Urteil des BVerfG vom 15.07.1999

verfassungsbeschwerde, gestaltungsspielraum, reform, familiengründung

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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 544/97 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn N...
gegen Artikel 3 § 27 des Gesetzes zur Reform des öffentlichen
Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24. Februar 1997
( BGBl I S. 322)
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin
Präsidentin Limbach
und die Richter Kirchhof,
Jentsch
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 ( BGBl I S. 1473)
am 15. Juli 1999 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Der Beschwerdeführer, ein Beamter des gehobenen Dienstes, der mit den Aufgaben eines
Rechtspflegers betraut ist, wendet sich gegen die Neukonzeption der Besoldungstabelle der
Besoldungsordnung A durch das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts
(Reformgesetz) vom 24. Februar 1997 ( BGBl I S. 322). Er muß aufgrund der angegriffenen
Regelung - berücksichtigt man die ihm zu gewährende Überleitungszulage (Art. 14 § 1
Reformgesetz) - einen geringeren Besoldungszuwachs hinnehmen, als dies bei Beibehaltung
der früheren Besoldungstabelle der Besoldungsordnung A der Fall gewesen wäre.
Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung
anzunehmen, weil sie jedenfalls in
der Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 96, 245
<248>).
1. Die angegriffene gesetzliche Regelung - Art. 3 § 27 Reformgesetz - verletzt den
Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 5 GG. Der Gesetzgeber kann die
Struktur
der
Besoldungsordnung,
die Struktur des Beamtengehalts und die
Zahlungsmodalitäten innerhalb des Rahmens, den die verfassungsrechtlich garantierte
Alimentierungspflicht zieht, pro futuro ändern (vgl. BVerfGE 44, 249 <263>; stRspr). Er ist
auch befugt, die Gehaltsbeträge, solange sie nicht an der unteren Grenze einer
amtsangemessenen
Alimentierung
liegen, zu kürzen. Einen verfassungsrechtlich
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gesicherten Anspruch auf Erhaltung des erlangten Besitzstandes in bezug auf ein einmal
erreichtes Einkommen gibt es nicht (vgl. BVerfGE 8, 332 <342>; 15, 167 <198>; 44, 249
<263>; 64, 367 <382 f., 384>; 76, 256 <310, 359 f.>).
2. Die angegriffene Norm verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber hat
im Bereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts einen verhältnismäßig weiten
Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 65, 141 <148>; stRspr; zuletzt: BVerfG, 3. Kammer des
Zweiten Senats, Beschluß vom 9. November 1995 - 2 BvR 1762/92 -, DVBl 1996, S. 502 f.).
Dieser Gestaltungsspielraum wird hier nicht überschritten. Für die Neukonzeption der
Besoldungsstruktur gerade im Bereich der Besoldungsordnung A liegt ein sachlicher Grund
vor. Der Gesetzgeber zielt mit dem Reformgesetz auf eine Neuordnung ab: Das Einkommen
der Beamten soll in den frühen Berufsjahren rascher und stärker steigen als in den späten.
Das Gehaltssystem soll eine Perspektive der Einkommensentwicklung gerade in den Jahren
bieten, in denen der Leistungszuwachs und der persönliche Bedarf durch den Aufbau einer
eigenen Existenz und die Familiengründung am höchsten sind. Das Gehaltssystem soll
damit auch zur Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes beitragen (vgl. Gesetzentwurf
der Bundesregierung zum Reformgesetz, BTDrucks 13/3994, S. 29). Diese Beweggründe
lassen sich auf die vom Beschwerdeführer als Vergleichsgruppen herangezogenen
Besoldungsordnungen C und R nicht ohne weiteres übertragen (vgl. die Stellungnahme des
Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren, in BTDrucks 13/3994, S. 67, 70).
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach
Kirchhof
Jentsch