Urteil des BVerfG vom 21.12.2011

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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvQ 44/11 -
In dem Verfahren
über den Antrag
im Wege der einstweiligen Anordnung
das Amtsgericht Marburg zu verpflichten, über die Prozesskostenhilfegesuche in dem Verfahren
92 C 1462/08 (78) zu entscheiden und den Prozesskostenhilfegesuchen stattzugeben
Antragsteller: P...
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof
und die Richter Eichberger,
Masing
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 21. Dezember 2011 einstimmig
beschlossen:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe:
1
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG ist unzulässig, weil der
Beschwerdeführer eine Entscheidung des Amtsgerichts Marburg über von ihm in einem
Zivilverfahren gestellte Prozesskosthilfeanträge wegen vermeintlich überlanger Verfahrensdauer
erzwingen will. Zur Beschleunigung eines fachgerichtlichen Verfahrens kommt ein Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung jedoch nicht in Betracht, denn eine solche Anordnung
hätte einen Inhalt, den die Entscheidung in der Hauptsache nicht haben könnte
(vgl. BVerfGE 16, 220 <226>). Im Verfahren der Verfassungsbeschwerde hätte das
Bundesverfassungsgericht lediglich eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20
Abs. 3 GG durch eine überlange Verfahrensdauer feststellen, nicht jedoch dem Amtsgericht eine
bestimmte Verfahrensgestaltung vorschreiben können (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer
des Ersten Senats vom 1. Dezember 2010 - 1 BvR 1725/10 -, NVwZ-RR 2011, S. 89).
2
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass durch das am 3. Dezember 2011 in Kraft getretene
Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen
Ermittlungsverfahren (BGBl I S. 2302) mit der Verzögerungsrüge nunmehr ein Rechtsbehelf
gegen die überlange Dauer eines Gerichtsverfahrens auch mit Geltung für bereits anhängige
Verfahren eingeführt wurde; gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG muss dieser Rechtsbehelf
ergriffen worden sein, bevor eine zulässige Verfassungsbeschwerde erhoben werden könnte,
was wiederum Voraussetzung eines zulässigen Antrags auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung ist.
3
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Kirchhof
Eichberger
Masing