Urteil des BVerfG vom 20.12.2002

durchsuchung, rüge, grundstück, unterbrechung

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Hans-Georg Warken und Koll.,
Völklinger Straße 1, 66346 Püttlingen/Saar -
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 495/02 -
- 2 BvR 641/02 -
In den Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerden
des Herrn O.,
1. gegen a) den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 28. Februar 2002 - 8 Qs
37/02 -,
b) den Beschluss des Amtsgerichts Neunkirchen vom 4. Februar 2002 - 9 Gs
682/01 -
- 2 BvR 495/02 -,
2. gegen a) den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 21. März 2002 - 8 Qs
55/02 -,
b) den Beschluss des Amtsgerichts Neunkirchen vom 4. Februar 2002 - 9 Gs
682/01 -
- 2 BvR 641/02 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Hassemer,
die Richterin Osterloh
und den Richter Mellinghoff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 (BGBl I S. 1473 ) am 20. Dezember 2002 einstimmig beschlossen:
1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein
Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.> ). Sie
haben keine Aussicht auf Erfolg.
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1. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 13 Abs. 1 GG rügt, fehlt es an der
erforderlichen Selbstbetroffenheit. Nach seinem Vortrag wurden eine Lagerhalle sowie die
Büroräumlichkeiten der von ihm geleiteten GmbH durchsucht. Im Namen der Gesellschaft
wurde die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht erhoben (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG). Ob durch
die Durchsuchung der Firmenräumlichkeiten auch der Beschwerdeführer selbst im
Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG betroffen sein kann, hängt davon ab, ob diese Räume, die
unter den Wohnungsbegriff fallen können (vgl. BVerfGE 32, 54 <68 ff.> ), der "räumlichen
Privatsphäre" des Beschwerdeführers zuzurechnen sind (vgl. BVerfGE 103, 142 <150>
m.w.N.). Hierzu hat er nichts vorgetragen. Darüber hinaus genügt die Rüge nicht den
Anforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG, weil der Beschwerdeführer den
amtsgerichtlichen Durchsuchungsbeschluss weder vorgelegt noch seinen konkreten Inhalt
mitgeteilt hat. Unabhängig davon war die Durchsuchung aus den in der amtsgerichtlichen
Nichtabhilfeentscheidung genannten Gründen verhältnismäßig. Eine Verletzung von Art. 13
Abs. 1 GG scheidet daher auch in der Sache aus.
2. Das Verbot, während der Durchsuchung das Grundstück zu verlassen, sowie die
Unterbrechung des Telefonats mit seiner Ehefrau und die dabei eingetretenen, nicht
intendierten Begleitfolgen waren aus den im amtsgerichtlichen Beschluss genannten
tatsächlichen Umständen von § 164 StPO gedeckt (vgl. Rengier, NStZ 1981, S. 372 <375>).
Grundrechte des Beschwerdeführers wurden dadurch nicht verletzt.
3. Soweit der Beschwerdeführer der Sache nach einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG
mit der Begründung beanstandet, das Landgericht sei in seiner Beschwerdebegründung nicht
auf seine Rüge eingegangen, dass ihm auch ein Telefonat mit seinem Rechtsanwalt
verweigert worden sei, hat er den Rechtsweg nicht erschöpft. Zum Rechtsweg im Sinne des
§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG gehört nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts auch das Nachverfahren zur Nachholung des rechtlichen
Gehörs nach § 33a StPO (vgl. BVerfGE 42, 243 <247 f.> ). Dabei ist der nicht an eine Frist
gebundene Rechtsbehelf des § 33a StPO durch die Instanzgerichte so auszulegen und
anzuwenden, dass er jeden Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG im strafprozessualen
Beschlussverfahren erfasst (vgl. BVerfGE 42, 243 <250> ). Dies hat der Beschwerdeführer
bislang versäumt.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Hassemer
Osterloh
Mellinghoff