geladen hatte und der vom
Beschwerdeführer nachbenannte Entlastungszeuge zum dritten Hauptverhandlungstermin
nicht erschien, ist unter Fairnessgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Selbst wenn eine
Ladung dieses Zeugen zum zweiten Hauptverhandlungstermin versehentlich unterblieben
sein sollte, stellte dies keinen schwer wiegenden, eine Auslagenerstattung zwingend
gebietenden, Fairnessverstoß dar.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach
Hassemer
Mellinghoff