Urteil des BVerfG vom 07.05.2001

BVerfG: naturschutz, gemeinde, rechtsstaatsprinzip, wesensgehalt, unterschutzstellung, konkretisierung, eingriff, erfüllung, staatliche aufgabe, abstrakte normenkontrolle

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvK 1/00 -
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
über den Antrag
festzustellen,
Artikel 1 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes zur Neufassung des Landschaftspflegegesetzes (Gesetz zum
Schutz der Natur - Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG -) und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften vom 16.
Juni 1993 (GVOBl Seite 215) ist unvereinbar mit der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein und damit nichtig.
Antragsteller: 37 Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtages,
Christel Aschmoneit-Lücke, Dr. Peter Bendixen, Dr. Bernd Klaus Buchholz, Karl Eduard Claussen, Dr.
Eberhard Dall'Asta, Meinhard Füllner, Torsten Geerdts, Thorsten Geißler, Klaus Haller, Dr. Christel
Happach-Kasan, Silke Hars, Dr. Ottfried Hennig, Claus Hopp, Gudrun Hunecke, Peter Jensen-Nissen,
Martin Kayenburg, Helga Kleiner, Dr. Ekkehard Klug, Klaus Kribben, Wolfgang Kubicki, Peter Lehnert,
Frank Millack, Herbert Paschen, Eva Peters, Ursula Röper, Reinhard Sager, Frank Sauter, Ulrich
Schley, Brita Schmitz-Hübsch, Monika Schwalm, Karoline Schwarz, Hans-Klaus Solterbeck, Berthold
Sprenger, Thomas Stritzl, Bruno Timm, Angelika Volquartz, Kläre Vorreiter
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Prof. Dr. Karsten Witt und Koll.,
Lorentzendamm 36, 24103 Kiel -
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Präsidentin Limbach,
Sommer,
Jentsch,
Hassemer,
Broß,
Osterloh,
Di Fabio,
Mellinghoff
am 7. Mai 2001 gemäß § 24 BVerfGG beschlossen:
Der Antrag wird verworfen.
Gründe:
A.
1
Das Verfahren betrifft einen Verfassungsstreit innerhalb eines Landes (Art. 99 GG, § 13 Nr. 10 BVerfGG). Es geht
um die Frage, ob Art. 1 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes zur Neufassung des Landschaftspflegegesetzes
(Gesetz zum Schutz der Natur - Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG -) und zur Anpassung anderer
Rechtsvorschriften vom 16. Juni 1993 (GVOBl S. 215, kurz: Gesetz vom 16. Juni 1993) mit der Verfassung des
Landes Schleswig-Holstein (Landesverfassung - LV -) vereinbar ist.
I.
2
Der Bund hat das Recht, über den Naturschutz und die Landschaftspflege Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung
der Länder zu erlassen (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GG). Er hat hiervon durch Erlass des Gesetzes über Naturschutz
und Landschaftspflege Gebrauch gemacht (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG - vom 20. Dezember 1976, BGBl I
S. 3574, nunmehr gültig in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998, BGBl I S. 2994).
3
Zur Ausfüllung des bundesrechtlich vorgegebenen Rahmens ist vom schleswig-holsteinischen Landesgesetzgeber
zunächst das Gesetz für Naturschutz und Landschaftspflege (Landschaftspflegegesetz - LPflegG -) vom 16. April
1973 (GVOBl S. 122) erlassen worden. Das Landschaftspflegegesetz wurde mit Art. 1 des Gesetzes vom 16. Juni
1993 als Gesetz zum Schutz der Natur (Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG -) inhaltlich geändert und neu gefasst.
Die Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Landesregierung, LTDrucks 13/27, S. 3) nennen als Ziel,
4
den neuen Ansatz des biologischen Naturschutzes durchgehend zum Tragen zu bringen,
5
das Landesrecht dem Bundesrecht anzupassen und der Vorgabe des
Bundesnaturschutzgesetzes, das zurückhaltende Rahmengesetz landesrechtlich zu
komplettieren, zu entsprechen.
6
Bei der Realisierung des aus dem Arten- und Ökosystemschutz folgenden Flächenanspruchs
an Naturschutz wird von der Erwartung ausgegangen, daß die Ziele des Naturschutzes auf der
Fläche vor allem eigenverantwortlich durch die Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigten erreicht
werden können und dafür die Hilfe der öffentlichen Hand durch Ankauf und andere Formen des
Vertragsnaturschutzes im Rahmen der bereitgestellten Haushaltsmittel zugesagt wird.
7
Das Landesnaturschutzgesetz ist mit seinen wesentlichen Bestimmungen am 1. Juli 1993 in Kraft getreten. Es
wurde zwischenzeitlich mehrfach - redaktionell - geändert (Landesverordnungen zur Anpassung von
Rechtsvorschriften an geänderte Zuständigkeiten der obersten Landesbehörden und geänderte Ressortbezeichnungen
vom 30. November 1994, GVOBl S. 527, und vom 24. Oktober 1996, GVOBl S. 652; Landesverordnung über den
Fortfall der Bezeichnungen Magistrat und Kreisausschuss in Gesetzen und Verordnungen des Landes vom 16. Juni
1998, GVOBl S. 210).
II.
8
Mit Schriftsatz vom 1. Juli 1994 haben 37 Mitglieder des 13. Schleswig-Holsteinischen Landtages gemäß Art. 99
GG i.V.m. Art. 44 Nr. 2 LV beantragt:
9
Das Bundesverfassungsgericht möge Art. 1 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes zur
Neufassung des Landschaftspflegegesetzes (Gesetz zum Schutz der Natur -
Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG -) und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften vom
16. Juni 1993 (GVOBl S. 215) für nichtig erklären.
10
Sie sind der Auffassung, dass zahlreiche Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes i.d.F. des Gesetzes vom
16. Juni 1993 teils förmlich, teils sachlich nicht mit der Landesverfassung vereinbar seien:
11
1. Nach Ansicht der Antragsteller verstoßen gegen die "Gefolgschaftspflicht des Landes gegenüber Bundesrecht":
§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Sätze 2 und 3, Nrn. 8, 9, 10 Satz 5 sowie Nr. 16, § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 1, § 3a Abs. 1 Satz 2, § 4
Abs. 3 Satz 1, § 4a Abs. 2 und 3, § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2, § 6 Abs. 4 Satz 1, § 7a Abs. 1, § 10 Abs. 2, § 13 Abs. 5
Satz 2, § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4, § 15b Abs. 2, § 16 Abs. 3 Satz 2, § 17 Abs. 2, § 21a Abs. 1, § 21b Abs. 2 Satz 1
i.V.m. Abs. 4 Satz 1, § 22 Nrn. 1 und 3, § 30 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 50 Abs. 2, § 51c Abs. 1 und schließlich § 59a
Satz 2 LNatSchG.
12
Die Pflicht, die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes als Rahmengesetz im Sinne von Art. 75 GG und des
Baugesetzbuchs sowie des Bundesimmissionsschutzgesetzes als Normen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art.
74 GG) einzuhalten, ergebe sich nicht nur aus dem Grundgesetz, sondern auch aus der Landesverfassung. Sie folge
insoweit aus Art. 1 LV und aus der "apriorischen föderativen Eingebundenheit der Landesstaatlichkeit"; sie sei auch
vom Bundesverfassungsgericht anerkannt (Verweis auf BVerfGE 60, 175 <205>). Diese Gefolgschaftspflicht sei in
mehrfacher und vielfältiger Weise verletzt.
13
2. Die Antragsteller sehen ferner einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG durch § 9a Abs.
2 Satz 5, § 10 Abs. 2, § 15a Abs. 2, § 17 Abs. 2, 3 und 4 Satz 2, § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 4 Satz
2, § 21b Abs. 4, § 30 Abs. 1, § 40 Abs. 1, § 41, § 55 Abs. 1 Nr. 1 sowie § 59a LNatSchG.
14
a) Das Grundrecht des Art. 14 GG sei zwar, wie auch die anderen Grundrechte des Grundgesetzes, nicht Maßstab
des Landesverfassungsrechtsstreits; auch kenne die Landesverfassung keine Transformationsnorm, die die
Grundrechte des Grundgesetzes zu solchen der Landesverfassung mache. Es bestehe aber eine Institutsgarantie,
welche die individuell-subjektive (grundrechtliche) Eigentumsfreiheit auf objektiv-struktureller Seite zu einem
Gesamtkomplex freiheitlicher Verbürgung ergänze. Diese Institutsgarantie müsse auch Element der
Landesverfassung sein. Dies lasse sich schon aus der Einordnung Schleswig-Holsteins in den staatlichen
"Gesamtstandard" der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 1 LV herleiten und werde durch die Argumentation des
Bundesverfassungsgerichts (Verweis auf BVerfGE 66, 107 <114>) belegt, wonach in die Verfassung der Gliedstaaten
eines Bundesstaates auch gewisse Bestimmungen der Bundesverfassung hineinwirkten; hierzu zähle vor allem das
Rechtsstaatsprinzip, das für die vermögenswerten Güter im Eigentumsrecht eine eigene Ausprägung und
verfassungsrechtliche Ordnung erfahren habe. Auch über Homogenitätsaspekte müsse sich die
landesverfassungsrechtliche Verbindlichkeit der objektiv-strukturellen Grundlinien der Gesamtordnung ergeben. Zur
verfassungsmäßigen Ordnung in den Ländern im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG zählten die vom Grundgesetz
garantierten "Einrichtungen". Entsprechend hätten Judikatur und Literatur als ungeschriebene Bestandteile der
Landesverfassungen etwa die institutionelle Garantie der Mitwirkung politischer Parteien, die kommunale
Selbstverwaltung oder ein nach hergebrachten Grundsätzen gestaltetes Berufsbeamtentum anerkannt.
15
Selbst wenn man dem nicht folgen wolle, so wäre ein Fall der Vorlagepflicht nach Art. 100 GG gegeben. Sollte das
als Landesverfassungsgericht angerufene Gericht Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes wegen Verstoßes
gegen Art. 14 GG für verfassungswidrig halten, so müsste es das Verfahren aussetzen und gleichsam bei sich selbst
eine Entscheidung als Bundesverfassungsgericht einholen; dies sei auch mit Blick auf Gesetze, die den Gegenstand
des Normenkontrollverfahrens bildeten, in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (Verweis auf BVerfGE 69,
112 <116 f.>) geklärt. Der Umstand, dass das Land Schleswig-Holstein kein eigenes Landesverfassungsgericht
eingerichtet habe, dürfe nicht dazu führen, dass ein im Wege der abstrakten Normenkontrolle nicht kontrollierbarer
Raum für den Umgang mit dem Eigentum Privater entstehe.
16
b) Die Abmessungen von Schutzgut und Schranken des landesverfassungsrechtlich geschützten Rechtsinstituts
des "freien Eigentums" folgten denen beim Grundrecht aus Art. 14 GG. Beide Seiten der verfassungsmäßigen
Eigentumsgewährleistung seien kongruent und komplementär. Die Institutsgarantie sichere - wie das
Bundesverfassungsgericht (Verweis auf BVerfGE 52, 1 <31>) entschieden habe - einen Grundbestand von Normen,
die das Eigentum im Sinne der Grundrechtsbestimmung umschreiben. Das Landesnaturschutzgesetz greife in
mannigfacher Hinsicht, teils durch Enteignungsvorschriften, teils durch Inhaltsbestimmungen, auf die in der
Landesverfassung verbürgte Freiheit des Eigentums, verstanden als Ausschließungsanspruch eines Inhabers
vermögenswerter
Rechtspositionen
gegenüber
der
Staatsgewalt,
zu,
ohne
die
jeweiligen
Rechtfertigungsvoraussetzungen zu erfüllen.
17
3. Einen Verstoß gegen die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung erblicken die Antragsteller in § 6 Abs. 4
Sätze 1, 2 und 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 15, § 6 Abs. 5 Satz 1, § 10 Abs. 2 (mit § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 sowie Abs. 2),
§ 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 (mit Abs. 2) LNatSchG.
18
Die Landesverfassung garantiere in Art. 46 bis 49 in "realem Einklang" mit Art. 28 Abs. 2 GG die Selbstverwaltung
der Gemeinden und Gemeindeverbände. Hiergegen verstoße das Landesnaturschutzgesetz in zweierlei Hinsicht.
19
a) Zum verfassungsrechtlich garantierten Recht auf kommunale Selbstverwaltung zähle die Finanzhoheit. Art. 49
Abs. 2 LV nehme das allgemeine Prinzip der Konnexität von Aufgabenzuständigkeit und Ausgabenlast auf und
bestimme ausdrücklich, dass die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zu regeln sei, "soweit den Gemeinden und
Gemeindeverbänden Aufgaben übertragen werden, aus denen Ausgaben erwachsen". Dies sei missachtet worden.
20
Das Landesnaturschutzgesetz weise den Kreisen und kreisfreien Städten in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 die
Aufgabe der unteren Naturschutzbehörde als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung zu. Dies bedeute mit Blick auf die
Generalzuständigkeit der unteren Naturschutzbehörde (§ 45c Abs. 1 LNatSchG) vor allem einen massiven Schub an
Verwaltungsaufgaben und damit -ausgaben. Zudem würden beachtliche Zweckaufgaben auf die Kommunen
abgewälzt, etwa die nicht beitreibbaren Kosten für Wiederherstellungsarbeiten oder auch die notwendigen
Entschädigungs- und Härteausgleichsleistungen. Für diese zusätzlich erwachsenden Ausgaben treffe das
Landesnaturschutzgesetz entgegen Art. 49 Abs. 2 LV keinerlei Regelung. Die landesverfassungsrechtliche
Deckungsgarantie dürfe nicht, wie das in der Rechtsprechung teilweise geschehe, etwa dergestalt relativiert werden,
dass sie durch eine Mitberücksichtigung beim allgemeinen Finanzausgleich erfüllt werde. Vielmehr müsse formell
zumindest irgendeine verbindliche Entscheidung über die Ausgabendeckung erfolgen. Das sei im
Landesnaturschutzgesetz nicht geschehen.
21
b) Die gemeindliche Planungshoheit dürfe als Bestandteil der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie zu
Gunsten einer gleich starken Verfassungsposition, wie sie der Naturschutz zweifellos darstelle, nur im geringstnötigen
Umfang und angemessen zurückgedrängt werden. Diese Grenze sei in einigen Vorschriften missachtet worden:
22
aa) Das Landesnaturschutzgesetz verlange in § 6 Abs. 4 Sätze 2 und 4 (i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 15) kompromisslos
die Anpassung schon konkretisierter Planungsvorstellungen einer Gemeinde an die festgestellten Landschaftspläne
und schließe die Verwirklichung fertig artikulierter, rechtsgültiger Planungsentscheidungen aus. Nach ihrem Wortlaut
sei die Norm unverhältnismäßig, weil eine verfassungsrechtlich gebotene konkrete Abwägung zwischen
landesfachplanerischer Feststellung und gemeindlicher Planungsvorstellung nicht vorgesehen sei.
23
bb) Ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die kommunale Planungshoheit liege zudem bereits darin, dass die
Gemeinden durch § 4a Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG verpflichtet würden, die staatliche
Landschaftsplanung "zu beachten". Diese besondere Verbindlichkeit der Planung, die über die übliche
Berücksichtigungspflicht weit hinausgehe, führe im Regelungszusammenhang mit den Vorschriften zur Übernahme
landschaftsplanerischer Aussagen in die Bauleitplanung im Ergebnis zu einer Ausschaltung von "Abwägung" und
nehme den Gemeinden jede Planungshoheit.
24
Die den Gemeinden in § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG auferlegte Pflicht, den von ihnen zu erstellenden
Landschaftsplan dem staatlichen Landschaftsprogramm oder dem staatlichen Landschaftsrahmenplan anzupassen,
greife in den unantastbaren Kernbereich der kommunalen Planungshoheit ein. Landschaftsprogramm und
Landschaftsrahmenplan selbst stellten trotz gesteigerter Verbindlichkeit kein Gesetz im Sinne von Art. 46 Abs. 1 LV
dar, das die Selbstverwaltungsgarantie ausgestalten könne.
25
cc) Ferner sei unverhältnismäßig, dass in § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG für Golfplätze eine gezielte baulich-
raumordnerische Planungspflicht bestimmt werde und ein Bauleitplan aufgestellt werden müsse. Das bedeute eine
übermäßige Reglementierung der gemeindlichen Planungshoheit, weil die betroffenen Belange nach dem
Baugesetzbuch nur "normal" im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen seien; dieses Verfahren habe sich
bewährt und reiche aus.
26
dd) Einen unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit bedeute schließlich die Regelung des
§ 10 Abs. 2 (i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 sowie Abs. 2) LNatSchG, wonach Entwicklungsgebiete oder -flächen und
Biotopverbundflächen unmittelbar und ausnahmslos von jeder Bebauung ausgenommen seien. Ein von vornherein
bestehendes Übergewicht des Naturschutzes gegenüber der gemeindlichen Planungshoheit, das eine solche
Regelung verfassungsrechtlich allein rechtfertigen könnte, bestehe nicht; denn diese - nicht unerheblichen - Flächen
erfüllten ihrer Definition nach die besonderen Sicherungsbedürfnisse für eine förmliche Unterschutzstellung gerade
(noch) nicht. Erfasst seien auch bauliche Anlagen, die keiner Baugenehmigung oder Bauanzeige bedürften. Durch den
Zusatz "andere ökologisch bedeutsame Wald-, Ufer- und sonstige Flächen" könnten auch Flächen im Innenbereich
betroffen sein.
27
4. Schließlich verstießen § 4a Abs. 3, § 8 Abs. 8, § 8b Abs. 4, § 10 Abs. 2, § 15a Abs. 4 und Abs. 7, § 21 Abs. 4
Satz 3 2. Halbsatz, § 21b Abs. 3 Satz 2, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 5, § 37 Abs. 4 Satz 1, § 38 Abs. 2, § 54a Abs. 2 Nr.
1, § 58 Satz 1, § 59 sowie § 59a Satz 2 LNatSchG gegen das Rechtsstaatsprinzip.
28
Auch wenn sich Schleswig-Holstein in seiner Verfassung nirgendwo ausdrücklich als Rechtsstaat bezeichne, sei
völlig unbestritten, dass es nach seiner Verfassungsgestaltung ein Rechtsstaat sei und - normativ zwingend - sein
wolle. Dies ergebe sich aus der föderativen Eingebundenheit der Landesstaatlichkeit und komme in einer Reihe von
Einzelbestimmungen der Landesverfassung zum Ausdruck. Mit dem landesverfassungsimmanenten
Rechtsstaatsprinzip in seinen allgemein anerkannten Ausprägungen seien einige Bestimmungen des
Landesnaturschutzgesetzes nicht zu vereinbaren.
29
a) Das Landesnaturschutzgesetz könne bereits insgesamt kaum dem rechtsstaatlichen Gebot der hinreichenden
Bestimmtheit gesetzlicher Vorschriften genügen. Es sei in der Sprache "eher blumig und wortreich statt begrifflich
präzise" und mache "den Eindruck äußerst mangelhafter juristisch-handwerklicher Durchbildung". "Wolkige
Tatbestandsumschreibungen" fänden sich bei den förmlichen Unterschutzstellungen in § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 19
Abs. 1 und § 20 Abs. 1 LNatSchG, etwa mit den Begriffen "Entwicklung vielfältiger Pflanzen- und Tiergesellschaften",
"Entwicklung der Regenerationsfähigkeit der Naturgüter", "Belebung des Landschaftsbildes". Unklar sei, wann eine
Nasswiese "binsen- und seggenreich" im Sinne des § 15a Abs. 1 Nr. 1 LNatSchG sei und wie viele
Sumpfdotterblumen eine Sumpfdotterblumenwiese im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 9 LNatSchG haben müsse. Auch
seien Streuwiesen nicht unbedingt, wie in § 7 Abs. 2 Nr. 9 LNatSchG vorausgesetzt, ein Feuchtgebiet. Selbst wenn
dies alles nicht zu einem "vollen Verdikt" wegen Unbestimmtheit führen sollte, so lägen die Beanstandungen doch
hart an der Grenze zum Verfassungsverstoß und führten jedenfalls zur Verfassungswidrigkeit, wenn weitere
Fragwürdigkeiten hinzuträten.
30
b) Eindeutige Verfassungsverstöße lägen jedenfalls bei folgenden Bestimmungen vor:
31
aa) Unter dem Gesichtspunkt, dass der Normadressat über seine gesetzlichen Pflichten nicht im Unklaren gelassen
werden dürfe, begegne § 15a Abs. 4 LNatSchG durchgreifenden Bedenken. Danach solle das umfassende
Beeinträchtigungs- und Veränderungsverbot, das für gesetzlich geschützte, im Naturschutzbuch eingetragene Biotope
gelte, auch auf besonders geschützte Biotope anzuwenden sein, wenn diese noch nicht eingetragen, bekannt
gemacht, in den Plänen dargestellt oder in der Örtlichkeit kenntlich gemacht worden seien. Woran der im Freien sich
bewegende Mensch erkennen solle, was, wo und wie von ihm zu unterlassen sei, bleibe völlig offen.
32
bb) Auch bei § 4a Abs. 3 LNatSchG könne der Normadressat das von ihm Geforderte nicht eindeutig erkennen. Die
Normaussage sei widersprüchlich. Zum einen sollten die Vorgaben des Landschaftsprogramms "nach Maßgabe des
Landesplanungsgesetzes" in die Raumordnungspläne übernommen werden, zum anderen "nach Maßgabe des § 4
Abs. 2 und 3" LNatSchG. Bei Ersterem werde von einer Abwägungsparität der Belange ausgegangen, bei Letzterem
hingegen von einer bedingten Priorität der Naturschutzbelange.
33
cc) Die Vorschrift des § 10 Abs. 2 LNatSchG schaffe mit dem Begriff "vorrangige Flächen für den Naturschutz"
absichtsvoll eine "begriffliche Nähe" zu den Vorranggebieten im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des
Raumordnungsgesetzes (ROG). So stellten der Landesraumordnungsplan Schleswig-Holstein 1998 und der
Landschaftsrahmenplan für den Planungsraum I in großem Umfang "Vorranggebiete für den Naturschutz" dar und
führten zugleich aus, dass es sich bei diesen Gebieten um "vorrangige Flächen für den Naturschutz" gemäß § 15
Abs. 1 Nrn. 1 und 2 LNatSchG handele. Die Planungsbehörde greife also die sprachliche Verwandtschaft beider
Begriffe auf, um die Rechtsfolgen des § 10 Abs. 2 LNatSchG in die Fläche zu bringen. Derartige Sprachspielereien
seien mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot nicht vereinbar. Die in § 10 Abs. 2 LNatSchG ferner mit einem
Überbauungsverbot belegten "anderen ökologisch bedeutsamen Wald-, Ufer- und sonstigen Flächen" seien zu
unbestimmt bezeichnet.
34
dd) Dem speziellen, in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 LV geregelten Bestimmtheitsgebot für Verordnungsermächtigungen
habe der Gesetzgeber nicht genügt. Das Landesnaturschutzgesetz enthalte nicht weniger als 37
Verordnungsermächtigungen, was schon für sich Beleg für die Relativität seiner Normierungsdichte sei. Den
rechtsstaatlichen Anforderungen an die Vorhersehbarkeit genügten im Besonderen nicht: § 8 Abs. 8, § 8b Abs. 4,
§ 15a Abs. 7, § 21 Abs. 4 Satz 3 2. Halbsatz, § 21b Abs. 3 Satz 2, § 25 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 36 Abs. 5, § 37 Abs.
4 Satz 1, § 38 Abs. 2 und § 58 Satz 1 LNatSchG. Dort werde die Landesregierung oder das Ministerium für Natur,
Umwelt und Landesentwicklung für die betreffende Ausführungsverordnung lediglich auf einen bestimmten
Gegenstandsbereich festgelegt und auch dies zum Teil nur sehr global. Die materiellen Abmessungen der erwarteten
Detailregelung aber blieben offen.
35
c) Der verfassungsimmanente rechtsstaatliche Vertrauensgrundsatz werde durch diejenigen Regelungen des
Landesnaturschutzgesetzes verletzt, bei denen - wie unter dem Aspekt der Eigentumsgarantie ausgeführt - eine
Unverhältnismäßigkeit des staatlichen Regelungszugriffs aufgetreten sei. Dieser Mangel hätte durch
Übergangsvorschriften abgemildert werden können und müssen. Solche Übergangsvorschriften aber enthalte das
Landesnaturschutzgesetz nicht. Im Gegenteil ordne § 59 LNatSchG ausnahmslos das Auslaufen innegehabter
Rechtspositionen an und verstoße somit ebenfalls gegen das Rechtsstaatsprinzip.
36
Gegen das absolute Rückwirkungsverbot des Rechtsstaatsprinzips verstoße die in § 59a Satz 2 LNatSchG
getroffene Übergangsregelung, wonach unbefristet oder langfristig erteilte Genehmigungen für Eingriffe spätestens
zehn Jahre nach Inkrafttreten des neuen Landesnaturschutzgesetzes außer Kraft träten und nur auf Antrag über die
Fortführung nach Maßgabe dieses Gesetzes zu entscheiden sei.
37
d) Schließlich verstoße die Regelung des § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG über die Unbeachtlichkeit von Verfahrens-
und Formmängeln beim Erlass von Schutzverordnungen nach § 53 LNatSchG gegen das Rechtsstaatsprinzip.
Verfahrens- und Formvorschriften seien ein unverzichtbares Mittel, staatliche Entscheidungen für die Betroffenen
vorhersehbar zu machen und zur inhaltlichen Richtigkeit beizutragen. An Stelle der generellen
Unbeachtlichkeitsregelung hätte zumindest, wie etwa in den §§ 214 ff. BauGB, nach wesentlichen und unwesentlichen
Verfahrensschritten differenziert werden müssen.
III.
38
Landtag und Landesregierung sowie das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht haben Stellung
genommen.
39
1. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hält den Antrag für unzulässig, soweit eine Verletzung der
"Gefolgschaftspflicht gegenüber Bundesrecht" und der Eigentumsgarantie gerügt wird, jedenfalls aber für insgesamt
unbegründet.
40
a) Der Sache nach handele es sich zum überwiegenden Teil um eine abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 Abs. 1
Nr. 2 GG in der Verpackung eines Landesverfassungsstreits. Für ein Landesverfassungsgericht, als das das
Bundesverfassungsgericht im vorliegenden Verfahren fungiere, sei Prüfungsmaßstab indessen allein die
Landesverfassung. Soweit die Antragsteller die unmittelbare Anwendung von Normen des Grundgesetzes anstrebten,
sei ihr Antrag grundsätzlich an Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG zu messen, das Landesnaturschutzgesetz also auf seine
Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht zu prüfen; zu einem solchen Antrag fehle ihnen
allerdings die Antragsbefugnis. Das berechtige die Antragsteller nicht dazu, wegen der scheinbar günstigen Situation,
dass das Bundesverfassungsgericht gleichzeitig als Schleswig-Holsteinisches Landesverfassungsgericht fungiere,
mit einem landesverfassungsrechtlichen Normenkontrollantrag letztlich doch als Hauptfrage ausschließlich die
Vereinbarkeit des Landesnaturschutzgesetzes mit dem Grundgesetz zur Prüfung zu stellen. Eine - zulässige -
Vorfragenprüfung, etwa in dem Sinne, ob Normen der Landesverfassung mit dem Grundgesetz vereinbar seien,
strebten die Antragsteller gerade nicht an. Allerdings seien auch bei einem ausschließlich
landesverfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab einige wenige bundesrechtliche Grundsätze zu prüfen, die mittelbar
in die Landesverfassung "hineinwirkten". Insoweit erfahre der Grundsatz der Trennung von Verfassungssphären des
Bundes und der Länder Ausnahmen. Zu diesen Ausnahmen zählten allerdings nicht die Bestimmungen über die
Gesetzgebungskompetenz und die Eigentumsgarantie, weshalb der Antrag insoweit unzulässig sei.
41
b) Der Antrag sei jedenfalls insgesamt unbegründet. Zur Vereinbarkeit der angegriffenen Vorschriften mit der
Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und mit dem Rechtsstaatsprinzip wird vor allem ausgeführt:
42
Die durch Art. 46 ff. LV i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete kommunale Selbstverwaltung werde durch
das Landesnaturschutzgesetz nicht verletzt.
43
Auch wenn das Rechtsstaatsprinzip in der Landesverfassung nicht ausdrücklich erwähnt sei, könne es als
wesentliches staatsorganisationsrechtliches Prinzip aus der Verfassung herausgelesen werden. Zu seinen
notwendigen Bestandteilen gehöre der Grundsatz der Messbarkeit und Verlässlichkeit staatlichen Handelns. Dem
entspreche das Landesnaturschutzgesetz.
44
2. Die Landesregierung Schleswig-Holstein vertritt gleichfalls die Ansicht, dass der Antrag mit Blick auf die Rüge
eines Verstoßes gegen Bundesrecht und die Institutsgarantie des Eigentums bereits unzulässig, jedenfalls aber
insgesamt unbegründet sei.
45
3. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat zunächst mitgeteilt, dass sich die Frage nach der
Verfassungsmäßigkeit
von
Bestimmungen
des
Landesnaturschutzgesetzes
bislang
noch
nicht
entscheidungserheblich gestellt habe. Nach einer späteren Mitteilung ist in wenigen, näher bezeichneten Verfahren die
Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes mit höherrangigem Recht ausdrücklich
problematisiert worden, wobei die von den Antragstellern aufgeworfenen Fragen in der Regel jedoch nicht diskutiert
worden seien.
B.
46
Das Bundesverfassungsgericht wird im vorliegenden Verfassungsrechtsstreit als Landesverfassungsgericht für das
Land Schleswig-Holstein nach Maßgabe des Art. 44 Nr. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (LV in der
Fassung des Gesetzes zur Änderung der Landessatzung für Schleswig-Holstein vom 13. Juni 1990, GVOBl S. 391) in
Verbindung mit Art. 99 GG, § 13 Nr. 10 BVerfGG tätig. Art. 44 Nr. 2 LV weist dem Bundesverfassungsgericht die
Entscheidung "bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von
Landesrecht mit dieser Verfassung auf Antrag der Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Landtages"
zu. Auf Grund dieser nach Art. 99 GG wirksamen Zuweisung (vgl. BVerfGE 38, 258 <267>) wird das
Bundesverfassungsgericht als Landesverfassungsgericht für das Land Schleswig-Holstein tätig. Das begrenzt von
vornherein seinen Prüfungsmaßstab, der sich aus dem Umfang der Zuweisung des Art. 44 Nr. 2 LV ergibt.
Prüfungsmaßstab ist nur die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein. Vorschriften des Grundgesetzes wie auch
des einfachen Bundesrechts (ebenso des einfachen Landesrechts) scheiden deshalb als Maßstab aus.
I.
47
Der Antrag ist nach Art. 44 Nr. 2 LV statthaft. Die 37 Antragsteller erfüllen die Voraussetzungen des Art. 44 Nr. 2
LV: Der 13. Schleswig-Holsteinische Landtag hatte 89 Mitglieder; damit ist das erforderliche Drittel der Mitglieder des
Landtages übertroffen. Ihr Antrag ist durch das Ende der Wahlperiode nicht unzulässig geworden (vgl. BVerfGE 79,
311 <327>). Die Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes sind "Landesrecht" im Sinne von Art. 44 Nr. 2 LV
und deshalb tauglicher Prüfungsgegenstand. Sie werden nicht dadurch zu Bundesrecht, dass sie zur Ausfüllung des
durch das Bundesnaturschutzgesetz nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GG vorgegebenen Rahmens erlassen worden
sind (vgl. BVerfGE 18, 407 <415>).
II.
48
1. Soweit das Landesnaturschutzgesetz als Ganzes angegriffen wird, ist der Antrag unzulässig. Dem
Begründungserfordernis der §§ 75, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG ist insoweit nicht genügt. Die Vorschriften verlangen
neben der genauen Bezeichnung der angefochtenen Norm eine substantiierte Darlegung, welche Voraussetzungen
des Art. 44 Nr. 2 LV für die Einleitung des abstrakten Normenkontrollverfahrens vorliegen und aus welchen Gründen
die Vereinbarkeit der Norm mit welcher Bestimmung der Landesverfassung bezweifelt wird. Eine Nichtigkeit des
Gesetzes insgesamt käme nur dann in Betracht, wenn sich aus dem objektiven Sinn des Landesnaturschutzgesetzes
ergeben würde, dass die übrigen mit der Verfassung zu vereinbarenden Bestimmungen keine selbständige Bedeutung
hätten oder wenn die nichtigen mit den übrigen Bestimmungen so verflochten wären, dass sie eine untrennbare
Einheit bildeten, die nicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden könnte (vgl. BVerfGE 65, 325 <358> und
BVerfGE 100, 249 <263>; stRspr). Hierfür ist jedoch nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Die (freilich
große) Anzahl der zur Prüfung gestellten Normen allein lässt einen derartigen Rückschluss auf das Gesetz insgesamt
nicht zu.
49
Die im Antrag angeführten Einzelbestimmungen sind grundsätzlich ausreichend genau bezeichnet. Soweit allerdings
generalisierende Behauptungen zur Verfassungswidrigkeit von nicht näher bezeichneten Rechtsvorschriften des
Landesnaturschutzgesetzes aufgestellt und diese dann beispielhaft für bestimmte Vorschriften konkretisiert werden,
ist der Antrag allenfalls hinsichtlich der konkret benannten Vorschriften zulässig. Ausserhalb dessen ist zum Beispiel
den Behauptungen, die Sprache des Gesetzes sei "eher blumig und wortreich statt begrifflich präzise", Identisches
werde "vielfach" mit unterschiedlichen Ausdrücken erfasst, "ungriffig" seien Definitionen, "die nahezu
impressionistisch, ja poetisch daherkommen", ein Angriff auf konkrete Einzelbestimmungen nicht zu entnehmen.
50
2. Teilweise fehlt eine auch nur grobe Skizzierung der rechtlichen Erwägungen, auf die die Antragsteller ihre Zweifel
an der Vereinbarkeit der jeweils beanstandeten Bestimmung mit der Verfassung stützen.
51
a) Die Antragsteller behaupten, die Verordnungsermächtigungen der § 8 Abs. 8, § 8b Abs. 4, § 15a Abs. 7, § 21
Abs. 4 Satz 3 2. Halbsatz, § 21b Abs. 3 Satz 2, § 25 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 36 Abs. 5, § 37 Abs. 4 Satz 1, § 38 Abs.
2 und § 58 Satz 1 LNatSchG genügten nicht den Anforderungen des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 LV an eine hinreichend
bestimmte Gesetzesgrundlage. Zur Begründung wird pauschal für alle angegriffenen Ermächtigungsnormen angeführt,
bestimmte Gesetzesgrundlage. Zur Begründung wird pauschal für alle angegriffenen Ermächtigungsnormen angeführt,
die Verwaltung würde, zum Teil nur sehr global, auf bestimmte Gegenstandsbereiche festgelegt, die materielle
Abmessung der Detailregelung bleibe offen. Dies ist aber nur eine rudimentäre Wiedergabe dessen, was abstrakt
gesehen nach Maßgabe des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 LV die Unbestimmtheit einer Verordnungsermächtigung generell
ausmacht. Für keine einzige der beanstandeten Verordnungsermächtigungen wird der Vorwurf der Unbestimmtheit
konkretisiert. Es ist auch nicht so, dass die Ermächtigungen so offensichtlich unbestimmt wären, dass sich jede
Begründung erübrigte. Somit ist der Antrag insoweit unzulässig.
52
b) Soweit die Antragsteller die Bestimmtheit von als "wolkig" bezeichneten Gesetzesbegriffen in § 15a Abs. 1 Nr. 1,
§ 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 LNatSchG bezweifeln, ist nicht dargelegt, weshalb die
beanstandeten auslegungsbedürftigen Gesetzesbegriffe nicht der Auslegung fähig sein sollen. Auf die bloße Frage
nach der Bedeutung hätten sich die Antragsteller schon deshalb nicht beschränken dürfen, weil sich zum Teil gleiche
oder ähnliche Begriffe im Bundesnaturschutzgesetz finden (z.B. § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 20c Abs. 1 Nr. 1
BNatSchG), die eine Auslegung in Kommentarliteratur und Rechtsprechung (z.B. Beschluss des
Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 1993 - 7 NB 8.92 -, NuR 1994, S. 83, zum Begriff "Belebung des
Landschaftsbildes") erfahren haben.
53
Zu pauschal und vage sind auch die Beanstandungen zu § 7 Abs. 2 Nr. 9 LNatSchG (Begriffe "Streuwiese" und
"Sumpfdotterblumenwiese"), als dass eine verfassungsrechtliche Prüfung der Bestimmtheit dieser Vorschrift
veranlasst sein könnte.
III.
54
Der Antrag ist ferner unzulässig, soweit die Antragsteller einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14
Abs. 1 GG durch § 9a Abs. 2 Satz 5, § 10 Abs. 2, § 15a Abs. 2, § 17 Abs. 2, 3 und 4 Satz 2, § 18 Abs. 2, § 19 Abs.
2 Satz 1, § 21 Abs. 4 Satz 2, § 21b Abs. 4, § 30 Abs. 1, § 40 Abs. 1, § 41, § 55 Abs. 1 Nr. 1 sowie § 59a LNatSchG
rügen.
55
Die Landesverfassung von Schleswig-Holstein weist weder einen Grundrechtskatalog auf noch kennt sie eine
"Institutsgarantie des freien Eigentums". Mit Rücksicht auf die Verfassungsautonomie der Länder bedürfte es für das
"Hineinlesen" einer grundgesetzlichen Bestimmung in die Landesverfassung einer besonderen Rechtfertigung, vor
allem der Notwendigkeit eines "Hineinlesens". Hieran fehlt es. Die Länder sind unmittelbar gemäß Art. 1 Abs. 3 und
Art. 20 Abs. 3 GG an die in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verbürgte Eigentumsgarantie als Grundrecht und als
Rechtsinstitut gebunden. Einer weiteren Verbürgung in den Landesverfassungen bedarf es sonach nicht.
56
Darüber hinaus widerspräche eine stillschweigende Aufnahme der Gewährleistung des Eigentums in die
Landesverfassung der Eigenart und Systematik der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein und dem ausdrücklich
geäußerten Willen des Verfassunggebers. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Landessatzung am 12. Januar 1950
galt Schleswig-Holstein als Provisorium, das möglichst schnell durch eine Neugliederung der Länder seinen Status als
selbständiges Land verlieren sollte (vgl. von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-
Holstein, 1995, Bd. 1, Einführung I.). Die Verfassunggeber begnügten sich deshalb mit einem Organisationsstatut,
verzichteten aber weitgehend auf programmatische Staatsziele und vor allem auf einen Grundrechtskatalog. In der
amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs (zitiert in Barschel/Gebel, Landessatzung für Schleswig-Holstein,
1976, Einführung, S. 54) wurde dazu unter anderem ausgeführt, dass die im Grundgesetz verankerten Grundrechte
auch in Schleswig-Holstein unmittelbar geltendes Recht seien und eine Wiederholung in der Landessatzung nicht nur
überflüssig, sondern rechtlich wirkungslos wäre. Im Vorfeld der 1990 erfolgten Änderung der Landessatzung nahm die
Enquete-Kommission Verfassungs- und Parlamentsreform trotz der inzwischen nicht mehr in Frage gestellten
Selbständigkeit und Dauerhaftigkeit des Landes Schleswig-Holstein die Einführung eines Grundrechtskatalogs nicht in
ihre Empfehlungen an den Landtag auf (vgl. Schlussbericht der Enquete-Kommission Verfassungs- und
Parlamentsreform, 1. Aufl., 1989). Bis heute gewährt allein Art. 5 Abs. 1 LV (Nationale Minderheiten) ein subjektives
öffentliches Recht. Über den Charakter eines reinen Organisationsstatuts hinaus gehen ferner die Art. 5 Abs. 2 bis
Art. 7 und Art. 9 LV mit ihren auf bestimmte Themengebiete beschränkten Staatszielbestimmungen,
Handlungsaufträgen, wertentscheidenden Grundsatznormen und programmatischen Erklärungen (ein noch in der
ursprünglichen Fassung der Landessatzung enthaltener Artikel zur Bodenreform wurde bereits durch
Änderungsgsetz vom 20. November 1950 wieder gestrichen). Nach dieser Entstehungsgeschichte und nach Inhalt und
Charakter der Landesverfassung ist für die Annahme, die Gewährleistung des Eigentums als Grundrecht oder als
Rechtsinstitut sei ein Grundsatz oder eine Grundentscheidung, die im Sinne des Urteils des Zweiten Senats vom 5.
April 1952 (BVerfGE 1, 208 <227 f.>) der Landesverfassung "vorausliege" oder etwa über Art. 1 LV (Gliedstaat) in die
Landesverfassung hineinwirke, kein Raum. Die Eigentumsgarantie - einschließlich der in ihr enthaltenen besonderen
Gewährleistung von Vertrauensschutz (vgl. BVerfGE 31, 275 <293>; 58, 81 <121>) - scheidet deshalb als
Prüfungsmaßstab aus.
57
Entgegen der Ansicht der Antragsteller ergibt sich anderes auch nicht aus Homogenitätsgesichtspunkten. Art. 28
Abs. 1 GG fordert nur ein gewisses Maß an Homogenität. Es ist auf die dort genannten Staatsstruktur- und
Staatszielbestimmungen und innerhalb dieser wiederum auf deren Grundsätze beschränkt (BVerfGE 90, 60 <84 f.>).
Die "Institutsgarantie des freien Eigentums" gehört nicht dazu. Auch wenn die verfassungsmäßigen Ordnungen der
Länder keine die Gewährleistungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG missachtenden Vorschriften enthalten dürfen (vgl.
Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 3, Art. 31, Art. 142 GG), so sind sie dennoch nicht verpflichtet, die
Eigentumsgewährleistung als Grundrecht und/oder Institutsgarantie in ihre Verfassung - sei es auch nur als
ungeschriebenen Bestandteil - aufzunehmen.
58
Da Art. 14 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab ausscheidet, kommt auch nicht die von den Antragstellern geltend
gemachte Verpflichtung in Betracht, das Bundesverfassungsgericht müsse als Landesverfassungsgericht an sich als
Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG vorlegen.
IV.
59
Der Antrag ist auch unzulässig, soweit die Antragsteller die Verletzung einer "Gefolgschaftspflicht des Landes
gegenüber Bundesrecht" behaupten. Die Bindung des Landes an Bundesrecht ergibt sich bereits aus Art. 31 GG.
Diese Vorschrift der Bundesverfassung ist aber kein Bestandteil der Landesverfassung, die hier alleiniger
Prüfungsmaßstab ist. Grundgesetzliche Bestimmungen und Grundsätze können nur dann auch Bestandteile der
Landesverfassung sein, wenn eine parallele Regelung auf Bundes- und Landesebene möglich ist. Die Aufteilung der
Gesetzgebungskompetenzen auf Bund und Länder erfolgt in einem Bundesstaat nur auf der Ebene des
Gesamtstaates. Eine Landesverfassung kann zwar eine eigenständige Anordnung dahingehend enthalten, dass die
Landesstaatsgewalt die Verbandskompetenzordnung der Bundesverfassung zu beachten hat (vgl. BVerfGE 60, 175).
Die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein enthält aber keine solche ausdrückliche Anordnung. Sie ergibt sich
auch nicht aus ihrem Art. 1, wonach das Land Schleswig-Holstein ein Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland ist,
oder aus dem Rechtsstaatsprinzip der schleswig-holsteinischen Landesverfassung.
60
Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgesprochen, dass in einem betont föderativ gestalteten
Staatswesen wie der Bundesrepublik Deutschland die Verfassungsbereiche des Bundes und der Länder grundsätzlich
nebeneinander stehen; entsprechendes gilt für die Verfassungsgerichtsbarkeiten des Bundes und der Länder
(BVerfGE 41, 88 <118 f.> m.w.N.; 96, 345 <368 f.>). Nach Art. 28 Abs. 1 GG ist nur ein gewisses Maß an
Homogenität der Bundesverfassung und der Landesverfassungen gefordert (BVerfGE 41, 88 <119>). Soweit das
Grundgesetz für die Verfassungen der Länder nichts bestimmt, können die Länder ihr Verfassungsrecht und ihre
Verfassungsgerichtsbarkeit selbst ordnen (BVerfGE 96, 345 <368 f.>). Dabei beschränken sie durch ihre
Landesverfassung den Kompetenzbereich der Landesverfassungsgerichtsbarkeit ebenso wie das Grundgesetz den
Kompetenzbereich der Bundesverfassungsgerichtsbarkeit begrenzt (BVerfGE 10, 285 <293>). In ihrer Autonomie
haben die Landesverfassunggeber die jeweilige Landesverfassung als den Kontrollmaßstab festgelegt, der in den
landesverfassungsgerichtlichen Verfahren heranzuziehen ist (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 2 BWVerf.; Art. 65 i.V.m. Art.
92, Art. 66 i.V.m. Art. 120, Art. 98 Satz 4 BayVerf.; Art. 84 Abs. 2 Berl.Verf.; Art. 113 Bbg.Verf.; Art. 140 Brem.Verf.;
Art. 64 Abs. 2, Art. 65 Abs. 3 Hamb.Verf.; Art. 131 ff. Hess.Verf.; Art. 75 Verf.LSA; Art. 58 Verf.M-V; Art. 54
Nds.Verf.; Art. 75 NRWVerf.; Art. 130, Art. 135 Abs. 1 Rh.-Pf.Verf.; Art. 97 SLVerf.; Art. 81 Abs. 1 Sächs.Verf.; Art.
80 Abs. 1 Thür.Verf.). Dementsprechend haben Landesverfassungsgerichte und die Wissenschaft immer wieder
bekräftigt, dass Prüfungsmaßstab für die Landesverfassungsgerichte als "oberste Hüter" ihrer Verfassung nur die
Landesverfassung, nicht aber das Grundgesetz oder sonstiges Bundesrecht sei (vgl. Nachweise bei Rozek, Das
Grundgesetz als Prüfungs- und Entscheidungsmaßstab der Landesverfassungsgerichte, 1993, S. 56, Fußnote 12 und
S. 58, Fußnote 19, 20; a.A.: Burmeister, in: Landesverfassungsgerichtsbarkeit II, 1983, S. 435 bis 437). Auch das
Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 29. Januar 1974 (BVerfGE 36, 342 <368>) noch ausdrücklich
festgestellt, dass die Landesverfassungsgerichte "als Maßstab ihrer Prüfung nur die Landesverfassung" besitzen.
61
Landesverfassungsrecht betreffen von den von den Antragstellern ferner erhobenen Rügen nur die Garantie der
kommunalen Selbstverwaltung und das Rechtsstaatsprinzip. Erstere ist ausdrücklich in der Landesverfassung
normiert (Art. 46 bis 49 LV), Letzteres kommt - auch nach Auffassung der Äußerungsberechtigten - als allgemeines
Strukturprinzip in einer Reihe von einzelnen Verfassungsbestimmungen zum Ausdruck.
62
Mit ihrem weitergehenden Hinweis auf eine allgemeine Gefolgschaftspflicht rügen die Antragsteller der Sache nach
die Unvereinbarkeit des Landesnaturschutzgesetzes mit dem Bundesnaturschutzgesetz und - damit
zusammenhängend - mit der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GG); ferner
soll auch gegen konkurrierende Gesetzgebung des Bundes verstoßen worden sein. Durch Art. 44 Nr. 2 LV sowie
durch das Trennungsprinzip ist aber eine solche Prüfung ausgeschlossen. Der Normenkontrollantrag ist auch insoweit
unzulässig.
63
Aus der Sicht des Landesverfassungsgerichts für Schleswig-Holstein sind hierzu folgende Überlegungen
maßgeblich:
64
1. Das selbständige Nebeneinander der Verfassungsräume darf nicht als Bezugslosigkeit aufgefasst werden; ein
grundgesetzliches Einwirken in den landesverfassungsrechtlichen Raum ist nicht ausgeschlossen (Bethge, in:
Landesverfassungsgerichtsbarkeit II, 1983, S. 28 m.w.N. in Fußnote 76). Denkbar sind folgende Modifizierungen und
Durchbrechungen des Trennungsprinzips: Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz oder sonstigem
Bundesrecht als Vorfrage (a); Hineinwirken des Grundgesetzes in die Landesverfassung (b); Prüfung über das
landesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip (c); Art. 100 Abs. 3 GG und die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 60, 175 (d).
65
a) Die Landesverfassungsgerichtsbarkeit hat auf die Grundgesetzmäßigkeit ihres Prüfungsmaßstabes zu achten und
deshalb im Vorfeld die anzuwendenden Bestimmungen der Landesverfassung auf ihre Vereinbarkeit mit dem
Grundgesetz zu prüfen (Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG, § 73 Rn. 47 m.w.N.). Darüber
hinaus vertrat aber insbesondere der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung
(BayVerfGH 24, 1 <11 f.> m.w.N.) die Ansicht, dass als Vorfrage auch zu prüfen sei, ob der Prüfungsgegenstand
einer Popularklage gemäß Art. 98 Satz 4 BayVerf. mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sei (ebenso: Stern, Das
Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1984, § 19 III 5 d (). Denn für den Fall, dass die zu
überprüfende Norm gegen das Grundgesetz (oder sonstiges Bundesrecht) verstoße, sei sie gemäß Art. 31 GG nichtig
und deshalb kein tauglicher Gegenstand einer Popularklage. Nachdem diese Rechtsprechung kurzzeitig aufgegeben
worden war (BayVerfGH 26, 28), wurde diese "Vorfrage" im Rahmen der Begründetheit geprüft (BayVerfGH 29, 191
<201 f.>) und etwa für den Fall der Feststellung der Unvereinbarkeit der Landesnorm mit Kompetenzvorschriften des
Grundgesetzes eine Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG angenommen. Inzwischen ordnet der Bayerische
Verfassungsgerichtshof
die
Prüfung
in
eingeschränktem
Maße
dem
landesverfassungsrechtlichen
Rechtsstaatsprinzip zu (dazu ).
66
b) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in einer frühen Entscheidung (BVerfGE 1, 208 <232 f.>)
hervorgehoben, dass die Verfassung der Gliedstaaten eines Bundesstaates nicht in der Landesverfassungsurkunde
allein enthalten sei, sondern in sie hinein auch Elemente der Bundesverfassung wirkten, so dass erst beide Elemente
zusammen die Verfassung des Gliedstaates ausmachten. Dabei handele es sich "vielfach" (BVerfGE 1, 208 <233>)
um allgemeine verfassungsrechtliche Grundsätze, die im Grundgesetz formuliert seien, "aber als ungeschriebene
Bestandteile auch der Landesverfassungen vorausgesetzt werden" könnten und müssten. So gelte beispielsweise die
in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Bindung des Gesetzgebers an die verfassungsmäßige Ordnung unmittelbar nur für den
Bundesgesetzgeber; dieser selbstverständliche Satz eines demokratischen Rechtsstaates liege aber auch der
Landessatzung für Schleswig-Holstein (nunmehr als Landesverfassung bezeichnet, vgl. Art. 60 Abs. 1 LV) zu Grunde.
Gleiches gelte für den Primat des Völkerrechts vor dem innerstaatlichen Recht (Art. 25 GG) und die Gleichheit vor
dem Gesetz. Für Art. 21 GG hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach festgestellt, dass diese Vorschrift über ihre
Geltung innerhalb der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland als Gesamtstaat hinaus in die
Verfassungsordnungen der Länder hineinwirke (BVerfGE 1, 208 <227>; 4, 375 <378>; 6, 367 <375>; 23, 33 <39>; 60,
53 <61>; 66, 107 <114>). Das Bundesverfassungsgericht hat die Fälle des Hineinwirkens als "selten" bezeichnet
(BVerfGE 13, 54 <79>), jedoch etwa auch die Garantie der Freiheit des Rundfunks (Art. 5 Abs. 1 GG) als einen
solchen Fall angesehen (BVerfGE 13, 54 <80>). Prüfungsmaßstab für die Landesverfassungsgerichte bleibt demnach
zwar die Landesverfassung, deren "Bestandteil" aber auch Teile des Bundesverfassungsrechts sein können (vgl.
Grawert, NJW 1987, S. 2329 <2331>).
67
Zum Teil wird angenommen, auch die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG wirke in dieser
Weise in das Landesverfassungsrecht hinein (HessStGH, ESVGH 32, 20 <24>; NRWVerfGH, Urteil vom 19. Mai
1992, NVwZ 1993, S. 57 <59>; Grawert, NJW 1987, S. 2329 <2331>; Gehb, Verfassung, Zuständigkeiten und
Verfahren des Hessischen Staatsgerichtshofs, 1987, S. 269; Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl., 1991,
§ 11 Rn. 15 und § 15 Rn. 9; im Urteil vom 22. Oktober 1996 prüft der Berliner
Verfassungsgerichtshof in einer Normenkontrolle ohne Begründung die Gesetzgebungskompetenzen des Landes
Berlin, lässt aber die Konsequenzen einer fehlenden Kompetenz offen). Für den Fall der Überprüfung des
Volksbegehrens "Keine Startbahn West" sah deshalb der Hessische Staatsgerichtshof (ESVGH 32, 20 <24>) die
Hessische Landesregierung als befugt an zu prüfen, ob das Gesetz, auf dessen Erlass das Volksbegehren gerichtet
war, überhaupt in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fiel (was wegen der ausschließlichen
Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes verneint wurde). In einer späteren Entscheidung (LVerfGE 6, 175) hat der
Staatsgerichtshof allerdings offen gelassen, ob er im Fall der abstrakten Normenkontrolle eine derartige
Prüfungskompetenz besitze. Die Annahme des Hessischen Staatsgerichtshofs hat das Bundesverfassungsgericht
mit Beschluss vom 24. März 1982 (BVerfGE 60, 175) im Ergebnis bestätigt, wenngleich in diesem Zusammenhang
von einem "Hineinwirken" des Grundgesetzes nicht gesprochen wurde (vgl. dazu unten ).
68
Der Nordrhein-Westfälische Verfassungsgerichtshof begründete in seinem Urteil vom 19. Mai 1992 (NVwZ 1993, S.
57 <59>) für einen Organstreit ein "Hineinwirken" der Art. 70 ff. GG in die Nordrhein-Westfälische Landesverfassung
über Art. 1 Abs. 1 Satz 1 NRWVerf., wonach Nordrhein-Westfalen ein Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland ist
(ebenso für Schleswig-Holstein: Art. 1 LV), ferner über Art. 68 Abs. 1 Satz 3 NRWVerf., wonach für den Fall der
Gesetzgebung durch das Volk ausdrücklich die Gesetzgebungskompetenz des Landes als Voraussetzung für die
Verfassungsmäßigkeit normiert ist (ähnlich für Schleswig-Holstein: Art. 41 Abs. 1 LV, wonach ein Initiativrecht des
Volkes nur im Rahmen der Entscheidungszuständigkeit des Landtags besteht). Er sah sich demnach auch als befugt
an, ein gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes verstoßendes Landesgesetz ohne Vorlage nach Art. 100
Abs. 1 GG für nichtig zu erklären, da unmittelbarer Prüfungsmaßstab nur die Landesverfassung sei, als deren Teil
indes die Kompetenzregeln der Art. 70 ff. GG fungierten.
69
c) Seit seiner Entscheidung vom 28. Juni 1988 (BayVerfGH 41, 59) prüft der Bayerische Verfassungsgerichtshof die
Vereinbarkeit der mit der Popularklage beanstandeten Norm mit Bundesrecht über das in Art. 3 Abs. 1 Satz 1
BayVerf. normierte Rechtsstaatsprinzip. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege aber nur dann vor, wenn
offensichtlich die Kompetenznormen des Grundgesetzes oder sonstiges Bundesrecht verletzt seien und deshalb der
Landesnormgeber eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis tätig geworden sei (BayVerfGH 43, 107 <120 f.>; 45, 33
<40 f.>; 51, 94 <99 f.>). Es müsse außerdem ein schwer wiegender Eingriff in die Rechtsordnung vorliegen
(BayVerfGH 45, 33 <41>; 51, 94 <99 f.>). Für den Fall eines solchen Verstoßes müsse der Verfassungsgerichtshof
die Norm nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, da er sie nicht selbst
anzuwenden habe und nicht das Grundgesetz, sondern die Landesverfassung Prüfungsmaßstab sei (BayVerfGH 45,
33 <41>) und da auf Grund der eingeschränkten Prüfungsintensität nicht verbindlich über die Vereinbarkeit mit
Bundesrecht entschieden werde (BayVerfGH 43, 107 <120 f.>).
70
d) Gemäß Art. 100 Abs. 3 GG hat das Landesverfassungsgericht bei beabsichtigter Abweichung von der Auslegung
des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht oder das Verfassungsgericht eines anderen Landes die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts setzt Art.
100 Abs. 3 GG geradezu voraus, dass auch die Auslegung des Grundgesetzes Gegenstand der Rechtsfindung des
Verfassungsgerichts eines Landes sein und insbesondere bei Verfassungsstreitigkeiten innerhalb des Landes eine
Rolle spielen kann (BVerfGE 1, 208 <232>; 60, 175 <206 f.>). Unter Bezugnahme auf BVerfGE 1, 208 (232) wurde im
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 1985 aus Art. 100 Abs. 3 GG geschlossen, den
Landesverfassungsgerichten sei eine Prüfung am Maßstab des Grundgesetzes nicht verwehrt, die abschließende
Entscheidungszuständigkeit habe aber das Bundesverfassungsgericht; für den Fall, dass der Gegenstand der
Normenkontrolle für grundgesetzwidrig erachtet werde, sei das Landesverfassungsgericht deshalb zur Vorlage an das
Bundesverfassungsgericht verpflichtet (BVerfGE 69, 112 <117 f.>).
71
In seinem Beschluss vom 24. März 1982 (BVerfGE 60, 175) zum Volksbegehren "Keine Startbahn West" stellt das
Bundesverfassungsgericht zwar fest, dass sich die verfassungsrechtlichen Grenzen, die der Landesstaatsgewalt auf
dem Gebiet der Gesetzgebung gezogen sind, aus den Bestimmungen des Grundgesetzes über die Aufteilung der
Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern ergeben (BVerfGE 60, 175 <205>). Das habe der
hessische Verfassunggeber in Art. 153 Hess.Verf. vorab anerkannt. Im Folgenden geht das
Bundesverfassungsgericht aber davon aus, bei der Prüfung der Vereinbarkeit des Gesetzesentwurfs mit der
Hessischen Verfassung (nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid) sei auch zu
prüfen, ob der Landesstaatsgewalt für die im Gesetzentwurf geregelte Materie nach den maßgeblichen Bestimmungen
des Grundgesetzes und des Bundesrechts die Gesetzgebungsbefugnis zustehe (BVerfGE 60, 175 <206>). Demnach
seien sowohl die Landesregierung als auch der Hessische Staatsgerichtshof gehalten gewesen, diese Bestimmungen
heranzuziehen und auszulegen, was für die Prüfung am Grundgesetz durch Art. 100 Abs. 3 GG bestätigt werde.
72
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dieser Entscheidung gemäß Art. 153 Hess.Verf. eine andere
Verfassungsrechtslage zu Grunde lag, als sie nunmehr für das Bundesverfassungsgericht als
Landesverfassungsgericht für das Land Schleswig-Holstein gilt. Art. 153 Hess.Verf. lautet:
73
(1) Die Zuständigkeiten zwischen der Deutschen Republik und Hessen sind von einer deutschen
Nationalversammlung, die vom ganzen deutschen Volk zu wählen ist, verfassungsmäßig abzugrenzen.
74
(2) Künftiges Recht der Deutschen Republik bricht Landesrecht.
75
Damit weist die Hessische Verfassung anders als die Verfassung von Schleswig-Holstein nicht nur einen deutlichen
Bezug zur späteren Verfassung des Bundes auf, sondern nimmt mit den Gesetzesbegriffen "Zuständigkeiten" und
"abzugrenzen" ausdrücklich auch die Gesetzgebungskompetenzen in Bezug. Zudem anerkennt Art. 153 Abs. 2
Hess.Verf. ausdrücklich den Vorrang des Bundesrechts.
76
2. Als Landesverfassungsgericht für das Land Schleswig-Holstein ist auch das Bundesverfassungsgericht gehalten,
sich im Rahmen der ihm von der Landesverfassung Schleswig-Holstein übertragenen Zuständigkeitsordnung zu
bewegen. Es hat deshalb die Rechtsprechung von Verfassungsgerichten anderer Länder nicht zu bewerten, weil es
auf seinen Kompetenzraum, d.h. die Landesverfassung von Schleswig-Holstein, beschränkt ist.
77
Die Landesverfassung von Schleswig-Holstein stellt in keiner ihrer Bestimmungen eine dem Art. 153 Hess.Verf.
vergleichbare Beziehung zwischen dem Verfassungsrecht des Bundes und dem des Landes her. Verfassungsrecht
des Bundes wirkt deshalb im Bereich der hier in Rede stehenden Kompetenzordnung für die Gesetzgebung in die
Landesverfassung von Schleswig-Holstein nicht hinein.
78
Aus der Sicht eines Landes ist ferner zu berücksichtigen, dass seine Verfassungsautonomie und damit seine
Staatlichkeit ganz nachhaltig beschädigt werden, je mehr an Prinzipien oder Normen der Bundesverfassung in eine
Landesverfassung "hineingelesen" wird. Auf diese Weise wird letztlich ein Eckpfeiler des Staatswesens der
Bundesrepublik Deutschland untergraben: das föderale Prinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Dieser Gesichtspunkt mag für
Hessen so oder in abgeschwächter Form nicht gelten, weil der hessische Verfassunggeber in Art. 153 Hess.Verf.
gleichsam eine Öffnung gegenüber dem Verfassungsrecht des Bundes und damit auch gegenüber dessen Regelungen
über die Gesetzgebungskompetenzen zugesteht. Damit ist die Verfassungsrechtslage in Schleswig-Holstein nicht zu
vergleichen.
79
Letztlich spricht schon die Kompetenzordnung der Art. 70 ff. GG selbst gegen ein "Hineinlesen" (oder Hineinwirken)
der bundesverfassungsrechtlichen Gesetzgebungskompetenzen in das Landesverfassungsrecht. Die Art. 70 ff. GG
verteilen die Gesetzgebungsbefugnisse auf Bund und Länder. Dadurch werden Bund und Länder unmittelbar kraft
Bundesverfassungsrechts berechtigt. Für die Länder bedarf es keiner Transformation auf der Ebene der
Landesverfassung, um in dem ihnen belassenen vom Bund in der Verfassung geregelten Umfang tätig zu werden. Ihre
Befugnisse und ihnen fehlende Befugnisse können die Länder unmittelbar aus dem Grundgesetz ablesen.
80
Aus den genannten Erwägungen können die Art. 30 und 70 ff. GG auch nicht in die Bezeichnung des Landes
Schleswig-Holstein als Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland in Art. 1 LV "hineingelesen" oder über das
landesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip mittelbar als Prüfungsmaßstab herangezogen werden. Ob die
Verfassungsrechtslage in Nordrhein-Westfalen (vgl. NRWVerfGH, Urteil vom 19. Mai 1992, NVwZ 1993, S. 57 <59>)
oder in Bayern (vgl. BayVerfGH 45, 33 <41>; 51, 94 <99 f.>) insoweit von der Verfassungsrechtslage des Landes
Schleswig-Holstein abweicht, mag dahinstehen.
81
Nach allem scheidet eine Überprüfung des Landesnaturschutzgesetzes von Schleswig-Holstein auf seine
Vereinbarkeit mit Art. 74 und 75 GG sowie dem Bundesnaturschutzgesetz in diesem Verfahren aus.
C.
82
Soweit der Normenkontrollantrag zulässig ist, ist er im Sinne des § 24 BVerfGG offensichtlich unbegründet.
I.
83
Die von den Antragstellern gerügten Vorschriften des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und Abs. 2, des Weiteren der § 4a
Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 4 Satz 1, § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 15, § 6 Abs. 5 Satz 1,
§ 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 sowie Abs. 2 und § 10 Abs. 2 LNatSchG stehen
mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach der Landesverfassung Schleswig-Holstein in Einklang.
84
Gemäß Art. 46 Abs. 1 LV sind die Gemeinden berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, in
ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben in eigener Verantwortung zu erfüllen, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich
etwas anderes bestimmen. Diese Bestimmung sichert den Gemeinden zunächst, wie Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, einen
grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu
eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich (vgl. BVerfGE 91, 228 <236> m.w.N.). Hierzu zählen
auch die Finanzhoheit (vgl. BVerfGE 71, 25 <36 f.>; 83, 363 <382>) und die Planungshoheit (vgl. BVerfGE 56, 298
<312 f.>; 76, 107 <118>); Erstere ist in den Art. 47 bis 49 LV näher ausgeformt. Die Frage, ob Art. 46 Abs. 1 LV mit
der Formulierung "alle öffentlichen Aufgaben" in ihrem Gebiet über Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ("alle Angelegenheiten
der örtlichen Gemeinschaft") hinausgeht (so Barschel/Gebel, Landessatzung für Schleswig-Holstein, 1976, Art. 39 Erl.
C I. 1. a), bedarf keiner Antwort.
85
Die Gemeindeverbände, zu denen jedenfalls die Kreise gehören, haben nach Art. 46 Abs. 2 LV im Rahmen ihrer
gesetzlichen Zuständigkeit die gleichen Rechte und Pflichten. Die Befugnis zu eigenverantwortlicher
Aufgabenerledigung bezieht sich somit zwar nur auf den Umkreis von Aufgaben, die der Gesetzgeber als
Selbstverwaltungsaufgaben, also als kreiskommunale Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, zuweist; in diesem
Umkreis gilt für sie allerdings nichts grundsätzlich anderes als für die Gemeinden nach Art. 46 Abs. 1 LV (vgl.
BVerfGE 83, 363 <383>).
86
1. Nach Ansicht der Antragsteller verletzt das Landesnaturschutzgesetz die kommunale Finanzhoheit als
Ausprägung des Selbstverwaltungsrechts, weil es in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und Abs. 2 den Kreisen und kreisfreien
Städten die Zuständigkeit als untere Naturschutzbehörde als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung überträgt, aber
keine verbindliche Entscheidung über die Ausgabendeckung enthält. Die zur Prüfung gestellte Vorschrift lautet:
87
§ 45
88
Naturschutzbehörden
89
(1) Das Bundesnaturschutzgesetz, dieses Gesetz und die auf Grund dieser Gesetze
erlassenen Verordnungen führen die Naturschutzbehörden durch. Naturschutzbehörden sind
90
(...)
91
4. die Landrätinnen und Landräte und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der kreisfreien
Städte als untere Naturschutzbehörde.
92
(2) Die Kreise und kreisfreien Städte nehmen diese Aufgabe als Aufgabe zur Erfüllung nach
Weisung wahr.
93
Die Rüge der Antragsteller greift nicht durch.
94
Die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein enthält zur Finanzausstattung der Gemeinden und
Gemeindeverbände als Grundvoraussetzung kommunaler Finanzhoheit unterschiedliche Regelungen, die die
Vorgaben des Grundgesetzes (Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 3, Art. 106 Abs. 5 und 6 GG) teils aufgreifen, teils
ergänzen. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden fließen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Maßgabe der
Steuergesetze Einnahmen aus den Realsteuern und den sonstigen Kommunalsteuern zu (Art. 48 LV). Um die
Leistungsfähigkeit der finanzschwachen Gemeinden und Gemeindeverbände zu sichern, stellt das Land den
Gemeinden und Gemeindeverbänden im Wege des Finanzausgleichs Mittel zur Verfügung (Art. 49 Abs. 1 LV).
95
Neben diesen allgemeinen Bestimmungen zur Absicherung einer finanziellen Mindestausstattung durch die Garantie
originärer kommunaler Einnahmen und den kommunalen Finanzausgleich enthält die Landesverfassung in Art. 49
Abs. 2 eine besondere, von der Finanzkraft unabhängige Ausgleichsregelung, wenn die Kommunen für bestimmte
öffentliche Aufgaben (landes)gesetzlich nach Art. 46 Abs. 4 LV in die Pflicht genommen werden.
96
Die zuletzt genannten Verfassungsnormen sind nach dem Inkrafttreten des Landesnaturschutzgesetzes (1. Juli
1993) - und nach Eingang des Normenkontrollantrages (4. Juli 1994)- durch Gesetz zur Änderung der Verfassung des
Landes Schleswig-Holstein vom 20. März 1998 (GVOBl S. 150, berichtigt S. 194) neu gefasst und dabei inhaltlich
nicht unwesentlich verändert worden. Ursprünglich hatten sie folgenden Wortlaut (LV 1990):
97
97
(Art. 46 Abs. 4) Durch Gesetz können den Gemeinden und Gemeindeverbänden Landesaufgaben übertragen werden.
98
(Art. 49 Abs. 2) Soweit den Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben übertragen werden, aus denen Ausgaben
erwachsen, ist die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zu regeln.
99
Nunmehr lauten sie (LV 1998):
100
(Art. 46 Abs. 4) Durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung können die Gemeinden und
Gemeindeverbände zur Erfüllung bestimmter Aufgaben verpflichtet werden.
101
(Art. 49 Abs. 2) Werden die Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch
Verordnung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet, so sind dabei Bestimmungen über die
Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder
Gemeindeverbände, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.
102
Es kann dahingestellt bleiben, in welcher Fassung Art. 46 Abs. 4 und Art. 49 Abs. 2 LV der Prüfung zu Grunde zu
legen und ob die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind; jedenfalls ist die insoweit allein zur Prüfung
gestellte Aufgabenübertragungsnorm des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und Abs. 2 LNatSchG nicht zu beanstanden. Die
Aufgabenübertragung als solche begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (a); Art. 49 Abs. 2 LV verlangt
auf der Rechtsfolgenseite weder in alter (b) noch in neuer Fassung (c), dass der Gesetzgeber eine Regelung über den
finanziellen Ausgleich bereits in demjenigen Gesetz trifft, in dem er den Kommunen Aufgaben zuweist; welchen
materiellen Verpflichtungsgehalt Art. 49 Abs. 2 LV 1990 oder LV 1998 im Einzelnen enthält und ob dem der
Gesetzgeber anderweitig, etwa im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, hinreichend Rechnung getragen hat,
bedarf wiederum keiner Entscheidung (d).
103
a) Die Aufgabenübertragung in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 LNatSchG ist mit Art. 46 Abs. 4 LV alter wie neuer
Fassung vereinbar. Diese Frage ist zu entscheiden, obwohl die Antragsteller sie nicht aufgeworfen haben. Die von
ihnen zur verfassungsgerichtlichen Prüfung gestellte Frage, ob die Aufgabenübertragung ohne gleichzeitige
Kostenregelung im Landesnaturschutzgesetz selbst mit Art. 49 Abs. 2 LV zu vereinbaren sei, wäre nämlich ohne
Weiteres zu verneinen, wenn bereits die Aufgabenübertragung als solche gegen Art. 46 Abs. 4 LV verstieße
(BWStGH, ESVGH 49, 5 <10>; insofern anders: Bbg.VerfG, LVerfGE 7, 144 <157 f.>).
104
Art. 46 Abs. 4 LV 1990 erlaubt, den Gemeinden und Gemeindeverbänden durch Gesetz Landesaufgaben zu
übertragen. Zum einen bedarf es damit grundsätzlich eines förmlichen Gesetzes; dem ist genügt. Zum anderen muss
Gegenstand der Übertragung eine "Landesaufgabe" sein. Auch das ist der Fall. Der den Kommunen zur Erfüllung nach
Weisung übertragene Aufgabenbereich der unteren Naturschutzbehörde zählt zu den "Landesaufgaben" (vgl.
Barschel/Gebel, Landessatzung für Schleswig-Holstein, 1976, Art. 39 Erl. C IV. 2.).
105
Auch in Art. 46 Abs. 4 LV 1998 sind beide Voraussetzungen der Sache nach enthalten, wenn auch neu formuliert.
Die Verpflichtung der Gemeinden und Gemeindeverbände muss durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes durch
Verordnung erfolgen; sie darf sich nur auf die Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben erstrecken. Auch diesen
Anforderungen genügt § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 LNatSchG.
106
b) Art. 49 Abs. 2 LV 1990 verlangt entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht, dass der Gesetzgeber "die
Bereitstellung der erforderlichen Mittel" in demselben Gesetz regelt, in dem er den Kommunen die entsprechende
Aufgabe überträgt (Barschel/Gebel, Landessatzung für Schleswig-Holstein, 1976, Art. 42 Erl. C II. 2.; von
Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 49 Rn. 15).
107
Gegen ein derartiges formelles Junktim sprechen bereits Wortlaut und Systematik der Verfassung. Der Normtext
beschränkt sich auf die schlichte Verknüpfung von Aufgabenübertragung und Kostenregelung ("Soweit... übertragen
werden, ist... zu regeln") und enthält sich jeder Präzisierung, wie die Kostenregelung zu erfolgen hat. Entscheidend ist
alleine, dass der Gesetzgeber die Bereitstellung der erforderlichen Mittel regelt. Dies kann gemeinsam mit der
Aufgabenübertragung im selben Gesetz erfolgen oder aber auch in einem eigenständigen Gesetz oder - was der
Regelfall sein wird - im nachfolgenden Finanzausgleichsgesetz. Die Gesetzessystematik belegt, dass der
Verfassunggeber selbst den zuletzt genannten Fall vor Augen hatte: Während die Kompetenz des
Landesgesetzgebers zur Aufgabenübertragung sich im Rahmen der allgemeinen Vorschrift zur kommunalen
Selbstverwaltung findet (Art. 46 LV 1990), ist die Pflicht zur Kostenregelung in der Vorschrift über den kommunalen
Finanzausgleich enthalten (Art. 49 LV 1990). Gerade diese Regelungstechnik unterscheidet die schleswig-
holsteinische Landesverfassung von der Vielzahl funktional vergleichbarer Bestimmungen in anderen
Landesverfassungen, die die Kompetenz zur Aufgabenübertragung und die daraus folgende finanzielle
Ausgleichspflicht des Landes in einer Norm, teils sogar in einem Satz, zusammen fassen (vgl. Art. 71 Abs. 3
BWVerf.; Art. 97 Abs. 3 Bbg.Verf.; Art. 87 Abs. 3 Verf.LSA; Art. 72 Abs. 3 Verf.M-V; Art. 57 Abs. 4 Nds.Verf.; Art. 78
Abs. 3 NRWVerf.; Art. 120 SLVerf.; Art. 85 Abs. 1, 2 Sächs.Verf.; eine der schleswig-holsteinischen Regelung
vergleichbare Trennung findet sich in Art. 91 Abs. 3, Art. 93 Abs. 1 Satz 2 Thür.Verf. und Art. 11 Abs. 3, Art. 83 Abs.
3 BayVerf.) und hierdurch den Zusammenhang von Aufgabenübertragung und staatlicher Finanzierungspflicht
besonders hervorheben. Allerdings nimmt die Rechtsprechung selbst für solche landesverfassungsrechtlichen
Bestimmungen, die die Übertragung von Aufgaben an die Kommunen nur zulassen, "wenn gleichzeitig Bestimmungen
über die Deckung der Kosten getroffen werden" (Art. 78 Abs. 3 NRW.Verf., Art. 57 Abs. 4 Nds.Verf.), einhellig an,
dass dies nur einen zeitlichen Zusammenhang fordere, der regelmäßig auch dann gewahrt sei, wenn die
Kostenregelung in dem auf die Aufgabenübertragung folgenden Finanzausgleichsgesetz erfolge (NRWVerfGH, OVGE
38, 301 <303 f.>; Nds.StGH, Nds.StGHE 3, 136 <160>). Das gilt für die schleswig-holsteinische Landesverfassung
mit Blick auf deren Wortlaut und Systematik erst recht.
108
Sinn und Zweck von Art. 49 Abs. 2 LV 1990 gebieten keine andere Sichtweise. Die Verfassungsbestimmung will den
Landesgesetzgeber zum Schutze des kommunalen Handlungs- und Entfaltungsspielraums zwingen, sich vor jeder
Aufgabenübertragung auf kommunale Gebietskörperschaften die entstehenden Mehrkosten zu vergegenwärtigen,
überhaupt eine Kostenregelung zu treffen und bei alledem eine die kommunale Selbstverwaltung übermäßig
aushöhlende Regelung zu unterlassen (von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-
Holstein, 1995, Art. 49 Rn. 15). Dem ist durch das Erfordernis eines zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs
zwischen Aufgabenübertragungsnorm und Kostenregelung etwa im nachfolgenden Finanzausgleichsgesetz
hinreichend Genüge getan.
109
c) Auch dem Art. 49 Abs. 2 LV 1998 lässt sich das von den Antragstellern vertretene formale Junktim nicht
entnehmen.
110
Der Verfassunggeber hat sich mit der Neuregelung zur Gewährleistung eines strikten Konnexitätsprinzips an Stelle
der bisherigen, eher unbestimmten Kostenregelungspflicht entschlossen. Gleichwohl hat er es bei der
regelungstechnischen Trennung von Aufgabenübertragungskompetenz und Finanzierungspflicht belassen: Nimmt das
Land seine Kompetenz aus Art. 46 Abs. 4 LV 1998 wahr und verpflichtet die Kommunen zur Erfüllung bestimmter
öffentlicher Aufgaben, so sind nunmehr nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 LV 1998 Bestimmungen über die Deckung der
Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Gemeindeverbände, so ist
gemäß Satz 2 dieser Bestimmung dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen. Vorbild für diese
differenzierte Regelung von Kostendeckung und Mehrlastenausgleich ist ausweislich der Gesetzesmaterialien (vgl.
LTDrucks 14/1245, Anlage 3 S. 13 f.) Art. 71 Abs. 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg (ähnlich auch
Art. 85 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 2 Sächs.Verf.), der nahezu wortgleich, nicht aber in der Zusammenfassung von
Aufgabenübertragungskompetenz und Finanzierungspflicht in einer Norm übernommen wurde.
111
Die Ansicht, der Gesetzgeber müsse die Kostentragungs- und Ausgleichsregelung nicht im jeweiligen
Aufgabenübertragungsgesetz treffen, hat in der Literatur überwiegend Zustimmung erfahren (vgl. Maurer, in:
Henneke/Maurer/Schoch, Die Kreise im Bundesstaat, 1994, S. 139 <158> m.w.N.) und wird etwa vom Sächsischen
Verfassungsgerichtshof bei vergleichbarer Verfassungslage geteilt (Sächs.VerfGH, JbSächsOVG 2, 79 <92>). Sie
lässt sich - ohne Weiteres und mit Blick auf die systematischen Unterschiede zur baden-württembergischen Regelung
erst recht - auf die schleswig-holsteinische Landesverfassung übertragen (im Ergebnis ohne weitere Begründung
ebenso: von Mutius/Rentsch, Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, 5. Aufl., 1998, GO § 3a Rn. 2).
112
Von einer solchen Sichtweise ist auch der verfassungsändernde Gesetzgeber bei Novellierung des Art. 49 Abs. 2 LV
ausgegangen. In den einstimmig beschlossenen Erläuterungen des Sonderausschusses "Verfassungsreform", dessen
Beschlussempfehlung ohne Änderung in die Verfassung übernommen wurde, heisst es (LTDrucks 14/1245, S. 18):
113
Die rechtliche Verpflichtung zum "finanziellen Ausgleich" nach Artikel 49 Abs. 2 muß durch
Gesetz erfolgen, wobei auch das Finanzausgleichsgesetz (FAG) für einen Ausgleich genutzt
werden kann. ... Zwischen Aufgabenübertragung und finanziellem Ausgleich muß ein
zeitlicher, sachlicher und rechtlicher Kontext bestehen ("dabei"). Wegen des Budgetrechts des
Landtages reicht es aus, wenn bei spezialgesetzlicher Regelung der finanzielle Ausgleich im
selben Haushaltsjahr erfolgt. Soll der finanzielle Ausgleich über den kommunalen
Finanzausgleich (FAG) geregelt werden, hat er spätestens im folgenden Haushaltsjahr zu
erfolgen, und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt der Aufgabenübertragung.
114
d) Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob der Gesetzgeber im Anschluss an die Aufgabenübertragung im
Landesnaturschutzgesetz seiner verfassungsrechtlichen Finanzierungspflicht aus Art. 49 Abs. 2 LV 1990/1998 genügt
hat. Diese Frage ist nicht Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Der Normenkontrollantrag richtet sich
insoweit allein gegen § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 LNatSchG, als hierdurch den Kommunen eine Aufgabe
übertragen wird, ohne dass im selben Gesetz eine Regelung über den finanziellen Ausgleich getroffen werde. Da die
Landesverfassung aber kein derartig striktes Junktim gebietet, hätte ein Verstoß gegen Art. 49 Abs. 2 LV 1990 wie LV
1998 infolge fehlender oder unzureichender Ausgleichsbestimmungen nicht die Verfassungswidrigkeit der
Aufgabenübertragungsnorm zur Folge, sondern würde lediglich entsprechende Regelungs- und Ausgleichspflichten
des Landes begründen (Sächs.VerfGH, JbSächsOVG 2, 79 <91 f.>). Eine darauf abzielende Rüge wäre deshalb
gegen das entsprechende Finanzausgleichsgesetz zu richten (vgl. BWStGH, ESVGH 12, 6 <9>).
115
2. Soweit die von den Antragstellern gerügten Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes in die Planungshoheit
der Gemeinden eingreifen, ist Art. 46 Abs. 1 und Abs. 2 LV nicht verletzt.
116
a) Art. 46 Abs. 1 LV gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas
anderes bestimmen. Dieser Gesetzesvorbehalt überlässt dem Gesetzgeber allerdings nicht die beliebige
Ausgestaltung des Bereichs kommunaler Selbstverwaltung; er findet seine Grenze am Kernbereich der
Selbstverwaltungsgarantie. Das bedeutet, dass der Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung nicht ausgehöhlt
werden darf (vgl. zu Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG: BVerfGE 76, 107 <118> m.w.N.). Ob und in welchem Umfang die
Planungshoheit der Gemeinden zum unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltung gehört, ist
bundesverfassungsrechtlich nicht geklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage bislang offen gelassen
(BVerfGE 56, 298 <313>; 76, 107 <118 f.>). Der Kernbereich wäre jedenfalls betroffen, wenn die kommunale
Selbstverwaltung völlig beseitigt oder derart ausgehöhlt wird, dass die Gemeinde keinen ausreichenden Spielraum zu
ihrer Ausübung mehr hat (BVerfGE 56, 298 <312> m.w.N.), wenn also die Selbstverwaltung nur noch ein
Scheindasein führen könnte (BVerfGE 79, 127 <155>). Da der Kernbereich nur institutionell, nicht jedoch für einzelne
Gemeinden gewahrt sein muss, ist er jedenfalls dann nicht verletzt, wenn die Planungshoheit einzelner Gemeinden in
räumlich abgegrenzten Gebieten eingeschränkt wird (BVerfGE 56, 298 <313>; 76, 107 <119>). Aber auch, wenn
(durch Gesetz) die Planungshoheit aller Gemeinden berührt wird, so bedeutet dies nicht unbedingt einen unzulässigen
Angriff auf den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Denn selbst wenn der Kernbereich der Selbstverwaltung
die Planungshoheit umfassen sollte, so kann dies wiederum nur für deren Wesensgehalt und nicht für die
Planungshoheit in vollem Umfang und in all ihren Erscheinungsformen gelten.
117
Ob der Wesensgehalt der Planungshoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltung gehört, bedarf auch hier nicht der
Klärung; denn die von den Antragstellern gerügten Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes lassen den
Gemeinden einen ausreichenden Planungsspielraum. Allerdings darf die Planungshoheit auch außerhalb des
Kernbereichs durch den Gesetzgeber nicht beliebig eingeschränkt werden. Wird einzelnen Gemeinden hinsichtlich
ihrer Planungshoheit eine besondere Einschränkung auferlegt, so ist zu prüfen, ob überörtliche Interessen von
höherem Gewicht den Eingriff in die Planungshoheit erfordern (BVerfGE 56, 298 <313 f.>; 76, 107 <119 f.>). Auch,
wenn der Gesetzgeber abstrakt-generell in die Planungshoheit eingreift, indem er für alle Gemeinden unmittelbar
regelnde Vorgaben für die Art und Weise der Ausübung der Planungshoheit - außerhalb eines eventuell geschützten
Kernbereichs - setzt (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>; auch: Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 7. Januar 1999 - 2 BvR 929/97 -, NVwZ 1999, S. 520), ist der allgemeine
verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen (zu den
strengeren Anforderungen im Falle der Aufgabenentziehung vgl. hingegen BVerfGE 79, 127 <153>).
118
b) Die Antragsteller behaupten, die Beachtenspflichten der § 4a Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 1 und § 6 Abs. 4 Satz 1
LNatSchG i.V.m. der Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG zur Übernahme landschaftsplanerischer Aussagen
in die Bauleitplanung schalteten im Ergebnis eine Abwägung aus und nähmen jede Planungshoheit.
119
Gemäß § 4a Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 1 und § 6 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG sind Landschaftsprogramm,
Landschaftsrahmenpläne und Landschaftspläne "bei der Durchführung dieses Gesetzes und des
Bundesnaturschutzgesetzes zu beachten". Abgesehen davon, dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen jedenfalls
primär das Baugesetzbuch und nicht die Naturschutzgesetze "durchgeführt" werden, enthalten § 4 Abs. 2 und 3
LNatSchG sowie § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG für die Integration der Landschaftsplanung in andere Planungen eine
Sonderregelung. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG sind die Inhalte der Landschaftsplanung in den Planungen und
Verwaltungsverfahren anderer Behörden und Stellen, die sich auf die Natur im Planungsraum auswirken können, zu
berücksichtigen. Abweichungen von den Ergebnissen der Landschaftsplanung sind im Falle erheblicher
Beeinträchtigungen der Ziele des Naturschutzes nur zulässig, wenn andere Belange bei der Abwägung den Belangen
des Naturschutzes bei Würdigung aller Umstände im Rang vorgehen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 LNatSchG). Gemäß § 6 Abs.
4 Satz 2 LNatSchG sind die "zur Übernahme geeigneten Inhalte der Landschaftspläne nach Maßgabe des § 1 Abs. 6
des Baugesetzbuchs und des § 4 Abs. 2 und 3 als Darstellung in die Flächennutzungspläne, die Grünordnungspläne
als Festsetzung in die Bebauungspläne zu übernehmen" (zur bundesgesetzlichen Ermächtigung vgl. § 6 Abs. 4 Sätze
2 und 3 BNatSchG). Damit besteht entgegen der Ansicht der Antragsteller keine Pflicht der Gemeinde zur Beachtung
der Landschaftsplanung in der Bauleitplanung, sondern nur zur Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung (ebenso:
§ 1a Abs. 2 Nr. 1 BauGB).
120
Durch § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG wird zwar trotz der Tatsache, dass Landschaftspläne und Grünordnungspläne
als "detaillierte Landschaftspläne" von den Gemeinden selbst aufgestellt werden (§ 6 Abs. 1 LNatSchG), in die
Gestaltungsfreiheit der Gemeinden bei der Aufstellung von Bauleitplänen eingegriffen. Die Gemeinden müssen unter
bestimmten Voraussetzungen Landschaftspläne zur Verwirklichung der durch das Landesnaturschutzgesetz
vorgegebenen Ziele und auf der Grundlage des Landschaftsrahmenplans aufstellen (§ 6 Abs. 1 LNatSchG). Bei der
Bauleitplanung ist das in den Landschaftsplänen erarbeitete Schutzkonzept sodann als Ganzes in die Abwägung
einzustellen (Prinzip der Sekundärintegration; vgl. Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch,
BNatSchG, 1996, § 6 Rn. 25). Den Gemeinden ist es somit verwehrt, die in der Landschaftsplanung
herausgearbeiteten Belange des Naturschutzes gar nicht oder nur vereinzelt und aus dem Zusammenhang gerissen in
die Abwägung einzustellen. Mit diesen Vorgaben für die Art und Weise der Ausübung der Planungshoheit wird
außerhalb deren Wesengehalts die Gestaltungsfreiheit bei der gemeindlichen Bauleitplanung eingeschränkt. Dies ist
jedoch verhältnismäßig. Bei der Güterabwägung ist zum einen die Geringfügigkeit des Eingriffs zu beachten, die
darauf beruht, dass es die eigene Planung ist, die die Gemeinde bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu
berücksichtigen hat. Ferner hat die Übernahme der Inhalte der Landschafts- und Grünordnungspläne in die
Bauleitplanung nicht zwingend zu erfolgen, sondern ausdrücklich nur dann, wenn und soweit sich nach Maßgabe des
§ 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG und des § 1 Abs. 6 BauGB der zur Übernahme geeignete Inhalt in der Abwägung mit
anderen Belangen durchsetzt (vgl. Mitschang, Die Belange von Natur und Landschaft in der kommunalen
Bauleitplanung, 2. Aufl., 1996, S. 87). Der Pflicht zur "Übernahme" in die Bauleitplanung kommt lediglich insoweit
eigenständige Bedeutung zu, als dadurch die Möglichkeit eröffnet wird, Darstellungen und Festsetzungen in
Flächennutzungs- und Bebauungsplänen auch einen anderen als städtebaulichen Charakter (§ 1 Abs. 1 BauGB) zu
verleihen (vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 1a Rn. 62).
121
Die Auffassung der Antragsteller, § 6 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 15 LNatSchG bewirke in
verfassungswidriger Weise die Verhinderung konkretisierter Planungsvorstellungen oder fertig artikulierter
rechtsgültiger Planungsentscheidungen, trifft nicht zu. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 LNatSchG ist ein
Landschaftsplan zwar dann umgehend aufzustellen, wenn naturschutzrechtlich bedeutsame Planungen beabsichtigt
sind. Nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 LNatSchG sollen aber Landschaftspläne gerade
so frühzeitig erstellt werden, dass ihre Inhalte in dem neuen Bauleitplan hinreichend Berücksichtigung finden. Das
Landesnaturschutzgesetz soll also die Konkretisierung einer den Naturschutz vernachlässigenden Bauleitplanung von
vornherein verhindern. Im Übrigen ließe sich der Grad der Konkretisierung von Planungsabsichten, die schon vor der
Landschaftsplanung bestanden, im Rahmen der Abwägung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2, § 4 Abs. 3 LNatSchG und § 1
Abs. 6 BauGB berücksichtigen, unter Umständen auch schon im Rahmen der bei der Landschaftsplanung
vorzunehmenden Abwägung.
122
Der Grundsatz des § 1 Abs. 2 Nr. 15 LNatSchG, wonach bauliche Anlagen etc. der Natur und der Landschaft
anzupassen sind, ist lediglich eine Maßgabe für die in der Landschaftsplanung zu verwirklichenden Ziele, die
wiederum hauptsächlich dann auf die Bauleitplanung durchschlagen, wenn eine neue, naturschutzrechtlich
bedeutsame Bauleitplanung beabsichtigt ist.
123
c) Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 4 LNatSchG sind "die nach diesem Gesetz oder durch Verordnung oder Satzung nach
dem IV. Abschnitt des Gesetzes geschützten Bereiche in die Bauleitpläne zu übernehmen". Die Regelung ist mit § 5
Abs. 4 BauGB (für Flächennutzungspläne) und § 9 Abs. 6 BauGB (für Bebauungspläne) vergleichbar. Es handelt sich
dabei um Vorschriften mit redaktionellem Charakter, die die Planungshoheit nicht berühren. Dass bei der
Bauleitplanung verbindliche Rechtsvorschriften (hier: rechtsverbindlich festgesetzte geschützte Bereiche) zu beachten
(und nicht nur in der Abwägung zu berücksichtigen) sind, ist nicht Regelungsinhalt des § 6 Abs. 4 Satz 4 LNatSchG,
sondern ein für die Bauleitplanung selbstverständlicher rechtsstaatlicher Grundsatz (vgl. auch § 10 Abs. 2 Satz 2 und
§ 6 Abs. 2 BauGB). Der Zweck des § 6 Abs. 4 Satz 4 LNatSchG erschöpft sich darin, die bereits anderweitig
verbindlich festgesetzten geschützten Bereiche in den Bauleitplänen sichtbar zu machen.
124
d) Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG sind die gemeindlichen Landschaftspläne dem Landschaftsprogramm und
den Landschaftsrahmenplänen der obersten Naturschutzbehörde (oder des kommunalen Zweckverbands, vgl. § 5a
LNatSchG) anzupassen. Diese Vorschrift beschränkt die Gestaltungsfreiheit der Gemeinden bei der Aufstellung von
Landschaftsplänen, berührt jedoch nicht den Wesensgehalt der Planungshoheit und ist verhältnismäßig. Dabei kann
offen bleiben, ob die Planungshoheit neben der Bauleitplanung auch weitere planerische Entscheidungen erfasst
(offen gelassen auch im Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7.
Januar 1999 - 2 BvR 929/97 -, NVwZ 1999, S. 520 <521>). § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG dient, ebenso wie die in § 5
Abs. 4 Satz 1 LNatSchG normierte Pflicht zur Anpassung der Landschaftsrahmenpläne an das
Landschaftsprogramm, der Herstellung der inhaltlichen Kongruenz der Planwerke. Die drei Planungsebenen
unterscheiden sich nach Maßstab sowie räumlicher und inhaltlicher Detaillierung. Landschaftsprogramm und
Landschaftsrahmenpläne stellen die überörtlichen Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des
Naturschutzes auf Landes- und Regionalebene dar (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG),
Landschaftspläne die örtlichen Erfordernisse auf Gemeindeebene. Dieses System ermöglicht es den Gemeinden, die
Inhalte der übergeordneten Planwerke weiterzuentwickeln und zu konkretisieren. Zugleich werden die möglichen
Inhalte des Landschaftsprogramms und der Landschaftsrahmenpläne nicht nur durch das Landesnaturschutzgesetz,
sondern auch durch die Planungshoheit begrenzt: Parzellenscharfe Darstellungen in den übergeordneten Planwerken
sind somit ausgeschlossen. Gemeindegebietsscharfe Darstellungen sind bei überörtlichem Interesse von höherem
Gewicht zulässig (vgl. BVerfGE 76, 107 <121> für Ziele eines Raumordnungsprogramms, die ein Drittel des
Gemeindegebiets als "Vorrangstandort für großindustrielle Anlagen" festlegen). Ferner sind die Gemeinden bei der
Aufstellung der überörtlichen Planwerke zu beteiligen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 und § 4a Abs. 1 Satz 3 LNatSchG).
Sowohl die Beteiligungspflichten als auch die inhaltlichen Schranken für die überörtliche Planung stellen sicher, dass
die zur Herstellung der Kongruenz der Planwerke erforderliche Einschränkung der Gestaltungsfreiheit angemessen ist.
125
Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG auch
nicht entgegengehalten werden, dass Landschaftsprogramm und Landschaftsrahmenpläne keine "Gesetze" im Sinne
des Art. 46 LV seien und § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG wegen seiner "Schleusenfunktion" als gesetzliche Grundlage
nicht ausreiche. Unabhängig von der Frage, ob Landschaftsprogramm und Landschaftsrahmenpläne zumindest
rechtsnormähnlichen Charakter haben, ist für die die Anpassungspflicht begründende gesetzliche Vorschrift des § 6
Abs. 5 Satz 1 LNatSchG aus rechtsstaatlicher Sicht allein entscheidend, dass sie hinreichend bestimmt ist und -
auch in Verbindung mit anderen Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes - die Gefahr beliebiger Planung durch
die oberste Naturschutzbehörde ausschaltet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für
Planungsentscheidungen auf Grund der Natur der Planung nur begrenzt Vorgaben machen kann. Vorgegeben sind der
obersten Naturschutzbehörde die Ziele (§ 1 Abs. 1 LNatSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 BNatSchG), die durch die Planung zu
verwirklichen sind, die Beachtung der Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung, die Inhalte des
§ 6a LNatSchG, die inhaltliche und räumliche Reichweite (die wiederum durch die Auslegung im Lichte der
Planungshoheit begrenzt wird) sowie die Beteiligungserfordernisse. Damit ist die Planung der obersten
Naturschutzbehörde
hinreichend
gelenkt.
Auch
wenn
es
sich
bei
Landschaftsprogramm
und
Landschaftsrahmenplänen nicht um Rechtsnormen handeln sollte, stellen doch § 6 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 1, § 4 Abs.
1, §§ 4a bis 5a und § 6a LNatSchG eine hinreichend bestimmte Grundlage für die Anpassungspflicht der Gemeinden
dar.
126
e) Gemäß § 38 Abs. 1 LNatSchG darf die Genehmigung für die Errichtung oder wesentliche Änderung eines
Golfplatzes nur erteilt werden, wenn der Golfplatz in einem Bebauungsplan oder, wenn öffentlich-rechtliche Belange
nicht entgegenstehen, in einem Flächennutzungsplan ausgewiesen ist und die sonstigen Voraussetzungen des § 38
Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 bis 4 LNatSchG vorliegen. Die Antragsteller meinen, damit sei für die Gemeinde eine
Planungspflicht geschaffen, die mangels Erforderlichkeit die Planungshoheit unzulässig einschränke.
127
Die Regelung des § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG macht einen Bebauungsplan oder zumindest einen
Flächennutzungsplan mit entsprechender Festsetzung oder Darstellung zur zwingenden Voraussetzung für die
Zulassung des Golfplatzes. Der Struktur der Vorschrift nach handelt es sich um ein zulassungsrechtliches
Planungserfordernis. Ein solches unterscheidet sich deutlich von der so genannten planungsrechtlichen
Erforderlichkeit von Bauleitplänen, wie sie sich beispielsweise in § 1 Abs. 3 BauGB findet. Das dortige Gebot,
erforderliche Bauleitpläne zu erlassen, begründet gegenüber der Gemeinde als Adressatin eine Planungspflicht und
schränkt die Planungshoheit ein. Hingegen ist beim zulassungsrechtlichen Planungserfordernis die Erforderlichkeit
des Planes Bestandteil nur des Tatbestandes. Die Rechtsfolge hingegen betrifft nicht die Planung, sondern die
Zulässigkeit des Vorhabens. Im Gegensatz zur planungsrechtlichen Erforderlichkeit von Bauleitplänen schränkt das
zulassungsrechtliche Planungserfordernis die Planungshoheit nicht ein, sondern schützt sie (Weyreuther, DVBl 1981,
S. 369 <373>).
128
Für die Errichtung oder wesentliche Änderung von Golfplätzen wirkt sich dies dahingehend aus, dass die Rolle der
Gemeinde im Genehmigungsverfahren nicht mehr auf die (gebundene) Entscheidung über die Erteilung des
Einvernehmens nach §§ 35 Abs. 2, 36 BauGB beschränkt ist, das notfalls ersetzt werden kann (§ 36 Abs. 2 Satz 1
BauGB). Ihr Einfluss auf die Genehmigung ist vielmehr gestärkt. Ohne eine gestalterische Planung ihrerseits (ggfs.
mit Binnen- und Außenkoordination) ist keine Entwicklung möglich. Mittelbare Folge dieser Regelung ist freilich, dass
eine Gemeinde, die die Errichtung eines Golfplatzes in ihrem Gebiet befürwortet, sich nicht auf die mit weniger Mühe
verbundene Erteilung des Einvernehmens beschränken kann. Der Schutzzweck der Selbstverwaltungsgarantie zielt
aber nicht darauf ab, den Gemeinden eine möglichst einfache, mühelose, aber schwache Mitwirkungsmöglichkeit zu
verschaffen, sondern eine möglichst starke. Mit einer das Selbstverwaltungsrecht möglicherweise beeinträchtigenden
Übertragung von Aufgaben auf die Gemeinde ist dieser Fall nicht vergleichbar, weil die Gemeinde keine neue, im Kern
staatliche Aufgabe erhält.
129
Der Schutzbereich der Planungshoheit ist deshalb nicht berührt. Es kommt somit weder darauf an, ob die Regelung
erforderlich ist, noch darauf, ob der Gesetzgeber auch oder in erster Linie die Stärkung der Einflussmöglichkeiten der
Gemeinde oder allein den effektiveren und durch ein förmliches Verfahren abgesicherten Schutz der Natur bewirken
wollte (vgl. dazu Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LTDrucks 13/27, S. 135).
130
f) Die Antragsteller behaupten, durch § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 und Abs. 2 LNatSchG würden
erhebliche Flächen unmittelbar und kompromisslos von jeder Bebaubarkeit ausgenommen; damit werde in
unzulässiger Weise in die Planungshoheit der Gemeinden eingegriffen.
131
Gemäß § 10 Abs. 2 LNatSchG dürfen vorrangige Flächen für den Naturschutz und andere ökologisch bedeutsame
Wald-, Ufer- und sonstige Flächen nicht für eine Überbauung jedweder Art in Anspruch genommen werden. Zu den
vorrangigen Flächen für den Naturschutz zählen neben den gesetzlich geschützten Biotopen und Nationalparken und
den durch Verordnung oder Verordnung, Satzung oder Einzelanordnung unter Schutz gestellten Naturschutzgebieten
(§ 17 LNatSchG) oder geschützten Landschaftsbestandteilen (§ 20 LNatSchG) auch solche Gebiete oder Flächen, die
die Voraussetzung für eine Unterschutzstellung erfüllen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 LNatSchG), ferner Entwicklungsgebiete
oder -flächen für Nationalparke, Naturschutzgebiete, geschützte Landschaftsbestandteile und Biotope im Sinne des
§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 LNatSchG) sowie Biotopverbundflächen im Sinne des § 15
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LNatSchG (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG). Gemäß § 15 Abs. 3 LNatSchG sind vorrangige Flächen
in den Landschaftsrahmenplänen, Landschaftsplänen sowie in den Flächennutzungs- und Regionalplänen
entsprechend ihrer Funktion nach § 15 Abs. 1 LNatSchG darzustellen. Durch § 10 Abs. 2 LNatSchG sind die
Gemeinden zwar nicht an der Aufstellung von Bauleitplänen für die entsprechenden Flächen gehindert (vgl. auch die
Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten nach § 5 Abs. 2 Nr. 10 und § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB). Die Vorschrift
hat jedoch Auswirkungen auf die Art und Weise der Planung. Sie schließt (grundsätzlich) aus, dass bei der Abwägung
im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB das Interesse an einer Bebauung vor dem Naturschutzinteresse Vorrang hat (vgl.
Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LTDrucks 13/27, S. 124). Die der Gemeinde zustehende
planerische Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird insoweit ausgeschlossen.
Damit ist der Schutzbereich der Planungshoheit berührt.
132
aa) Soweit das Bebauungsverbot des § 10 Abs. 2 LNatSchG sich auf die vorrangigen Flächen für den Naturschutz
im Sinne des § 15 LNatSchG erstreckt, ist der Wesensgehalt der Planungshoheit nicht betroffen (1). Der gesetzliche
Eingriff in die Planungshoheit ist verhältnismäßig (2) und auch hinreichend bestimmt (3).
133
(1) Anders als im Falle der Bestimmung von Lärmschutzzonen für Flugplätze (BVerfGE 56, 298) und von
"Vorrangstandorten für großindustrielle Anlagen" (BVerfGE 76, 107), von der nur einzelne Gemeinden in räumlich
abgegrenzten Bereichen betroffen sind, kann die abstrakte Flächenbeschreibung des § 15 LNatSchG theoretisch auf
räumliche Bereiche einer Vielzahl von Gemeinden zutreffen. Dies wird durch den Grundsatz des § 1 Abs. 2 Nr. 13
LNatSchG verdeutlicht. Danach ist auf mindestens 15 % der Landesfläche ein Vorrang für den Naturschutz zu
begründen (vorrangige Flächen für den Naturschutz). Die Gemeinden haben sicherzustellen, dass dafür die geeigneten
Flächen des Gemeindegebiets vorgesehen werden. Wie viele Gemeinden tatsächlich betroffen sind und in welchem
Umfang, hängt von den tatsächlichen Gegebenheiten in der jeweiligen Gemeinde ab. Über eine abstrakt-generelle
Einschränkung der Planungshoheit für eine Vielzahl von Gemeinden hinaus ist in § 10 Abs. 2, § 15 Abs. 1 und 2
LNatSchG ferner die Möglichkeit angelegt, dass einzelne Gemeinden eine besondere Einschränkung erfahren, weil
das gesamte Gemeindegebiet oder ein Großteil ihres Gebiets aus Flächen im Sinne des § 15 LNatSchG besteht; der
Regelfall ist dies jedoch nicht.
134
Betrachtet man die Regelung des § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 LNatSchG von ihrer abstrakt-generellen Seite, so ist trotz
der Möglichkeit, dass eine Vielzahl von Gemeinden nicht für ihr gesamtes Gebiet eine bauliche Nutzung vorsehen
kann, der Wesensgehalt der Planungshoheit nicht angetastet. Der Gemeinde sind auch und gerade für die Art und
Weise der Ausübung ihrer Planungshoheit Grenzen gesetzt, wie allein die zahlreichen inhaltlichen Vorgaben für
bauplanerische Festlegungen im Baugesetzbuch zeigen. Selbst in einem Fall, in dem die Planungshoheit ihre
besondere Ausprägung erfährt, so bei der gemeindlichen Gestaltung im Rahmen der Abwägung im engeren Sinne,
erfolgt nicht nur eine Einschränkung durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; vielmehr gibt es (auch außerhalb des
Landesnaturschutzgesetzes) Bindungen, die durch Abwägung nicht überwunden werden können und sich insoweit
einer gemeindlichen Gestaltung entziehen (z.B. Anpassungspflicht an Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Abs. 4
BauGB), ohne dass deren Verfassungsmäßigkeit anzuzweifeln wäre. Der Wesensgehalt der Planungshoheit garantiert
somit den Gemeinden zwar grundsätzlich Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Abwägung, nicht aber ausnahmslos und
uneingeschränkt für jeden Bereich. Vor allem dort, wo das gemeindliche Ermessen in der Bauleitplanung schon seit
jeher oder in zunehmendem Maße besonderen Einschränkungen unterworfen war, kann sich kein unantastbarer
Wesensgehalt herausgebildet haben (vgl. auch BVerfGE 79, 127 <146>).
135
Sind auf Grund der Bauleitplanung Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 8 BNatSchG zu erwarten
(gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG zählt dazu auch die erstmalige Bebauung außerhalb der im Zusammenhang
bebauten Ortsteile), so geht es im Rahmen der Abwägung gemäß § 8a Abs. 1 BNatSchG, § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB
schon bei der Erarbeitung des Plankonzepts darum, Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft gar nicht erst
eintreten zu lassen. So sollen etwa bei der Überplanung eines bestimmten Bereichs, der besonders schützenswerte
Bestandteile von Natur und Landschaft aufweist, Baugebietsflächen von vornherein nicht auf diese Bereiche erstreckt
werden.
136
Diese Rechtslage zeigt, dass in der Bauleitplanung ökologische Aspekte verstärkt zu berücksichtigen sind. Dies
muss zwar nicht bedeuten, dass immer dort, wo Umweltschutzbelange berührt sein könnten, die Planungshoheit nicht
in ihrem Wesensgehalt betroffen sein kann. Für die hier zu untersuchende Vorschrift des § 10 Abs. 2 LNatSchG
kommt aber hinzu, dass schon vor Inkrafttreten des Landesnaturschutzgesetzes Schutzgebietsverordnungen mit
ihren Ge- und Verboten und - in deren Vorfeld - Veränderungssperren als vorrangiges Recht bei der Bauleitplanung zu
beachten waren, also nicht durch Abwägung zurückgedrängt werden konnten. Durch § 15 Abs. 1 und 2 LNatSchG ist
der Schutz von Flächen im Hinblick auf deren Unterschutzstellung lediglich noch weiter vorverlagert. Gerade die
Gebiete und Flächen des § 15 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG sind solche, die die erforderliche
Wertigkeit besitzen, um später förmlich unter Schutz gestellt werden zu können (vgl. LTDrucks 13/27, S. 126, 2.
Absatz zu § 15). Wenn aber bislang schon in Schutzgebieten - und auch vor der Unterschutzstellung (vgl. § 21 Abs. 1
Landschaftspflegegesetz in der Fassung vom 19. November 1982, GVOBl S. 256 <264>) - die planerische
Gestaltungsfreiheit der Gemeinde nahezu ausgeschlossen war, kann der Wesensgehalt der Planungshoheit auch
dann nicht berührt sein, wenn dieser Schutzbereich nunmehr in seinen "Kernzonen" um für ökologisch bedeutsam
erachtete Flächen erweitert wird.
137
Durch § 10 Abs. 2 LNatSchG ist nach allem, soweit vorrangige Flächen für den Naturschutz im Sinne des § 15
LNatSchG nicht überbaut werden dürfen, der Wesensgehalt der Planungshoheit nicht angetastet.
138
Soweit in § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 LNatSchG die Möglichkeit angelegt ist, dass einzelne Gemeinden in räumlich
abgrenzbaren Bereichen eine besondere Einschränkung ihrer Planungshoheit erfahren, kommt auf Grund des
institutionellen Charakters der Selbstverwaltungsgarantie eine Verletzung des Kernbereichs nicht in Betracht.
Überörtliche Interessen von höherem Gewicht müssen jedoch den Eingriff in die Planungshoheit erfordern (BVerfGE
56, 298 <313 f.>; 76, 107 <119 f.>).
139
(2) Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung vom 18. Mai 1992 soll das
Landesnaturschutzgesetz langfristig (in einem Zeitraum von 20 bis 40 Jahren) ein landesweites Biotopverbundsystem
ermöglichen (LTDrucks 13/27, S. 94, 105). Grundgerüst für dieses System sollen die vorrangigen Flächen für den
Naturschutz sein (LTDrucks 13/27, S. 98). Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass nur durch Arealvergrößerungen
und flächenhafte Arealkontakte ein wirksamer Artenschutz und -austausch erreicht werden kann, während der
bisherige gezielte und inselartige Schutz in vereinzelten Schutzgebieten nicht ausreicht (LTDrucks 13/27, S. 94, 108,
120; vgl. auch Soell, NuR 1993, S. 301 m.w.N.). Auf der Grundlage des Umweltgutachtens des Rats von
Sachverständigen für Umweltfragen aus dem Jahr 1987 ist für das Biotopverbundsystem ein Anteil von 15 % der
Landesfläche vorgesehen (Grundsatz des § 1 Abs. 2 Nr. 13 LNatSchG, LTDrucks 13/27, S. 105). Auf diesem
Flächenanteil ist dem Naturschutz Vorrang vor anderen Nutzungen einzuräumen. Diese Art der Flächensicherung soll
langfristig die erwünschte Vernetzung der Populationen ermöglichen (LTDrucks 13/27, S. 108).
140
Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieses überörtlichen Ziels bestehen keine Bedenken. Der Gesetzgeber kommt hier
seinem durch Art. 7 LV begründeten Handlungsauftrag nach, bei dessen Umsetzung ihm ein weiter
Gestaltungsspielraum zuzugestehen ist (von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-
Holstein, 1995, Art. 7 Rn. 6). Der Erweiterung vorhandener Kernzonen und dem Verbund von Biotopen dienen auch
und gerade die Flächen des § 15 Abs. 1 Nr. 3 (i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Nr. 1) und Nr. 4 (i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2)
LNatSchG. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollen damit keine neuen rechtlichen Schutzkategorien eingeführt
werden, vielmehr handelt es sich um eine Flächensicherung, die auf eine spätere förmliche Unterschutzstellung
angelegt ist (LTDrucks 13/27, S. 108, 126). Ausgehend von dieser Funktion der Flächen des § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4
LNatSchG wäre deren Sicherungszweck gefährdet, würden sie (auf Grund entsprechender Bauleitpläne der Gemeinde)
überbaut. Das Verbot der Überbauung im Sinne des § 10 Abs. 2 LNatSchG ist deshalb zur Erhaltung des
Sicherungszwecks dieser Flächen und letztendlich zur Schaffung des Biotopverbundsystems geeignet und
grundsätzlich erforderlich. Fehlt es im Einzelfall, vor allem für geringfügige Bauvorhaben, an der Erforderlichkeit, so
kann Abhilfe über die Befreiungsmöglichkeit des § 54 Abs. 2 LNatSchG geschaffen werden.
141
Das Überbauungsverbot des § 10 Abs. 2 LNatSchG für die Flächen des § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG ist auch
angemessen, soweit es sich auf die gemeindliche Planungshoheit auswirkt. Allein die gesetzliche Regelung des § 15
Abs. 1 Nrn. 3 und 4 i.V.m. Abs. 2 LNatSchG greift noch nicht unmittelbar in die Planungshoheit der einzelnen
Gemeinden ein, vielmehr ist zunächst der Flächenbedarf im Einzelnen regional-spezifisch zu ermitteln und sodann
festzulegen, weil er stark von den lokalen Gegebenheiten abhängt (LTDrucks 13/27, S. 105, 126). Damit aber bleibt
Raum für eine Abwägung im Einzelfall dahingehend, ob und in welchen konkreten Teilen eines bestimmten
Gemeindegebiets tatsächlich der Nutzung "Naturschutz" der Vorrang zukommen soll (vgl. BVerfGE 56, 298 <315 f.>;
76, 107 <120>).
142
Wie schon bislang bei der Schaffung von Schutzgebieten kommt auch vor Erlass von Verordnungen nach § 16 Abs.
3 Satz 2, § 17 Abs. 2 und § 21 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG dem Verordnunggeber ein Ermessens- und
Abwägungsspielraum zu. Damit gesellt sich zu der verfahrensrechtlichen Beteiligung von Gemeinden (§ 53 Abs. 1
LNatSchG) auch die inhaltliche Berücksichtigung der gemeindlichen Planungshoheit (vgl. Soell, NuR 1993, S. 301
<306 f.>; Hönig, in: Stüer , Planungsrecht, Bd. 2 , 1999, S. 143 ff., besonders
S. 151 ff.). Erst wenn (nahezu) das gesamte Gemeindegebiet von dem räumlichen Geltungsbereich der Verordnung
betroffen wäre, ist zum Beispiel bei der Festlegung der Grenzen des Schutzgebiets der Vorrang des Naturschutzes
vor der gemeindlichen Planungshoheit besonders zu prüfen.
143
In den Fällen, in denen noch keine förmliche Unterschutzstellung eingeleitet ist, bedarf es der Spezifizierung der
Entwicklungs- und Verbundflächen durch "Maßnahmen des Naturschutzes" (§ 15 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG: "Mit Hilfe
von Maßnahmen des Naturschutzes"). Diese in Text und Karte darzustellen, ist Aufgabe der Landschaftsplanung
(§ 6a Abs. 1 Nr. 4b, auch a und c LNatSchG; vgl. auch § 15 Abs. 3 LNatSchG). Im Hinblick darauf entfaltet jedenfalls
vor einer Konkretisierung durch die Landschaftsplanung das Überbauungsverbot des § 10 Abs. 2 LNatSchG noch
keine unmittelbare Wirkung. Umstritten ist, ob im Rahmen der Landschaftsplanung Raum für eine Abwägung ist, die
auch Belange außerhalb des Naturschutzes und der Landschaftspflege (z.B. das gemeindliche Interesse an einer
Baulandausweisung) berücksichtigt. Teilweise wird aus § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 BNatSchG (vgl. auch die
entsprechende Regelung in § 1 Abs. 3 LNatSchG) geschlossen, dass auch bei der Landschaftsplanung die
Naturnutzungsinteressen der Allgemeinheit (z.B. Interesse an Baulandschaffung) in die Abwägung einzubeziehen
seien (Nachweise bei Schütze, Aufgabe und rechtliche Stellung der Landschaftsplanung im räumlichen
Planungssystem, 1994, S. 54 Fußnote 73). Dabei sollen auch die städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen der von
der Landschaftsplanung betroffenen Gemeinde zu den Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft
gehören (Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, Bd. 1, Stand: Oktober 2000, § 6 Rn. 8). Nach anderer Ansicht (vor
allem Schütze, Aufgabe und rechtliche Stellung der Landschaftsplanung im räumlichen Planungssystem, 1994, S.
53 ff.) soll § 1 Abs. 2 BNatSchG nicht für die Landschaftsplanung gelten; für sie gebe es keine spezialgesetzliche
Abwägungsdirektive. Der Abwägungsauftrag folge deshalb aus dem rechtsstaatlichen Abwägungsgebot. Da aber die
Landschaftsplanung nur im eigenen fachlichen Bereich rechtlich relevante Vorwirkungen entfalte, nach außen
hingegen eine verbindliche Entscheidung nur vorbereite und nicht selbst treffe, müsse nur ein Ausgleich zwischen den
betroffenen Naturschutzbelangen herbeigeführt werden.
144
Letztere Ansicht lässt sich mit dem auch den Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes von Schleswig-Holstein
zur Landschaftsplanung zu Grunde liegenden Gedanken der Sekundärintegration eher vereinbaren. Danach sollen die
Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege zunächst in einem eigenständigen Planwerk optimiert und erst
dann der Abwägung mit anderen Planungen unterworfen werden (Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-
Räntsch, BNatSchG, 1996, § 5 Rn. 4). Dies ist auch die Vorgehensweise, die § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG zu Grunde
liegt.
145
Wird § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG dahingehend ausgelegt, dass mit der Darstellung von
Entwicklungsgebieten und -flächen und von Biotopverbundflächen in der Landschaftsplanung eine Bauleitplanung, die
eine Überbauung für diese Flächen vorsieht, nicht mehr möglich ist, so dass insoweit auch eine Abwägung nach § 6
Abs. 4 Satz 2, § 4 Abs. 3 LNatSchG und § 1 Abs. 6 BauGB ausgeschlossen ist, erlangen die Darstellungen der
Landschaftsplanung für die Bauleitplanung über § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG insoweit auch
Verbindlichkeit. Auch wenn § 1 Abs. 2 BNatSchG für die Landschaftsplanung nicht gelten sollte, ließe sich jedenfalls
aus dem allgemeinen rechtsstaatlichen Abwägungsgebot im Umfang der durch § 10 Abs. 2 LNatSchG geschaffenen
Verbindlichkeit für die Bauleitplanung das Gebot herleiten, die gemeindlichen städtebaulichen Interessen mit dem
ihnen zukommenden Gewicht in die landschaftsplanerische Abwägung mit einzubeziehen. Verfahrensrechtlich ist dies
für die Landschaftsrahmenpläne durch die in § 5 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG vorgesehene Beteiligung der Gemeinden
abgesichert. Die Landschaftspläne werden ohnehin von der Gemeinde selbst aufgestellt. Sie darf in die Abwägung,
welche Flächen als Entwicklungs- und Verbundflächen dargestellt werden, auch städtebauliche Interessen
einbeziehen. Sonach verbleibt Raum für eine Abwägung im Einzelfall. Aus diesem Grund ist das Überbauungsverbot
des § 10 Abs. 2 LNatSchG für die Flächen des § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG nicht unverhältnismäßig.
146
(3) § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 i.V.m. Abs. 2 LNatSchG ist entgegen der Ansicht der Antragsteller hinreichend
bestimmt. Aus der gesetzlichen Zwecksetzung der Arealvergrößerung und der Schaffung flächenhafter Arealkontakte
für einen wirksamen Artenschutz lässt sich die Bedeutung der geeigneten Bereiche im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2
Nr. 1 LNatSchG und der ökologisch bedeutsamen und sonst geeigneten Flächen im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr.
2 LNatSchG ohne Weiteres erschließen, ohne dass im Einzelnen die den Fachgerichten vorbehaltene Auslegung
vorgezeichnet werden muss.
147
bb) Auch das Überbauungsverbot für "andere ökologische bedeutsame Flächen" in § 10 Abs. 2 LNatSchG ist bei der
gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt. Ein unzulässiger Eingriff in den Wesensgehalt der Planungshoheit der
Gemeinden scheidet deshalb aus.
148
Im Naturschutzrecht sind auslegungsbedürftige Begriffe keine Seltenheit, weil oft nur so der Vielgestaltigkeit der
Natur Genüge getan werden kann. Die Begründung des Gesetzentwurfs kann hierzu nicht unterstützend herangezogen
werden, weil sie insoweit schweigt (LTDrucks 13/27). Bei dem Versuch der Auslegung der Merkmale "andere
ökologisch bedeutsame Wald-, Ufer- und sonstige Flächen" im Sinne des § 10 Abs. 2 LNatSchG ergeben sich
zunächst Schwierigkeiten: Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift besteht für diese Flächen ein striktes
Überbauungsverbot, so dass nur die Befreiungsmöglichkeit des § 54 Abs. 2 LNatSchG verbleibt. Außerhalb dieses
Korrektivs hat die Gemeinde keine Möglichkeit, bei der Bauleitplanung baulichen Nutzungsinteressen den Vorrang vor
Belangen des Naturschutzes einzuräumen. Aus diesem Grunde bedarf es der Abgrenzung zu anderen Vorschriften
des Landesnaturschutzgesetzes, die eine Bebauung von Wald-, Ufer- und sonstigen Flächen in größerem Umfang
zulassen. So sind von dem Verbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG, bauliche Anlagen in einem Abstand von 50 m
zur Uferlinie und von 100 m zur Küstenlinie zu errichten, die baulichen Anlagen des § 11 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG
ausgenommen. Für weitere bauliche Anlagen, ebenso unter Umständen für die Bauleitplanung, können Ausnahmen
zugelassen werden (§ 11 Abs. 2 und 3 LNatSchG), wobei die Ermessensausübung die gebotene Abwägung der
widersprechenden Interessen erlaubt (vgl. dazu auch § 11 Abs. 4 LNatSchG). § 11 LNatSchG, der nicht nur dem
Erholungs-, sondern auch dem Gewässerschutz dient, geht von einer gewissen ökologischen Bedeutung der
grundsätzlich nicht überbaubaren Uferflächen zumindest für die Gewässer aus. Probleme bereitet die Frage, ab wann
von einer solchen ökologischen Bedeutsamkeit im Sinne des § 10 Abs. 2 LNatSchG auszugehen ist, dass die
Ausnahmemöglichkeiten des § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 LNatSchG wegfallen und nur noch eine Befreiung
möglich ist.
149
Ähnlich stellt sich die Rechtslage bei Wald- und "sonstigen Flächen" dar. Nicht selten dürfte es sich bei "sonstigen
Flächen" um bisher baulich nicht genutzte Grundflächen außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile
handeln. Die Errichtung von baulichen Anlagen auf diesen Flächen gilt als Eingriff in die Natur (§ 7 Abs. 2 Nr. 1
LNatSchG). Gleiches gilt für die Umwandlung von Wald (§ 7 Abs. 2 Nr. 8 LNatSchG), also die Abholzung und
Umwandlung in eine andere Nutzungsart. Gemäß § 7a Abs. 3 LNatSchG kann die erforderliche Genehmigung zum
Beispiel dann erteilt werden, wenn die Beeinträchtigung unvermeidbar ist und ausgeglichen werden kann oder wenn
die mit dem Eingriff verfolgten Belange im Rahmen der Abwägung den Belangen des Naturschutzes im Range
vorgehen. Für die Bauleitplanung gilt insoweit über § 8a LNatSchG und § 8a Abs. 1 BNatSchG das Abwägungsgebot
des § 1 Abs. 6 BauGB i.V.m. § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Die §§ 7 ff. LNatSchG gehen somit zwar von einer jedenfalls
potentiellen ökologischen Bedeutsamkeit der genannten Flächen aus, lassen aber Raum für eine Abwägung. Auch
hier stellt sich die Frage, ab wann die ökologische Bedeutung einen solchen Grad erreicht hat, dass eine Abwägung
durch § 10 Abs. 2 LNatSchG ausgeschlossen ist und nur noch eine Befreiungsmöglichkeit nach § 54 Abs. 2
LNatSchG verbleibt.
150
Der Begriff der ökologischen Bedeutsamkeit lässt sich vor diesem Hintergrund anhand der Ziele und der Grundsätze
des Landesnaturschutzgesetzes erschließen. Die Regelungen der §§ 7 ff. und § 11 LNatSchG gehen auf Grund ihrer
Spezialität vor. Des Weiteren gibt § 10 Abs. 2 LNatSchG mit der Inbezugnahme des § 15 LNatSchG einen weiteren
Hinweis auf die Qualität der "anderen ökologisch bedeutsamen Wald-, Ufer- und sonstigen Flächen". Es handelt sich
hiernach um solche, die weder unter §§ 7 ff., § 11 noch § 15 LNatSchG fallen, aber von ihrer Bedeutung für den
Naturschutz den in § 15 Abs. 1 LNatSchG besonders hervorgehobenen Flächen vergleichbar sind. Daraus folgt, dass
sie mindestens ebenso "wertvoll" oder gar noch wertvoller sein müssen, wenn eine Abwägung außerhalb des § 54
Abs. 2 LNatSchG ausgeschlossen sein soll.
151
Allerdings dürfte die praktische Relevanz dieser Frage äußerst gering sein. Das wird auch durch die Auskunft des
zuständigen Senats des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts bestätigt, nach der die hier in Rede
stehenden Fragen in seiner Rechtsprechung bisher keine nennenswerte Rolle gespielt haben. "Andere ökologisch
bedeutsame" Flächen dürfen weder die Voraussetzung für eine Unterschutzstellung erfüllen noch Entwicklungs- oder
Verbundflächen sein, weil sie sonst bereits unter die vorrangigen Flächen des § 15 LNatSchG fielen. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass die ökologischen Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung etwa nach § 17 Abs. 1 und
§ 20 LNatSchG relativ weit gefasst sind, dass ferner zum Beispiel Naturschutzgebiete je nach dem, welche Art
geschützt werden soll und welcher Raum für einen wirksamen Schutz nötig ist, auch klein sein können.
152
Schließlich begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken auch nicht, dass eine konkretisierende Darstellung oder
Festsetzung für die "anderen ökologisch bedeutsamen Flächen" im Sinne des § 10 Abs. 2 LNatSchG nicht
vorgesehen ist. Die Konkretisierung muss im Einzelfall vor dem Hintergrund des oben dargelegten
Regelungszusammenhangs vorgenommen werden.
II.
153
Der Antrag ist des Weiteren offensichtlich unbegründet, soweit die Antragsteller - zulässigerweise - eine Verletzung
des Rechtsstaatsprinzips behaupten. Das Rechtsstaatsprinzip hat in der Landesverfassung von Schleswig-Holstein
keine ausdrückliche Normierung erfahren. Jedoch kommt es als allgemeines Strukturprinzip in einer Reihe von
einzelnen Verfassungsbestimmungen (z.B. Art. 38 Abs. 1, 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 und 45 Abs. 1 LV) zum Ausdruck
(vgl. z.B. von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung, 1995, Art. 38 Rn. 1, Art. 45 Rn. 1). Aus
diesem Grunde besteht auch hier keine Notwendigkeit, es vom Grundgesetz in die Landesverfassung "hineinzulesen";
denn es ist in der Landesverfassung bereits selbst verbürgt. Ob das landesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip
mit dem des Grundgesetzes in jeder Hinsicht identisch ist, kann dahinstehen. Soweit die Rügen einer Verletzung des
Rechtsstaatsprinzips überhaupt zulässig sind, stützen sie sich auf das Gebot der Normklarheit und der
Vorhersehbarkeit sowie Messbarkeit hoheitlichen Handelns. Daran, dass dieses Gebot nicht nur dem Grundgesetz,
sondern auch der Landesverfassung zu Grunde liegt, bestehen keine Zweifel.
154
Das auch in der Landesverfassung von Schleswig-Holstein verbürgte Rechtsstaatsprinzip begründet das Gebot
hinreichender Bestimmtheit der Gesetze (vgl. BVerfGE 49, 168 <181>; 59, 104 <114>; 78, 205 <212>). Dieses zwingt
den Gesetzgeber aber nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Dass ein Gesetz
unbestimmte, der Auslegung und Konkretisierung bedürftige Begriffe verwendet, verstößt allein noch nicht gegen den
rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit und Justitiabilität (BVerfGE 37, 132 <142>). Allerdings muss das
Gesetz so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den
Normzweck möglich ist (BVerfGE 49, 168 <181>; 59, 104 <114>; 78, 205 <212>; 87, 234 <263>). Unvermeidbare
Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen (BVerfGE 78, 205
<213>). Erforderlich ist allerdings, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten
danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen
Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (BVerfGE 37, 132 <142>).
155
1. § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 2 LNatSchG entspricht dem Gebot der Normklarheit. Gemäß § 15a Abs. 4
LNatSchG gilt das Verbot der in Absatz 2 bezeichneten Handlungen zum Nachteil der Biotope des Absatzes 1 auch
schon vor Eintragung, Bekanntmachung, Darstellung in den Plänen oder Kenntlichmachung in der Örtlichkeit gemäß
Absatz 3. Das Landesnaturschutzgesetz stellt auf diese Weise klar, dass die in § 15a Abs. 3 LNatSchG
vorgesehenen Kenntlichmachungen nur deklaratorischer Natur sind, weil, wie in § 20c BNatSchG vorgesehen, die
Biotope des § 15a Abs. 1 LNatSchG unmittelbar kraft Gesetzes geschützt sind (Schmidt-Räntsch, in:
Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, § 20c Rn. 13). Das Gesetz geht davon aus, dass die
genannten Biotope ohne weitere Konkretisierung erkennbar sind. Wenn die Antragsteller meinen, ohne die
Kenntlichmachung im Sinne des Absatz 3 sei für den "im Freien sich bewegenden Menschen" nicht erkennbar, "was,
wo und wie von ihm zu unterlassen" sei, bezweifeln sie im Ergebnis die Bestimmtheit der Regelungen des § 15a Abs.
1 LNatSchG über Biotope und der nach § 15a Abs. 2 LNatSchG verbotenen Handlungen. Diese Zweifel sind
unbegründet. Die Biotope des § 15a Abs. 1 LNatSchG sind größtenteils identisch mit denen des § 20c Abs. 1
BNatSchG, zu denen als Auslegungshilfe eine von der Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und
Landschaftsökologie erarbeitete Liste mit Definitionen und Erläuterungen existiert (abgedruckt bei Gassner/Bendomir-
Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, Anhang zu § 20c). Darüber hinaus gibt es inzwischen auf Grund der
Ermächtigung des § 15a Abs. 7 LNatSchG eine die Biotope des § 15a Abs. 1 LNatSchG umschreibende Verordnung
(Landesverordnung über gesetzlich geschützte Biotope vom 13. Januar 1998, GVOBl S. 72) und außerdem eine
landesweite Biotopkartierung (vgl. Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Juni 1997 - 1
L 283/95 -, NuR 1998, S. 558). Auch haben gemäß § 15a Abs. 4 Satz 2 LNatSchG für die Übergangszeit zwischen
Inkrafttreten des Gesetzes und Kenntlichmachung nach Absatz 3 die Grundeigentümer und Nutzungsberechtigten ein
Recht auf Auskunft.
156
Es ist nicht ersichtlich, warum es diesen Personen im Zweifelsfall vor einer Beseitigung, Beschädigung, sonst
erheblichen Beeinträchtigung oder Veränderung des charakteristischen Zustands der geschützten Biotope (§ 15a Abs.
2 LNatSchG) unzumutbar sein soll, von ihrem Recht auf Auskunft Gebrauch zu machen und sich über das geltende
Recht zu vergewissern. Schließlich ist das Risiko einer Fehleinschätzung im Einzelfall auch deshalb zumutbar (vgl.
BVerfGE 81, 70 <88>), weil vor einer Eintragung des Biotops in das Naturschutzbuch oder einer Bekanntmachung
nach § 15a Abs. 3 LNatSchG eine Handlung nach Absatz 2 keine Ordnungswidrigkeit darstellt (§ 57 Abs. 1 Nr. 6
LNatSchG).
157
2. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist § 4a Abs. 3 LNatSchG mit seinem Verweis auf das
Landesplanungsgesetz (LPlG) und auf § 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG nicht in sich widersprüchlich. Nach dieser
Vorschrift werden die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen des Landschaftsprogramms unter Abwägung
mit den anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nach Maßgabe des Landesplanungsgesetzes und
des § 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG in die Raumordnungspläne übernommen.
158
Gemäß § 2 Abs. 1 LPlG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Februar 1996 (GVOBl S. 232) in Verbindung
mit § 1 Abs. 1 Satz 2 Landesentwicklungsgrundsätzegesetz (LEntwGrdsG) in der Fassung der Bekanntmachung vom
31. Oktober 1995 (GVOBl S. 364) sind die Grundsätze des § 2 Abs. 1 ROG und die in §§ 3 bis 13 LEntwGrdsG
enthaltenen Grundsätze von der Landesverwaltung einschließlich der Landesplanungsbehörden bei allen
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen "gegeneinander und untereinander" abzuwägen (vgl. auch § 4 Abs. 2,
§ 7 Abs. 7 Satz 1 ROG).
159
Für die Abstimmung von anderen Planungen durch die Landesplanung (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 LPlG) geben weder das
Landesplanungsgesetz noch das Landesentwicklungsgrundsätzegesetz mehr als jenes allgemeine Gebot zur
Abwägung der Grundsätze an die Hand. Auch ohne Verweis auf § 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG enthält demgegenüber
§ 4a Abs. 3 LNatSchG bereits eine Konkretisierung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 1 Satz 2 LEntwGrdsG
dahingehend, dass im Wege der so genannten Sekundärintegration (vgl. Gassner, in: Gassner/Bendomir-
Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, § 5 Rn. 4) die im Landschaftsprogramm bereits optimierten Erfordernisse
und Maßnahmen in die Abwägung einzubeziehen sind (so auch § 5 Abs. 2 BNatSchG und § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
ROG). Die in dem Planwerk zusammengefassten Naturschutzbelange werden also als Ganzes und nicht in der
Gestalt vereinzelter Grundsätze in die Abwägung eingestellt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, LTDrucks 13/27,
S. 116); durch § 4 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG wird dies lediglich verdeutlicht.
160
Eine weitere Konkretisierung erfährt das landesplanerische Abwägungsgebot des § 1 Abs. 1 Satz 2 LEntwGrdsG
schließlich durch den Verweis des § 4a Abs. 3 LNatSchG auf § 4 Abs. 3 LNatSchG. Abweichungen von den
"Ergebnissen der Landschaftsplanung" durch andere Planungen (einschließlich Raumordnungsplanung) sind bei
erheblichen Beeinträchtigungen von Zielen des Naturschutzes danach nur zulässig, wenn andere Belange im Rang
vorgehen. Über das allgemeine Verbot der Abwägungsdisproportionalität hinaus bedeutet dies für den (praktisch eher
seltenen) Fall, dass den gegenläufigen Interessen bei der Abwägung im engeren Sinne unter Berücksichtigung aller
Umstände der gleiche Rang zukommt, dass die Naturschutzbelange jedenfalls dann nicht zurückgesetzt werden
dürfen, wenn dies eine Abweichung von den Ergebnissen der Landschaftsplanung bedeuten würde.
161
Eine
Zusammenschau
der
genannten
Vorschriften
des
Landesplanungsgesetzes,
des
Landesentwicklungsgrundsätzegesetzes und des Landesnaturschutzgesetzes ergibt nach allem, dass sie für die
vorzunehmende Abwägung nicht in sich widersprüchliche, sondern lediglich nach dem jeweiligen Grad ihrer
Konkretisierung abgestufte Regelungen vom Allgemeinen ins Besondere enthalten. Für den Adressaten des § 4a Abs.
3 LNatSchG ist deshalb der Inhalt des Abwägungsgebots erkennbar.
162
3. Auch die auf das Rechtsstaatsprinzip unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gestützten Rügen zu
§ 59 Abs. 1 bis 6 LNatSchG und § 59a Satz 2 LNatSchG greifen nicht durch. Soweit diese Vorschriften durch Art. 14
GG geschützte Rechtspositionen betreffen, sind Beanstandungen der Antragsteller aus den oben unter B. III. 2.
genannten Gründen bereits unzulässig. Im Übrigen sind sie unbegründet.
163
Denn es ist nicht ersichtlich, dass das durch die Eingriffsregelungen des Landesnaturschutzgesetzes verfolgte
gesetzgeberische Anliegen für den Naturschutz hinter dem Schutz des Vertrauens des Einzelnen in innegehabte
Rechtspositionen zurücktreten müsste und weshalb die Regelung trotz der relativ großzügigen Frist von zehn Jahren
unzumutbar sein sollte.
164
4. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ordnet § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG nicht bedingungslos die
Unbeachtlichkeit von Form- und Verfahrensfehlern an. Die Auslegung der Vorschrift ergibt vielmehr, dass ein solcher
Fehler erst dann sanktionslos hinzunehmen ist, wenn er ein Jahr lang nicht gerügt worden und der Hinweis nach § 54a
Abs. 3 LNatSchG erfolgt ist (a). Diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich (b).
165
a) § 54a Abs. 2 LNatSchG lautet:
166
Unbeachtlich sind
167
1. eine Verletzung der in § 53 bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
168
2. Mängel der Abwägung, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres gegenüber der
Naturschutzbehörde geltend gemacht worden sind, die die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das
gleiche gilt für Mängel in der Beschreibung des Schutzzwecks. Der Sachverhalt, der die
Verletzung begründen soll, ist darzulegen.
169
Das Druckbild vermittelt den Eindruck, als beziehe sich der Halbsatz "wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines
Jahres gegenüber der Naturschutzbehörde geltend gemacht worden sind..." nur auf Abwägungsmängel. Eine
Auslegung der Vorschrift ergibt jedoch, dass es sich bei dieser Gestaltung des Druckbildes, also der Tatsache, dass
nach "Mängel der Abwägung," kein Absatz folgte, um ein Versehen handelt.
170
§ 54a Abs. 2 LNatSchG des ursprünglichen Gesetzentwurfs vom 18. Mai 1992 lautet (LTDrucks 13/27, S. 76):
171
Eine Verletzung der in § 53 genannten Verfahrens- und Formvorschriften ist unbeachtlich,
wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres gegenüber der Naturschutzbehörde geltend
gemacht worden ist, die die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das gleiche gilt für Mängel bei der
Prüfung der Erforderlichkeit der Unterschutzstellung oder einzelner Anordnungen, wenn die
Voraussetzungen für die Unterschutzstellung im übrigen bei Inkrafttreten der Verordnung
vorgelegen haben. Der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen.
172
Die einjährige Rügemöglichkeit sollte es also auch für Form- und Verfahrensfehler geben. Ihre heutige Fassung hat
die Vorschrift durch die Ausschüsse erhalten, denen der Gesetzentwurf durch Plenarbeschluss vom 4. Juni 1992
überwiesen worden ist (LTDrucks 13/966, S. 120). Durch die Aufgliederung in 1. und 2. (ähnlich in § 215 Abs. 1
BauGB) ergab sich hier erstmals die drucktechnische Notwendigkeit, Absätze zu bilden. Dass inhaltlich hinsichtlich
der Rügemöglichkeit für Form- und Verfahrensfehler nichts geändert werden sollte, ergibt eine systematische
Auslegung: Gemäß § 54a Abs. 3 LNatSchG ist "auf die Frist nach Absatz 2" aufmerksam zu machen. Bezöge sich
die Frist nur auf Abwägungsmängel, wäre die entsprechende Passage in § 54a Abs. 3 LNatSchG wohl in "Frist nach
Absatz 2 Nr. 2" umformuliert worden. Am deutlichsten ergibt sich der drucktechnische Fehler in Absatz 2 aber aus
Absatz 4. Nicht nur, dass die Naturschutzbehörde "einen Fehler, der sich aus Absatz 2 ergibt", beheben kann, was
bei von vornherein unbeachtlichen Form- und Verfahrensfehlern nicht nötig wäre; gerade wenn die Verordnung oder
Satzung an einem Form- oder Verfahrensfehler leidet, kann sie "mit rückwirkender Kraft" durch die neue Vorschrift
ersetzt werden. Wären Form- und Verfahrensfehler stets unbeachtlich, bedürfte es keiner Rückwirkung.
173
Schließlich wären auch Sinn und Zweck der §§ 53, 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG nicht gewahrt, wenn einerseits in
§ 53 LNatSchG ausführliche Verfahrensvorschriften entwickelt werden, ein Verstoß gegen sie jedoch in § 54a Abs. 2
LNatSchG ohne jede Einschränkung für unbeachtlich erklärt würde. Die hier vorgenommene Auslegung entspricht
somit der Gesetzesgeschichte, Gesetzessystematik, dem Gesetzeszweck und auch dem Wortlaut; ihr widerspricht
lediglich das Druckbild.
174
b) § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG bewirkt, dass unter den Voraussetzungen eines Hinweises nach § 54a Abs. 3
LNatSchG und einer einjährigen Rügelosigkeit formell rechtswidrige Schutzverordnungen und -satzungen (vgl. § 53
Abs. 9 LNatSchG) in "Bestandskraft" erwachsen. Als rechtsstaatliches Prinzip der Landesverfassung ist damit im
Schwerpunkt die Kontrolle der Verwaltung durch die Rechtsprechung (vgl. Art. 2, 43 f. LV) betroffen. Zugleich berührt,
auch wenn die Naturschutzbehörden weiterhin uneingeschränkt an die Vorschriften des § 53 LNatSchG gebunden
sind, der Fortbestand einer formell rechtswidrigen Verordnung den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit des
Verwaltungshandelns (vgl. Art. 45 Abs. 1 LV).
175
Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist der Grundsatz der Vorhersehbarkeit des Verwaltungshandelns nicht
berührt. Sollte die Verwaltung entgegen § 53 LNatSchG etwa eine Bürgerbeteiligung vor Erlass der Schutzverordnung
unterlassen, macht es für die (fehlende) Vorhersehbarkeit keinen Unterschied, ob dieser Fehler später unbeachtlich
wird. § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG regelt nur die Fehlerfolge und befreit die Verwaltung nicht von der Beachtung der
Verfahrensvorschriften.
176
Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung besteht nicht einschränkungslos (aa). Die Einschränkung durch
§ 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG ist gerechtfertigt (bb).
177
aa) Es besteht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass das traditionelle Nichtigkeitsdogma, also der Grundsatz der
Nichtigkeit rechtswidriger Verordnungen oder Satzungen, zwar verfassungsrechtlichen Gehalt hat, nicht aber
verfassungsrechtlich geboten ist (Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 <2807> m.w.N.).
178
bb) Die Regelung des § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG ist vom Motiv "der Rechtssicherheit und der
Verfahrensbeständigkeit" getragen (vgl. Begründung in LTDrucks 13/27, S. 141). Die Einschränkung des Gebots der
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist hieran gemessen verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sie keine unzumutbare
und unverhältnismäßige Rechtsverkürzung bedeutet.
179
Einerseits kommt Schutzausweisungen Planungscharakter zu, weil die sachliche und räumliche Reichweite des
Schutzes unter Abwägung aller berührten Interessen festzulegen ist. Damit haben Verfahrensvorschriften, vor allem
zur Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Bürger, besondere Bedeutung für die materielle Richtigkeit.
Zugleich können die Verfahrensvorschriften nicht nur dem Grundrechtsschutz (der hier außer Acht zu bleiben hat),
sondern auch dem gemäß Art. 46 LV beachtlichen Schutz der Planungshoheit dienen.
180
Andererseits hat sich der Gesetzgeber bei seiner Abwägung um einen Ausgleich der widerstreitenden
verfassungsrechtlichen Gebote bemüht, indem er keines der Prinzipien völlig zurückgesetzt hat. Die Kontrolle der
Verwaltung bleibt mindestens ein Jahr lang erhalten. Die zeitliche Befristung der Rügemöglichkeit ist ebenso wie die
zeitliche Befristung von Rechtsbehelfen jedenfalls dann zumutbar, wenn der Norm eine ausreichende Publizität
zukommt. Während dies sonst bei abstrakt-generellen Normen zweifelhaft sein mag (vgl. Maurer, DÖV 1993, S. 184
<193 f.>), erregen Schutzverordnungen wegen ihres Inhalts und ihrer Auswirkungen und auch schon wegen der
vorgesehenen Öffentlichkeitsbeteiligung in der Regel erhöhte Aufmerksamkeit. Sollte hingegen die Öffentlichkeit völlig
ausgeschlossen werden, so ist die Rüge unbefristet möglich (§ 54a Abs. 3 LNatSchG). Damit ist auch der Fall, dass
eine von der Schutzgebietsausweisung in ihrer Planungshoheit betroffene, aber nicht beteiligte Gemeinde von diesem
Verfahrensmangel nicht rechtzeitig erfährt, praktisch ausgeschlossen. Auch im Hinblick auf den
verfassungsrechtlichen Gehalt der Verfahrensvorschrift des § 53 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG (Beteiligung öffentlicher
Planungsträger) ist die Regelung des § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG deshalb unbedenklich. An die Rügeobliegenheit
sind keine überhöhten Anforderungen gestellt (nur: Schriftlichkeit und Darlegung des Sachverhalts).
181
Nach alledem hat der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur eine relativ geringfügige Einschränkung
erfahren. Diese findet ihre Rechtfertigung im Prinzip der Rechtssicherheit. Naturschutzverordnungen sind nicht selten
- ähnlich wie Bauleitpläne - auf Verwirklichung einer planerischen Konzeption angelegt. Sie können und sollen auch
die Regenerierung oder Weiterentwicklung der Natur fördern. Dieser Prozess wäre gefährdet, wenn "nur" wegen eines
Verfahrensfehlers, der unter Umständen erst nach Jahren aufgedeckt wird, der Fortbestand der Verordnung
angezweifelt werden könnte.
182
Der Klarstellung bedarf aber, dass § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG nur für solche Vorschriften des § 53 LNatSchG gilt,
die die Form oder das Verfahren betreffen. So konkretisiert § 53 Abs. 7 LNatSchG das rechtsstaatliche Gebot der
inhaltlichen Bestimmtheit, bezogen auf den Schutzgegenstand (vgl. dazu Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-
Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, § 12 Rn. 15; BVerwGE 26, 129; 17, 192), und ist somit keine Vorschrift im
Sinne des § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG.
Limbach
Sommer
Jentsch
Hassemer
Broß
Osterloh
Di Fabio
Mellinghoff