Urteil des BVerfG vom 30.05.2000

verfassungsbeschwerde, verfügung, erlass, widerruf

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vehlow,
Gellertstraße 11, Hamburg -
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 822/00 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1. des Herrn F...,
2. der Frau F...
gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 17. April
2000 - 2 Ws 100/00 -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin
Präsidentin Limbach
und die Richter Hassemer,
Di Fabio
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 ( BGBl I S. 1473) am 30. Mai 2000 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig
ist.
1. Soweit die Verfassungsbeschwerde vom Beschwerdeführer zu 1. erhoben wurde, genügt
sie nicht dem im Verfassungsbeschwerde-Verfahren geltenden Subsidiaritätsgrundsatz (§ 90
Abs. 2 BVerfGG).
Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde fordert, dass ein
Beschwerdeführer - über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinn
hinaus - alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine
Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine
Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>; 77, 381 <401>; 81, 97
<102>). Dazu gehört auch, dass er verfassungsrechtliche Einwände bereits im
Ausgangsverfahren vorträgt.
Es kann dahinstehen, ob der Grundsatz der Subsidiarität bereits deshalb verletzt ist, weil
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d e r Beschwerdeführer
zu
1.
in
der
Hauptverhandlung
bezüglich
des
Bewährungsbeschlusses Rechtsmittelverzicht erklärt hat. Denn es ist nicht ersichtlich, dass
der Beschwerdeführer zu 1. im Widerrufsverfahren verfassungsrechtliche Einwände geltend
gemacht hätte. In seiner Beschwerdeschrift gegen den Widerrufsbeschluss des Landgerichts
hat er zur Frage der Rechtmäßigkeit der verhängten Geldbuße im Wesentlichen nur
vorgetragen, dass diese auf fremdes Vermögen abziele, aus seinen eigenen Mitteln nicht
beglichen werden könne und deshalb unzumutbar im Sinne des § 56 b StGB sei. Hierbei
handelt es sich jedoch um einfach-rechtliche und nicht um verfassungsrechtliche Einwände.
Soweit der Beschwerdeführer zu 1. mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des
Schuldprinzips rügt, weil die angeordnete Geldbuße auf das Vermögen der Ehefrau abziele
und dadurch die Entscheidung über den Widerruf von deren Leistungsbereitschaft abhängig
gemacht werde, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Begründungsanforderungen
aus §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG. Denn der Beschwerdeführer zu 1. hat sich insoweit
nicht hinreichend mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts
auseinander gesetzt, wonach der Bewährungswiderruf allein damit gerechtfertigt sei, dass
der Beschwerdeführer zu 1. keinerlei Zahlungen geleistet habe, obwohl er aus originär
eigenen Mitteln zumindest einen geringen Teil der Geldbuße hätte entrichten können.
2. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2. ist schon deshalb unzulässig,
weil diese durch die angegriffene Entscheidung nicht unmittelbar beschwert ist (§ 90 Abs. 1
BVerfGG).
Eine Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung setzt voraus, dass der
Beschwerdeführer nicht nur mittelbar faktisch, sondern unmittelbar rechtlich betroffen und
damit beschwert ist ( BVerfGE 15, 256 <262 f.>; 24, 289 <295>; 96, 231 <237>). Dies ist hier
nicht der Fall. Die Beschwerdeführerin zu 2. ist weder Adressatin des angegriffenen
Beschlusses noch bewirkt dieser eine unmittelbare Veränderung ihrer Rechtsposition (vgl.
hierzu BVerfGE 24, 289 <295>). Insbesondere geht aus den Gründen der angegriffenen
Entscheidung nicht hervor, dass die Beschwerdeführerin zu 2. verpflichtet gewesen wäre, die
dem Beschwerdeführer zu 1. auferlegte Geldbuße zu zahlen, oder dass allein der Umstand,
dass sie das Geld nicht zur Verfügung stellte, zu dem Bewährungswiderruf geführt hätte. Das
Oberlandesgericht hat vielmehr den Widerrufsgrund allein darin gesehen, dass der
Beschwerdeführer zu 1. nicht einmal Teilzahlungen geleistet habe, obwohl er aus eigenen
Mitteln in gewissem Umfang zahlungsfähig gewesen sei.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach
Hassemer
Di Fabio