Urteil des BVerfG vom 06.07.2004

BVerfG: ausländer, aufenthaltserlaubnis, aufnahme einer erwerbstätigkeit, arbeitserlaubnis, verfassungsbeschwerde, berufliche tätigkeit, verfassungskonforme auslegung, eltern, inhaber, besitz

Entscheidungen
L e i t s a t z
zum Beschluss des Ersten Senats
vom 6. Juli 2004
- 1 BvR 2515/95 -
Es ist mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar, Ausländer mit Aufenthaltsbefugnis generell von der
Gewährung von Erziehungsgeld auszuschließen. Der Gesetzgeber kann jedoch die Gewährung von Erziehungsgeld
davon abhängig machen, dass der zur Betreuung eines Kindes bereite Elternteil an der Aufnahme oder Fortsetzung
einer Erwerbstätigkeit rechtlich nicht gehindert ist.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 2515/95 -
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Frau A. ,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Fred-J. Hullerum und Bernhard Fritzen,
Schießgrabenstraße 11, 21335 Lüneburg -
1. unmittelbar gegen
das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. September 1995 - 14 REg 1/95 -,
2. mittelbar gegen
§ 1 Abs. 1 a Satz 1 des Gesetzes über die Gewährung von Erziehungsgeld und
Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG) in der Fassung des Gesetzes
über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der
Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den
neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur
Entlastung der öffentlichen Haushalte (Gesetz zur Umsetzung des Föderalen
Konsolidierungsprogramms - FKPG) vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944)
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat – unter Mitwirkung
des Präsidenten Papier,
der Richterinnen Jaeger,
Haas,
der Richter Hömig,
Steiner,
der Richterin Hohmann-Dennhardt
und der Richter Hoffmann-Riem,
Bryde
am 6. Juli 2004 beschlossen:
1. § 1 Absatz 1 a Satz 1 des Gesetzes über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub
(Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG) in der Fassung des Gesetzes über Maßnahmen zur Bewältigung der
finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen
Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und
zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms -
FKPG) vom 23. Juni 1993 (Bundesgesetzblatt I Seite 944) war mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes
unvereinbar.
2. Ersetzt der Gesetzgeber die verfassungswidrige Regelung nicht bis zum 1. Januar 2006 durch eine
Neuregelung, ist auf noch nicht abgeschlossene Verfahren das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht
anzuwenden.
3. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. September 1995 (14 REg 1/95) verletzt die Beschwerdeführerin in
ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird an
das Bundessozialgericht zurückverwiesen.
4. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
A.
1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Nichtgewährung von Erziehungsgeld an Ausländer, die lediglich über eine
Aufenthaltsbefugnis verfügen.
I.
2
1. Das Erziehungsgeld wurde durch das Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub
(Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG) vom 6. Dezember 1985 (BGBl I S. 2154) eingeführt. Es ist eine
sozialrechtliche Leistung des Familienlastenausgleichs. Ihre nähere gesetzliche Ausgestaltung hat wiederholt
Änderungen erfahren (vgl. BVerfGE 98, 70 <71 f.>). In dem hier maßgeblichen Zeitraum betrug es 600 DM pro Monat.
3
Den Aufwand für das Erziehungsgeld finanziert nach § 11 BErzGG der Bund aus allgemeinen Steuermitteln. Der
Gesamtaufwand ist von 1,664 Mrd. DM 1986 auf 6,950 Mrd. DM im Jahre 1996 gestiegen. Seitdem hat er sich
stabilisiert. 1999 gab es insgesamt 715.287 Bezieher, davon 611.037 Deutsche und 104.250 Ausländer (siehe
Meisel/Sowka, Mutterschutz und Erziehungsurlaub, 5. Auflage, 1999, § 11 BErzGG; Statistisches Jahrbuch für die
Bundesrepublik Deutschland 2001, Tab. 19.1, S. 466 und Tab. 19.11, S. 479).
4
Der Gesetzgeber hat die Einführung des Erziehungsgeldes wie folgt begründet (BTDrucks 10/3792, S. 13):
5
Erziehungsgeld ermöglicht oder erleichtert es, dass im Anschluss an die Mutterschutzfrist von
acht bzw. zwölf Wochen die Mutter oder der Vater ganz oder teilweise - Teilzeitarbeit bis unter
20 Stunden pro Woche ist möglich - auf eine Erwerbstätigkeit verzichten können. Dadurch
kann die Mutter weiterhin vorrangig zu Hause bleiben, um sich neben der Betreuung des
Kindes gesundheitlich zu regenerieren; gleichzeitig wird durch die Möglichkeit der
Erziehungsleistung für den Vater die Wahlfreiheit der Eltern, wer das Kind betreuen soll, vom
Gesetz anerkannt und gefördert.
6
Das Erziehungsgeld stellt insbesondere eine wichtige Hilfe für die junge Familie dar. Mit ihm
wird die Erziehungsleistung der Familie anerkannt. Da das Erziehungsgeld ergänzend zu
anderen Sozialleistungen gewährt und auf diese nicht angerechnet wird, erleichtert es ...
schwangeren Frauen, die sich aus wirtschaftlichen Gründen in einer Konfliktsituation befinden,
die Entscheidung für das Kind.
7
Anlässlich der Verlängerung der Bezugsdauer des Erziehungsgeldes im Jahr 1989 ist in der Gesetzesbegründung
(BTDrucks 11/4509, S. 5) ausgeführt:
8
Mit Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub soll es Eltern ermöglicht oder erleichtert werden, ihre
Kinder in der für die spätere Entwicklung entscheidenden ersten Lebensphase selbst zu
betreuen... [Durch die Verlängerung der Bezugsdauer des Erziehungsgeldes] werden die
Leistungen für Familien weiter ausgebaut. Dieser Ausbau verbessert nicht nur die
Einkommenssituation junger Familien weiter, sondern ist auch ein wichtiger Schritt zur
Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familientätigkeit.
9
2. a) Das Erziehungsgeld wurde unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Antragstellers gewährt. Voraussetzung
war allerdings, dass der Anspruchsteller seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.
Umstritten war, ob und unter welchen Umständen Ausländer, insbesondere Asylbewerber, einen Wohnsitz oder
ständigen Aufenthalt in diesem Sinne begründen konnten (vgl. BSG SozR 7833 § 1 Nr. 1; SozR 7833 § 1 Nr. 4).
Zuletzt stellte das Bundessozialgericht im Rahmen der so genannten Prognoserechtsprechung darauf ab, ob bei
vorausschauender Betrachtungsweise damit zu rechnen sei, dass der ausländische Anspruchsteller dauerhaft in
Deutschland bleibe (BSG SozR 7833 § 1 Nr. 7). Zu den ungeschriebenen Voraussetzungen eines Anspruchs auf
Erziehungsgeld rechnete das Bundessozialgericht, dass der Anspruchsteller in Deutschland arbeiten dürfe. Dies folge
aus dem Zweck der Leistung, eine Alternative zur Erwerbstätigkeit zu bieten (vgl. BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 1).
10
b) Durch das Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften vom 30. Juni 1989
(BGBl I S. 1297) wurde § 1 Abs. 1 BErzGG der folgende Satz angefügt:
11
Für den Anspruch eines Ausländers ist Voraussetzung, dass er im Besitz einer
Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist, die nicht nur für einen bestimmten,
seiner Natur nach vorübergehenden Zweck erteilt worden ist.
12
Zur Begründung führte der Ausschuss für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (13. Ausschuss) des Deutschen
Bundestages, auf den diese Regelung zurückgeht, aus (BTDrucks 11/4776, S. 2):
13
Der neue Satz 2 zieht zum einen die erforderlichen Konsequenzen aus der Rechtsprechung zu
den Wohnsitzvoraussetzungen. Die Rechtsprechung hat bei Ausländern, die sich hier ohne
Aufenthaltserlaubnis aufhalten, auch dann einen Wohnsitz angenommen, wenn nach der
ausländerbehördlichen Praxis von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bis auf weiteres
abgesehen wird. Die in den Richtlinien zur Durchführung des Gesetzes aufgeführte
Voraussetzung, dass sich der Antragsteller in diesen Fällen mindestens ein Jahr im
Geltungsbereich des Gesetzes aufgehalten haben muss, ist nicht anerkannt worden. Deshalb
soll jetzt die Aufenthaltserlaubnis oder die Aufenthaltsberechtigung ausdrücklich als
Voraussetzung für den Anspruch eines Ausländers auf Erziehungsgeld im Gesetz verankert
werden. Dies ist auch deshalb gerechtfertigt, weil Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis in der
Regel keine Arbeitserlaubnis haben. Insoweit könnte der Zweck des Erziehungsgeldes, die
Wahlfreiheit zwischen Kindererziehung und Berufstätigkeit zu sichern, nicht erreicht werden.
14
Durch Art. 10 des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 9. Juli 1990 (BGBl I S. 1354 <1386>) wurde
§ 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG an die geänderte Systematik der Aufenthaltstitel nach dem neuen Ausländergesetz
angepasst. Die Vorschrift lautete danach:
15
Für den Anspruch eines Ausländers ist Voraussetzung, dass er im Besitz einer
Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis ist.
16
c) Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Fassung des Gesetzes, die ab dem 27. Juni 1993 galt, geht auf
Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der
Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung
des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Gesetz zur Umsetzung des
Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG) vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) zurück. Der Gesetzgeber schloss
nunmehr die Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen vom Erziehungsgeldbezug aus. In § 1 BErzGG wurde folgender
Absatz 1 a eingefügt (im Folgenden: BErzGG 1993):
17
Für den Anspruch eines Ausländers ist Voraussetzung, dass er im Besitz einer
Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist. Auch bei Besitz einer
Aufenthaltserlaubnis haben ein Arbeitnehmer, der von seinem im Ausland ansässigen
Arbeitgeber zur vorübergehenden Dienstleistung nach Deutschland entsandt ist und sein
Ehepartner keinen Anspruch auf Erziehungsgeld.
18
In der Begründung zu dieser Vorschrift heißt es (BTDrucks 12/4401, S. 74):
19
Mit dieser Regelung wird der Anspruch auf die Ausländer begrenzt, von denen zu erwarten ist,
dass sie auf die Dauer in Deutschland bleiben werden. Das ist allein bei denjenigen der Fall,
die im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sind. Doch auch auf
diejenigen, die von ausländischen Arbeitgebern zur vorübergehenden Dienstleistung nach
Deutschland entsandt sind und statt einer Aufenthaltsbewilligung eine Aufenthaltserlaubnis
erhalten haben, trifft diese Voraussetzung nicht zu. Dasselbe gilt für ihre Ehepartner. Die
Regelung entspricht den Regelungen der meisten Länder, bei denen Entsandte im
Sozialsystem des Heimatlandes verankert bleiben, so wie Deutsche, die von ihrem
Arbeitgeber ins Ausland entsandt sind, und ihre Ehepartner den Anspruch auf Erziehungsgeld
behalten.
20
d) § 1 Abs. 1 a BErzGG 1993 galt bis zum 31. Dezember 2000. Danach waren nach § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3
BErzGG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 12. Oktober
2000 (BGBl I S. 1426) auch Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen anspruchsberechtigt, bei denen "das Vorliegen der
Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes unanfechtbar festgestellt worden ist". Auf diese Weise
wollte der Gesetzgeber die Anspruchsvoraussetzungen für Flüchtlinge klären (vgl. BTDrucks 14/3553, S. 12, 15).
Durch Art. 10 Nr. 4 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts
und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950
<2004>) wurde § 1 Abs. 6 Satz 2 BErzGG der neuen ausländerrechtlichen Systematik angepasst. Nach wie vor soll
Erziehungsgeld nur den Ausländern gewährt werden, die sich dauerhaft, insbesondere zu Erwerbszwecken, in
Deutschland aufhalten (vgl. BTDrucks 15/420, S. 122).
II.
21
1. Die Beschwerdeführerin reiste als türkische Staatsbürgerin mit ihrem Ehemann nach Deutschland ein und
beantragte die Anerkennung als Asylberechtigte. Auf der Grundlage einer so genannten Bleiberechtsregelung (Erlass
des Niedersächsischen Innenministeriums vom 18. Oktober 1990, Az.: 52.31-12231/1-1-1) erhielt sie eine befristete
Aufenthaltserlaubnis. Sie nahm deshalb ihren Asylantrag zurück. Nach der Änderung des Ausländerrechts mit
Wirkung vom 1. Januar 1991 galt ihre Aufenthaltserlaubnis als Aufenthaltsbefugnis neuen Rechts fort (§ 94 Abs. 3
Nr. 3 AuslG in der Fassung vom 9. Juli 1990, BGBl I S. 1354; im Folgenden: AuslG 1990). Auf Grund des Erlasses
war bei Ausländern mit einem solchen Aufenthaltstitel "von der Durchsetzung der Ausreisepflicht" auf Dauer
abzusehen. Am 5. Juli 1993 wurde der Sohn der Beschwerdeführerin geboren. Er wurde als Asylberechtigter
anerkannt.
22
2. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Erziehungsgeld wurde abgelehnt.
23
a) Mit ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres Antrags hatte die Beschwerdeführerin vor dem Sozialgericht keinen
Erfolg. Dagegen gab das Landessozialgericht ihrer Berufung statt. Es sah zwar in der Ungleichbehandlung von
Ausländern mit verschiedenen Aufenthaltstiteln keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. In dem besonderen Fall der
Beschwerdeführerin hielt es jedoch eine verfassungskonforme Auslegung für erforderlich. Der Sohn der
Beschwerdeführerin sei nur wenige Tage nach der für sie nachteiligen Gesetzesänderung geboren; sie habe auf das
während ihrer Schwangerschaft geltende Recht und damit auf das Bestehen eines Erziehungsgeldanspruchs
vertrauen dürfen.
24
b) Das Bundessozialgericht hob durch das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil (SozR 3-7833 § 1 Nr.
16) das Urteil des Landessozialgerichts auf und wies die Berufung der Beschwerdeführerin zurück. Der Anspruch auf
Erziehungsgeld entstehe erst am Tag der Geburt des Kindes. Diese Stichtagsregelung habe das
Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, SozR 7833 § 1 Nr. 3) gebilligt. Es sei
verfassungsrechtlich nicht geboten, gezeugte, aber noch nicht geborene Kinder von der Anwendung des neuen
Rechts auszunehmen.
25
Die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Regelung des § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 sei nicht
verfassungswidrig. Sie verletze nicht das Lebensrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; das im Rahmen des
Lebensschutzes geltende Untermaßverbot schließe eine Beschränkung von Sozialleistungen auf bestimmte
Berechtigtenkreise nicht aus. Auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Die Benachteiligung
von Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis sei durch das Ziel des Gesetzgebers gerechtfertigt, Erziehungsgeld nur
solchen Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland blieben. Der
Gesetzgeber habe zur Erreichung dieses Ziels an den Aufenthaltstitel anknüpfen dürfen. Zwar könne eine Prognose
der faktischen Aufenthaltserwartung im Einzelfall als zweckmäßiger und gerechter empfunden werden. Die
Aufenthaltsbefugnis
als
zweckgebundener
Aufenthaltstitel
gewährleiste
aber
typischerweise
kein
Daueraufenthaltsrecht und sei auch keine Vorstufe hierfür.
26
3. Mit ihrer gegen dieses Urteil und die ihm zu Grunde liegende gesetzliche Regelung gerichteten
Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin vor allem einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG
geltend. Sie ist der Auffassung, sie und ihr Kind würden von dem gesetzlichen Konzept des Lebensschutzes
ausgegrenzt. Wegen ihres lebenslangen Bleiberechts seien sie und ihr Kind genauso schutzwürdig wie andere Eltern
und Kinder. Weiter rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
III.
27
Zu der Verfassungsbeschwerde hat das Bundessozialgericht Stellung genommen. Die übrigen
Äußerungsberechtigten haben von einer Stellungnahme abgesehen.
B.
28
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 war mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
Das auf § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 beruhende Urteil des Bundessozialgerichts kann deshalb keinen Bestand
haben.
I.
29
1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln.
Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Ihm kommt im Bereich der gewährenden
Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE
99, 165 <178>; 106, 166 <175 f.>). Für den Gesetzgeber ergeben sich allerdings aus dem allgemeinen
Gleichheitssatz umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich
geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 106, 166 <176> m.w.N.). Der hierbei zu
berücksichtigende Schutz von Ehe und Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG enthält keine Beschränkung auf Deutsche
(vgl. BVerfGE 31, 58 <67>; 51, 386 <396>; 62, 323 <329>). Ob eine mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene
Regelung dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG entspricht, hängt davon ab, ob für die getroffene
Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestanden, dass sie die Ungleichbehandlung
rechtfertigen konnten (vgl. BVerfGE 109, 96 <123>; stRspr).
30
2. Auf Grund der hier zu prüfenden Vorschrift des § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 erhielten Ausländer mit
Aufenthaltsbefugnis kein Erziehungsgeld, unabhängig davon, wie verfestigt ihr Aufenthalt in Deutschland im Einzelfall
war. Vom Erziehungsgeld ausgeschlossen waren insbesondere die Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen, deren
Befugnis - wie die der Beschwerdeführerin - gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 3 AuslG 1990 fortgalt und die nach § 99 Abs. 1
AuslG 1990 - jedenfalls in Verbindung mit dem niedersächsischen Bleiberechtserlass vom 18. Oktober 1990 - einen
dauerhaften Aufenthaltsstatus innehatten. Da eine Übergangsregelung fehlte, erfasste § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG
1993 auch solche Ausländer mit Aufenthaltsbefugnis, die schon in Deutschland wohnten, und auch solche, die schon
ein Kind erwarteten, bevor die Vorschrift in Kraft trat. Lediglich für schon geborene Kinder blieb der einmal begründete
Anspruch auf Erziehungsgeld nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte erhalten. Damit wurden die Ausländer mit
Aufenthaltsbefugnis schlechter gestellt als Deutsche und als Ausländer mit Aufenthaltsberechtigung oder
Aufenthaltserlaubnis.
31
3. Diese Unterscheidung war nicht gerechtfertigt.
32
a) Soweit der Gesetzgeber mit der Anknüpfung an die Art des Aufenthaltstitels des Antragstellers in § 1 Abs. 1 a
Satz 1 BErzGG 1993 das Erziehungsgeld nur denjenigen Ausländern zukommen lassen wollte, von denen erwartet
werden konnte, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben, ist dieses Ziel zwar legitim, das gewählte
Differenzierungskriterium aber nicht geeignet, diesen Personenkreis adäquat zu erfassen. Dies hat das
Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6. Juli 2004 (1 BvL 4/97; 1 BvL 5/97; 1 BvL 6/97) zu der
entsprechenden Regelung im Kindergeldrecht entschieden. Danach eignet sich die formale Art des Aufenthaltstitels
allein nicht als Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts in Deutschland und damit nicht als
Abgrenzungskriterium bei der Gewährung von Kindergeld (Umdruck, S. 22 f.). Nichts anderes kann für das
Erziehungsgeld gelten. Auch hier werden, knüpft man allein an die Aufenthaltsbefugnis an, Ausländer wie die
Beschwerdeführerin nicht sachgerecht behandelt, die zwar nur über einen solchen Aufenthaltstitel verfügen, aber
gleichwohl einen verfestigten Aufenthaltsstatus innehaben.
33
b) Der im Vordergrund stehende Zweck des Erziehungsgeldes, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch
Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen, rechtfertigte ebenfalls nicht die in
§ 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 erfolgte Anknüpfung an die Aufenthaltsbefugnis des Antragstellers. Zwar handelt
der Gesetzgeber im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er die Ausländer vom Erziehungsgeldbezug ausschließt, die
aus Rechtsgründen ohnehin einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürften. Die Gewährung einer Sozialleistung, die
Eltern einen Anreiz zum Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit geben will (vgl. auch BVerfG, 3. Kammer des Ersten
Senats, SozR 7833 § 3 Nr. 2), verfehlt ihr Ziel, wenn eine solche Erwerbstätigkeit demjenigen Elternteil, der zur
Betreuung des Kindes bereit ist, rechtlich nicht erlaubt ist. Die Regelung des § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 war
jedoch nicht geeignet, dieses legitime Ziel zu erreichen, weil ein Ausländer, der lediglich über eine
Aufenthaltsgenehmigung in der Gestalt einer Aufenthaltsbefugnis verfügte, nicht schon deshalb vom Arbeitsmarkt
ausgeschlossen war. Sie vermochte nicht eine Unterscheidung nach Ausländern mit und Ausländern ohne
Berechtigung zur Erwerbstätigkeit zu bewirken.
34
aa) Es bestand kein ausländerrechtlicher Zusammenhang zwischen der Art des Aufenthaltstitels und der Befugnis
zu arbeiten. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 bis 4 AuslG 1990 konnte jede Form der Aufenthaltsgenehmigung mit einer
Auflage versehen werden, nach der eine Erwerbstätigkeit in Deutschland untersagt war, wenn dies nicht einer schon
bestehenden Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung des Ausländers widersprach.
35
bb) Auch die Vorschriften des Arbeitserlaubnisrechts stellten einen Zusammenhang zur Art des Aufenthaltstitels
nicht zwingend her. In dem für die vorliegende Verfassungsbeschwerde relevanten Zeitraum bedurften Ausländer nach
§ 19 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 21. Dezember
1993 (BGBl I S. 2353; vgl. heute § 284 SGB III), zur Ausübung einer Beschäftigung einer Erlaubnis der damaligen
Bundesanstalt für Arbeit, soweit zwischenstaatliche Vereinbarungen nichts anderes bestimmten. Die Erlaubnis wurde
gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 AFG nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der
Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt. Die Einzelheiten der Arbeitserlaubniserteilung waren in der auf § 19 Abs. 4
AFG gestützten Verordnung über die Arbeitserlaubnis für nichtdeutsche Arbeitnehmer (im Folgenden: AEVO) in der
Fassung der Neunten und Zehnten Verordnung zur Änderung der Arbeitserlaubnisverordnung vom 21. Dezember 1990
(BGBl I S. 3009) und vom 1. September 1993 (BGBl I S. 1527) geregelt. Nach § 5 AEVO setzte die Erteilung einer
Arbeitserlaubnis - soweit keine Sonderregelung eingriff - eine Aufenthaltsgenehmigung im Sinne des § 5 AuslG
voraus. Damit waren Aufenthaltserlaubnis, -bewilligung, -berechtigung und -befugnis gleichermaßen erfasst. Die
Erteilung der Arbeitserlaubnis war nach § 1 AEVO weiter von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes sowie für
bestimmte Personengruppen von einer gewissen Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts abhängig. Dieses Erfordernis
einer Wartezeit betraf nur die Inhaber bestimmter befristeter Aufenthaltsgenehmigungen (jeder Art) und bestimmter
Duldungen (§ 1 Abs. 2 AEVO). Zudem konnte die Erlaubnis auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit und einen
bestimmten Betrieb beschränkt werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AEVO).
36
Bestimmte Personengruppen hatten allerdings nach § 2 Abs. 1 AEVO einen Anspruch auf Erteilung einer
Arbeitserlaubnis unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und ohne die Beschränkungen nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AEVO. Dies waren unter anderem Ausländer, die nach § 33 AuslG übernommen worden waren und
eine Aufenthaltsbefugnis besaßen, und solche, die sich sechs Jahre ununterbrochen in Deutschland aufgehalten
hatten und über eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis verfügten (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 und 6 AEVO). Weiter
hatten Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis besaßen, vor Vollendung des 18.
Lebensjahres nach Deutschland eingereist waren und hier zum Beispiel einen Schulabschluss erworben oder einen
Ausbildungsvertrag abgeschlossen hatten, einen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis (§ 2 Abs. 3 AEVO).
Schließlich war nach § 2 Abs. 4 AEVO einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis
besaß, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres eine Arbeitserlaubnis zu erteilen, wenn er sich in den letzten fünf
Jahren ununterbrochen rechtmäßig in Deutschland aufgehalten hatte. Zudem sah der Beschluss Nr. 1/80 des
Assoziationsrates EWG/Türkei vom 19. September 1980 (Amtl. Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit, Nr. 1/1981
S. 4 ff.) für türkische Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen nach bestimmten Zeiten ordnungsgemäßer
Beschäftigung besondere Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates der
Europäischen Union vor.
37
Insgesamt knüpfte das im fraglichen Zeitraum geltende Arbeitserlaubnisrecht nicht durchgehend formal an die Art
des Aufenthaltstitels an. Auch die Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen konnten durch Erteilung einer Arbeitserlaubnis
zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt sein. Andererseits erhielten selbst Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis
nicht ohne weiteres eine Arbeitserlaubnis. In dem für die Verfassungsbeschwerde relevanten Zeitraum hatten insoweit
Ausländer mit einer bloßen Aufenthaltsbefugnis in nicht wenigen Fällen einen Anspruch auf Erteilung einer
Arbeitserlaubnis.
38
c) Die weiteren vom Gesetzgeber mit der Gewährung von Erziehungsgeld verfolgten Zwecke (vgl. oben unter A I 1)
kommen bei Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis nicht weniger zur Geltung als bei Deutschen und bei Ausländern mit
Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis. Dies gilt für das Anliegen des Gesetzgebers, durch das
Erziehungsgeld eine Entscheidung für das Kind und gegen die Abtreibung zu erleichtern, aber auch, soweit die
staatliche Gemeinschaft mit dem Erziehungsgeld die Erziehungsleistung anerkennen will oder das Erziehungsgeld der
Regeneration der Mutter dienen soll. Auch soweit angenommen wird, das Erziehungsgeld solle dazu beitragen, dass
Unternehmen Arbeitsuchende zur Vertretung von Eltern während der Kindererziehungszeit einstellen (vgl.
Meisel/Sowka, a.a.O., Einl. zum BErzGG, Rn. 1), kann diese Erwägung die in Frage stehende Differenzierung nicht
tragen.
39
d) Die durch § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 bewirkte Benachteiligung von Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis,
insbesondere von so genannten Bleiberechtlern, war auch nicht als verfassungsrechtlich zulässige Typisierung
gerechtfertigt.
40
Zwar liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund für eine ansonsten nicht gerechtfertigte gesetzgeberische
Benachteiligung in der Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten, deren der Gesetzgeber anders nur schwer
Herr werden kann (vgl. BVerfGE 103, 310 <319>). Dies gilt insbesondere für Massenerscheinungen im
Sozialleistungsrecht (vgl
.
Typisierung verbundene Belastung ist aber nur hinzunehmen, wenn die mit ihr verbundenen Härten nicht besonders
schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. auch BVerfG, DVBl 2004, S. 1104 <1105 f.>).
41
Es erscheint schon zweifelhaft, ob die vom Gesetzgeber gewählte Anknüpfung des Erziehungsgeldes an die
Aufenthaltsbefugnis des Antragstellers wenigstens typischerweise jene Ausländer erfasste, die aus Rechtsgründen
nicht hätten erwerbstätig sein können und daher auch nicht durch die Gewährung von Erziehungsgeld in ihrem
Entschluss bestärkt werden mussten, zu Lasten einer (möglichen) Erwerbsarbeit ihr Kind selbst zu betreuen und zu
erziehen. Jedenfalls hatte der mit einer Versagung des Erziehungsgeldes verbundene Nachteil durchaus Gewicht;
insgesamt ging es um einen Geldbetrag von bis zu 14.400 DM pro Kind. Auf der anderen Seite entlastete die
Regelung des § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 die Verwaltung nur in geringem Umfang. Bei einer Anknüpfung an die
Arbeitserlaubnis hätten die für die Gewährung von Erziehungsgeld zuständigen Behörden feststellen müssen, ob der
Antragsteller über eine solche Erlaubnis verfügt oder ihm durch eine ausländerrechtliche Auflage eine Erwerbstätigkeit
untersagt war. Diese Feststellung hätte keinen wesentlich höheren Aufwand als die Prüfung der Art des
Aufenthaltstitels verursacht.
II.
42
Verstieß § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG 1993 gegen Art. 3 Abs. 1 GG und war er deshalb verfassungswidrig, bedarf es
keiner Entscheidung mehr, ob die Regelung darüber hinaus verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügte.
C.
I.
43
1. Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt im Regelfall zwar zu deren Nichtigkeit (§ 82 Abs. 1
i.V.m. § 78 Satz 1, § 95 Abs. 3 BVerfGG). Da dem Gesetzgeber aber im vorliegenden Fall mehrere Möglichkeiten zur
Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, kommt nur eine Unvereinbarkeitserklärung in
Betracht. Insbesondere kann er im Rahmen einer Neuregelung die Gewährung des Erziehungsgeldes an den
Nachweis der Berechtigung zur Aufnahme oder Fortführung einer Erwerbstätigkeit knüpfen.
44
2. Ersetzt der Gesetzgeber die verfassungswidrige Regelung nicht bis zum 1. Januar 2006 durch eine Neuregelung,
ist auf noch nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Verfahren das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht
anzuwenden. § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 BErzGG in den Fassungen des Dritten Gesetzes zur Änderung des
Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 12. Oktober 2000 und des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 ist nicht in
entsprechender Anwendung des § 78 Satz 2 BVerfGG in die Unvereinbarkeitserklärung einzubeziehen, weil diese
Regelungen den Kreis der Berechtigten weiter gefasst haben als die angegriffene Vorschrift. Jedoch hat der
Gesetzgeber im Hinblick auf die vorliegende Entscheidung auch die Nachfolgeregelungen auf ihre
Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen.
II.
45
Da das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts auf der verfassungswidrigen
Vorschrift beruht, ist es nach § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache wird an das Bundessozialgericht
zurückverwiesen. Das Ausgangsverfahren ist auszusetzen, damit die Beschwerdeführerin die Möglichkeit erhält, aus
der vom Gesetzgeber zu treffenden Neuregelung oder daraus Nutzen zu ziehen, dass der Gesetzgeber eine
Neuregelung nicht fristgemäß trifft (vgl. C I).
III.
46
Die Kostenentscheidung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Papier
Die Richterin Jaeger ist aus
dem Amt ausgeschieden und
deshalb an der Unterschrift
gehindert.
Papier
Haas
Hömig
Steiner
Hohmann-Dennhardt
Hoffmann-Riem
Bryde