Urteil des BVerfG vom 31.05.2007

BVerfG: steuerbefreiung, verfassungsbeschwerde, ärztliche behandlung, rechtsform, vereinigtes königreich, juristische person, gemeinschaftsrecht, heilbehandlung, anwendungsbereich, unternehmen

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1316/04 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Sch... GmbH & Co. KG,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. Heinz D. Wolf,
Hauptstraße 33, 74177 Bad Friedrichshall -
gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. März 2004 - V R 53/00 -
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter
Bryde,
Eichberger,
Schluckebier
gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I
S. 1473) am 31. Mai 2007 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die ärztlichen Leistungen, die in dem von der Beschwerdeführerin
betriebenen Sanatorium erbracht werden, von der Umsatzsteuer befreit sind.
I.
2
1. Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Umsatzsteuern werden vor allem
durch die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 (ABl Nr. L 145, S. 1) - im Folgenden: Sechste
Mehrwertsteuerrichtlinie - harmonisiert.
3
Die hier für den Bereich der Krankenhausbehandlung und ärztlichen Leistung wesentlichen Bestimmungen dieser
Richtlinie über die zulässige Befreiung von der Umsatzsteuer lauten:
4
Artikel 13
5
Steuerbefreiungen im Inland
6
A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten
7
(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den
Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der
nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen,
Steuerumgehungen und etwaigen Mißbräuchen festsetzen, von der Steuer:
8
<...>
9
b) die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng
verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter
Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht
vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik
und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt
beziehungsweise bewirkt werden;
10
c) die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von
dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht
werden;
11
<...>
12
(2) a) Die Mitgliedstaaten können die Gewährung der unter Absatz 1 Buchstaben b), g), h), i),
l), m) und n) vorgesehenen Befreiungen für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des
öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der folgenden
Bedingungen abhängig machen:
13
- Die betreffenden Einrichtungen dürfen keine systematische Gewinnerzielung anstreben;
etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung
oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden.
14
- Leitung und Verwaltung müssen im wesentlichen ehrenamtlich durch Personen erfolgen, die
weder selbst noch
über zwischengeschaltete Personen ein unmittelbares oder mittelbares Interesse an den
Ergebnissen der betreffenden Tätigkeiten haben.
15
- Es müssen Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind
oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Tätigkeiten, für die eine
Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen Preise angewendet werden, die unter den
Preisen liegen, die von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen für
entsprechende Tätigkeiten gefordert werden.
16
- Die Befreiungen dürfen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten von der
Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen führen.
17
<...>
18
2. Spätestens die Neufassung des Umsatzsteuergesetzes aus dem Jahr 1980 dient wesentlich dem Ziel, die
europarechtlichen Harmonisierungsvorgaben insbesondere der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie umzusetzen.
19
Die für das Streitjahr 1986 maßgeblichen, insoweit seit der Fassung 1980 unveränderten Bestimmungen lauten:
20
§ 4
21
Steuerbefreiungen bei Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch
22
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
23
<...>
24
14. die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut
(Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des
§ 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes und aus der Tätigkeit als klinischer
Chemiker. Steuerfrei sind auch die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren
Mitglieder Angehörige der in Satz 1 bezeichneten Berufe sind, gegenüber ihren Mitgliedern,
soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach Satz 1 steuerfreien Umsätze
verwendet werden. Die Umsätze eines Arztes aus dem Betrieb eines Krankenhauses sind mit
Ausnahme der ärztlichen Leistungen nur steuerfrei, wenn die in Nummer 16 Buchstabe b
bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht
25
<...>
26
16. die mit dem Betrieb der Krankenhäuser, Diagnosekliniken und anderen Einrichtungen
ärztlicher Heilbehandlung, Diagnostik oder Befunderhebung, sowie der Altenheime,
Altenwohnheime und Pflegeheime eng verbundenen Umsätze, wenn
27
a) diese Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden
oder
28
b) bei Krankenhäusern im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der
Abgabenordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt worden sind oder
29
<...>
30
Der hier in Bezug genommene § 67 AO in der maßgeblichen Fassung des Jahres 1986 lautet:
31
§ 67
32
Krankenhäuser
33
(1) Ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist
ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 vom Hundert der jährlichen Pflegetage auf Patienten
entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§§ 5, 6 und 21 der
Bundespflegesatzverordnung) berechnet werden.
34
(2) Ein Krankenhaus, das nicht in den Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung
fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 vom Hundert der jährlichen Pflegetage auf
Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach
Absatz 1 berechnet wird.
II.
35
Die Beschwerdeführerin betreibt in der Rechtsform der GmbH & Co. KG eine staatlich konzessionierte
Krankenanstalt (Sanatorium). Sie bot im Streitjahr 1986 in erster Linie so genannte Regenerationskuren auf dem
Gebiet der Naturheilkunde an.
36
In ihrer Umsatzsteuer-Erklärung 1986 begehrte die Beschwerdeführerin, von ihren Gesamtumsätzen die auf ärztliche
und arztähnliche Leistungen entfallenden Umsätze nach § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980 steuerfrei zu belassen.
37
Das zuständige Finanzamt entsprach diesem Antrag nicht. Weder die Voraussetzungen dieser Vorschrift noch die
für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 seien gegeben. Einspruch und Klage der
Beschwerdeführerin hatten keinen Erfolg. Die Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesfinanzhof zurück.
38
Auf die gegen das Urteil des Finanzgerichts und den Beschluss des Bundesfinanzhofs gerichtete
Verfassungsbeschwerde hob das Bundesverfassungsgericht den Beschluss des Bundesfinanzhofs auf und verwies
die Sache an diesen zurück (BVerfGE 101, 151). Dabei stellte es fest, dass die angegriffenen Entscheidungen die
Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzten, weil sie dazu führten, dass die
Beschwerdeführerin allein wegen ihrer Rechtsform als Personengesellschaft von der Umsatzsteuervergünstigung
ausgeschlossen werde. Eine Steuerermäßigung nur für bestimmte Unternehmer widerspreche dem System der auf
Überwälzung an den Verbraucher angelegten Umsatzsteuer. Systemgerecht sei nur die Vergünstigung im Interesse
der Verbraucher, nicht einzelner Unternehmer. Der sachliche Grund der Umsatzsteuerbefreiung für ärztliche
Leistungen und sonstige Heilberufe liege in dem Zweck, die Sozialversicherungsträger von der Umsatzsteuer zu
entlasten. Der umsatzsteuerliche Belastungsgrund und der umsatzsteuerliche Entlastungszweck hätten damit keinen
Bezug zur jeweiligen Rechtsform unternehmerischer Betätigung. Der Bundesfinanzhof werde im Revisionsverfahren
zu prüfen haben, ob es andere tragfähige Differenzierungsgründe gebe.
39
Der Bundesfinanzhof hat daraufhin die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts zugelassen, sie aber mit dem
nunmehr angegriffenen Urteil als unbegründet zurückgewiesen. Zwar verletze das Urteil des Finanzgerichts die
Beschwerdeführerin insoweit in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG, als die Urteilsbegründung dazu führe, dass
die Beschwerdeführerin allein deshalb von der Umsatzsteuerbefreiung in Bezug auf die von ihr erbrachten ärztlichen
Leistungen ausgenommen sei, weil sie diese in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG erbringe. Gleichwohl habe das
Finanzgericht im Ergebnis die begehrte Steuerbefreiung zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen der
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 nicht erfüllt seien und - unabhängig von der Rechtsform der
Beschwerdeführerin aus anderen Gründen - auch eine Steuerbefreiung der Krankenhausumsätze nach § 4 Nr. 14
UStG 1980 nicht in Betracht komme. Denn die Beschwerdeführerin könne die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Satz 3
UStG 1980 nicht beanspruchen, da sie kein Arzt sei und auch keine Arztpraxis, sondern ein Krankenhaus betreibe.
Umsätze aus dem Betrieb privater Krankenhäuser, die nicht von einem Arzt betrieben würden, fielen nicht unter die
Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung und einer
richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift. § 4 Nr. 14 UStG 1980 erfasse nur diejenigen Heilbehandlungen, die
außerhalb von Krankenhäusern in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem
anderen Ort im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem erbracht würden.
Umsätze von Krankenhäusern hingegen seien, auch soweit sie die ärztliche Heilbehandlung einschlössen, nur dann
steuerfrei, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 in Verbindung mit § 67 AO erfüllten.
III.
40
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1
GG durch das Urteil des Bundesfinanzhofs.
41
Der Bundesfinanzhof vertrete in dem angegriffenen Urteil die Auffassung, sie, die Beschwerdeführerin, sei kein Arzt
im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG 1980, sie betreibe (lediglich) ein Krankenhaus. Damit stelle der Bundesfinanzhof unter
Verstoß gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auf ihr Unternehmen und nicht auf die von ihr erbrachten
Leistungen ab. Denn es könne eben nicht darauf ankommen, ob ein Arzt als natürliche Person ärztliche Leistungen
erbringe oder wie in ihrem Fall eine GmbH & Co. KG.
42
Die Begründung des Bundesfinanzhofs sei in sich widersprüchlich. Einerseits führe der Bundesfinanzhof aus, dass
die Steuerbefreiung in § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980 nicht nur von einem Angehörigen der dort bezeichneten Berufe
(z.B. einem Arzt), sondern auch von einer Personen- oder Kapitalgesellschaft beansprucht werden könne.
Andererseits werde bei ihr aber nicht auf die erbrachte Leistung, sondern darauf abgestellt, dass sie kein Arzt sei.
Damit verstoße der Bundesfinanzhof gegen die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, wonach es nur auf die
Leistung als solche, nicht aber auf die Person des Leistenden ankomme. Es dürfe auch keinen Unterschied machen,
ob die Leistungen innerhalb oder außerhalb eines Krankenhauses erbracht würden.
43
Wolle man gleichwohl auf § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 abstellen, würde sie ebenfalls in ihrem Anspruch auf
Gleichbehandlung verletzt, denn die Vorschrift selbst erscheine verfassungswidrig. Die Bestimmung verlange für die
Steuerbefreiung lediglich, dass mindestens 40 vom Hundert der Pflegetage auf Patienten entfielen, bei denen für die
Krankenhausleistung kein höheres Entgelt als nach der Bundespflegesatzverordnung zulässig berechnet werde. Die
Privilegierung bestehe also auch dann, wenn überwiegend, nämlich zu 60 vom Hundert der Pflegetage, ein höheres
Entgelt berechnet werde. Das Bundesverfassungsgericht habe für die umsatzsteuerliche Privilegierung einzelner
Unternehmer oder Umsätze besondere sachliche Gründe gefordert. Dass aber alle Umsätze von Krankenhäusern,
auch wenn sie nur zu einem untergeordneten Teil von 40 vom Hundert mit Sozialversicherungsträgern abrechneten,
zu einem übergeordneten Teil von 60 vom Hundert aber höhere Preise verlangten, umsatzsteuerlich insgesamt - nicht
nur bezüglich der von den Sozialversicherungsträgern zu finanzierenden Leistungen - privilegiert seien, lasse sich
nicht durch sachliche, schon gar nicht durch besondere sachliche Gründe rechtfertigen.
IV.
44
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a
Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche
Bedeutung zu; die von ihr aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind geklärt. Die Annahme der
Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des von der Beschwerdeführerin hier allein geltend
gemachten Anspruchs auf Gleichbehandlung angezeigt. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht erkennbar.
45
Soweit die Verfassungsbeschwerde gegen die Auffassung des Bundesfinanzhofs gerichtet ist, die von der
Beschwerdeführerin erbrachten Leistungen seien in richtlininenkonformer Auslegung als in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Betrieb eines Krankenhauses erbracht zu verstehen und könnten deshalb grundsätzlich nur
nach § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980, nicht aber nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 von der Umsatzsteuer befreit werden,
überprüft das Bundesverfassungsgericht nicht, ob dieser Standpunkt mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist (1.). Darüber
hinausgehende, jenseits europarechtlicher Bindungen liegende Verstöße des Bundesfinanzhofs gegen Art. 3 Abs. 1
GG sind insoweit, auch mit Blick auf § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980, nicht erkennbar (2.). Die Verfassungsbeschwerde
bleibt schließlich auch ohne Erfolg, soweit sie § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 als gleichheitswidrig rügt (3.).
46
1. a) Mit § 4 Nr. 14 UStG 1980 hat der Gesetzgeber Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 77/388/EWG
des Rates vom 17. Mai 1977 (Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie) und mit § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 den
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie umgesetzt. Für die Abgrenzung der beiden Befreiungstatbestände -
der Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin auf der einen und der aus einer
Krankenhausbehandlung auf der anderen Seite - folgt der Bundesfinanzhof der hierzu ergangenen Rechtsprechung
des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, wonach entscheidend auf den Ort der erbrachten Leistung
abzustellen ist. Leistungen, die außerhalb von Krankenanstalten im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten
Beziehung zwischen Patient und Behandelndem erbracht werden, unterfallen danach der Befreiungsvorschrift des
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, wohingegen Leistungen, die aus einer
Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen bestehen, die üblicherweise ohne Gewinnerzielungsabsicht in
Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung, wie zum Beispiel zum Schutz der menschlichen Gesundheit erbracht
werden, nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe b der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie von der Umsatzsteuer befreit
sind (Nr. 8 der Entscheidungsgründe des BFH unter Berufung auf EuGH, Urteil vom 23. Februar 1988, Rs. 353/85,
Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1988, S. 817, Rn. 32 f.; Urteil vom 10. September 2002, Rs. C-141/00,
Kügler GmbH, Rn. 36, Slg. 2002, S. I-06833 sowie Urteil vom 6. November 2003, Rs. C-45/01, Dornier-Stiftung, Slg.
2003, S. I-12911, Rn. 47). Der Bundesfinanzhof entnimmt der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften schließlich auch den Grundsatz, dass sich die Befreiungstatbestände nach Art. 13 Teil
A Abs. 1 Buchstabe b und c der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie prinzipiell gegenseitig ausschließen. Demnach
findet nach seiner Auffassung auf Umsätze der Krankenhäuser, deren Steuerbefreiung sich nach den
Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 bestimmt, die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG
1980 grundsätzlich keine Anwendung.
47
b) Soweit mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffene Behörden- oder Gerichtsentscheidungen auf europäischem
Gemeinschaftsrecht oder auf diesem umsetzendem innerstaatlichem Recht beruhen, kann die Prüfung dieser
Hoheitsakte durch das Bundesverfassungsgericht auf ihre Vereinbarkeit mit Grundrechten oder grundrechtsgleichen
Rechten eingeschränkt sein. Denn über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht in Deutschland, das
als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik
Deutschland in Anspruch genommen wird, übt das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit nicht mehr aus
und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäischen
Gemeinschaften, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, einen
wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten, der dem
vom Grundgesetz jeweils unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den
Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387 102, 147 <162 ff.>). Auch
eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, wird nach diesen Grundsätzen
insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen, als das Gemeinschaftsrecht keinen
Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 - 1
BvF 1/05 – Umdruck S. 24). Die Rücknahme der Prüfungsbefugnis des Bundesverfassungsgerichts endet allerdings
dort, wo auch die Bindungswirkung der europarechtlichen Vorgaben endet. Jenseits dessen unterliegen die
Entscheidungen von Behörden und Gerichten, auch wenn sie Gemeinschaftsrecht anwenden, der uneingeschränkten
Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht.
48
c) In Anwendung dieser Grundsätze misst das Bundesverfassungsgericht das angegriffene Urteil des
Bundesfinanzhofs nicht an den Grundrechten, so auch nicht an dem von der Beschwerdeführerin allein geltend
gemachten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG, soweit der Bundesfinanzhof die Leistungen der Beschwerdeführerin dem
Steuerbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 zuordnet und für diese Leistungen daneben eine
Befreiung nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 grundsätzlich ausschließt. Denn Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe b und c der
Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie läßt den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften insoweit keinen
Spielraum bei seiner Umsetzung. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Gegenstand der Leistungen, die in diesem
Zusammenhang von der Umsatzsteuer befreit werden dürfen, als auch in Bezug auf das Verhältnis der
Befreiungstatbestände zueinander. Soweit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe b der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie
Umsetzungsspielräume im Hinblick auf die Präzisierung der Bedingungen eröffnet, unter denen private
Krankenanstalten oder ähnliche Einrichtungen den Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht
vergleichbar sind, und diese Spielräume in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchstabe a näher umschreibt, werden hiervon die im
vorliegenden Fall für die Zuordnung der Leistungen der Beschwerdeführerin zu dem Befreiungstatbestand des § 4 Nr.
16 Buchstabe b UStG 1980 maßgeblichen Merkmale nicht erfasst.
49
Dass der Grundrechtsschutz, den das Gemeinschaftsrecht gegen die hier in Rede stehende Umsetzung der
Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bietet, hinter dem des Grundgesetzes zurückbleibe, macht die Beschwerdeführerin
selbst nicht geltend. Dafür bestehen auch keine Anhaltspunkte.
50
Für die in Anwendung bindender europarechtlicher Vorgaben erfolgte Zuordnung der Leistungen der
Beschwerdeführerin zum Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 ist schließlich auch nicht
deshalb gleichwohl die verfassungsgerichtliche Überprüfung eröffnet, weil der Bundesfinanzhof sich zur Begründung
seiner Auffassung auch auf Erwägungen aus den Gesetzesmaterialien zu § 4 Nr. 14 UStG 1980 gestützt hat. Denn
die zu dem gleichen Ergebnis führende richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 14 und 16 Buchstabe b UStG 1980
ist für sein Urteil selbständig tragend.
51
Die Rücknahme der bundesverfassungsgerichtlichen Überprüfung gilt schließlich auch für die Frage der Tragfähigkeit
der vom Bundesfinanzhof im Anschluss an die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften
dafür angeführten Rechtfertigungsgründe, dass die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt oder einer ähnlichen
heilberuflichen Tätigkeit nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 generell von der Umsatzsteuer befreit sind, die Umsätze eines
Krankenhauses, auch soweit sie ärztliche Leistungen betreffen, hingegen nur, wenn sie von gemeinnützigen
Krankenhäusern nach Maßgabe des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 erbracht werden. Die Unterscheidung ist
demzufolge dadurch sachlich gerechtfertigt, dass die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt nach § 4 Nr. 14 UStG 1980
regelmäßig außerhalb von Krankenanstalten im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient
und Behandelndem erbracht werden, während die ärztliche Behandlung durch Krankenhäuser regelmäßig aus einer
Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen besteht, die in einer Vielzahl sonstiger Krankenhausleistungen
eingebettet sind und mit diesen einheitlich umsatzsteuerrechtlich behandelt werden müssen.
52
2. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht erkennbar, soweit der Bundesfinanzhof der
Beschwerdeführerin die Berufung auf den Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980 versagt. Nach
dieser Vorschrift sind die Umsätze eines Arztes aus dem Betrieb eines Krankenhauses mit Ausnahme der ärztlichen
Leistungen nur steuerfrei, wenn die in § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.
53
a) Soweit § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980 eine Ausnahme von den einschränkenden Tatbestandsvoraussetzungen der
Steuerbefreiung bei der Krankenhausbehandlung im Hinblick auf die "ärztlichen Leistungen" des durch einen Arzt
betriebenen Krankenhauses vorsieht, werden im rechtswissenschaftlichen Schrifttum Zweifel geäußert, ob die
europarechtlichen Vorgaben der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie eine solche Sonderbestimmung zulassen (vgl.
Kellersmann, UR 2000, S. 505 <515>; Husmann, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 14, Rn. 117, Stand: Mai 2006;
Schmidbauer/Wittstock, UR 2005, S. 297 <301>).
54
Das Bundesverfassungsgericht ist indessen nicht zuständig für die Beantwortung der Frage der Vereinbarkeit einer
innerstaatlichen Norm des einfachen Rechts mit den Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts (vgl.
BVerfGE 115, 276 <299 f.>). Damit ist auch die Frage der Vereinbarkeit des § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980 mit den
Vorgaben der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen.
55
b) Soweit § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980 die Umsätze eines Arztes aus dem Betrieb eines Krankenhauses, die seine
ärztlichen Leistungen betreffen, generell von der Umsatzsteuer befreit, setzt die Vorschrift jedenfalls keine bindenden
Vorgaben aus der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie um. Damit unterliegen die Vorschrift und ihre Anwendung durch
die Gerichte der verfassungsgerichtlichen Überprüfung auf ihre Vereinbarkeit mit Grundrechten oder
grundrechtsgleichen Rechten.
56
Die Erwägungen des Bundesfinanzhofs, mit denen er der Beschwerdeführerin die Berufung auf den
Sonderbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980 versagt, sind, insbesondere vor dem Hintergrund der
Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1999 (BVerfGE 101, 151), im
Ausgangspunkt zumindest missverständlich. Denn der Bundesfinanzhof hält § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980 deshalb
nicht für einschlägig, weil die Beschwerdeführerin "kein Arzt ist und auch keine Arztpraxis, sondern (lediglich) ein
Krankenhaus betreibt" (Nr. 6 der Urteilsgründe). Diese Ausführungen könnten dahin verstanden werden, dass der
Bundesfinanzhof letztlich wiederum mit Rücksicht auf die Rechtsform der Klägerin - juristische Person statt Arzt - die
Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift versagt hat. Das macht die Beschwerdeführerin auch geltend. Träfe dies zu,
hätte der Bundesfinanzhof nicht nur erneut aus den vom Zweiten Senat in seiner Entscheidung vom 10. November
1999 genannten Gründen das Gleichbehandlungsgebot verletzt (vgl. BVerfGE 101, 151 <156 f.>), sondern auch gegen
die von dieser Entscheidung ausgehende Bindungswirkung verstoßen.
57
Diese Bedenken erweisen sich indes im Ergebnis als unberechtigt. Der Verweis auf die fehlende "Arzt"-Eigenschaft
bezieht sich offenbar nicht auf die Rechtsform sondern die Systematik der Befreiungstatbestände. Der
Bundesfinanzhof stellt daher auch im weiteren Verlauf seiner Urteilsgründe ausdrücklich klar, dass er der Ansicht des
Bundesverfassungsgerichts folgt, wonach der Beschwerdeführerin nicht lediglich mit Hinweis auf ihre Rechtsform die
begehrte Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 versagt werden darf. Das stehe auch in Übereinstimmung mit
seiner sonstigen Rechtsprechung zu dieser Vorschrift und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften (vgl. Nr. 9 der Entscheidungsgründe).
58
Tragender Grund für den generellen Ausschluss einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 ist nach
Auffassung des Bundesfinanzhofs vielmehr die Zuordnung der Leistungen der Beschwerdeführerin zum
Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980. Den vom Zweiten Senat des
Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 10. November 1999 geforderten tragfähigen
Differenzierungsgrund für die unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Befreiungstatbestände (vgl. BVerfGE
101, 151 <157>) sieht der Bundesfinanzhof in den hierfür bereits genannten (oben unter 1 c), den europarechtlichen
Vorgaben entnommenen Rechtfertigungsgründen. Insoweit sind die Erwägungen des Bundesfinanzhofs indessen der
verfassungsgerichtlichen Überprüfung entzogen.
59
Die Beschwerdeführerin macht mithin ohne Erfolg geltend, zu Unrecht vom Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 14
Satz 3 UStG 1980 ausgeschlossen worden zu sein. Denn die Zuordnung ihrer Leistungen zu dem
Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ob es
daneben in einer nennenswerten Größenordnung eine Gruppe von Ärzten gibt, die für Umsätze wegen ärztlicher
Leistungen aus dem Betrieb ihres Krankenhauses nach § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG 1980 eine Steuerbefreiung
beanspruchen können, ohne dass diese Umsätze vorrangig dem § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 zugeordnet
werden müssten, ist nicht erkennbar. Die Beschwerdeführerin hat dafür jedenfalls nichts substantiiert vorgebracht. Sie
beschränkt sich vielmehr ohne Erfolg darauf, für sich selbst die Steuerprivilegierung nach § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG
1980 zu beanspruchen.
60
3. Auch soweit die Beschwerdeführerin die Verfassungswidrigkeit des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 rügt, hat
ihre Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg. Sie beanstandet als sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung
gegenüber anderen Krankenhausbetreibern, dass es nach dieser Bestimmung für die Umsatzsteuerbefeiung
sämtlicher Umsätze eines Krankenhauses genügt, wenn – wie der in Bezug genommene § 67 AO es fordert - auch
nur 40 vom Hundert der jährlichen Pflegetage in einem Krankenhaus im Anwendungsbereich der
Bundespflegesatzverordnung auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen
nach der Bundespflegesatzverordnung berechnet werden, oder in einem Krankenhaus, das nicht in den
Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung fällt, für ebenfalls mindestens 40 vom Hundert der jährlichen
Pflegetage den Patienten jedenfalls kein höheres Entgelt für Krankenhausleistungen berechnet wird. Mit dieser
Unterscheidung hat der Gesetzgeber den ihm hier verfassungsrechtlich zustehenden Gestaltungs- und
Typisierungsspielraum jedoch nicht überschritten.
61
a) Nach § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 sind Krankenhäuser von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie die in § 67
Abs. 1 oder 2 AO bezeichneten Voraussetzungen erfüllen. Mit dieser Regelung nutzt der Steuergesetzgeber den
Spielraum, den Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 Buchstabe a Anstrich 3 der Sechsten
Mehrwertsteuerrichtlinie ihm einräumt. Danach können die Mitgliedstaaten die Gewährung der Steuerbefreiung für
Krankenhausbehandlungen außerhalb öffentlicher Einrichtungen davon abhängig machen, dass staatlich genehmigte
Preise nicht überstiegen werden. Ob der Gesetzgeber sich mit der in § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG 1980 in
Verbindung mit § 67 AO getroffenen Regelung im Rahmen des ihm gemeinschaftsrechtlich eröffneten
Handlungsspielraums hält, wird vom Bundesverfassungsgericht wiederum nicht überprüft (vgl. dazu bereits oben unter
2 a).
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b) Die Unterscheidung der Krankenhäuser in § 4 Nr. 16 Buchstabe b in Verbindung mit § 67 Abs. 1 und 2 AO
danach, in welchem Umfang sie in Höhe festgelegter Pflegesätze abrechnen, wird durch legitime, hinreichend
gewichtige Sachgründe gerechtfertigt. Zweck dieser Steuerbefreiung ist es, die Sozialversicherungsträger als
Kostenträger für ihre Versicherten von der Umsatzsteuer zu entlasten (BFH, Urteil vom 25. November 1993 – V R
64/89 –, BFHE 173, 242; Verweyen, in: Hartmann/Metzenmacher, § 4 Nr. 16 UStG 1980, Rn. 25; Birkenfeld,
Umsatzsteuer-Handbuch, 2005, § 98 Rn. 15; so auch für die Umsatzsteuerbefreiung der ärztlichen Behandlung:
BVerfGE 101, 151 <157> m.w.N.). Eine Besteuerung der ihnen gegenüber abgerechneten Leistungen würde
ansonsten zu höheren Kosten der Sozialversicherung führen und liefe den Bestrebungen zur Kostendämpfung im
Gesundheitswesen zuwider. Die in § 67 AO angesprochenen allgemeinen Krankenhausleistungen werden - im
Gegensatz zu Wahlleistungen - im Regelfall von den Sozialversicherungsträgern übernommen. In der Konsequenz
dieser Regelung liegt es, dass auch selbstzahlende Privatpatienten und deren Kostenträger durch die
Umsatzsteuerbefreiung gefördert werden, sofern die von den Krankenhäusern berechneten Entgelte sich auch ihnen
gegenüber im Kostenrahmen des § 67 AO bewegen, weil diese sich mit den allgemeinen Krankenhausleistungen
begnügen (vgl. BFH, Urteil vom 25. November 1993 – V R 64/89 – , BFHE 173, 242).
63
Der beschriebene Zweck der Steuerbefreiung folgt auch aus der Entstehungsgeschichte des § 67 AO, der aus § 10
Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24. Dezember 1953 (BGBl I 1953, S. 1592) - im Folgenden: GemV -
hervorgegangen ist. § 10 GemV verlangte für die Steuerbefreiung eines Krankenhauses, dass dieses in besonderem
Maße der "minderbemittelten Bevölkerung" diene (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GemV). Die Steuerbefreiung hing von der Höhe
der berechneten Pflegesätze (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 GemV) sowie von der Anzahl der auf Kranke der Sozialversicherung,
der Kriegsopferversorgung und der öffentlichen Fürsorge entfallenden Verpflegungstage oder der Höhe der von
Selbstzahlern verlangten Pflegesätze und Gebühren ab (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 GemV). Die Vorschrift wollte die
Gesundheitskosten für Mitglieder der Sozialversicherungen niedrig halten. Diese Zwecksetzung übernimmt § 67 AO
(vgl. die Begründung zu § 67 im Bericht und Antrag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zum Entwurf
einer Abgabenordnung, BTDrucks 7/4292, S. 22; Gersch, in: Klein, AO, 9. Auflage, § 67 Rn. 3).
64
Dass die Umsatzsteuerbefreiung den – privaten – Krankenhäusern mit der dargestellten, weiterführenden
Zielsetzung zugute kommen soll, wird im Grundsatz auch von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt.
Sachlich gerechtfertigt ist indes auch, dass die Umsatzsteuerbefreiung nach der gesetzlichen Regelung bereits dann
für ein Krankenhaus insgesamt greift, wenn zumindest 40 vom Hundert der jährlichen Pflegetage auf Patienten
entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen oder jedenfalls keine höheren berechnet
werden. Mit der Festlegung dieser prozentualen Grenze hält sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm hierbei
zustehenden weiten Gestaltungs- und Pauschalierungsspielraums. Er knüpft damit an die in gleicher Höhe bereits in
§ 10 Abs. 2 Nr. 2 Gemeinnützigkeitsverordnung 1953 enthaltene Voraussetzung zur Bestimmung, ob eine
Krankenanstalt in besonderem Maße dem geforderten Gemeinnützigkeitszweck dient, an. Substantiierte
Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechende Annahme im Hinblick auf die mit der Umsatzsteuerbefreiung für
Krankenhäuser verfolgten Gemeinwohlziele nicht in gleicher Weise gerechtfertigt wäre, sind von der
Beschwerdeführerin nicht vorgetragen und auch sonst nicht erkennbar. Der Standpunkt des Gesetzgebers, dass bei
einer Abrechnung in etwa in Höhe der Selbstkosten, wie nach den Sätzen der Bundespflegesatzverordnung
angestrebt, bei mindestens 40 vom Hundert der jährlichen Pflegetage das jeweilige Krankenhaus insgesamt in
erheblichem Umfang zur Kostenentlastung für die Sozialversicherungsträger beiträgt und damit der Kostendämpfung
im Gesundheitswesen dient, ist nicht offensichtlich fehlsam. Zudem lässt sich die typisierte Grenze von 40 vom
Hundert der Pflegetage einfach feststellen und überprüfen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Bryde
Eichberger
Schluckebier