Urteil des BVerfG vom 03.12.2003

durchsuchung, verfassungsbeschwerde, anklageschrift, grundrechtseingriff

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Ulrich Lerche und Koll.,
Blumenauer Straße 1, 30449 Hannover -
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 666/03 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn T...
gegen a) den Beschluss des Landgerichts Hannover vom 24. März 2003 - 58 Qs 14/03 -,
b) den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 17. Dezember 2002 - 272 Gs
5922/02 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Hassemer,
die Richterin Osterloh
und den Richter Mellinghoff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 ( BGBl I S. 1473 ) am 3. Dezember 2003 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein
Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Recht
aus Art. 13 Abs. 1 GG.
Das Wohnungsgrundrecht gewährleistet dem Einzelnen im Hinblick auf seine
Menschenwürde und im Interesse der freien Entfaltung der Persönlichkeit einen elementaren
Lebensraum. In diese grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre greift eine
Durchsuchung schwerwiegend ein. Dem Gewicht dieses Eingriffs entspricht es, dass Art. 13
Abs. 2, 1. Halbsatz GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter
vorbehält (vgl. BVerfGE 103, 142 <150 f.>). Der Richter hat die verfassungsrechtliche Pflicht,
durch geeignete Formulierung des Durchsuchungsbefehls im Rahmen des Möglichen und
Zumutbaren sicherzustellen, dass der Grundrechtseingriff messbar und kontrollierbar bleibt.
Notwendig hierfür sind insbesondere tatsächliche Angaben über die aufzuklärenden
Straftaten bzw. den aufzuklärenden Tatvorwurf, wobei eine nur schlagwortartige
Umschreibung nicht ausreicht (vgl. BVerfGE 42, 212 <220 f.> ).
Diesem
verfassungsrechtlichen
Maßstab
genügt der
angegriffene
Durchsuchungsbeschluss. Er konkretisiert das Durchsuchungsziel eindeutig, indem er die
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aufzufindenden Gegenstände genau bezeichnet. Darüber hinaus präzisiert er den Tatvorwurf
noch hinreichend deutlich, um den Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, die
Durchsuchung zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen
Möglichkeiten von vornherein vorzubeugen (vgl. BVerfGE 42, 212 <221> ).
Zu bemängeln ist allerdings, dass der Beschluss die Tatzeit nicht ausdrücklich benennt.
Doch auch ohne die Zeitangabe konnte der Beschwerdeführer der Formulierung des
Durchsuchungsbeschlusses sowie den sonstigen äußeren Umständen entnehmen, welches
Verhalten ihm konkret vorgeworfen wurde. Um die Taten aus der Anklageschrift vom
12. April 2002 ging es nicht. Dies ergibt sich daraus, dass dort von der Nichtanzeige des
Erhalts eines Passes, im Durchsuchungsbeschluss dagegen vom Verschweigen des
Besitzes zweier Pässe die Rede ist. Überdies wäre das Auffinden der Pässe nicht nötig
gewesen, um die vollständig aufgeklärten Taten aus der Anklageschrift vom 12. April 2002
nachzuweisen. Vielmehr ließ sich dieses Durchsuchungsziel auch aus Sicht des
rechtsunkundigen Beschwerdeführers sinnvoller Weise nur auf das Leugnen des
Passbesitzes anlässlich und nach seiner Beschuldigtenvernehmung vom 30. Januar 2002
beziehen. Deshalb weist der Durchsuchungsbeschluss auch durch seine Umschreibung der
Beschlagnahmeobjekte auf die Tatzeit hin.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Hassemer
Osterloh
Mellinghoff