Urteil des BVerfG vom 25.08.2016

Verfassungsbeschwerde gegen eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans des Bundesfinanzhofs erfolglos

Bundesverfassungsgericht
Sie sind hier:
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 877/16 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Frau Dr. G …,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Hartmut Lierow,
Krumme Straße 1, 10585 Berlin -
gegen a) den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 16. Februar 2016 - 6 CE 16.246 -,
b) den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 26. Januar 2016 - 6 CE 15.2800 -,
c) den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München
vom 19. Januar 2016 - M 5 E 15.5395 -,
d) den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München
vom 18. Dezember 2015 - M 5 E 15.5395 -,
e) den Beschluss des Präsidiums des Bundesfinanzhofs
im Verfahren „BFH 1053“ vom 24. November 2015 - FG 1092 - 6/15 -
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Voßkuhle
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
Langenfeld
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 25. August 2016 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e :
1
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Änderung des Geschäftsverteilungsplans des Bundesfinanzhofs zum 1.
Januar 2016, mit der sie einem anderen Senat zugewiesen worden ist.
2
1. Die Beschwerdeführerin ist seit 2005 Richterin am Bundesfinanzhof und seit 2007 stellvertretende Vorsitzende. Die
senatsinterne Geschäftsverteilung im Jahr 2014 ergab sich aus dem von den Senatsmitgliedern beschlossenen
Geschäftsverteilungs- und Mitwirkungsplan.
3
Unter dem 8. September 2015 gab die Beschwerdeführerin dienstliche Erklärungen zu mehreren Verfahren ab, wonach sie
zwischenzeitlich zu der Einsicht gelangt sei, dass es außerordentlich zweifelhaft sei, ob sie für diese Verfahren zuständig
sei. Wegen der damit von Anfang an denkbaren Verletzung des gesetzlichen Richters halte sie sich für verpflichtet, dies dem
Senat anzuzeigen. Voraussichtlich sei sie von einer weiteren Bearbeitung der Fälle von vornherein ausgeschlossen.
Bedauerlicherweise müsse sie angesichts der offenkundigen Besonderheiten der Streitfälle - die Verfahren seien aus ihrer
Sicht besonders unangenehm zu bearbeiten - derzeit davon ausgehen, dass die Zuteilung der Verfahren und damit die
anschließende Zuweisung auf sie als Berichterstatterin nicht zufällig, sondern willkürlich erfolgt sei.
4
Der Senatsvorsitzende beauftragte daraufhin ein Mitglied des Senats mit der Erstellung eines Berichts zu den von der
Beschwerdeführerin beanstandeten Vorgängen. Hierfür wurde eine dienstliche Erklärung der Geschäftsstellenmitarbeiter
eingeholt. Das Ergebnis wurde in einer Senatssitzung am 16. September 2015 mit allen Senatsmitgliedern besprochen.
Daraufhin wurde die Zuweisung eines Verfahrens geändert. Bezüglich der anderen Verfahren konnten die übrigen
Senatsmitglieder keine Fehler feststellen und insbesondere keine Willkür erkennen.
5
Die Beschwerdeführerin blieb im Weiteren dabei, dass die Zuweisung fehlerhaft und willkürlich erfolgt sei. In mehreren
dienstlichen Erklärungen und Vermerken hielt sie fest, dass sich der Schluss aufdränge, die willkürliche Zuteilung von
Aktenzeichen könnte das Ergebnis von Anordnungen sein. Die Zuteilung sei Teil einer breit angelegten Intrige gegen sie. Mit
der weiteren Bearbeitung der Verfahren würde sie sich der Gefahr der Rechtsbeugung aussetzen.
6
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 beantragte der Senatsvorsitzende des bisherigen Senats der Beschwerdeführerin - auch
im Namen der anderen Senatsmitglieder - beim Präsidium die Zuweisung der Beschwerdeführerin zu einem anderen Senat.
Maßgebend hierfür seien im Wesentlichen ihr Verhalten im Zusammenhang mit den streitigen Verfahren und die in diesem
Zusammenhang erfolgten persönlichen Angriffe. Eine vertrauensvolle, offene und unbefangene kollegiale Zusammenarbeit
sei ihm daher nicht mehr möglich.
7
Am 12. Oktober 2015 erhob die Beschwerdeführerin beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz eine auf den
7. Oktober 2015 datierte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihre Senatskollegen.
8
Am 3. und 4. November 2015 beantragten die Senatskollegen der Beschwerdeführerin jeweils für den Fall, dass diese nicht
einem anderen Senat zugewiesen werden sollte, die eigene Zuweisung zu einem anderen Senat, weil ihnen eine
Zusammenarbeit mit ihr nicht mehr möglich sei.
9
Bis Ende November 2015 fanden drei Präsidiumssitzungen statt, die die Besetzung des Senats der Beschwerdeführerin zum
Gegenstand hatten. Der Beschwerdeführerin wurde in diesem Rahmen Gelegenheit gegeben, schriftlich und persönlich
Stellung zu nehmen. Eine persönliche Anhörung durch das Präsidium lehnte sie jedoch mehrfach ab.
10
Mit Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 - dem Beschwerdegegenstand e) - wurde dem Antrag des
Senatsvorsitzenden entsprochen. Wegen offensichtlicher Zerrüttung des Verhältnisses zu den anderen Mitgliedern des
Senats solle die Beschwerdeführerin den Senat verlassen und zum 1. Januar 2016 einem anderen Senat zugewiesen werden.
Der Präsidiumsbeschluss wurde nachfolgend durch den Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzhofs mit Wirkung zum
1. Januar 2016 umgesetzt.
11
2. Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin am 1. Dezember 2015 Klage beim Verwaltungsgericht München, über die noch
nicht entschieden ist. Der ebenfalls gestellte Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz wurde mit Beschluss vom
18. Dezember 2015 abgelehnt.
12
Mit Beschluss vom 26. Januar 2016 lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde gegen die Entscheidung des
Verwaltungsgerichts ab. Die Zuweisung der Beschwerdeführerin zu einem anderen Senat sei weder willkürlich noch verletze
sie die richterliche Unabhängigkeit. Dem Präsidium habe sich aus dem umfangreichen Schriftwechsel und den damit
zusammenhängenden Vorgängen aufdrängen müssen, dass aufgrund schwerwiegender Zerwürfnisse zwischen der
Beschwerdeführerin einerseits und den übrigen Senatsmitgliedern andererseits eine sinnvolle und zielgerichtete
Zusammenarbeit ernstlich gefährdet gewesen sei.
13
Eine gegen diese Entscheidung gerichtete Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin wurde ebenfalls zurückgewiesen.
14
Mit ihrer vorliegenden Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte und
grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4, Art. 97 Abs. 1
und Art. 103 Abs. 1 GG.
15
Insbesondere liege eine Verletzung des aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Willkürverbots vor. Das Präsidium habe die
Zuweisung nicht lediglich auf die behauptete „Zerrüttung“ des Senatsklimas stützen dürfen, sondern wegen der von der
Beschwerdeführerin erhobenen Rügen eine umfassende Verschuldensprüfung durchführen müssen.
1.
16
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2
BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu,
noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin
angezeigt, da die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet ist und daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat
(vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>).
I.
17
Es liegt insbesondere keine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Zuweisung der Beschwerdeführerin
zu einem anderen Senat durch Änderung des Geschäftsverteilungsplans beruhte auf sachlichen Erwägungen und erfolgte
nicht willkürlich.
18
1. Maßnahmen des Präsidiums, die die Geschäftsverteilung betreffen, unterliegen ebenso wie Umsetzungen von Beamten
den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und dürfen sich nicht als willkürlich darstellen
(BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 2007 - 2 BvR 1431/07 -, juris, Rn. 11; BVerwGE 50,
11 <20 f.>; vgl. für den Fall der Umsetzung eines Beamten BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 30.
Januar 2008 - 2 BvR 754/07 -, juris, Rn. 11, m.w.N.; vgl. für den Fall einer Abordnung BVerfGK 5, 250 <252 f.>). Das
Präsidium hat für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Einsatz der dem
Gericht zugeteilten Richter zu sorgen. Dabei gibt es kein Recht eines Richters auf die Erledigung bestimmter
Rechtsangelegenheiten, so wie es auch nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33
Abs. 5 GG gehört, dass ein Beamter ein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen
konkreten Amtes im funktionellen Sinne hat (BVerfGE 8, 332 <344 f.>; 43, 242 <282>; BVerfG, Beschluss des Zweiten
Senats vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, juris, Rn. 37). Ein Richter muss grundsätzlich für jede Tätigkeit im
Rahmen der gerichtlichen Zuständigkeit einsetzbar und einsatzbereit sein (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 8. März
2010 - 3 CE 10.171 -, juris, Rn. 26; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015, § 21e Rn. 80). Grenzen ergeben sich allerdings aus der
in Art. 97 Abs. 1 GG garantierten richterlichen Unabhängigkeit (vgl. unten Rn. 24).
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2. Bei dem Vorliegen ernsthafter innerdienstlicher Spannungen gilt für Beamte nach der verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung, dass eine Störung der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Dienstes durch innere
Spannungen und durch Trübung des Vertrauensverhältnisses regelmäßig als Beeinträchtigung des täglichen Dienstbetriebs
zu werten ist, für deren Abstellung der Dienstherr zu sorgen hat. Wenn dafür nach Lage des Falles die Versetzung eines der
Streitbeteiligten geboten erscheint, so ist danach ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung grundsätzlich bereits
aufgrund der objektiven Beteiligung an dem Spannungsverhältnis zu bejahen, also von der Verschuldensfrage unabhängig.
Nach der Rechtsprechung lässt sich allerdings im Einzelfall nicht ausschließen, dass das Verschulden eines der
Streitbeteiligten für die Rechtmäßigkeit des behördlichen Ermessens bedeutsam sein kann. Sind etwa Unstimmigkeiten, die
das Vertrauensverhältnis in einer den Dienstbetrieb beeinträchtigenden Weise zerstört oder gestört haben, von einer Person
allein verschuldet worden, so wäre es in aller Regel ermessensfehlerhaft, das „Opfer“ dieses schuldhaften Verhaltens zu
versetzen (BVerwGE 26, 65 <68 f.>; BVerwG, Beschluss vom 26. November 2004 - 2 B 72.04 -, juris, Rn. 13).
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3. Diese Grundsätze sind auf Richter im Wesentlichen übertragbar (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.
Januar 2011 - 4 S 1/11 -, juris, Rn. 5). Soweit zwischen Richtern eines Spruchkörpers Spannungen auftreten, die die
Wahrnehmung der Rechtsprechungstätigkeit dieses Spruchkörpers beeinträchtigen, steht es im pflichtgemäßen Ermessen
des Präsidiums als dem für die Geschäftsverteilung zuständigen Selbstverwaltungsorgan, dafür Sorge zu tragen, dass die
Arbeitsfähigkeit des Spruchkörpers wiederhergestellt wird, gegebenenfalls auch durch eine Änderung der Verteilung der
Richter auf die verschiedenen Spruchkörper. Bei der Beurteilung, ob eine solche Spannungslage vorliegt, ist zu
berücksichtigen, dass es gerade dem richterlichen Meinungsaustausch in besonders hohem Maße innewohnt, dass stark
divergierende Ansichten mit großer Überzeugung vertreten werden. Daher kann von Richtern - gerade an einem obersten
Gerichtshof des Bundes - in besonderem Maße erwartet werden, dass sie solche berufsimmanenten Spannungen aushalten
und einer weiteren Zusammenarbeit zugänglich bleiben. Das Präsidium hat daher auch mit Rücksicht auf Art. 101 Abs. 1
Satz 2 GG und Art. 97 GG grundsätzlich Zurückhaltung bei der spannungsbedingten „Umsetzung“ von Richtern zu üben.
Überschreiten allerdings die Spannungen die Schwelle dieses intensiven Diskurses, hat das Präsidium die Arbeitsfähigkeit
des Spruchkörpers durch geeignete Maßnahme sicherzustellen.
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4. Das Präsidium hat seinen Beschluss vom 24. November 2015, die Beschwerdeführerin einem anderen Senat zuzuweisen,
damit begründet, dass ihr Verhältnis zu den weiteren Mitgliedern des Senats offensichtlich zerrüttet sei. Diese Einschätzung
ist auch vor dem Hintergrund der besonderen Anforderungen an die richterliche Zusammenarbeit sachlich begründet. Sie
ergibt sich zunächst aus dem Antrag des Vorsitzenden des Senats, dem die Beschwerdeführerin bisher angehörte, vom 7.
Oktober 2015, mit dem er auch im Namen der drei anderen Mitglieder des Senats beantragt hat, die Beschwerdeführerin
einem anderen Senat zuzuweisen, weil eine vertrauensvolle, offene und unbefangene kollegiale Zusammenarbeit nicht mehr
möglich sei. Ebenso sprechen die am 3. und 4. November 2015 gestellten Anträge aller übrigen Senatsmitglieder, mit denen
sie eine eigene Zuweisung zu einem anderen Senat für den Fall beantragt haben, dass die Beschwerdeführerin nicht den
Senat verlassen müsse, für ein tiefliegendes Zerwürfnis. Schließlich lässt sich auch dem Umstand, dass die
Beschwerdeführerin gegen ihre Senatskollegen - mit Datum vom 7. Oktober 2015 und Nachtrag vom 11. Oktober 2015 -
Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben hat, entnehmen, dass auch aus ihrer Sicht, und zwar bevor sie von dem Antrag des
Senatsvorsitzenden vom 7. Oktober 2015 wusste, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich war und die
Klärung der Differenzen nicht mehr senatsintern, sondern nur noch von außen im Wege der Dienstaufsicht möglich war.
Diese Spannungslage hatte das Maß einer kritischen Auseinandersetzung überschritten, das Richter im Besonderen
auszuhalten haben.
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Die Entscheidung des Präsidiums, die Beschwerdeführerin und nicht andere Mitglieder des Senats anderen Senaten
zuzuweisen, erweist sich auch nicht deshalb als willkürlich, weil das Präsidium darauf verzichtet hat, die möglichen
„Schuldbeiträge“ der Beteiligten zu ermitteln und insbesondere der Frage der korrekten Anwendung der senatsinternen
Geschäftsverteilung in bestimmten Verfahren nachzugehen. Nach den oben dargelegten Maßstäben ist dem
Verwaltungsgerichtshof darin zuzustimmen, dass grundsätzlich die objektive Beteiligung der Beschwerdeführerin an dem
Spannungsverhältnis als sachlicher Grund für die Änderung ihrer Zuweisung ausreicht und es auf ein Verschulden nicht
ankommt. Anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus den Besonderheiten des Einzelfalls. Das Präsidium traf
insbesondere keine Verpflichtung, den inhaltlichen Vorwürfen der Beschwerdeführerin nachzugehen, da es keine
erkennbaren Anhaltspunkte dafür gab, dass sie aufgrund ihres Hinweises auf eine möglicherweise unrechtmäßige
senatsinterne Geschäftsverteilung zum alleinigen „Opfer“ von Angriffen ihrer Kollegen gemacht worden wäre. Nur wenn
solche Anhaltspunkte bestehen, verlangt die das Präsidium treffende Fürsorgepflicht, dass der Sachverhalt und die
Verschuldensbeiträge aufgeklärt werden und möglichst das Ermessen dahingehend ausgeübt wird, dass nicht das „Opfer“
den Spruchkörper verlassen muss, um insbesondere dessen Ansehen zu schützen. Das Präsidium durfte indessen vorliegend
davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin selbst durch scharfe Formulierungen und Vorwürfe (Nötigung, Manipulation,
Anstiftung zur Rechtsbeugung, Betreiben einer Intrige, Falschangaben) gegen den Vorsitzenden und die übrigen Beisitzer
erheblich zum Entstehen und zur Vertiefung der Spannungen beigetragen hat.
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Sie hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, in einem persönlichen Gespräch dem Präsidium ihre Sicht darzulegen und auf
diese Weise zur Aufklärung der Ursachen des Konflikts beizutragen, sondern hat sich dieser Möglichkeit mehrfach und
bewusst verschlossen. Es ist schließlich auch nicht erkennbar oder vorgetragen, dass es sich bei diesem Verhalten der
Beschwerdeführerin um einzelne „Ausfälle“ in einer Drucksituation handelte. Vielmehr weist der Konflikt das typische
Gepräge einer sich aufschaukelnden Auseinandersetzung mit sich jeweils verstärkenden Vorwürfen auf, bei dem sich die
Frage einer objektiven Verantwortlichkeit nicht mehr klären lässt. Die Frage, ob es vorliegend zu einer gegen die
senatsinterne Geschäftsverteilung verstoßenden Verteilung von Verfahren gekommen ist, ist daher jedenfalls für die
Rechtmäßigkeit des Zuweisungsbeschlusses nicht entscheidungserheblich.
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5. Aus den dargestellten Gründen ergibt sich darüber hinaus, dass die Zuweisung der Beschwerdeführerin nicht als
verdeckte Disziplinarmaßnahme zu werten ist. Die Maßnahme zielte auch nicht darauf ab, die Beschwerdeführerin von der
Rechtsprechung im Allgemeinen oder einem bestimmten Sachgebiet fernzuhalten. Hiergegen spricht schon, dass sie einem
Senat zugewiesen worden ist, der im Wesentlichen die gleichen Rechtsgebiete wie ihr bisheriger Senat bearbeitet. Die
Zuweisung verletzt damit nicht Art. 97 GG (vgl. zur Rügefähigkeit von Art. 97 GG BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des
Zweiten Senats vom 14. Juli 2016 - 2 BvR 661/16 -).
II.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
26
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Voßkuhle
Kessal-Wulf
Langenfeld