Urteil des BVerfG vom 03.12.1997
schiffbauvertrag, verkündung, echte rückwirkung, öffentliche gewalt
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L e i t s ä t z e
zum Beschluß des Zweiten Senats vom 3. Dezember 1997
- 2 BvR 882/97 -
1. Bietet ein Steuergesetz dem Steuerpflichtigen eine Verschonungssubvention
(Sonderabschreibung) an, die er nur während des Veranlagungszeitraums
annehmen kann, so schafft dieses Angebot für diese Disposition in ihrer zeitlichen
Bindung eine schutzwürdige Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpflichtige
seine Entscheidung über das subventionsbegünstigte Verhalten stützt.
2. Dem Steuerpflichtigen darf nach Ankündigung des Wegfalls einer für verfehlt
erachteten Subvention verwehrt werden, die Gestaltungskompetenz und den
Gestaltungswillen des Gesetzgebers zu unterlaufen, wenn dieser die
Steuervergünstigung für Verträge entfallen lassen will, die zwischen dem
Bekanntwerden der beabsichtigten Gesetzesänderung und deren Beschluß durch
den Gesetzgeber geschlossen worden sind, deren steuererheblicher Vollzug aber
erst nach dem Gesetzesbeschluß zu erwarten ist.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 882/97 -
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
über die
Verfassungsbeschwerden
1. der Firma N... GmbH & Co.,
2. der Firma N... GmbH & Cie.,
3. des Herrn R...,
4. der Reederei R... GmbH & Cie.
gegen Art. 8 Nr. 34 Buchst. a (Unterbuchst. aa) und Nr. 36 Buchst. m sowie gegen Art. 9
Nr. 4 des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 vom 20. Dezember 1996, BGBl I S.
2049
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und
Richter
Präsidentin Limbach,
Graßhof,
Kruis,
Kirchhof,
Winter,
Sommer,
Jentsch,
Hassemer
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am 3. Dezember 1997 beschlossen:
1. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 4. werden verworfen.
2. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. wird zurückgewiesen.
3. Artikel 8 Nummer 34 Buchstabe a Unterbuchstabe aa) und Nummer 36 Buchstabe m
sowie Artikel 9 Nummer 4 des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20. Dezember 1996 (
Bundesgesetzblatt I Seite 2049 ) sind mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit die
einkommensteuerliche Förderung durch Sonderabschreibungen nicht mehr in
Anspruch genommen werden kann, wenn ein Schiffbauvertrag nach dem 24. April
1996 abgeschlossen worden ist.
Gründe:
A.
Die Beschwerdeführer wenden sich unmittelbar gegen das Einkommensteuergesetz
(EStG) und die Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) in der Fassung des
Jahressteuergesetzes 1997, soweit dieses am 7. November 1996 vom Bundestag
beschlossene Gesetz die einkommensteuerliche Förderung auch für solche Handelsschiffe
aufgehoben hat, die aufgrund eines nach dem 24. April 1996 abgeschlossenen
Schiffbauvertrages hergestellt werden.
I.
1. § 82f EStDV regelte bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 1997 - JStG 1997 -
vom 20. Dezember 1996 ( BGBl I S. 2049) die sog. Bewertungsfreiheit für Handelsschiffe in
der Weise, daß für diese Schiffe im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in
den folgenden vier Wirtschaftsjahren Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 40 % der
Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen werden konnten. Rechtsgrundlage
dafür war § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w EStG a.F. Diese Bestimmung ermächtigte in der vor
dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 1997 geltenden Fassung die Bundesregierung,
mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften durch Rechtsverordnung zu erlassen:
w) über Sonderabschreibungen bei Handelsschiffen, die in einem
inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind und vor dem 1. Januar
2000 von Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach § 5 ermitteln, angeschafft
oder hergestellt worden sind. Im Fall der Anschaffung eines
Handelsschiffes ist weitere Voraussetzung, daß das Schiff vor dem 1.
Januar 1996 in ungebrauchtem Zustand vom Hersteller oder nach dem 31.
Dezember 1995 bis zum Ablauf des vierten auf das Jahr der Fertigstellung
folgenden Jahres erworben worden ist. Die Sonderabschreibungen können
im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier
folgenden Wirtschaftsjahren bis zu insgesamt 40 vom Hundert der
Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden.
Sie können bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten und für
Teilherstellungskosten zugelassen werden. Die Sonderabschreibungen
sind nur unter der Bedingung zuzulassen, daß die Handelsschiffe innerhalb
eines Zeitraums von acht Jahren nach ihrer Anschaffung oder Herstellung
nicht veräußert werden; für Anteile an einem Handelsschiff gilt dies
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entsprechend.
...
Von dieser Ermächtigung hat der Verordnunggeber in § 82f EStDV Gebrauch gemacht:
(1) Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 5 des Gesetzes ermitteln,
können bei Handelsschiffen, die in einem inländischen Seeschiffsregister
eingetragen sind, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und
in den vier folgenden Wirtschaftsjahren Sonderabschreibungen bis zu
insgesamt 40 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
vornehmen. § 9a gilt entsprechend.
(2) Im Fall der Anschaffung eines Handelsschiffs ist Absatz 1 nur
anzuwenden, wenn das Handelsschiff vor dem 1. Januar 1996 in
ungebrauchtem Zustand vom Hersteller oder nach dem 31. Dezember
1995 bis zum Ablauf des vierten auf das Jahr der Fertigstellung folgenden
Jahres erworben worden ist.
(3) ...
(4) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können bereits für Anzahlungen auf
Anschaffungskosten
und
für Teilherstellungskosten in Anspruch
genommen werden.
(5) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können für Handelsschiffe in
Anspruch genommen werden, die vor dem 1. Januar 2000 angeschafft
oder hergestellt werden.
Mit dem Jahressteuergesetz 1997 wurde die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene
Rechtslage geschaffen, wonach diese Sonderabschreibungen nur noch für Schiffe zulässig
sind, die aufgrund eines vor dem 25. April 1996 abgeschlossenen Kaufvertrages erworben
worden sind. Aufgrund des Jahressteuergesetzes 1997 erhielten § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w
EStG und § 82f Abs. 5 EStDV folgende Fassung:
§ 51 Abs. 1 Nr. 2 EStG
w) über Sonderabschreibungen bei Handelsschiffen, die auf Grund eines
vor dem 25. April 1996 abgeschlossenen Schiffbauvertrags hergestellt, in
einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen und vor dem 1. Januar
1999 von Steuerpflichtigen angeschafft oder hergestellt worden sind, die
den Gewinn nach § 5 ermitteln. Im Fall der Anschaffung eines
Handelsschiffes ist weitere Voraussetzung, daß das Schiff vor dem 1.
Januar 1996 in ungebrauchtem Zustand vom Hersteller oder nach dem 31.
Dezember 1995 auf Grund eines vor dem 25. April 1996 abgeschlossenen
Kaufvertrags bis zum Ablauf des vierten auf das Jahr der Fertigstellung
folgenden Jahres erworben worden ist. Bei Steuerpflichtigen, die in eine
Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 nach
Abschluß des Schiffbauvertrags (Unterzeichnung des Hauptvertrags)
eingetreten sind, dürfen Sonderabschreibungen nur zugelassen werden,
wenn sie der Gesellschaft vor dem 1. Januar 1999 beitreten.
§ 82f EStDV
(5) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können nur in Anspruch
genommen werden, wenn das Handelsschiff vor dem 1. Januar 1999
angeschafft oder hergestellt wird und der Kaufvertrag oder Bauvertrag vor
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dem 25. April 1996 abgeschlossen worden ist. Bei Steuerpflichtigen, die in
eine Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes
nach
Abschluß
des Schiffbauvertrags
(Unterzeichnung
des
Hauptvertrags) eintreten,
sind
Sonderabschreibungen nur zulässig, wenn sie der Gesellschaft vor dem 1.
Januar 1999 beitreten.
2. Der Änderung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w EStG und des § 82f EStDV ging eine
Ankündigung von Gesetzesinitiativen und sonstigen Vorhaben der Bundesregierung in ihrem
am 25. April 1996 beschlossenen und bekanntgegebenen "Programm für mehr Wachstum
u n d Beschäftigung" (Bundesministerium für Wirtschaft , Arbeitsplätze schaffen,
Zukunft gewinnen, Dok. Nr. 405, S. 39 ff.) voraus. In diesem Programm kündigt die
Bundesregierung eine "wachstums- und beschäftigungsfreundliche Steuerpolitik" an, in deren
Rahmen acht Reformprojekte angegangen werden sollen: Die Reform der Einkommensteuer
soll vorgezogen, das Steuerrecht durch Streichung steuerlicher Ausnahmeregelungen und
Vergünstigungen transparenter und einfacher gemacht, der Solidaritätszuschlag abgebaut,
die Unternehmensbesteuerung reformiert, die Erbschaft- und Vermögensteuer vereinfacht
u n d zusammengefaßt, neue Beschäftigung in privaten Haushalten erschlossen, die
Kraftfahrzeugsteuer umweltgerecht gestaltet, Steuerbegünstigungen sollen eingeschränkt,
Steuerbetrug bekämpft und die Verpflegungspauschalen angemessen erhöht werden (a.a.O.,
S. 41 ff.). Für die meisten dieser Vorhaben wird jeweils ein konkretes Datum benannt, zu
dem die Neuregelung wirksam werden soll. In diesem Rahmen enthält das Programm auch
die Ankündigung: "Die Abschreibungsbegünstigung für Schiffe und Flugzeuge wird für
Aufträge nach dem 30. April 1996 gestrichen".
Der Gesetzentwurf zum Jahressteuergesetz 1997 (BTDrucks 13/4839 vom 11. Juni 1996)
s tütz t sich auf die Absicht der Bundesregierung, steuerrechtliche Ausnahmen und
Begünstigungen zu verringern und dadurch das Steuerrecht zu vereinfachen (Deutscher
Bundestag, StenBer, 102. Sitzung, 26. April 1996, S. 8982 ). Der Entwurf sah die
Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen für Schiffe nur noch vor, wenn der Kaufvertrag
vor dem 1. Mai 1996 geschlossen worden ist. Als jedoch nach der Ankündigung der
Bundesregierung weitere Schiffbauverträge geschlossen wurden, die noch für viele Jahre
Abschreibungsbegünstigungen hätten beanspruchen können, wurde in den Beratungen des
Finanzausschusses des Deutschen Bundestages eine Vorverlegung des Stichtages
zunächst auf den 1. Januar 1996 erwogen, später auf Vorschlag des Bundesfinanzministers
auf den 25. April 1996 empfohlen. Diese Beschlußempfehlung des Finanzausschusses
wurde vom Bundestag übernommen und als Gesetz beschlossen. Dabei erschien dem
Parlament die Vorverlegung des Stichtages auf den 25. April 1996 verfassungsrechtlich
unproblematisch ( BTDrucks 13/5952, S. 50 f. ); sie entspreche auch dem von allen im
Deutschen Bundestag vertretenen Parteien geforderten Subventionsabbau und dämme die
allseits kritisierten Steuersparmodelle ein ( a.a.O., S. 35).
II.
1. Die Beschwerdeführerin zu 4., eine Reederei, hat ein Anlagemodell vorbereitet, um
externe Kapitalanleger zur Mitfinanzierung von Schiffen zu gewinnen. Zu diesem Zweck ist
die Beschwerdeführerin zu 2. errichtet worden. Sie ist für die Planung und Vorbereitung der
einzelnen Schiffsprojekte, für die Prospektherausgabe und für den Vertrieb der Anteile an
Investoren zuständig. Ist ein Projekt zur Durchführungsreife gediehen, veranlaßt sie die
Gründung einer Schiffsbeteiligungs-Kommanditgesellschaft, die ein Schiff erwerben und die
Bereederung anschließend an die Beschwerdeführerin zu 4. übertragen soll. Kommanditisten
s i n d die jeweiligen Kapitalgeber. Die Beschwerdeführerin zu 1. ist eine solche
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Beteiligungsgesellschaft. Der Beschwerdeführer zu 3. ist der alleinvertretungsberechtigte
Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beschwerdeführerinnen zu 1. und zu 2. und
hält die Mehrheit der Anteile an der Beschwerdeführerin zu 2.
Die Beschwerdeführerin zu 1. schloß am 30. April 1996 mit einer Werft in Taiwan einen
Schiffbauvertrag über ein Container-Schiff im Auftragswert von etwa 32,2 Mio. US-Dollar. Der
Vertrag wurde nach Angaben der Beschwerdeführerin im Vertrauen darauf geschlossen, daß
die Sonderabschreibungen erst für nach dem 30. April 1996 vereinbarte Verträge aufgehoben
würden; man habe auf die vom Bundesministerium für Wirtschaft herausgegebene
Dokumentation vertraut, in der die Bundesregierung angekündigt habe, daß "die
Abschreibungsbegünstigung für Schiffe und Flugzeuge... für Aufträge nach dem 30. April
1996 gestrichen" werden solle.
Die ursprüngliche Rechtslage, auf die sich die Beschwerdeführer berufen, wurde zuletzt
durch das Standortsicherungsgesetz vom 13. September 1993 ( BGBl I S. 1569) geregelt
und stand unter dem Vorbehalt des Art. 20 Abs. 2 dieses Gesetzes, wonach § 51 Abs. 1 Nr.
2 Buchst. w Satz 1 EStG und § 82f EStDV nur "vorbehaltlich der Genehmigung durch die
Kommission der Europäischen Gemeinschaften am Tag nach der Verkündung in Kraft"
treten sollten. Diese Genehmigung wurde mit Schreiben der Kommission vom 15. Oktober
1996 (vgl. Schreiben des BMF vom 17. Februar 1997, BStBl I S. 194) erteilt.
2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer, § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.
w Satz 1 EStG und § 82f Abs. 5 EStDV entfalteten eine verfassungsrechtlich nicht zulässige
Rückwirkung. Die Vorschriften verletzten sie in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12
Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Das vom Bundestag am 7. November 1996 beschlossene und am 27. Dezember 1996
im Bundesgesetzblatt verkündete Gesetz wirke auf die bisherige Rechtslage zurück, weil es
auf Schiffbauverträge Anwendung finde, die vor Beschluß der Neuregelung abgeschlossen
worden seien. Die Beschwerdeführerin zu 4. wolle das Schiff bereedern und habe zusätzlich
eine unbeschränkte Vertragserfüllungsgarantie für den von der Beschwerdeführerin zu 1.
abgeschlossenen Schiffbauvertrag übernommen. Die Beschwerdeführerin zu 2. habe sich
gegenüber der Beschwerdeführerin zu 1. verpflichtet, Kommanditanteile für die Beteiligung an
dem in Auftrag gegebenen Schiff zu vertreiben und Anlageinteressenten aufzubringen. Der
Beschwerdeführer zu 3. habe als Hauptteilhaber der Vertriebsgesellschaft neben dieser die
persönliche Haftung für den Schiffbaukredit übernommen. Die Beschwerdeführer zu 2. bis 4.
gehörten zwar nicht zu den Adressaten des Steuergesetzes und machten nicht primär
Rechte als Steuerpflichtige geltend, seien aber dennoch selbst, gegenwärtig und unmittelbar
betroffen.
Zudem unterscheide die Neufassung der streitigen Vorschrift ausdrücklich zwischen der
schiffahrtsbezogenen Investitionsentscheidung - Abschluß des Bau- oder Kaufvertrages über
ein Schiff - und dem Beitritt von Gesellschaftern zur Beteiligungsgesellschaft. Für diese
beiden Sachverhalte kämen unterschiedliche zeitliche Grenzen zur Anwendung - im einen
Fall der 25. April 1996, im anderen der 1. Januar 1999. Damit erlangten die
"Schiffahrtsbeteiligten" eine rechtlich eigenständige Bedeutung; die Subventionswirkungen
erreichten sie nicht als bloß wirtschaftliche Reflexe, sondern beträfen sie in ihrer eigenen
Rechtsstellung. Dies gelte für die Beschwerdeführerin zu 1., die den Schiffbauvertrag
abgeschlossen habe, für die Beschwerdeführerin zu 2., die als Vertriebsgesellschaft tätig sei,
für die Beschwerdeführerin zu 4., die zukünftige Reederei des Schiffes, die zugleich den
Schiffbauvertrag garantiere, sowie für den Beschwerdeführer zu 3., der als Hauptteilhaber der
Vertriebsgesellschaft neben dieser die persönliche Haftung für den Schiffbaukredit
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übernommen habe.
b) Die Rückwirkung sei unzulässig, da dem Vertrauensschutz zu wenig Gewicht
beigemessen
worden
sei.
Die steuerliche Förderung der Schiffahrt rege
Investitionsentscheidungen an, die im Regelfall nicht von den späteren Steuerpflichtigen,
sondern von Dritten getroffen würden; die Steuerpflichtigen - die Erwerber von
Kommanditanteilen an einer Schiffsbeteiligungsgesellschaft - würden typischerweise erst
hinzutreten, wenn die wesentliche Investitionsentscheidung - der Abschluß des
Kaufvertrages über das Handelsschiff - schon getroffen worden sei. Der Vertrauensschutz
müsse daher an den Zeitpunkt der Investitionsentscheidung anknüpfen, bei der ein Investor
darauf angewiesen sei, seine Dispositionen auf eine verläßliche Grundlage stützen zu
können. Der vom Finanzausschuß gewählte Stichtag, der 25. April 1996, habe als der "Tag
des Koalitionsbeschlusses" keine Bedeutung, weil dieser Beschluß die Rechtsänderung erst
für die vom 1. Mai 1996 an bestellten Schiffe ankündige.
Die Beschwerdeführer hätten im Zeitpunkt ihrer Dispositionen auf die geltenden rechtlichen
Bestimmungen
über die steuerliche Schiffahrtförderung vertraut und mit dem
Schiffbauvertrag Verbindlichkeiten in Höhe von über 50 Mio. DM begründet. Durch die
Veränderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen durch das Jahressteuergesetz 1997
sei es nunmehr praktisch unmöglich geworden, Kommanditanteile zu verkaufen. Nur die
gemäß § 82f EStDV a.F. mögliche Sonderabschreibung in Höhe von bis zu 40 % der
Ans c haffungs - und
Herstellungskosten
mache
eine
Beteiligung
an
einer
Schiffsbeteiligungsgesellschaft finanziell so lukrativ, daß das Kommanditkapital bis zum
Jahresende 1997 auf dem freien Kapitalmarkt aufgebracht werden könne. Die ansonsten nur
degressive Abschreibung für Abnutzung lasse insbesondere keine Abschreibungen auf
schon 1997 erbrachte Anzahlungen zu. Das Geschäft mit steuerbegünstigten Kapitalanlagen
sei
ein typisches Saisongeschäft, weil die Steuerpflichtigen erst im Laufe des
Veranlagungszeitraumes ihre voraussichtlichen Einkünfte und daraus resultierenden
Steuerbelastungen errechnen könnten und sich sodann kurz vor Jahresende zu einer
Beteiligung
an
Verlustzuweisungsgesellschaften entschlössen.
Könne
die
Beschwerdeführerin zu 1. mangels rechtzeitigen Beitritts von Kommanditisten nicht die
notwendigen Mittel zur Bezahlung des Schiffes bis zu seinem Abliefertermin 28. Februar
1998 aufbringen, würde sie zahlungsunfähig und müsse Konkurs anmelden.
c) Das Bundesverfassungsgericht hat den von den Beschwerdeführern beantragten Erlaß
einer einstweiligen Anordnung mit Beschluß vom 3. Dezember 1997 abgelehnt.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich der Bundesminister der Finanzen namens der
Bundesregierung und der Präsident des Bundesfinanzhofs geäußert.
1. Der Bundesminister der Finanzen hält die Verfassungsbeschwerden für unzulässig,
jedenfalls aber für unbegründet.
Die Verfassungsbeschwerden seien unzulässig, weil die Beschwerdeführer in rechtlicher
Hinsicht nicht selbst betroffen seien. Sie seien auch unbegründet. Im vorliegenden Fall könne
nicht von einer "Rückbewirkung von Rechtsfolgen" gesprochen werden. Die steuerlichen
Auswirkungen der Änderung träten erst in der Zukunft ein. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts durchziehe der Grundsatz der Jahresbezogenheit der
Einkommensermittlung das gesamte Einkommensteuerrecht (vgl. BVerfGE 72, 200 <252>);
d e r Veranlagungszeitraum
1996
sei
zum
Zeitpunkt
der
Verkündung des
Jahressteuergesetzes 1997 noch nicht abgeschlossen, die maßgebende Rechtsfolge, das
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Entstehen der Einkommensteuer für 1996, noch nicht eingetreten.
Zudem habe ein schutzwürdiges Vertrauen der Beschwerdeführer nicht entstehen können,
weil zu der maßgebenden Zeit die Genehmigung der EU-Behörden noch gefehlt habe. Die
Verträge zum Schiffsneubau, die bis zur Erteilung der Genehmigung durch die EU-Behörden
abgeschlossen worden seien, hätten die Verbände selbst als spekulative Verträge
bezeichnet. Dies sei allgemein bekannt gewesen.
2. Der Präsident des Bundesfinanzhofs hat mitgeteilt, daß der I. Senat des
Bundesfinanzhofs die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Vorschriften für
verfassungswidrig halte.
Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs sehe insbesondere bei der Beschwerdeführerin, die
das Schiff bestellt und die Kaufpreisverpflichtung begründet habe, ein verfassungsrechtlich
schutzwürdiges
Vertrauen.
Es
bestünden erhebliche
Zweifel,
ob
die
im
Gesetzgebungsverfahren angeführten Gründe den Anforderungen an ein rückwirkendes
Gesetz genügten.
Nach Auffassung des XI. Senats des Bundesfinanzhofs sei die durch das
Jahressteuergesetz 1997 eingeführte und mit den Verfassungsbeschwerden angegriffene
Neuregelung jedenfalls insoweit verfassungsrechtlich bedenklich, als diese an vor dem 25.
April 1996 und nicht an vor dem 1. Mai 1996 abgeschlossene Verträge anknüpfe.
B.
1. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. ist zulässig.
a) Die Beschwerdeführerin zu 1. ist als Kommanditgesellschaft grundrechtsfähig,
soweit
sich
der staatliche Eingriff auf das gesamthänderisch gebundene
Gesellschaftsvermögen und das von der Gesellschaft betriebene Handelsgewerbe bezieht
(vgl. BVerfGE 42, 374 <383>; 53, 1 <13>).
b) Sie ist durch die angegriffenen Regelungen selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren
Rechten nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG betroffen.
Die Beschwerdeführerin zu 1. ist durch die hier angegriffene Regelung über den für die
Sonderabschreibungen maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses eines Schiffbauvertrages
nicht bloß mittelbar faktisch berührt, sondern selbst unmittelbar rechtlich betroffen. § 51 Abs.
1 Nr. 2 Buchst. w EStG und die dazu ergangene Verordnung sagen eine Subvention zur
Förderung des Baus von Handelsschiffen zu. Das Subventionsangebot richtet sich an die
Personen, die einen Schiffbauvertrag abschließen und auf dieser Rechtsgrundlage ein
Handelsschiff anschaffen oder herstellen. Die angegriffenen Vorschriften treffen Regelungen
für die Beschwerdeführerin zu 1. auch als Gesellschaft, in der sich die zukünftigen
Kapitalanleger zur Mitfinanzierung des Schiffes als Kommanditisten zusammenschließen.
D i e Beschwerdeführerin zu 1. ist deshalb als Adressatin und Begünstigte dieses
Subventionsangebots rechtlich betroffen, wenn das Angebot entgegen der bisherigen
Rechtslage für ihren am 30. April 1996 geschlossenen Schiffbauvertrag nicht mehr gelten
soll.
Die Beschwerdeführerin zu 1. ist gegenwärtig betroffen, weil sie durch die Verminderung der
steuerlichen Vergünstigung aktuell benachteiligt wird. Sie ist auch unmittelbar betroffen, weil
die angebotene Steuerverschonung allein durch die Erfüllung des Subventionstatbestandes
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entgegengenommen wird, also nicht zusätzlich noch eines behördlichen Vollzugs (vgl.
BVerGE 78, 350 <355>) bedarf.
2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 4. sind unzulässig, weil
die Beschwerdeführer zu 2. bis 4. nicht selbst betroffen sind. § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w
EStG fördert den Schiffsbesteller, indem er die Sonderabschreibungen von dem -
fristgebundenen - Abschluß eines Schiffbauvertrages und der Anschaffung oder Herstellung
abhängig macht. Garanten und Financiers, Reeder, Vertriebsgesellschaften und deren
Hauptteilhaber hingegen, die für die Betreibergesellschaften tätig werden, sind nicht
Adressaten des Subventionsangebots und werden von der Förderung nur mittelbar -
vermittelt durch die Beschwerdeführerin zu 1. - betroffen. Die Beschwerdeführer zu 2. bis 4.
werden nur allgemein in ihren Erwartungen auf künftige Erträge und Gewinne aus den
wirtschaftlichen Verbindungen mit der Beschwerdeführerin zu 1. enttäuscht; solche
Erwartungen sind jedoch durch die Grundrechte nicht geschützt (vgl. BVerfGE 78, 205
<211> ).
C.
§ 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w EStG sowie § 82f Abs. 5 EStDV in der Fassung des
Jahressteuergesetzes 1997 verletzen die Beschwerdeführerin zu 1. nicht in ihren von der
Verfassung geschützten Rechten, soweit der dort vorgesehene Stichtag "25. April 1996"
rückwirkend eingeführt worden ist. Eine derartige Änderung ist zwar grundsätzlich nur für die
Zeit seit dem Gesetzesbeschluß des Bundestages, hier also dem 7. November 1996,
zulässig. Die Bundesregierung und das Parlament haben die bisherige steuerliche Förderung
des Schiffbaus für verfehlt erachtet. In solchen Fällen darf der Gesetzgeber Regelungen
treffen, die einen Gesetzesadressaten für den Zeitraum zwischen dem Bekanntwerden einer
beabsichtigten Gesetzesänderung und deren Beschluß durch den Gesetzgeber an
tatsächlichen Gestaltungen hindern, mit denen der Staat an einem Subventionsangebot auch
für solche Verträge festgehalten wird, die nach dem Bekanntwerden geschlossen worden
sind, deren steuererheblicher Vollzug aber erst nach dem Gesetzesbeschluß über die
Neuregelung zu erwarten ist.
I.
1.a) Vor dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes bedarf es besonderer
Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen
Verhaltens nachträglich belastend ändert. Die Verläßlichkeit der Rechtsordnung ist eine
Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde den Einzelnen in seiner Freiheit
erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an sein Verhalten oder an ihn betreffende
Umstände im nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt seines
rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>; 72, 200 <257 f.>; stRspr).
Eine
Rechtsnorm
entfaltet
Rückwirkung,
wenn der Beginn ihres zeitlichen
Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem
die Norm gültig geworden ist (vgl. B V er fG E 72, 200 <241>). Der
zeitliche
Anwendungsbereich einer Norm bestimmt, in welchem Zeitpunkt die
Rechtsfolgen
gesetzlichen Regelung eintreten sollen. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein
belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung
beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor
dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten (
Rückbewirkung von
Rechtsfolgen
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Betroffene muß grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf
vertrauen können, daß er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung
unterworfen wird (vgl. BVerfGE 72, 200 <242, 254>). Dieser Schutz des Vertrauens in den
Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen
Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des
Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 72, 200
<242>; 83, 89 <109 f.>).
Demgegenüber betrifft die
tatbestandliche Rückanknüpfung
nicht den zeitlichen, sondern den
sachlichen
Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand
erfaßt aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl.
BVerfGE 31, 275 <292 ff.>; 72, 200 <242>). Diese Tatbestände, die den Eintritt ihrer
Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen,
berühren vorrangig die Grundrechte (vgl. BVerfG, a.a.O.) und unterliegen weniger strengen
Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfGE 92, 277 <344>).
Für das Einkommensteuerrecht kommen je nach Art der betroffenen Einkünfte und der
Wege, auf denen sie erzielt worden sind, namentlich Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 2 sowie
Art. 2 Abs. 1 GG als betroffene Rechte in Betracht (vgl. BVerfGE 72, 200 <242 f., 253 f.>).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfällt das
schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage allerdings in der
Regel schon im Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung. Mit
dem Tag des Gesetzesbeschlusses müssen die Betroffenen mit der Verkündung und dem
Inkrafttreten der Neuregelung rechnen; es ist ihnen von diesem Zeitpunkt an zuzumuten, ihr
Verhalten auf die beschlossene Gesetzeslage einzurichten. Der Gesetzgeber ist deshalb
berechtigt, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Regelung auch auf den Zeitpunkt von
dem Gesetzesbeschluß bis zur Verkündung zu erstrecken (vgl. BVerfGE 13, 261 <272 f.>;
31, 222 <227>; 95, 64 <87>).
c) Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot darf allein aus zwingenden Gründen des
gemeinen Wohls oder wegen eines nicht - oder nicht mehr - vorhandenen schutzbedürftigen
Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden (vgl. BVerfGE 72, 200 <258> ). In der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind solche Rechtfertigungsgründe
falltypisch, aber nicht erschöpfend entwickelt worden (vgl. BVerfGE 72, 200 <258 ff.>).
Liegt in diesem Sinne ein Grund vor, der es von Verfassungs wegen rechtfertigt, das
rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot zu durchbrechen, so darf diese Durchbrechung
gleichwohl nicht zu Ergebnissen führen, die den grundrechtlichen Schutz des
Lebenssachverhalts verletzen, der von dem Eingriff betroffen ist (vgl. BVerfG, a.a.O.).
2. Der Steueranspruch entsteht gemäß § 38 i.V.m. § 37 Abs. 1 AO grundsätzlich, sobald
d e r Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Das
Einkommensteuergesetz allerdings bestimmt in § 36 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1, daß die
Einkommensteuer in der Regel mit Ablauf des Kalenderjahres als Veranlagungszeitraum
entsteht. Nach dieser gesetzlichen Vorgabe finden die Regeln der tatbestandlichen
Rückanknüpfung Anwendung, wenn nicht schon der gesamte gesetzliche Steuertatbestand
vor Inkrafttreten des Gesetzes verwirklicht worden ist (vgl. BVerfGE 72, 200 <250, 252 f.>;
ebenso Bundesfinanzhof, BStBl II 1993 S. 151 <152>).
Bietet aber ein Steuergesetz dem Steuerpflichtigen eine Verschonungssubvention an, die er
nur
während
diese Disposition in ihrer zeitlichen Bindung eine Vertrauensgrundlage, auf die der
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Steuerpflichtige seine Entscheidung über das subventionsbegünstigte Verhalten stützt. Er
entscheidet sich um des steuerlichen Vorteils willen für ein bestimmtes wirtschaftliches
Verhalten, das er ohne den steuerlichen Anreiz so nicht gewählt hätte. Mit dieser
Entscheidung
ist die Lenkungs- und Gestaltungswirkung des Subventionsangebots
abschließend erreicht. Diese Dispositionsbedingungen werden damit vom Tag der
Entscheidung an zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage.
II.
1. Die Neuregelung der §§ 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w EStG und 82f Abs. 5 EStDV nimmt
e i n e Steuerverschonung
auch
für
eine
in
der
Vergangenheit begründete
Vertragsverbindlichkeit zurück. Für die Bestellung des Schiffes hatte die bisherige
Gesetzeslage eine schutzwürdige Vertrauensgrundlage gebildet. Das die Einkommensteuer
kennzeichnende Jährlichkeitsprinzip (§ 2 Abs. 7, § 25 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 EStG)
bestimmt zwar den zeitlichen Rahmen, in dem der Subventionsanspruch erfüllt wird; die
Entscheidung, ein Schiff zu bestellen, ist davon aber unabhängig.
Andererseits ist der Schiffbauvertrag auf eine Mitfinanzierung von Kapitalanlegern angelegt,
die ihre wirtschaftliche Disposition erst nach dem Beschluß des Bundestages vom 7.
November 1996 treffen und damit eine Steuervergünstigung auch erst nach diesem Zeitpunkt
entgegennehmen
können.
Die
Kapitalgeber
disponieren
also
über den
Abschreibungstatbestand nach dem Beschluß über die Gesetzesänderung; insoweit stellt
sich die Frage einer rückwirkenden Gesetzgebung nicht.
Ob ein derartiger mehrstufiger Subventionstatbestand, der für eine Investitionsentscheidung
rückwirkend Rechtsfolgen ändert, die davon abhängige Steuervergünstigung für
Kapitalanlagen aber erst für zukünftige Anlageentscheidungen neu regelt, nach den
Maßstäben der Rückbewirkung von Rechtsfolgen oder der tatbestandlichen Rückanknüpfung
zu beurteilen ist, kann hier offen bleiben. Die Anwendung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w
EStG sowie § 82f Abs. 5 EStDV i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1997 auf den am 30. April
1996 geschlossenen Schiffbauvertrag ist auch nach den - strengeren - Maßstäben einer
Rückbewirkung von Rechtsfolgen zulässig.
2.a) Zwingende Gründe des gemeinen Wohls rechtfertigen hier eine Durchbrechung des
rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots. Die weitere Schiffbausubvention war nach
Einschätzung der Bundesregierung wirtschaftlich unsinnig und sollte deshalb aufgegeben
werden. Die Bundesregierung war entschlossen, die Sonderabschreibungen alsbald entfallen
z u lassen. Das rechtsstaatliche Gesetzgebungsverfahren erfordert aber eine gewisse
Zeitdauer. Diese kann von den Steuerpflichtigen genutzt werden, um den bisherigen
Subventionstatbestand noch vor dem Beschluß über die Änderung des Subventionsgesetzes
zu erfüllen und damit dem drohenden Wegfall der Subvention zuvorzukommen. Deshalb
benötigt der Gesetzgeber zur Verwirklichung des gemeinen Wohls einen Gestaltungsraum,
um aufgetretenen Mißständen einer Gesetzeslage alsbald abzuhelfen, ohne daß
Dispositionen der Gesetzesadressaten die Neuregelung kurz vor ihrem Erlaß durch
Ausnutzung der bisherigen Regelung unterlaufen können. Der Gesetzgeber muß die zur
sofortigen Abwehr offensichtlicher Gefahren und Mißstände geeigneten und notwendigen
Maßnahmen treffen können (vgl. H. Maurer, in: HStR III, § 60 Rn. 39; H. Schneider,
Gesetzgebung, 2. Aufl., 1991, § 15 Rn. 540; vgl. auch BVerfGE 95, 64 <89>; - für die
tatbestandliche Rückanknüpfung). Wenn die Beschwerdeführerin zu 1. dennoch die
Ankündigung einer Gesetzesänderung nutzt, um der vom Gesetzgeber beabsichtigten
Wirkung zuvorzukommen, schützt das Rechtsstaatsprinzip ihr Vertrauen in die bisherige
Gesetzeslage nicht. Das Rechtsstaatsprinzip baut auf ein zwar Zeit beanspruchendes, aber
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im
Wettlauf
mit kurzfristigen
Vertragsdispositionen
dennoch
effektives
Gesetzgebungsverfahren.
Der Beschwerdeführerin zu 1. durfte nach Ankündigung des Subventionswegfalls verwehrt
werden, die Gestaltungskompetenz und den Gestaltungswillen des Gesetzgebers zu
unterlaufen, wenn dieser die Steuervergünstigung für Verträge entfallen lassen will, die in
Kenntnis der Änderungsabsicht geschlossen worden sind, deren steuererheblicher Vollzug
aber erst nach dem Gesetzesbeschluß des Bundestages vom 7. November 1996 zu
erwarten ist. Die Beschwerdeführerin mußte bei Abschluß und inhaltlicher Gestaltung ihres
Schiffbauvertrages in Rechnung stellen, daß das Subventionsangebot geändert werden
sollte. Steuerveranlaßte Vertragsverbindlichkeiten sind deshalb zu verschieben, soweit als
zulässig mit Vorbehalts- und Rücktrittsklauseln auszustatten (zu deren Wirksamkeit vgl.
BFH, BStBl II 1993 S. 296; Tipke/Kruse, AO, § 41 Rn. 22 ff.) oder in sonstiger Weise
anpassungsfähig zu gestalten. Anderenfalls müßte der Kapitaleinsatz bewußt als Einsatz von
Risikokapital bemessen, der Investitionsaufwand gegenüber einer drohenden Minderung oder
einem Wegfall der Subvention abgewogen oder auf die steuerlich veranlaßte Investition
verzichtet werden.
b) Ungeachtet der zulässigen Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbotes
darf diese Durchbrechung gleichwohl nicht zu Ergebnissen führen, die den grundrechtlichen
Schutz des Lebenssachverhaltes verletzen, der von dem Eingriff - durch die nachträgliche
Änderung der Rechtsfolgen - betroffen ist (vgl. BVerfGE 72, 200 <258>; 95, 64 <93 f.> ). Das
ist hier nicht der Fall. Das gesetzliche Angebot von Steuersubventionen ist keine durch
Einsatz von Arbeit oder Kapital erworbene Rechtsposition und folglich kein Eigentum i.S. des
Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 18, 392 <397>; stRspr). Ebenso schützt die von Art. 2 Abs.
1 und Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Unternehmerfreiheit (vgl. BVerfGE 50, 290 <363,
3 6 6 > ) nur die Dispositionsbefugnis des Unternehmers über die ihm und seinem
Unternehmen zugeordneten Güter und Rechtspositionen, verfestigt aber nicht eine
bestehende Gesetzeslage zu einem grundrechtlich geschützten Bestand.
3. Die Ankündigung der Bundesregierung, die Abschreibungsbegünstigung für Aufträge
nach dem 30. April 1996 streichen zu wollen ( a.a.O., S. 43), begründet kein rechtsstaatlich
schutzwürdiges Vertrauen der Beschwerdeführerin in die Einhaltung dieses Termins.
a) Diese Ankündigung war Teil eines achtstufigen Programms einer wachstums- und
beschäftigungsfreundlichen Steuerpolitik, in dem die Bundesregierung bestimmte
Gesetzesinitiativen und deren Verwirklichung jeweils zu bestimmten Zeitpunkten in Aussicht
gestellt hat. Diese Vorhaben können aber nur vom Parlament im Rahmen seiner
Gesetzgebungskompetenz verwirklicht werden; die Bundesregierung kann dem Parlament
mit ihrem Initiativrecht ( Art. 76 Abs. 1 GG) einen Gegenstand vorgeben,
Parlamentsbeschlüsse jedoch nicht - auch nicht hinsichtlich eines Zeitpunktes -
vorherbestimmen und deshalb auch nicht vorankündigen.
Dementsprechend sind die verschiedenen und bis in das Jahr 2003 vorausgreifenden
Daten nur programmatische Erklärungen der Bundesregierung, die das Parlament bei seinen
Gesetzesentscheidungen zu erwägen und zu würdigen hat. Ihnen kommt schon nicht der
Erklärungswert
definitiver Gesetzesinitiativen zu. Der Deutsche Bundestag hat im
Finanzausschuß die Äußerung der Bundesregierung in seine Abwägungen einbezogen und in
ihren Folgewirkungen gewürdigt. Seine Entscheidung, den Stichtag vorzuverlegen, ist
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
b) Die Ankündigung der Bundesregierung könnte ein rechtsstaatlich schützenswertes
Vertrauen allenfalls dann begründet haben, wenn die Bundesregierung als Verordnunggeber
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einen allein in ihre Zuständigkeit fallenden Beschluß über eine Änderung der
Rechtsverordnung bekanntgegeben hätte. Wie der Gesetzesadressat sich auf einen
Gesetzesbeschluß des Bundestages einstellen muß, so könnte der Verordnungsadressat in
einem Verordnungsbeschluß eine Vertrauensgrundlage finden.
Das Programm der Bundesregierung für mehr Wachstum und Beschäftigung enthält jedoch
nur Vorstellungen für eine Gesetzesinitiative, nicht eine Aussage über eine Änderung der
Rechtsverordnung. Der gesamte Abschnitt "Wachstums- und beschäftigungsfreundliche
Steuerpolitik" handelt von geplanten Gesetzesänderungen. Dementsprechend enthält die
Ankündigung, die Abschreibungsbegünstigung auf bis zum 30. April abgeschlossene
Verträge zu begrenzen, nur eine Aussage über die Absicht der Bundesregierung, durch eine
Gesetzesinitiative im Parlament auf alsbaldige Änderung der gesetzlichen Ermächtigung
hinwirken zu wollen. Zudem wäre das Regelungsprogramm nicht durch Rechtsverordnung -
in der Zuständigkeit der Bundesregierung -, sondern nur durch Gesetz zu verwirklichen
gewesen.
Dabei
hätten
sowohl
das Einkommensteuergesetz
wie
die
Einkommensteuerdurchführungsverordnung nur mit Zustimmung des Bundesrates geändert
werden können.
4. Die Frage, inwieweit ein gesetzliches Subventionsangebot eine Grundlage
schutzwürdigen
Vertrauens bieten kann, wenn es einem gemeinschaftsrechtlichen
Genehmigungsvorbehalt unterliegt, der Dispositionen im Frühjahr betrifft, aber erst im Herbst
ausgeübt wird, bedarf hier keiner Entscheidung.
III.
Dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, der mit Beschluß vom 3. Dezember
1997 zurückgewiesen und den Beteiligten gemäß § 32 Abs. 5 BVerfGG bekannt gegeben
worden ist, konnte nicht entsprochen werden, weil die Anordnung den Beschwerdeführern
eine Steuervergünstigung gesichert hätte, die ihnen nach dem Beschluß über die
Verfassungsbeschwerde nicht zusteht.
Abweichende Meinung des Richters Kruis
zu dem Beschluß vom 3. Dezember 1997
- 2 BvR 882/97 -
Ich halte die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. für begründet. Die
Vorschriften des Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w EStG und des § 82f Abs. 5 EStDV - jeweils in
der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 (BGBl I 1996 S. 2049) - sind meines Erachtens
insoweit verfassungswidrig ( A r t . 20 Abs. 3 GG), als sie rückwirkend auch jenen
Schiffbauverträgen die steuerlichen Abschreibungsbegünstigungen entziehen, die zwischen
dem 25. April und dem 30. April 1996 abgeschlossen sind.
1. Der Senat nimmt an, daß sich jedenfalls in den Grenzen des Zeitbedarfs eines
Normsetzungsverfahrens gewichtige Gründe des Gemeinwohls für die rückwirkende
Inkraftsetzung einer belastenden Regelung ergeben können, wenn es gilt, sichtbare und
benannte Mißstände zu beseitigen. Er variiert damit einen Fall aus dem in der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts tradierten - offenen - Katalog von Gründen,
die es rechtfertigen, den rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutz durch die
Rückbewirkung von Rechtsfolgen zu durchbrechen (vgl. BVerfGE 13, 261 <271 f.>; 45, 142
<167 f.>; 72, 200 <242>). Nach einem derartigen Maßstab, dem ich zustimme, kann der
Gesetzgeber die staatliche Subventionierung von Schiffsbestellungen in fernen Ländern, wie
in unserem Fall in Taiwan, als Mißstand bewerten. Ein solcher Mißstand muß möglichst
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rasch abgestellt werden, denn insoweit ist nicht nur die staatliche Subventionierung
volkswirtschaftlich sinnlos, sondern es wird auch die Steuergerechtigkeit gekränkt. Nicht in
gleicher Weise gilt dies für Schiffbauverträge mit inländischen oder europäischen Werften.
Hier mag aber angesichts vorhandener Überkapazitäten an Handelsschiffen die Erwägung
weiterhelfen, daß der Gesetzgeber - unter vorausgesetzter Schonung von Arbeitsplätzen
deutscher Werften - Investitionen rasch umsteuern wollte.
2. Die Begünstigung von Schiffbauverträgen durfte entsprechend der Ankündigung der
Bundesregierung in dem "Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung" rückwirkend
gestrichen werden. Doch setzt der von der Bundesregierung eingeführte Stichtag - 1. Mai
1996 - unter dem Blickwinkel des Vertrauensschutzes der Rückwirkung eine Grenze.
a) Der Gesetzgeber ist zwar - schon aus Gründen der Teilung der Gewalten zwischen
Legislative und Exekutive - nicht an Erklärungen oder Ankündigungen der Bundesregierung
gebunden. Doch findet er im Felde seiner ihm rechtsstaatlich gebotenen Erwägungen die
Erklärung der Bundesregierung als Rechtstatsache vor. Rechtstatsächlicher Inhalt ihrer
Erklärung war unter anderem, daß der Fortbestand der bisherigen Rechtslage bis
einschließlich 30. April 1996 bekräftigt wurde. Dies stabilisiert den Schutz des Vertrauens in
den Fortbestand der Rechtslage. Ins Gewicht fällt hier, daß die Bundesregierung gegenüber
dem Steuergesetzgeber eine besondere partnerschaftliche Stellung einnimmt. Sie ist gemäß
§ 51 Abs. 1 Nr. 2 EStG Trägerin der Ermächtigung, durch Rechtsverordnung die in
Buchstabe w derselben Vorschrift vorformulierte Steuervergünstigung in geltendes,
unmittelbar wirksames Recht umzusetzen. Die Regelungstechnik behält dem Gesetzgeber
die Formulierung steuerpolitischer Zielsetzungen vor, ermöglicht aber zugleich, im Wege der
Verordnungsregelung vollzugspraktischen Bedürfnissen zu entsprechen und auf geänderte
Verhältnisse rasch zu reagieren. Der Bundesregierung fehlte es als Verordnunggeberin nicht
an der inhaltlichen Gestaltungsmacht, die Abschreibungsbegünstigung gemäß § 82f EStDV
in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe w EStG von sich aus zeitlich zu beschränken.
Denn es stand ihr frei, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben von der Ermächtigung in § 51
Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe w EStG ("kann") auch nur einen gegenständlich oder zeitlich
beschränkten Gebrauch zu machen.
Auf derartige Überlegungen kann keinen Einfluß haben, daß der Erlaß der
Rechtsverordnung nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EStG an die Zustimmung des Bundesrates
geknüpft ist. Wie immer man das Zustimmungserfordernis des Bundesrates qualifizieren
mag (Geltungsbefehl nach Art eines Gesetzesbeschlusses oder bloße Geltungsbedingung),
für den Inhalt der Rechtsverordnung ist allein der Wille der Bundesregierung entscheidend.
Schließlich verlor die Schutzwürdigkeit des Vertrauens, das der Einzelne auf die
vorgenannte Erklärung der Bundesregierung gründen durfte, auch nicht dadurch an Gewicht,
daß die Ankündigung der Bundesregierung innerhalb ihres Gesamtprogramms auf eine
Gesetzesinitiative,
nicht
aber auf
eine
Änderung
der
Einkommensteuer-
Durchführungsverordnung gerichtet war. Da es an abweichenden Erklärungen aus dem
parlamentarischen Raume fehlte, war die Erklärung der Bundesregierung als Bekräftigung zu
werten, daß - aus welchen Gründen auch immer - es für die Zeit vor dem 1. Mai 1996 bei der
geltenden Gesetzeslage sein Bewenden habe.
b) Gründe, mit denen der Vertrauensschutz überwunden werden könnte, sind nicht
erkennbar. Ausweislich des zweiten Berichts des Finanzausschusses des Deutschen
Bundestages zu dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 1997 führte die Abschaffung der
Sonderabschreibungen für Schiffe "nur zu vergleichsweise geringen Steuermehreinnahmen
in Höhe von jährlich 75 Mio. DM" (vgl. BTDrucks 13/5952, S. 50). Angesichts dessen kann
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dem - grundsätzlich anerkennenswerten - finanziellen Interesse des Staates, letzte
"Torschluß-Reaktionen" vor Abschaffung eines steuerrechtlichen Subventionsangebots zu
verhindern, keine besondere Durchschlagskraft derart zukommen, daß auch der hier
verstärkte Vertrauensschutz überwunden werden könnte. Die im Gesetzesbeschluß
angeordnete Rückwirkung auf den 25. April 1996 konnte auch nicht mit Lenkungszwecken
gerechtfertigt werden. Denn die durch die unerwartete Zurückverlagerung des Stichtages
betroffenen Investitionsentscheidungen waren zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses am
7. November 1996 bereits getätigt. Im übrigen geht aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht
hervor, daß der Gesetzgeber die vertrauensstiftende Bedeutung der Erklärung der
Bundesregierung überhaupt erkannt und ihre Konsequenzen für das verfassungsrechtliche
Verbot der Rückwirkung von Gesetzen hinreichend bedacht hätte.
3. Nach allem bin ich in Übereinstimmung mit dem I. und dem XI. Senat des
Bundesfinanzhofs der Auffassung, daß bei der klaren und eindeutigen Ankündigung der
Bundesregierung vom 25. April 1996 kein Bürger mit dem Wegfall der
Abschreibungsbegünstigung für Schiffbauverträge vor dem 1. Mai 1996 zu rechnen hatte.
Diese Zeitbestimmung ist von der Bundesregierung ins Spiel gebracht worden, obwohl sie die
Streichung der Vergünstigung auch als Sofortmaßnahme - ohne bestimmtes Datum - hätte
ankündigen können. So aber - mit der Ankündigung zum 1. Mai 1996 - bestand bei
Vertragsabschlüssen vor diesem Zeitpunkt keine Veranlassung, geeignete Klauseln für den
Fall geänderter steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten zu vereinbaren. Diese Erwägungen
schließen eine über den 1. Mai 1996 erweiterte Rückwirkung aus, und zwar unabhängig von
der Qualifikation der Rückwirkung als tatbestandliche Rückanknüpfung oder Rückbewirkung
von Rechtsfolgen.
Vertrauen ist ein konstituierendes Element unserer Gemeinwesen. Der Staat muß sich
deshalb auch in einer Zeit, in der durchgreifende und rasche Reformen anstehen, an den
Erklärungen seiner leitenden Organe festhalten lassen.
Kruis