Urteil des BVerfG vom 08.08.2002

BVerfG: verlängerung der frist, rechtliches gehör, verfassungsbeschwerde, bestrafung, erfahrung, akteneinsicht, armenien, drittstaat, bibliothek, presse

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1030/02 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der armenischen Staatsangehörigen
1. B...
2. B...
3. B...
4. B...
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Frithjof Beier,
Hauptstraße 26, 63834 Sulzbach am Main -
gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 17. Mai 2002 - 6 E 32461/98.A -
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Sommer,
Di Fabio und die Richterin Lübbe-Wolff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S.
1473) am 8. August 2002 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
1
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, da die Annahmevoraussetzungen des
§ 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Ihre
Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführer
angezeigt, da sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
2
Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer ergibt sich keine Verletzung in verfassungsmäßig geschützten Rechten.
3
Eine Verletzung von Art. 16a Abs. 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil die Beschwerdeführer über einen sicheren
Drittstaat (vgl. Art. 16a Abs. 2 GG) eingereist sind.
4
Eine Verletzung des sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsatzes
des fairen Verfahrens (vgl. BVerfGE 57, 250 <274 f.>; 86, 288 <317>) ist ebenso wenig zu erkennen wie eine
Versagung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es nicht zu
beanstanden, dass das Verwaltungsgericht eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme und eine Verlegung des
Verhandlungstermins abgelehnt hat, denn der Bevollmächtigte der Beschwerdeführer war nicht daran gehindert -
vielmehr oblag es ihm nach § 74 Abs. 2 AsylVfG -, die Klage schon vor Eingang der Terminsladung zu begründen.
Das ihm unbekannte Aktenzeichen hierfür hätte unschwer durch eine Nachfrage beim Gericht in Erfahrung gebracht
und die unvollständigen Handakten hätten durch Akteneinsicht ergänzt werden können. In Anbetracht dieser
Umstände war die Frist zur abschließenden Stellungnahme von etwa zwei Wochen ausreichend.
5
5
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Ablehnung der gestellten Beweisanträge zur Frage
einer möglichen Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung haben die Beschwerdeführer schon deshalb nicht
ausreichend dargelegt, weil sich aus der Verfassungsbeschwerde nicht ergibt, inwiefern die angegriffene Entscheidung
auf dem gerügten Gehörsverstoß beruht (vgl. BVerfGE 28, 17 <20>; 91, 1 <25 f.>). Nach der Begründung des
angegriffenen Urteils kam es auf die gestellten Beweisanträge zur Frage einer möglichen Bestrafung wegen
Wehrdienstentziehung deshalb nicht an, weil keinem der Beschwerdeführer geglaubt wurde, dass er sich überhaupt
dem Wehrdienst in Armenien entzogen hat. Den entsprechenden Feststellungen des Gerichts sind die
Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
6
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
7
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Sommer
Di Fabio
Lübbe-Wolff