Urteil des BVerfG vom 07.10.2015

Verfassungsbeschwerden gegen das Sächsische Besoldungsgesetz ohne Erfolg

- Bevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei Neie,
Herderstraße 7, 04277 Leipzig -
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 568/15 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn J …,
1. unmittelbar gegen
a) das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 32.13 -,
b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz
vom 3. Februar 2011 - 3 K 612/10 -,
2. mittelbar gegen
Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 7 in Verbindung mit Art. 27 Nr. 1,
Art. 2 §§ 27 f., §§ 80 f. Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Voßkuhle,
den Richter Landau
und die Richterin Hermanns
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 7. Oktober 2015 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e :
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A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft das rückwirkende Inkrafttreten des Sächsischen
Besoldungsgesetzes (SächsBesG).
I.
Der Beschwerdeführer ist seit Oktober 1993 Beamter des Freistaates Sachsen. Im
Dezember 2009 machte der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Gewährung des
Grundgehaltes aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe ab dem 1. Januar 2009 geltend,
da die besoldungsrechtliche Ersteinstufung nach dem Lebensalter und der Stufenaufstieg
nach dem Dienstalter gemäß § 17 SächsBesG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur
Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 in Verbindung mit §§
27, 28 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6.
August 2002 eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters und damit einen Verstoß
gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellten. Das Begehren wurde mit
Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage
hat das Verwaltungsgericht Chemnitz mit Urteil vom 3. Februar 2011 mit der Begründung
abgewiesen, die besoldungsrechtlichen Rechtsgrundlagen verstießen nicht gegen
hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG und begründeten
keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Auf die
Berufung des Beschwerdeführers hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht das
erstinstanzliche Urteil geändert und den Beklagten verurteilt, den Beschwerdeführer wegen
der besoldungsrechtlichen Diskriminierung rückwirkend ab dem 1. Januar 2009 so zu stellen,
als hätte er im Zeitpunkt seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe bereits ein
Lebensalter von 34 Jahren und elf Monaten erreicht, wobei das Besoldungsdienstalter nach
§ 17 SächsBesG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen
Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 in Verbindung mit §§ 27, 28 BBesG in der
Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 um zwei Monate hinauszuschieben sei.
Der Beschwerdeführer hat die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision
eingelegt. Während des Revisionsverfahrens erließ der Sächsische Gesetzgeber das
Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 18. Dezember 2013. Mit Art. 2 des
Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes wurde das Sächsische Besoldungsgesetz
neu geregelt. Wesentlicher Gegenstand der Besoldungsreform war, dass die Bemessung
des Grundgehalts der Beamten der Besoldungsordnung A nicht mehr nach dem
Besoldungsdienstalter, sondern nach den tatsächlich geleisteten Dienstzeiten und der
erbrachten Leistung erfolgt. Gemäß Art. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz wurde das Sächsische Besoldungsgesetz rückwirkend
zum 1. September 2006 in Kraft gesetzt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sodann mit Urteil vom 30. Oktober 2014 die Revision
des Beschwerdeführers zurückgewiesen und auf die Revision des Beklagten das Urteil des
Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Berufung des Beschwerdeführers
zurückgewiesen. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 stehe dem Beschwerdeführer
kein Anspruch auf Grundgehalt aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe zu, denn das
durch das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 18. Dezember 2013 mit
Wirkung zum 1. September 2006 eingeführte Besoldungssystem sei mit den Vorgaben der
Richtlinie 2000/78/EG vereinbar. Die Ersteinstufung des Beamten orientiere sich nicht mehr
am Lebensalter und der Aufstieg nach Stufen knüpfe an die bisher erlangte Berufserfahrung
an. Zwar perpetuiere die Überleitungsregelung des § 80 SächsBesG für Bestandsbeamte, die
am 31. August 2006 in einem Dienstverhältnis zum Beklagten standen, die unmittelbare
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Benachteiligung wegen des Lebensalters, weil die Neuzuordnung der Stufe des Grundgehalts
sich an der Grundgehaltsstufe orientiere, die dem Beamten am 1. September 2006 nach dem
früheren diskriminierenden System der §§ 27 und 28 BBesG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 6. August 2002 zugestanden hätte. Diese Überleitungsregelung sei
jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Wahrung des am 1. September 2006
erreichten Status quo nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
gerechtfertigt. Auch habe der Europäische Gerichtshof die administrativen Schwierigkeiten
für die Regulierung der in der Vergangenheit liegenden Zeiten als ausreichend gewichtig für
eine solche Übergangsregelung angesehen. Die rückwirkende Inkraftsetzung der §§ 27 bis
29 sowie des § 80 SächsBesG zum 1. September 2006 durch Art. 28 Abs. 3 des
Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes sei mangels belastender Tendenz
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. An einer belastenden Wirkung für bereits am
31. August 2006 ernannte Beamte fehle es, weil die zum 1. September 2006 in Kraft gesetzte
landesrechtliche
Regelung
weder
nach
dem
früheren
Recht
begründete
Besoldungsansprüche beseitige noch ihre Geltendmachung erschwere. Selbst wenn man
von einer belastenden Wirkung der rückwirkenden Inkraftsetzung der Neuregelung ausginge,
sei eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit einer echten Rückwirkung nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegeben. Es fehle an der Schutzwürdigkeit
des Vertrauens des Beschwerdeführers, weil ein kompetenz- und unionsrechtskonformes
Landesgesetz rückwirkend an die Stelle eines unionsrechtswidrigen Bundesgesetzes
getreten sei. Die Rückwirkung scheitere auch nicht daran, dass hierdurch der ab dem
8. September 2011 bestehende unionsrechtliche Haftungsanspruch oder der ab dem 18.
August 2006 bestehende Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG weggefallen ist.
II.
Mit seiner gegen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des
Verwaltungsgerichts
Chemnitz
gerichteten
Verfassungsbeschwerde
rügt
der
Beschwerdeführer eine Verletzung seines Rechts aus Art. 33 Abs. 5 GG. Darüber hinaus
macht er die Unvereinbarkeit der Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 7, Art. 27 Nr. 1, Art. 2 §§
27 f., 80 f. Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz mit Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG und
Art. 33 Abs. 5 GG geltend.
Der Landesgesetzgeber habe nicht das nach Art. 125a GG fortgeltende
Bundesbesoldungsgesetz in einzelnen Normen modifizieren dürfen. Soweit der
Landesgesetzgeber mit Art. 28 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes
unterschiedliche Regelungen zum In- und Außerkrafttreten getroffen habe, begründe dies
eine unzulässige Vermischung von Bundes- und Landesrecht. Das rückwirkende
Inkrafttreten des Sächsischen Besoldungsgesetzes sei mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar.
Das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz bewirke den Entzug einer Rechtsposition,
da durch das rückwirkende Inkrafttreten in den Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG
entschädigungslos eingegriffen worden sei. Der Gesetzgeber dürfe zudem nur für die Zukunft
tätig werden, nicht aber rückwirkend zur Abwendung eines Schadens. Andernfalls liefe die
Sanktionswirkung des § 15 Abs. 2 AGG und der Richtlinie 2000/78/EG leer. Art. 2 §§ 27 ff.,
80 f. Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz sei mit Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung
mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit für Übergangsfälle das diskriminierende System der
Stufenzuordnung fortgeführt werde. Die fortdauernde Ungleichbehandlung sei nicht wegen
des ansonsten entstehenden Aufwandes der Einzelfallprüfung gerechtfertigt.
B.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die
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Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der
Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu
(vgl. BVerfGE 90, 22 <24>; 96, 245 <248>). Die mit der Verfassungsbeschwerde
aufgeworfenen Fragen sind hinreichend geklärt; sie lassen sich mit Hilfe der in der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe ohne weiteres
entscheiden. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der
in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil sie keine hinreichende Aussicht
auf Erfolg hat. Die Verfassungsbeschwerde ist zum Teil unzulässig und im Übrigen
unbegründet.
I.
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz
vom 3. Februar 2011 wendet, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den
Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG. Der
Beschwerdeführer setzt sich nicht (hinreichend) mit der angegriffenen Entscheidung und
deren konkreter Begründung auseinander (vgl. BVerfGE 85, 36 <52 f.>).
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen unbegründet. Die mittelbar angegriffenen
Vorschriften Art. 2 §§ 27 f., 80 f., Art. 27 Nr. 1 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 7
Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Es ist
daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesverwaltungsgericht die
Vorschriften in seiner Entscheidung als verfassungskonform zugrunde gelegt hat.
1. Ein Verstoß gegen Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG liegt nicht vor.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 125a Abs. 2 Satz 2
GG in der Fassung vom 27. Oktober 1994 ist es den Ländern verwehrt, bei Fortbestand der
bundesrechtlichen Regelung einzelne Vorschriften zu ändern. Die andernfalls entstehende
Mischlage aus Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand im
selben Anwendungsbereich wäre im bestehenden System der Gesetzgebung ein
Fremdkörper. Eine Ersetzung des Bundesrechts erfordert, dass der Landesgesetzgeber die
Materie, gegebenenfalls auch einen abgrenzbaren Teilbereich, in eigener Verantwortung
regelt. Dabei ist er nicht gehindert, ein weitgehend mit dem bisherigen Bundesrecht gleich
lautendes Landesrecht zu erlassen (BVerfGE 111, 10 <29 f.>).
b) Hiervon ausgehend hat der Sächsische Landesgesetzgeber durch Erlass des Art. 2
Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz das Sächsische Besoldungsgesetz erkennbar
in eigener Verantwortung geregelt, mithin Bundesrecht durch Landesrecht ersetzt. Der
Landesgesetzgeber hat mit Art. 2 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz eine
umfassende Regelung des Besoldungsrechts für Sachsen getroffen und nicht nur in Teilen
ersetzt. Lediglich das Inkrafttreten einzelner besoldungsrechtlicher Bestimmungen wurde in
Art. 28 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz
unterschiedlich geregelt. Ob diese differenzierte Bestimmung zum Inkrafttreten erforderlich
ist, liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und entzieht sich einer Prüfung durch
das Bundesverfassungsgericht. Sie steht jedenfalls einer Ersetzung nicht entgegen. Selbst
wenn man Art. 2 §§ 27, 28 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz und die damit
bewirkte Neugestaltung der Bemessung des Grundgehalts für die Beamten durch den
Wegfall des Besoldungsdienstalters und die Ausrichtung an den tatsächlich geleisteten
Dienstzeiten sowie der erbrachten Leistung isoliert betrachten würde, handelte es sich um
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einen abgrenzbaren Teilbereich des Besoldungsrechts. Es entsteht damit keine unzulässige
Mischlage aus Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand (vgl.
BVerfGE 111, 10 <29 f.>). Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, inwieweit die von der
Beschwerde zitierten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts auch für den
Regelungsbereich des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG Geltung beanspruchen.
2. Die angegriffene rückwirkende Neuregelung der Beamtenbesoldung durch Art. 2 in
Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes verstößt
nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot oder den rechtsstaatlichen
Grundsatz des Vertrauensschutzes.
a) Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien
der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>). Es
schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des
Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen
Rechte. Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen
Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies daher einer besonderen Rechtfertigung
vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz
Sachverhalte „ins Werk gesetzt“ worden sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356
f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>).
b) Hieran gemessen entfaltet das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz schon keine
belastende Wirkung.
aa) Art. 2 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz schafft ein diskriminierungsfreies
Besoldungssystem. Die bisherige, am Besoldungsdienst- oder Lebensalter ausgerichtete
Stufenzuordnung ist durch eine altersunabhängige, an beruflichen Erfahrungszeiten
orientierte Zuordnung ersetzt worden. Eine rechtsbeeinträchtigende Wirkung geht damit nicht
einher. Auch bei isolierter Betrachtung der Überleitungsregelung in Art. 2 § 80 Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz sind keine nachteiligen Auswirkungen festzustellen.
Angesichts der rückwirkenden Einführung des neuen Besoldungssystems zum 1.
September 2006 hat der Gesetzgeber mit Art. 2 § 80 Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz
explizit
für
Bestandsfälle
aus
Vertrauensschutzgesichtspunkten eine Überleitungsregelung unter Wahrung von
Besitzständen geschaffen. Nach erfolgter Überleitung in die neue Erfahrungsstufe beginnt ab
1. September 2006 der weitere Stufenaufstieg nach Art. 2 § 27 Abs. 2 Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz. Dabei entspricht der anschließende Stufenaufstieg
hinsichtlich der Zahl der Stufen sowie des Rhythmus des Aufstiegs der früher maßgeblichen
Vorschrift des Bundesbesoldungsgesetzes. Für Beamte, die im Zeitraum vom 1. September
2006 bis 31. Dezember 2013 ernannt wurden, sieht Art. 2 § 80 Abs. 6 Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz sogar eine Günstigerregelung vor, wonach im Einzelfall aus
Vertrauensschutzgründen zur Wahrung des Status quo die § 27 Abs. 1 und Abs. 2 sowie §
28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 Anwendung finden.
Eine Schlechterstellung ist mit der Überleitungsregelung daher nicht verbunden.
bb) Eine belastende Wirkung ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Beschwerdeführer
rückwirkend ein Anspruch auf höhere Besoldung entzogen worden wäre. Eine solche
Rechtsposition, die ihm hätte entzogen werden können, stand ihm weder gesetzlich zu, noch
wurde sie ihm bestandskräftig gerichtlich zugesprochen. Ein Anspruch des
Beschwerdeführers auf Entschädigung unter Beibehaltung des diskriminierenden
Besoldungssystems oder auf Erlass eines diskriminierungsfreien Besoldungssystems unter
Beibehaltung des Anspruchs auf Entschädigung bestand ebenfalls nicht. Nach der
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Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es grundsätzlich dem
Gestaltungsspielraum des Normgebers überlassen bleiben, wie die aus einer
Verfassungswidrigkeit resultierende Lücke zu schließen ist (vgl. BVerfGE 37, 217 <260 f.>;
39, 316 <332 f.>; 88, 87 <101>; 93, 165 <178>; 115, 81 <93 f.>). Für den vorliegenden Fall
bedeutet dies: Kann der Gesetzgeber zwischen mehreren denkbaren und
verfassungsrechtlich gleichermaßen zulässigen Lösungen wählen, obliegt es folglich ihm zu
entscheiden, wie die Folgen eines altersdiskriminierenden Besoldungssystems zu beseitigen
sind. Der Sächsische Gesetzgeber hat sich für den Erlass eines an der Berufserfahrung
ausgerichteten Besoldungssystems entschieden. Hiergegen ist verfassungsrechtlich nichts
zu erinnern.
3. Die Stichtags- und Überleitungsregelung in Art. 2 § 80 Sächsisches
Dienstrechtsneuordnungsgesetz verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 33
Abs. 5 GG.
a) Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur
Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag
unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 101, 239 <270>; stRspr). Bei der
Regelung des Übergangs von einer älteren zu einer neueren Regelung steht dem
Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Die verfassungsrechtliche Prüfung von
Stichtagsregelungen muss sich daher darauf beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm
zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, insbesondere ob die Einführung
des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert
und damit sachlich vertretbar war. In besonderen Lagen können Stichtags- und
Überleitungsregelungen geboten sein (vgl. etwa BVerfGE 13, 31 <38>; 44, 1 <20 f.>; 71, 364
<397>; 75, 78 <106>; 80, 297 <311>; 117, 272 <301>).
Diese Grundsätze gelten ebenso für die Anwendung der hergebrachten Grundsätze des
Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerfGE 26, 141 <159>; 76, 256
<295>).
b) Die von dem Beschwerdeführer beanstandete Stichtags- und Überleitungsregelung
bewegt sich in diesem verfassungsrechtlichen Rahmen. Der Landesgesetzgeber hielt die
Überleitungsregelung im Interesse der Verwaltungsvereinfachung für erforderlich. Da es mit
Feststellungsaufwand und Bewertungs- sowie Beweisschwierigkeiten verbunden ist, die
unter dem alten Recht entstandenen Rechtsverhältnisse vollständig dem neuen Recht zu
unterstellen, und der Grundsatz der Rechtssicherheit klare schematische Entscheidungen
über die zeitliche Abgrenzung zwischen altem und neuem Recht verlangt (vgl. BVerfG,
Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Januar 2003 - 2 BvL 9/00 -, juris,
Rn. 14), war die Einschätzung des Landesgesetzgebers, dass eine Stichtags- und
Überleitungsregelung dem Ziel der Gesetzesnovelle entspricht, sachgerecht (zur
Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes vgl. BVerfGE 44, 283 <288>; 82, 60 <101 f.>;
100, 195 <205>). Eine solche Überleitungsregelung ist als Ungleichbehandlung auch unter
dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht nur zulässig, sondern kann im Rahmen
einer Abwägung zwischen dem Vertrauen des Beamten auf den Fortbestand der bisherigen
Regelung und der Bedeutung des Anliegens des Gesetzgebers, ein diskriminierungsfreies
Besoldungssystem zu schaffen, sogar geboten sein (vgl. BVerfGE 71, 255 <273>). Die Wahl
des maßgeblichen Zeitpunkts ist am gegebenen Sachverhalt orientiert. Der Gesetzgeber hat
den für die Unterstellung unter das neue Recht maßgeblichen Stichtag an das Inkrafttreten
der
Föderalismusreform,
mithin
an
den
Zeitpunkt
des
Übergangs
der
Gesetzgebungskompetenz zum 1. September 2006 gekoppelt. Dies ist von Verfassungs
wegen nicht zu beanstanden.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Voßkuhle
Landau
Hermanns