Urteil des BVerfG vom 26.07.1999

materielle rechtskraft, verfassungsbeschwerde, inhaftierung, bekanntmachung

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Danckert und Kollegen,
Budapester Straße 40, Berlin -
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 761/99 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn M...
gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Celle vom 19. März 1999 - 4 W 32, 37,
43, 33/99 -
und Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die
Richter Sommer,
Broß
und die Richterin Osterloh
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung
der Bekanntmachung vom 11. August 1993 ( BGBl I S. 1473)
am 26. Juli 1999 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht annahmegeeignet, da sie mangels Zulässigkeit
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. § 93a Abs. 2 BVerfGG; BVerfGE 90, 22
<25 f.>):
Zum einen steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde der Grundsatz der
materiellen Subsidiarität entgegen (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG; BVerfGE 22, 287
<290>; 7 0 , 180 <187>). Den rechtlichen Gesichtspunkt, daß wegen des erheblichen
zeitlichen Abstands zwischen dem Erlaß bzw. der Bestätigung der Arrestbeschlüsse und der
jetzt auf deren Grundlage drohenden Inhaftierung die Arrestbeschlüsse unwirksam geworden
seien bzw. von ihnen kein Gebrauch mehr gemacht werden dürfe, hat der Beschwerdeführer
- gestützt auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 1997 - 2 BvR
1992/92 - (NJW 1997, S. 2165) - erstmals mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht,
nicht aber schon im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO und im anschließenden
Rechtsbehelfsverfahren.
Darüber hinaus hat es der Beschwerdeführer unterlassen, die Beseitigung der ihm
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drohenden materiellen Beschwer dadurch zu erreichen, daß er gestützt auf das Vorliegen
veränderter Umstände, die unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. OLG
München, Beschluß vom 19. Oktober 1987 - 5 W 2977/87 -, NJW-RR 1988, S. 382 <383>;
Zöller/Vollkommer,
ZPO,
21.
Aufl.,
§
918 Rn.
2;
Hartmann
in:
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 55. Aufl., § 918 Rn. 1; Ritter, ZZP 88, S. 126
<155 ff., 161>) insbesondere in der - auch bei Berücksichtigung der erlittenen
Untersuchungshaft - festzustellenden Dauer der bereits erfolgten Inhaftierung zu erblicken
sein könnten, ein Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO zu betreiben. Es bleibt dem
Beschwerdeführer unbenommen, bei dem zuständigen Gericht zur Wahrung seiner Rechte
den nicht fristgebundenen Antrag nach § 927 Abs. 1 ZPO zu stellen.
Es kann deshalb offen bleiben, ob einer erneuten Erinnerung nach § 766 ZPO, gestützt auf
den in der Verfassungsbeschwerde bezeichneten rechtlichen Gesichtspunkt, die mögliche
materielle
Rechtskraft
der angegriffenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts
entgegenstehen würde.
Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG
abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Sommer
Broß
Osterloh