Urteil des BVerfG vom 30.07.2002

BVerfG: verfassungsbeschwerde, befreiung, verordnung, aufenthaltserlaubnis, gleichbehandlung, ausschluss, hausangestellte, unterliegen, versicherung, staat

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1686/01 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der nigerianischen Staatsangehörigen E...
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Andreas von Bülow und Koll.,
Eschelbachstraße 14, 53129 Bonn -
gegen
a)
den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5.
September 2001 - 17 A 68/01 -,
b)
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 14. November 2000 - 12 K 3853/97 -
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Sommer,
Di Fabio
und die Richterin Lübbe-Wolff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S.
1473) am 30. Juli 2002 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
1
Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt
weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von
Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt. Sie besitzt keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
2
Soweit die Beschwerdeführerin eine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der nach ihrer Ansicht gleich zu
behandelnden ständig ansässigen Bediensteten zu erkennen glaubt, ist die Verfassungsbeschwerde bereits
unschlüssig. Für eine unterschiedliche aufenthaltsrechtliche Behandlung innerhalb der Gruppe der so genannten
Ortskräfte ist nichts ersichtlich, wenn, wie die Beschwerdeführerin darlegt, jede Ortskraft mit Zustimmung des
Auswärtigen Amtes eingestellt wird und daher unter den Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 3 DVAuslG fällt.
Sollten die auswärtigen Vertretungen daneben ausländische Arbeitskräfte ohne Zustimmung des Auswärtigen Amtes
rekrutieren, so bedürften diese einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 10 AuslG in Verbindung mit den Vorschriften der
Verordnung über Aufenthaltsgenehmigungen zur Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit
(Arbeitsaufenthalteverordnung - AAV) vom 18. Dezember 1990 (BGBl I S. 2994), zuletzt geändert durch Gesetz vom
24. März 1997 (BGBl I S. 594). Die Anwendung der Arbeitsaufenthalteverordnung ist aber gegenüber der Befreiung
gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 DVAuslG rechtlich nachteilig. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass für die bei auswärtigen
Vertretungen beschäftigten Arbeitnehmer, die nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 DVAuslG vom Erfordernis der
Aufenthaltsgenehmigung befreit sind, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Arbeitsaufenthalteverordnung
überhaupt möglich ist. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAV kommt als Rechtsgrundlage hierfür nur in Bezug auf die Personen in
Betracht, die gemäß § 9 Nr. 10 der Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für ausländische Arbeitnehmer
(Arbeitsgenehmigungsverordnung - ArGV) vom 17. September 1998 (BGBl I S. 2899), zuletzt geändert durch Gesetz
vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266) für Tätigkeiten bei auswärtigen Vertretungen vom Erfordernis der
Arbeitsgenehmigung befreit sind. Die Befreiung gemäß § 9 Nr. 10 ArGV wiederum erfasst nur die vom Erfordernis der
Aufenthaltsgenehmigung befreiten Personen. Ein rechtlicher Vorteil läge in der Erteilung einer solchen
Aufenthaltsgenehmigung im Übrigen nicht, weil diese nur bei Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses
verlängert werden dürfte und nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 AAV die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung
ausgeschlossen ist.
3
Den Beschwerdeführern ist daher - entgegen ihrem Vorbringen - durch die Befreiung vom Erfordernis der
Aufenthaltsgenehmigung keineswegs die Rechtswohltat des sich verfestigenden Status der Aufenthaltserlaubnis
genommen worden. Bereits das Verwaltungsgericht hat hierzu - zutreffend - ausgeführt, dass die Regelung des § 3
Abs. 1 Nr. 3 DVAuslG keinen Eingriff in eine zuvor innegehabte aufenthaltsrechtliche Position darstelle, da gemäß § 6
Abs. 2 Nr. 2 AAV eine Aufenthaltsverfestigung ausgeschlossen gewesen sei.
4
Auch die im Ausschluss der Aufenthaltsverfestigung für beide Gruppen liegende aufenthaltsrechtliche
Gleichbehandlung der Ortskräfte mit den privaten Hausangestellten verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art.
3 Abs. 1 GG. Aus der Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben lässt sich kein Anspruch auf
Aufenthaltsverfestigung herleiten. Es erscheint grundsätzlich sachgerecht, jedenfalls verfassungsrechtlich
bedenkenfrei, wenn der Verordnungsgeber jeden Arbeitnehmer zur Absicherung auch während eines zeitlich
befristeten Aufenthalts zur Entrichtung von Sozialabgaben heranzieht. Dem entsprechend müssen auch die von § 4
AAV erfassten Arbeitnehmer - etwa Lehrkräfte und Spezialitätenköche - während ihres zeitlich begrenzten
Arbeitsaufenthaltes Steuern und Sozialabgaben leisten. Bei ihnen ist nach § 4 Abs. 6 AAV ebenso wie bei den
Botschaftsbediensteten nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 AAV die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung
ausgeschlossen. Auch private Hausangestellte unterliegen im Übrigen nur dann nicht der deutschen
Sozialversicherungspflicht, wenn für sie im Herkunftsstaat oder in einem dritten Staat eine Versicherung nach den
dort geltenden Vorschriften nachgewiesen wird (vgl. Art. 33 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische
Beziehungen vom 18. April 1961 ).
5
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
6
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Sommer
Di Fabio
Lübbe-Wolff