Urteil des BVerfG vom 24.08.2010

BVerfG: verfassungsbeschwerde, missbrauch, gebühr, erfüllung, mandat, rechtspflege, grundrecht, bekanntmachung, presse, bibliothek

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1584/10 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn K...
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt B...
gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Mai 2010 -
L 2 KN 27/09 -
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof
und die Richter Bryde,
Schluckebier
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S.
1473) am 24. August 2010 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
- Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € (in Worten:
fünfhundert Euro) auferlegt.
Gründe:
I.
1
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Landessozialgerichts, mit dem die Übernahme der
Kosten eines auf seinen Antrag hin nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten
Sachverständigengutachtens auf die Staatskasse abgelehnt worden ist. Er behauptet, hierdurch in seinem
Eigentumsrecht aus Art. 14 GG verletzt zu sein.
II.
2
1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des
§ 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
3
Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig, weil sie nicht hinreichend begründet ist (§ 23 Abs. 1 Satz
2, § 92 BVerfGG). Zur notwendigen Begründung einer Verfassungsbeschwerde gehört die substantiierte Darlegung,
mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370
<386>). Dabei muss aufgezeigt werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht
verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>). Liegt die Verletzung des Grundrechts nicht auf der Hand, ist dies
anhand der einschlägigen Maßstäbe im Einzelnen darzulegen (vgl. Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG,
2. Aufl. 2005, § 92 Rn. 48).
4
Dem genügt die Verfassungsbeschwerde nicht ansatzweise. Sie besteht jenseits des Vortrags zum Sachverhalt und
der Äußerung, das Landessozialgericht habe falsch entschieden, aus der bloßen Behauptung, Art. 14 GG sei verletzt,
ohne auch nur mit einem Wort darzulegen, aus welchen Gründen der Schutzbereich dieses Grundrechts durch die
angegriffene Entscheidung betroffen sein könnte.
5
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
6
2. Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Danach kann das
Bundesverfassungsgericht eine Gebühr bis zu 2.600 € auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde
einen Missbrauch darstellt. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder
unbegründet ist und ihre Einlegung deshalb von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss
(vgl. etwa BVerfGK 6, 219; 10, 94 <97>; stRspr), etwa bei einer völlig substanzlosen Verfassungsbeschwerde (vgl.
BVerfGK 10, 94 <97>).
7
So verhält es sich hier. Die Verfassungsbeschwerde bemüht sich noch nicht einmal um eine den Anforderungen an
eine zulässige Verfassungsbeschwerde genügende Begründung. Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht
hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben durch für jedermann, vor allem für Rechtsanwälte als Organe der
Rechtspflege, erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden gehindert zu werden, wodurch anderen Bürgern der
ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann (vgl. BVerfGK 6, 219; 10, 94 <97>
m.w.N.; stRspr). Von einem Rechtsanwalt, der ein Mandat zur Führung eines Verfahrens vor dem
Bundesverfassungsgericht annimmt, ist zu verlangen, dass er sich mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer
Verfassungsbeschwerde auseinandersetzt, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den
aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde eingehend abwägt
und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten
Senats vom 9. Juni 2004 – 1 BvR 915/04 –, NJW 2004, S. 2959 m.w.N.; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten
Senats vom 19. Februar 2009 – 2 BvR 191/09 –, juris, Rn. 4 m.w.N.). Dies rechtfertigt es auch, die
Missbrauchsgebühr dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers aufzuerlegen.
8
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Kirchhof
Bryde
Schluckebier