Urteil des BVerfG vom 07.10.2015
Verfassungsbeschwerden gegen das Sächsische Besoldungsgesetz ohne Erfolg
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei Neie,
Herderstraße 7, 04277 Leipzig -
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 568/15 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn J …,
1.  unmittelbar gegen
a)  das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 32.13 -,
b)  das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz
vom 3. Februar 2011 - 3 K 612/10 -,
2.  mittelbar gegen
Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 7 in Verbindung mit Art. 27 Nr. 1,
Art. 2 §§ 27 f., §§ 80 f. Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Voßkuhle,
den Richter Landau
und die Richterin Hermanns
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 7. Oktober 2015 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e :
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A.
Die  Verfassungsbeschwerde  betrifft  das  rückwirkende  Inkrafttreten  des  Sächsischen
Besoldungsgesetzes (SächsBesG).
I.
Der  Beschwerdeführer  ist  seit  Oktober  1993  Beamter  des  Freistaates  Sachsen.  Im
Dezember  2009  machte  der  Beschwerdeführer  einen  Anspruch  auf  Gewährung  des
Grundgehaltes aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe ab dem 1. Januar 2009 geltend,
da  die  besoldungsrechtliche  Ersteinstufung  nach  dem  Lebensalter  und  der  Stufenaufstieg
nach  dem  Dienstalter  gemäß  §  17  SächsBesG  in  der  Fassung  des  Fünften  Gesetzes  zur
Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 in Verbindung mit §§
27,  28  Bundesbesoldungsgesetz  (BBesG)  in  der  Fassung  der  Bekanntmachung  vom  6.
August  2002  eine  unmittelbare  Benachteiligung  wegen  des  Alters  und  damit  einen  Verstoß
gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellten. Das Begehren wurde mit
Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage
hat  das  Verwaltungsgericht  Chemnitz  mit  Urteil  vom  3.  Februar  2011  mit  der  Begründung
abgewiesen,  die  besoldungsrechtlichen  Rechtsgrundlagen  verstießen  nicht  gegen
hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG und begründeten
keinen  Verstoß  gegen  den  allgemeinen  Gleichheitssatz  des  Art.  3  Abs.  1  GG.  Auf  die
Berufung  des  Beschwerdeführers  hat  das  Sächsische  Oberverwaltungsgericht  das
erstinstanzliche Urteil geändert und den Beklagten verurteilt, den Beschwerdeführer wegen
der besoldungsrechtlichen Diskriminierung rückwirkend ab dem 1. Januar 2009 so zu stellen,
als hätte er im Zeitpunkt seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe bereits ein
Lebensalter von 34 Jahren und elf Monaten erreicht, wobei das Besoldungsdienstalter nach
§  17  SächsBesG  in  der  Fassung  des  Fünften  Gesetzes  zur  Änderung  des  Sächsischen
Besoldungsgesetzes  vom  17.  Januar  2008  in  Verbindung  mit  §§  27,  28  BBesG  in  der
Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 um zwei Monate hinauszuschieben sei.
Der  Beschwerdeführer  hat  die  vom  Oberverwaltungsgericht  zugelassene  Revision
eingelegt.  Während  des  Revisionsverfahrens  erließ  der  Sächsische  Gesetzgeber  das
Sächsische  Dienstrechtsneuordnungsgesetz  vom  18.  Dezember  2013.  Mit  Art.  2  des
Sächsischen  Dienstrechtsneuordnungsgesetzes  wurde  das  Sächsische  Besoldungsgesetz
neu  geregelt.  Wesentlicher  Gegenstand  der  Besoldungsreform  war,  dass  die  Bemessung
des  Grundgehalts  der  Beamten  der  Besoldungsordnung  A  nicht  mehr  nach  dem
Besoldungsdienstalter,  sondern  nach  den  tatsächlich  geleisteten  Dienstzeiten  und  der
erbrachten  Leistung  erfolgt.  Gemäß  Art.  2  in  Verbindung  mit  Art.  28  Abs.  3  Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz  wurde  das  Sächsische  Besoldungsgesetz  rückwirkend
zum 1. September 2006 in Kraft gesetzt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sodann mit Urteil vom 30. Oktober 2014 die Revision
des Beschwerdeführers zurückgewiesen und auf die Revision des Beklagten das Urteil des
Oberverwaltungsgerichts  aufgehoben  und  die  Berufung  des  Beschwerdeführers
zurückgewiesen.  Für  den  Zeitraum  ab  dem  1.  Januar  2009  stehe  dem  Beschwerdeführer
kein  Anspruch  auf  Grundgehalt  aus  der  Endstufe  seiner  Besoldungsgruppe  zu,  denn  das
durch  das  Sächsische  Dienstrechtsneuordnungsgesetz  vom  18.  Dezember  2013  mit
Wirkung zum 1. September 2006 eingeführte Besoldungssystem sei mit den Vorgaben der
Richtlinie 2000/78/EG vereinbar. Die Ersteinstufung des Beamten orientiere sich nicht mehr
am Lebensalter und der Aufstieg nach Stufen knüpfe an die bisher erlangte Berufserfahrung
an. Zwar perpetuiere die Überleitungsregelung des § 80 SächsBesG für Bestandsbeamte, die
am  31.  August  2006  in  einem  Dienstverhältnis  zum  Beklagten  standen,  die  unmittelbare
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Benachteiligung wegen des Lebensalters, weil die Neuzuordnung der Stufe des Grundgehalts
sich an der Grundgehaltsstufe orientiere, die dem Beamten am 1. September 2006 nach dem
früheren  diskriminierenden  System  der  §§  27  und  28  BBesG  in  der  Fassung  der
Bekanntmachung  vom  6.  August  2002  zugestanden  hätte.  Diese  Überleitungsregelung  sei
jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Wahrung des am 1. September 2006
erreichten  Status  quo  nach  der  Rechtsprechung  des  Europäischen  Gerichtshofs
gerechtfertigt.  Auch  habe  der  Europäische  Gerichtshof  die  administrativen  Schwierigkeiten
für die Regulierung der in der Vergangenheit liegenden Zeiten als ausreichend gewichtig für
eine solche Übergangsregelung angesehen. Die rückwirkende Inkraftsetzung der §§ 27 bis
29  sowie  des  §  80  SächsBesG  zum  1.  September  2006  durch  Art.  28  Abs.  3  des
Sächsischen  Dienstrechtsneuordnungsgesetzes  sei  mangels  belastender  Tendenz
verfassungsrechtlich  nicht  zu  beanstanden.  An  einer  belastenden  Wirkung  für  bereits  am
31. August 2006 ernannte Beamte fehle es, weil die zum 1. September 2006 in Kraft gesetzte
landesrechtliche
Regelung
weder
nach
dem
früheren
Recht
begründete
Besoldungsansprüche  beseitige  noch  ihre  Geltendmachung  erschwere.  Selbst  wenn  man
von einer belastenden Wirkung der rückwirkenden Inkraftsetzung der Neuregelung ausginge,
sei eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit einer echten Rückwirkung nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegeben. Es fehle an der Schutzwürdigkeit
des  Vertrauens  des  Beschwerdeführers,  weil  ein  kompetenz-  und  unionsrechtskonformes
Landesgesetz  rückwirkend  an  die  Stelle  eines  unionsrechtswidrigen  Bundesgesetzes
getreten  sei.  Die  Rückwirkung  scheitere  auch  nicht  daran,  dass  hierdurch  der  ab  dem
8.  September  2011  bestehende  unionsrechtliche  Haftungsanspruch  oder  der  ab  dem  18.
August 2006 bestehende Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG weggefallen ist.
II.
Mit  seiner  gegen  die  Entscheidungen  des  Bundesverwaltungsgerichts  und  des
Verwaltungsgerichts
Chemnitz
gerichteten
Verfassungsbeschwerde
rügt
der
Beschwerdeführer  eine  Verletzung  seines  Rechts  aus  Art.  33  Abs.  5  GG.  Darüber  hinaus
macht er die Unvereinbarkeit der Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 7, Art. 27 Nr. 1, Art. 2 §§
27 f., 80 f. Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz mit Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG und
Art. 33 Abs. 5 GG geltend.
Der  Landesgesetzgeber  habe  nicht  das  nach  Art.  125a  GG  fortgeltende
Bundesbesoldungsgesetz  in  einzelnen  Normen  modifizieren  dürfen.  Soweit  der
Landesgesetzgeber  mit  Art.  28  des  Sächsischen  Dienstrechtsneuordnungsgesetzes
unterschiedliche  Regelungen  zum  In-  und  Außerkrafttreten  getroffen  habe,  begründe  dies
eine  unzulässige  Vermischung  von  Bundes-  und  Landesrecht.  Das  rückwirkende
Inkrafttreten des Sächsischen Besoldungsgesetzes sei mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar.
Das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz bewirke den Entzug einer Rechtsposition,
da  durch  das  rückwirkende  Inkrafttreten  in  den  Anspruch  aus  §  15  Abs.  2  AGG
entschädigungslos eingegriffen worden sei. Der Gesetzgeber dürfe zudem nur für die Zukunft
tätig  werden,  nicht  aber  rückwirkend  zur  Abwendung  eines  Schadens.  Andernfalls  liefe  die
Sanktionswirkung des § 15 Abs. 2 AGG und der Richtlinie 2000/78/EG leer. Art. 2 §§ 27 ff.,
80 f. Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz sei mit Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung
mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit für Übergangsfälle das diskriminierende System der
Stufenzuordnung  fortgeführt  werde.  Die  fortdauernde  Ungleichbehandlung  sei  nicht  wegen
des ansonsten entstehenden Aufwandes der Einzelfallprüfung gerechtfertigt.
B.
Die  Verfassungsbeschwerde  wird  nicht  zur  Entscheidung  angenommen.  Die
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Annahmevoraussetzungen  des  §  93a  Abs.  2  BVerfGG  liegen  nicht  vor.  Der
Verfassungsbeschwerde  kommt  grundsätzliche  verfassungsrechtliche  Bedeutung  nicht  zu
(vgl.  BVerfGE  90,  22  <24>;  96,  245  <248>).  Die  mit  der  Verfassungsbeschwerde
aufgeworfenen  Fragen  sind  hinreichend  geklärt;  sie  lassen  sich  mit  Hilfe  der  in  der
Rechtsprechung  des  Bundesverfassungsgerichts  entwickelten  Maßstäbe  ohne  weiteres
entscheiden. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der
in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil sie keine hinreichende Aussicht
auf  Erfolg  hat.  Die  Verfassungsbeschwerde  ist  zum  Teil  unzulässig  und  im  Übrigen
unbegründet.
I.
Soweit  sich  der  Beschwerdeführer  gegen  das  Urteil  des  Verwaltungsgerichts  Chemnitz
vom  3.  Februar  2011  wendet,  genügt  die  Verfassungsbeschwerde  nicht  den
Substantiierungsanforderungen  der  §  23  Abs.  1  Satz  2  Halbsatz  1,  §  92 BVerfGG.  Der
Beschwerdeführer  setzt  sich  nicht  (hinreichend)  mit  der  angegriffenen  Entscheidung  und
deren konkreter Begründung auseinander (vgl. BVerfGE 85, 36 <52 f.>).
II.
Die  Verfassungsbeschwerde  ist  im  Übrigen  unbegründet.  Die  mittelbar  angegriffenen
Vorschriften  Art.  2  §§  27  f.,  80  f.,  Art.  27  Nr.  1  und  Art.  28  Abs.  1  Satz  1,  Abs.  3,  Abs.  7
Sächsisches  Dienstrechtsneuordnungsgesetz  sind  mit  dem  Grundgesetz  vereinbar.  Es  ist
daher  verfassungsrechtlich  nicht  zu  beanstanden,  dass  das  Bundesverwaltungsgericht  die
Vorschriften in seiner Entscheidung als verfassungskonform zugrunde gelegt hat.
1. Ein Verstoß gegen Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG liegt nicht vor.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 125a Abs. 2 Satz 2
GG in der Fassung vom 27. Oktober 1994 ist es den Ländern verwehrt, bei Fortbestand der
bundesrechtlichen  Regelung  einzelne  Vorschriften  zu  ändern.  Die  andernfalls  entstehende
Mischlage  aus  Bundes-  und  Landesrecht  für  ein  und  denselben  Regelungsgegenstand  im
selben  Anwendungsbereich  wäre  im  bestehenden  System  der  Gesetzgebung  ein
Fremdkörper. Eine Ersetzung des Bundesrechts erfordert, dass der Landesgesetzgeber die
Materie,  gegebenenfalls  auch  einen  abgrenzbaren  Teilbereich,  in  eigener  Verantwortung
regelt.  Dabei  ist  er  nicht  gehindert,  ein  weitgehend  mit  dem  bisherigen  Bundesrecht  gleich
lautendes Landesrecht zu erlassen (BVerfGE 111, 10 <29 f.>).
b)  Hiervon  ausgehend  hat  der  Sächsische  Landesgesetzgeber  durch  Erlass  des  Art.  2
Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz das Sächsische Besoldungsgesetz erkennbar
in  eigener  Verantwortung  geregelt,  mithin  Bundesrecht  durch  Landesrecht  ersetzt.  Der
Landesgesetzgeber  hat  mit  Art.  2  Sächsisches  Dienstrechtsneuordnungsgesetz  eine
umfassende Regelung des Besoldungsrechts für Sachsen getroffen und nicht nur in Teilen
ersetzt. Lediglich das Inkrafttreten einzelner besoldungsrechtlicher Bestimmungen wurde in
Art.  28  Abs.  1,  Abs.  3  und  Abs.  5  Sächsisches  Dienstrechtsneuordnungsgesetz
unterschiedlich  geregelt.  Ob  diese  differenzierte  Bestimmung  zum  Inkrafttreten  erforderlich
ist, liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und entzieht sich einer Prüfung durch
das  Bundesverfassungsgericht.  Sie  steht  jedenfalls  einer  Ersetzung  nicht  entgegen.  Selbst
wenn  man  Art.  2  §§  27,  28  Sächsisches  Dienstrechtsneuordnungsgesetz  und  die  damit
bewirkte  Neugestaltung  der  Bemessung  des  Grundgehalts  für  die  Beamten  durch  den
Wegfall  des  Besoldungsdienstalters  und  die  Ausrichtung  an  den  tatsächlich  geleisteten
Dienstzeiten  sowie  der  erbrachten  Leistung  isoliert  betrachten  würde,  handelte  es  sich  um
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einen abgrenzbaren Teilbereich des Besoldungsrechts. Es entsteht damit keine unzulässige
Mischlage aus Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand (vgl.
BVerfGE 111, 10 <29 f.>). Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, inwieweit die von der
Beschwerde  zitierten  Ausführungen  des  Bundesverfassungsgerichts  auch  für  den
Regelungsbereich des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG Geltung beanspruchen.
2.  Die  angegriffene  rückwirkende  Neuregelung  der  Beamtenbesoldung  durch  Art.  2  in
Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes verstößt
nicht  gegen  das  verfassungsrechtliche  Rückwirkungsverbot  oder  den  rechtsstaatlichen
Grundsatz des Vertrauensschutzes.
a) Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien
der  Rechtssicherheit  und  des  Vertrauensschutzes  (vgl.  BVerfGE  45,  142  <167  f.>).  Es
schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des
Grundgesetzes  geschaffenen  Rechtsordnung  und  der  auf  ihrer  Grundlage  erworbenen
Rechte.  Wenn  der  Gesetzgeber  die  Rechtsfolge  eines  der  Vergangenheit  zugehörigen
Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies daher einer besonderen Rechtfertigung
vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz
Sachverhalte „ins Werk gesetzt“ worden sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356
f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>).
b) Hieran gemessen entfaltet das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz schon keine
belastende Wirkung.
aa)  Art.  2  Sächsisches  Dienstrechtsneuordnungsgesetz  schafft  ein  diskriminierungsfreies
Besoldungssystem.  Die  bisherige,  am  Besoldungsdienst-  oder  Lebensalter  ausgerichtete
Stufenzuordnung  ist  durch  eine  altersunabhängige,  an  beruflichen  Erfahrungszeiten
orientierte Zuordnung ersetzt worden. Eine rechtsbeeinträchtigende Wirkung geht damit nicht
einher. Auch bei isolierter Betrachtung der Überleitungsregelung in Art. 2 § 80 Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz  sind  keine  nachteiligen  Auswirkungen  festzustellen.
Angesichts  der  rückwirkenden  Einführung  des  neuen  Besoldungssystems  zum  1.
September  2006  hat  der  Gesetzgeber  mit  Art.  2  §  80  Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz
explizit
für
Bestandsfälle
aus
Vertrauensschutzgesichtspunkten  eine  Überleitungsregelung  unter  Wahrung  von
Besitzständen geschaffen. Nach erfolgter Überleitung in die neue Erfahrungsstufe beginnt ab
1.  September  2006  der  weitere  Stufenaufstieg  nach  Art.  2  §  27  Abs.  2  Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz.  Dabei  entspricht  der  anschließende  Stufenaufstieg
hinsichtlich der Zahl der Stufen sowie des Rhythmus des Aufstiegs der früher maßgeblichen
Vorschrift des Bundesbesoldungsgesetzes. Für Beamte, die im Zeitraum vom 1. September
2006  bis  31.  Dezember  2013  ernannt  wurden,  sieht  Art.  2  §  80  Abs.  6  Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz sogar eine Günstigerregelung vor, wonach im Einzelfall aus
Vertrauensschutzgründen zur Wahrung des Status quo die § 27 Abs. 1 und Abs. 2 sowie §
28  BBesG  in  der  Fassung  der  Bekanntmachung  vom  6.  August  2002  Anwendung  finden.
Eine Schlechterstellung ist mit der Überleitungsregelung daher nicht verbunden.
bb)  Eine  belastende  Wirkung  ergibt  sich  auch  nicht  daraus,  dass  dem  Beschwerdeführer
rückwirkend  ein  Anspruch  auf  höhere  Besoldung  entzogen  worden  wäre.  Eine  solche
Rechtsposition, die ihm hätte entzogen werden können, stand ihm weder gesetzlich zu, noch
wurde  sie  ihm  bestandskräftig  gerichtlich  zugesprochen.  Ein  Anspruch  des
Beschwerdeführers  auf  Entschädigung  unter  Beibehaltung  des  diskriminierenden
Besoldungssystems oder auf Erlass eines diskriminierungsfreien Besoldungssystems unter
Beibehaltung  des  Anspruchs  auf  Entschädigung  bestand  ebenfalls  nicht.  Nach  der
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Rechtsprechung  des  Bundesverfassungsgerichts  muss  es  grundsätzlich  dem
Gestaltungsspielraum  des  Normgebers  überlassen  bleiben,  wie  die  aus  einer
Verfassungswidrigkeit resultierende Lücke zu schließen ist (vgl. BVerfGE 37, 217 <260 f.>;
39, 316 <332 f.>; 88, 87 <101>; 93, 165 <178>; 115, 81 <93 f.>). Für den vorliegenden Fall
bedeutet  dies:  Kann  der  Gesetzgeber  zwischen  mehreren  denkbaren  und
verfassungsrechtlich gleichermaßen zulässigen Lösungen wählen, obliegt es folglich ihm zu
entscheiden, wie die Folgen eines altersdiskriminierenden Besoldungssystems zu beseitigen
sind.  Der  Sächsische  Gesetzgeber  hat  sich  für  den  Erlass  eines  an  der  Berufserfahrung
ausgerichteten  Besoldungssystems  entschieden.  Hiergegen  ist  verfassungsrechtlich  nichts
zu erinnern.
3.  Die  Stichtags-  und  Überleitungsregelung  in  Art.  2  §  80  Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 33
Abs. 5 GG.
a)  Dem  Gesetzgeber  ist  es  durch  Art.  3  Abs.  1  GG  grundsätzlich  nicht  verwehrt,  zur
Regelung  bestimmter  Lebenssachverhalte  Stichtage  einzuführen,  obwohl  jeder  Stichtag
unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 101, 239 <270>; stRspr). Bei der
Regelung  des  Übergangs  von  einer  älteren  zu  einer  neueren  Regelung  steht  dem
Gesetzgeber  ein  Gestaltungsspielraum  zu.  Die  verfassungsrechtliche  Prüfung  von
Stichtagsregelungen  muss  sich  daher  darauf  beschränken,  ob  der  Gesetzgeber  den  ihm
zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, insbesondere ob die Einführung
des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert
und  damit  sachlich  vertretbar  war.  In  besonderen  Lagen  können  Stichtags-  und
Überleitungsregelungen geboten sein (vgl. etwa BVerfGE 13, 31 <38>; 44, 1 <20 f.>; 71, 364
<397>; 75, 78 <106>; 80, 297 <311>; 117, 272 <301>).
Diese  Grundsätze  gelten  ebenso  für  die  Anwendung  der  hergebrachten  Grundsätze  des
Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerfGE 26, 141 <159>; 76, 256
<295>).
b)  Die  von  dem  Beschwerdeführer  beanstandete  Stichtags-  und  Überleitungsregelung
bewegt  sich  in  diesem  verfassungsrechtlichen  Rahmen.  Der  Landesgesetzgeber  hielt  die
Überleitungsregelung im Interesse der Verwaltungsvereinfachung für erforderlich. Da es mit
Feststellungsaufwand  und  Bewertungs-  sowie  Beweisschwierigkeiten  verbunden  ist,  die
unter  dem  alten  Recht  entstandenen  Rechtsverhältnisse  vollständig  dem  neuen  Recht  zu
unterstellen,  und  der  Grundsatz  der  Rechtssicherheit  klare  schematische  Entscheidungen
über  die  zeitliche  Abgrenzung  zwischen  altem  und  neuem  Recht  verlangt  (vgl.  BVerfG,
Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Januar 2003 - 2 BvL 9/00 -, juris,
Rn.  14),  war  die  Einschätzung  des  Landesgesetzgebers,  dass  eine  Stichtags-  und
Überleitungsregelung  dem  Ziel  der  Gesetzesnovelle  entspricht,  sachgerecht  (zur
Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes vgl. BVerfGE 44, 283 <288>; 82, 60 <101 f.>;
100,  195  <205>).  Eine  solche  Überleitungsregelung  ist  als  Ungleichbehandlung  auch  unter
dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht nur zulässig, sondern kann im Rahmen
einer Abwägung zwischen dem Vertrauen des Beamten auf den Fortbestand der bisherigen
Regelung  und  der  Bedeutung  des  Anliegens  des  Gesetzgebers,  ein  diskriminierungsfreies
Besoldungssystem zu schaffen, sogar geboten sein (vgl. BVerfGE 71, 255 <273>). Die Wahl
des maßgeblichen Zeitpunkts ist am gegebenen Sachverhalt orientiert. Der Gesetzgeber hat
den für die Unterstellung unter das neue Recht maßgeblichen Stichtag an das Inkrafttreten
der
Föderalismusreform,
mithin
an
den
Zeitpunkt
des
Übergangs
der
Gesetzgebungskompetenz  zum  1.  September  2006  gekoppelt.  Dies  ist  von  Verfassungs
wegen nicht zu beanstanden.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Voßkuhle
Landau
Hermanns