Urteil des BVerfG vom 14.05.1999

verfassungsbeschwerde, winter, beratung, rückgriff

- Bevollmächtigter:
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 684/99 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn U...
gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 26. Januar 1999 - 5 U 4502/98 -
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die
Richterin Präsidentin Limbach
und die Richter Winter,
Hassemer
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 ( BGBl I S. 1473) am 14. Mai 1999 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gegen den Beschwerdeführer wird eine Mißbrauchsgebühr in Höhe von 1.000 DM (in
Worten: eintausend Deutsche Mark) verhängt.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage des Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG
durch Übergehen einer pauschalen Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen im
Berufungsrechtszug eines Zivilprozesses.
1. Das Landgericht hatte die Wandelungsklage des Beschwerdeführers gegen einen
Autohersteller abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgte er sein Klageziel weiter. Das
Oberlandesgericht wies die Berufung ab. Aufgrund eines Sachverständigengutachtens stehe
fest, daß eine Reihe der geltend gemachten Mängel des streitbefangenen Fahrzeugs durch
eine Manipulation am Steuergerät verursacht worden sei. Die Verursachung anderer Mängel
durch den beklagten Autohersteller sei zum Teil nicht bewiesen, da der Beschwerdeführer
seine
erstinstanzlichen
Beweisangebote
auf Vernehmung zweier Zeugen im
Berufungsverfahren nicht wiederholt habe. Die verbleibenden Mängel rechtfertigten nicht die
Wandelung.
2. Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art.
103 Abs. 1 GG geltend. Die Annahme des Oberlandesgerichts, er habe erstinstanzliche
Beweisangebote
nicht
wiederholt,
treffe nicht zu; denn er habe in seiner
Berufungsbegründung ausgeführt, er nehme Bezug auf sämtliches Vorbringen und die
Beweisangebote in der ersten Instanz und mache dies zum Gegenstand des
Berufungsverfahrens. Das Oberlandesgericht habe deshalb auch seinen Vortrag zu einem
weiteren Fahrzeugdefekt zu Unrecht übergangen.
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3. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie ist unzulässig,
da sie den Substantiierungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG nicht
genügt.
Der Beschwerdeführer hat seine Berufungsbegründung nicht in ausreichendem Maße
mitgeteilt. Die von ihm allein genannte ergänzende Bezugnahme auf Tatsachenvortrag und
Beweisantritte in erster Instanz war zur Berufungsbegründung gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 2
Z P O unzureichend. Wenn das Oberlandesgericht deshalb Beweisangebote sowie
Tatsachenvorbringen unberücksichtigt gelassen hat, entsprach dies höchstrichterlicher
Rechtsprechung (vgl. BGHR ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 2 Bezugnahme 2). Dagegen ist von
Verfassungs wegen nichts einzuwenden (vgl. BVerfGE 36, 92 <99 f.>; 46, 315 <319>; 70,
288 <295>; BVerfG NJW 1992, S. 495; NJW-RR 1995, S. 828). Soweit sich aus der
Berufungsbegründungsschrift ergeben haben könnte, daß nicht lediglich ein Fall
unzureichender Bezugnahme auf früheres Vorbringen in der Berufungsbegründung
vorgelegen hatte (vgl. etwa BVerfG NJW 1992, S. 495; BGH Urt. vom 17. Dezember 1997 -
VIII ZR 280/96 -), hat der Beschwerdeführer es entgegen §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG
unterlassen, seine Berufungsbegründung vorzulegen oder in sonstiger Weise mitzuteilen.
4. Die Verhängung einer Mißbrauchsgebühr in der als angemessen erscheinenden Höhe
von 1.000 DM beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist
es, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben, die
Allgemeinheit und insbesondere die Grundrechtsverwirklichung des Einzelnen von
Bedeutung sind. Es muß nicht hinnehmen, daß es an der Erfüllung dieser Aufgabe durch -
wie hier - völlig substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen
Bürgern nur mit erheblicher Verzögerung in deren Angelegenheiten Grundrechtsschutz zu
gewähren vermag (stRspr; vgl. BVerfG NJW 1992, S. 1952 f.; 1993, S. 384; 1995, S. 1418;
1996, S. 2785; 1998, S. 2205).
Sollte die mißbräuchliche Erhebung der Verfassungsbeschwerde auf fehlerhafter
anwaltlicher Beratung beruhen, bleibt es dem Beschwerdeführer unbenommen, bei seinem
Prozeßbevollmächtigten Rückgriff zu nehmen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach
Winter
Hassemer