Urteil des BVerfG vom 08.05.2012

BVerfG: eintritt des versicherungsfalls, satzung, zusatzrente, allgemeine geschäftsbedingungen, anwartschaft, öffentliche gewalt, verfassungsbeschwerde, private wirtschaft, privatwirtschaft, vollrente

L e i t s ä t z e
zum Beschluss des Ersten Senats vom 8. Mai 2012
- 1 BvR 1065/03 -
- 1 BvR 1082/03 -
1. Die Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder ist tauglicher
Beschwerdegegenstand im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG.
2. Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde gegen komplexe Regelungen zur
Leistungsberechnung, genügt es nicht, nachteilige Ungleichbehandlungen durch einzelne
Faktoren zu behaupten; vielmehr bedarf es auch einer Auseinandersetzung mit ihrem
Zusammenwirken und dessen Ergebnis. Im Einzelfall kann es zumutbar sein, dabei
unterstützende Beratung in Anspruch zu nehmen, um einen Verfassungsverstoß
substantiiert rügen zu können.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1065/03 -
- 1 BvR 1082/03 -
Bundesadler
Im Namen des Volkes
In den Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerden
I. des Herrn W…,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Bernhard Mathies,
Soltauer Allee 22, 21335 Lüneburg -
1. unmittelbar gegen
a) das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. April 2003 - 12 U
194/02 -,
b) das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 12. Juli 2002 - 6 O 462/01 -,
c) § 18 BetrAVG in der Neufassung ab 1. Januar 2001 (BGBl I S. 1914),
2. mittelbar gegen
a) § 18 BetrAVG n.F.,
b) § 37 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 4, §§ 44, 44a der Satzung der
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in der Fassung der 36.
Satzungsänderung vom 22. September 1999 (BAnz Nr. 242 vom 22.
Dezember 1999) und der 41. Satzungsänderung
- 1 BvR 1065/03 -,
II. des Herrn Prof. Dr. S…,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Bernhard Mathies,
Soltauer Allee 22, 21335 Lüneburg -
1. unmittelbar gegen
a) das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. April 2003 - 12 U
193/02 -,
b) das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 12. Juli 2002 - 6 O 460/01 -,
c) § 18 BetrAVG in der Neufassung ab 1. Januar 2001 (BGBl I S. 1914),
2. mittelbar gegen
a) § 18 BetrAVG n.F.,
b) § 37 Abs. 1 Buchstabe b der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes
und der Länder in der Fassung bis zur 41. Satzungsänderung
- 1 BvR 1082/03 -
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsident Kirchhof,
Gaier,
Eichberger,
Schluckebier,
Masing,
Paulus,
Baer,
Britz
am 8. Mai 2012 beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Gründe:
A.
1
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Berechnung von Versorgungsanwartschaften nach
der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und § 18 des Gesetzes zur
Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.
I.
2
1. Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (im Folgenden: Versorgungsanstalt) hat
als Zusatzversorgungseinrichtung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Aufgabe, den
Beschäftigten der an ihr beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine
Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Diese ergänzt die
Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zur Gewährleistung der Zusatzversorgung
schließen die Arbeitgeber mit der Versorgungsanstalt einen privatrechtlichen
Gruppenversicherungsvertrag ab. Den Beschäftigten erwächst gegenüber der
Versorgungsanstalt ein versicherungsrechtlicher Zusatzversorgungsanspruch.
3
2. Dem System der Zusatzversorgung durch die Versorgungsanstalt lag bis zum 31. Dezember
2000 der „Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie
von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe“ vom 4. November 1966
(Versorgungs-TV, abgedruckt in: Berger/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die
Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, Teil A 1 ) zugrunde; die konkrete
Ausgestaltung der Zusatzversorgung ergab sich aus der Satzung der Versorgungsanstalt in der
bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F., BAnz Nr. 239 vom 22. Dezember
1966, zuletzt geändert durch die 41. Satzungsänderung, BAnz Nr. 68 vom 11. April 2002). Die
Zusatzversorgung unterschied dabei zwischen der Versorgungs- und der Versicherungsrente.
4
Beschäftigte im öffentlichen Dienst erhielten im Normalfall eine Versorgungsrente nach
§ 37 Abs. 1 Buchstabe a, §§ 40 bis 43b VBLS a.F. Einen Anspruch darauf hatten Versicherte, die
bei Eintritt des Versicherungsfalls die Wartezeit von 60 Umlagemonaten erfüllt hatten (§ 38
Abs. 1 VBLS a.F.) und bei der Versorgungsanstalt pflichtversichert waren (§ 37 Abs. 1
Buchstabe a VBLS a.F.). Der Versicherungsfall trat bei Versicherten der gesetzlichen
Rentenversicherung grundsätzlich an dem Tag ein, ab dem sie nach dem Bescheid des
Rentenversicherungsträgers eine Vollrente bezogen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 VBLS a.F.). Mit der
Versorgungsrente garantierte der Arbeitgeber eine Altersversorgung in Höhe eines bestimmten
Prozentsatzes des letzten Bruttoentgelts, wobei die Rente aus der gesetzlichen
Altersversicherung angerechnet wurde. Die Versicherten sollten dadurch ein
Gesamtversorgungsniveau erreichen, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Die
Gesamtversorgung war auf einen bestimmten Vomhundertsatz des fiktiv aus dem Bruttoentgelt
zu berechnenden Nettoentgelts begrenzt. Die Berechnung beruhte auf dem zuletzt erzielten
Durchschnittsentgelt (§ 43 VBLS a.F.), der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§ 42 VBLS a.F.) und
einem nach der Länge der gesamtversorgungsfähigen Zeit gestaffelten Versorgungssatz (§ 41
Abs. 2 bis Abs. 2b VBLS a.F.). Der Versorgungssatz betrug mindestens 35 % des Bruttoentgelts
und 45 % des Nettoentgelts. Er stieg mit fortdauernder gesamtversorgungsfähiger Zeit bis zu
einem Höchstsatz von 75 % des Bruttoentgelts beziehungsweise 91,75 % des Nettoentgelts, der
nach 40 gesamtversorgungsfähigen Jahren erreicht wurde. Zuvor hatte bis 1991 eine
Versorgungsstaffel gegolten, nach der der Höchstsatz bereits nach 35
gesamtversorgungsfähigen Jahren erreicht wurde. Für einen Teil der
Versorgungsrentenberechtigten, die am 31. Dezember 1991 bei der Versorgungsanstalt
pflichtversichert waren, sah § 98 VBLS a.F. Übergangsregelungen vor, nach denen die alte
Versorgungsstaffel eingeschränkt weiter anzuwenden war.
5
Die von der Versorgungsrente zu unterscheidende Versicherungsrente war gemäß § 37 Abs. 1
Buchstabe b VBLS a.F. die Rentenart für diejenigen, die bei Eintritt des Versorgungsfalls nicht
mehr pflichtversichert, also typischerweise vorzeitig aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden
waren. Für die Berechnung verwies § 37 Abs. 1 Buchstabe b VBLS a.F. einerseits auf § 44
VBLS a.F., andererseits auf § 44a VBLS a.F. Die Beschwerdeführer greifen diese Vorschriften
mittelbar an. Der Beschwerdeführer zu 1) greift zudem mittelbar § 37 Abs. 4 VBLS a.F. an,
wonach für bestimmte Fälle des unverschuldeten
,
Pflichtversicherung zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls fingiert wurde.
6
§ 44a VBLS a.F. regelte den Anspruch auf „Versicherungsrente auf Grund des
Betriebsrentengesetzes“ und war § 18 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen
Altersversorgung in der Fassung vom 19. Dezember 1974 (§ 18 BetrAVG a.F., BGBl I S. 3610)
nachgebildet. Das Bundesverfassungsgericht erklärte § 18 BetrAVG a.F. mit Beschluss vom 15.
Juli 1998 (BVerfGE 98, 365) für mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar. Daraufhin
wandte die Versorgungsanstalt § 44a VBLS a.F. nicht mehr an (bestätigt durch BGH, Urteil vom
14. Januar 2004 - IV ZR 56/03 -, VersR 2004, S. 453). Stattdessen berechnete sie Zusatzrenten
nach § 18 BetrAVG in der Neufassung vom 21. Dezember 2000 (BGBl I S. 1914), die mit den
vorliegenden Verfassungsbeschwerden angegriffen wird.
7
3. Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung schützt Beschäftigte, deren
Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls endet, vor dem Verlust der betrieblichen
Altersversorgung. Nach § 1b BetrAVG entsteht unter dort näher geregelten Voraussetzungen
eine unverfallbare Anwartschaft auf eine Rente.
8
Die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft wird bei Beschäftigten in der privaten Wirtschaft
ratierlich gemäß § 2 BetrAVG berechnet. Ausgangspunkt war nach der hier maßgeblichen
Fassung vom 26. Juni 2001 (BGBl I S. 1310) grundsätzlich die Höhe der Betriebsrente, die
erreicht worden wäre, wenn das Arbeitsverhältnis bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs
fortbestanden hätte. Dieser Betrag wurde durch die mögliche Gesamtarbeitszeit bis zur
Vollendung des 65. Lebensjahrs geteilt und mit der Zeit der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit
multipliziert.
9
Für den Teil des öffentlichen Dienstes, in dem die Zusatzversorgung durch einen der in § 18
Abs. 1 Nr. 1 und 2 BetrAVG genannten Zusatzversorgungsträger organisiert ist, gelten etwas
andere Regeln. Wer vor Eintritt des Versorgungsfalls - dem Versicherungsfall im Sinne der
jeweiligen Versorgungsregelung - aus dem öffentlichen Dienst ausscheidet, erhält eine
Zusatzrente gemäß § 18 Abs. 2 BetrAVG. Ausgangspunkt dieser Berechnung ist die nach dem
jeweiligen Versorgungssystem fiktiv höchstmögliche Versorgungsleistung auf Grundlage des
Entgelts bei Ausscheiden (Voll-Leistung). Eine Versorgungsrente wird in Höhe eines
Vomhundertsatzes dieser Voll-Leistung gewährt, der sich aus der Multiplikation der Zahl der
Jahre der Pflichtversicherung aufgrund des Arbeitsverhältnisses mit dem festen Faktor 2,25 pro
Jahr ergibt; abweichend von § 2 Abs. 1 BetrAVG wird also nicht auf die Dauer der
Betriebszugehörigkeit abgestellt, sondern auf die Zeit der Pflichtversicherung.
10
Bei der Berechnung der Voll-Leistung muss als Zwischenschritt die fiktive Grundversorgung der
vorzeitig ausscheidenden Beschäftigten
,
werden. Dazu ist gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe f BetrAVG zwingend das
Näherungsverfahren anzuwenden, eine dem Steuerrecht entlehnte Hochrechnungsmethode.
Das Verfahren dient der pauschalierten Abschätzung der zu erwartenden Grundversorgung,
wobei es sich an die Formel zur Berechnung der gesetzlichen Rente anlehnt. Auch dies weicht
von der Regelung für die Privatwirtschaft ab. Dort bestimmt § 2 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1
BetrAVG, dass eine bei der Anwartschaftsberechnung zu berücksichtigende gesetzliche Rente
nach dem Näherungsverfahren bestimmt werden kann; alternativ haben die Beschäftigten die
Möglichkeit, die Anzahl der im Zeitpunkt des Ausscheidens konkret in der gesetzlichen
Rentenversicherung erreichten Entgeltpunkte nachzuweisen und so eine eventuell für sie
günstigere Berechnung herbeizuführen. Das ist im öffentlichen Dienst nicht möglich.
11
Neben § 18 BetrAVG ist für die Beschwerdeführer die Übergangsregelung des § 30d Abs. 1
BetrAVG von Bedeutung. Sie modifiziert die Berechnung der Zusatzrente für die vor dem 1.
Januar 2001 vorzeitig ausgeschiedenen Beschäftigten. Bei ihnen wird gemäß § 30d Abs. 1 Satz
2 BetrAVG zur Berechnung der Voll-Leistung pauschal, also unabhängig von den tatsächlichen
persönlichen Verhältnissen, die Steuerklasse III/0 zugrunde gelegt. Nach § 30d Abs. 1 Satz 3
BetrAVG wird zudem der Besitzstand derjenigen Beschäftigten, die vor dem 1. Januar 2001
schon verrentet waren, mindestens in der Höhe, die sich nach § 18 BetrAVG a.F. ergab,
geschützt.
II.
12
1. Der Beschwerdeführer zu 1) ist im November 1938 geboren und war vom 1. Januar 1965 bis
30. November 1993 bei einer Samtgemeinde beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin
beschäftigt. Während dieses Zeitraums war er bei der Versorgungsanstalt pflichtversichert.
Aufgrund eines Aufhebungsvertrags schied er im Alter von 55 Jahren aus dem Arbeitsverhältnis
aus.
13
Die Versorgungsanstalt hatte dem Beschwerdeführer in einem Schreiben vom 8. März 1993
mitgeteilt, dass sich für ihn eine voraussichtliche monatliche Versorgungsrente, also eine Rente
ohne vorzeitiges Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst, in Höhe von 1.485,71 DM ergebe;
sie hatte dabei fiktiv den Eintritt des Versicherungsfalls am 30. November 1992 unterstellt.
14
Von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erhielt der Beschwerdeführer ab dem 1.
Dezember 1998 eine monatliche Altersrente als Vollrente in Höhe von 2.632,24 DM (1.345,84 €)
netto. Die Versorgungsanstalt zahlte ihm daneben eine Versicherungsrente in Höhe von
monatlich 684,72 DM (350,09 €), die sie nach der § 18 BetrAVG a.F. nachgebildeten Regelung
in § 44a VBLS a.F. berechnete. Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Eintritts des
Versicherungsfalls bereits ausgeschieden war, erhielt er keine Versorgungsrente.
15
Nachdem § 18 BetrAVG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 geändert worden war, berechnete
die Versorgungsanstalt die Zusatzrente neu. Die nun ermittelte Zusatzrente erreichte die Höhe
der bisher gezahlten Versicherungsrente nicht. Daher fand zugunsten des Beschwerdeführers
die Bestandsschutzregelung des § 30d Abs. 1 Satz 3 BetrAVG Anwendung. Die
Versorgungsanstalt zahlte folglich die Zusatzrente in bisheriger Höhe weiter.
16
2. Der Beschwerdeführer zu 2) ist im April 1936 geboren. Bis zum 31. Juli 1999 war er bei einer
Forschungsgesellschaft beschäftigt und bei der Versorgungsanstalt pflichtversichert. Er schied
im Alter von 63 Jahren aus diesem Beschäftigungsverhältnis aus. Seit 1987 hatte er eine
wissenschaftliche Nebentätigkeit ausgeübt, die er nach dem Ausscheiden aus seinem
hauptberuflichen Arbeitsverhältnis fortsetzte.
17
Zunächst bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte dem Beschwerdeführer eine
Altersrente als Vollrente in Höhe von 2.870,94 DM (1.467,89 €) ab dem 1. August 1999. Den
Rentenbescheid hob sie später mit der Maßgabe auf, dass der Beschwerdeführer wegen seiner
weiteren wissenschaftlichen Tätigkeit nur eine Teilrente beanspruchen könne. Nachdem der
Beschwerdeführer diese beendet hatte, erhielt er ab dem 1. Dezember 1999 eine Vollrente in der
ursprünglich berechneten Höhe.
18
Die Versorgungsanstalt zahlte an den Beschwerdeführer zunächst eine Versorgungsrente in
Höhe von 1.488,42 DM (761,02 €), weil sie vom Eintritt des Versorgungsfalls wegen Bezugs von
Altersrente als Vollrente am 1. August 1999 ausging. Ab dem 1. Dezember 1999 erhielt der
Beschwerdeführer von der Versorgungsanstalt eine Zusatzrente als Versicherungsrente in Höhe
von 1.003,43 DM (513,05 €). Zugleich teilte die Versorgungsanstalt mit, dass ein Anspruch auf
Versorgungsrente nicht bestehe, da der Beschwerdeführer bei Eintritt des Versorgungsfalls nicht
pflichtversichert gewesen sei. Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 berechnete die
Versorgungsanstalt den Anspruch gemäß § 18 in Verbindung mit § 30d BetrAVG neu und zahlte
dem Beschwerdeführer eine Zusatzrente in Höhe von 1.277,63 DM (653,24 €).
19
3. Beide Beschwerdeführer erstrebten in den Ausgangsverfahren die Verpflichtung der
Versorgungsanstalt zur Zahlung von höheren Renten. Wegen der Verfassungswidrigkeit der
Satzungsregelungen zur Versicherungsrente stünden ihnen Versorgungsrenten oder zumindest
entsprechend berechnete Versicherungsrenten zu, hilfsweise ein nach § 2 BetrAVG berechneter
Anspruch.
20
Das Landgericht wies die Klagen ab. Das Oberlandesgericht wies die Berufungen zurück. Die
Beschwerdeführer hätten weder Anspruch auf eine höhere Versicherungsrente noch Anspruch
auf eine Versorgungsrente. Sie könnten gemäß § 37 Abs. 1 Buchstabe b, §§ 44, 44a VBLS a.F.
in Verbindung mit § 18 BetrAVG lediglich eine Versicherungsrente in der gewährten Höhe
beanspruchen. Versorgungsrente könne nur verlangen, wer bei Eintritt des Versorgungsfalls
anders als die Beschwerdeführer pflichtversichert sei. Von der Verfassungswidrigkeit des hier
anwendbaren § 18 BetrAVG sei das Oberlandesgericht nicht überzeugt. Zwar regele § 18
BetrAVG die Ansprüche der Versicherten anders und zumindest in Teilaspekten nachteiliger als
Renten in der Privatwirtschaft. Dies habe der Gesetzgeber mit sachlichen Notwendigkeiten und
den Besonderheiten des öffentlichen Dienstes und des bisherigen Gesamtversorgungssystems
begründet. Im Parteiprozess sei es nicht möglich, der sachlichen Rechtfertigung von
Unterschieden zwischen § 18 BetrAVG und § 2 BetrAVG derart umfassend nachzugehen, dass
ein abschließendes Urteil darüber gefällt werden könnte.
21
Der jährliche Anteilssatz von 2,25 % sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Er sei durch das gesetzgeberische Ermessen gedeckt. Es liege auch kein Verstoß gegen Art 3
Abs. 1 GG vor, insofern § 18 BetrAVG die Ermittlung der gesetzlichen Rente anders regele als in
der freien Wirtschaft. Die Berechnung der fiktiven gesetzlichen Rente nach dem
Näherungsverfahren sei weder eine unzulässige Typisierung noch eine willkürliche
Entscheidung des Gesetzgebers. Bei der Berechnung der Gesamtversorgung werde von einem
durchgehenden Versicherungsverlauf ausgegangen, der zu dem höchstmöglichen
Versorgungssatz führe. Auch das Näherungsverfahren gehe von einer Versicherung in der
gesetzlichen Rentenversicherung während eines fiktiven Zeitraums von 45 Jahren aus. Das
unterscheide sich im Einzelfall von der Berechnung der Versorgungsrente unter
Berücksichtigung der real erworbenen gesetzlichen Rente, doch sei dies nicht willkürlich. Bei
vorzeitigem Ausscheiden sei die fiktive Rente nicht ohne großen Verwaltungsaufwand
festzustellen. Zur Verfahrensvereinfachung bedürfe es bei der Bewältigung von
Massenverfahren einer Berechnungsmethode, welche die notwendige Kongruenz zwischen
Gesamtversorgung und der anzurechnenden Rente herstelle.
22
§ 18 BetrAVG greife nicht in Eigentumsrechte der Zusatzversicherten ein. Auch ein Verstoß
gegen Art. 12 und Art. 2 Abs. 1 GG liege nicht vor.
23
4. Beide Beschwerdeführer richten ihre Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des
Landgerichts und des Oberlandesgerichts. Daneben greifen sie § 18 BetrAVG in der Fassung
vom 21. Dezember 2000 und mittelbar § 37 Abs. 1, §§ 44, 44a VBLS a.F. an, der
Beschwerdeführer zu 1) auch § 37 Abs. 4 VBLS a.F. Sie rügen die Verletzung von Art. 2 Abs. 1
in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG. Der Beschwerdeführer zu 2) rügt
auch eine Verletzung von Art. 5 Abs. 3 GG.
24
a) § 18 BetrAVG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil danach die Beschäftigten des
öffentlichen Dienstes anders zu behandeln seien als nach § 2 BetrAVG die Beschäftigten der
Privatwirtschaft. Die Berechnung nach § 2 BetrAVG unterscheide sich von derjenigen nach § 18
BetrAVG dadurch, dass die Betriebsrente nach § 2 BetrAVG ratierlich, also zeitanteilig im
Verhältnis zu einer bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs fortgesetzten Tätigkeit ermittelt
werde. Der Beschwerdeführer zu 1) erhielte dann mindestens eine Betriebsrente in Höhe der
Auskunft der Versorgungsanstalt aus dem Jahr 1993; danach habe der (Netto-)Versorgungssatz
89,36 % betragen. Demgegenüber ergebe sich nach § 18 BetrAVG ein Versorgungssatz von nur
65,07 %. Diese Absenkung sei unverhältnismäßig. Der Beschwerdeführer zu 2) sieht sich
dadurch benachteiligt, dass sein „bereits erworbener“ Versorgungssatz von 89 % auf 57,56 %
gekürzt und dabei nur auf 25,58 Jahre im Hauptbeschäftigungsverhältnis abgestellt worden sei.
25
Der Beschwerdeführer zu 2) rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG auch insoweit, als in § 18
BetrAVG für die Berechnung der gesetzlichen Rente zwingend das Näherungsverfahren
vorgesehen sei. Das benachteilige die unter § 18 BetrAVG fallenden Beschäftigten gegenüber
den von § 2 BetrAVG erfassten Beschäftigten, die auch eine weniger pauschalierte Berechnung
ihrer Sozialversicherungsrente verlangen könnten. Ein Nachteil entstehe auch gegenüber
denjenigen, die Anspruch auf eine Versorgungsrente hätten, weil bei diesen die tatsächliche
gesetzliche Rente angesetzt werde. Demgegenüber werde von der erreichten
Gesamtversorgung des Beschwerdeführers eine fiktiv nach dem Näherungsverfahren ermittelte
Rente abgezogen. Das benachteilige insbesondere Beschäftigte mit längeren
Ausbildungszeiten, also Akademiker wie den Beschwerdeführer. Das Näherungsverfahren
unterstelle eine Versicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung von 45 Jahren, die
unrealistisch hoch angesetzt worden sei. Zudem werde zur rechnerischen Ermittlung der
gesetzlichen Rente das jeweilige versicherungspflichtige Entgelt bei Ausscheiden als
Einkommen auch zu Beginn der Beschäftigungszeit unterstellt, obwohl aufgrund der Altersstufen
das Anfangsentgelt mit Sicherheit um mehrere Stufen niedriger liege. Das führe stets zu fiktiv
überhöhten gesetzlichen Renten und damit zu niedrigeren Zusatzrenten.
26
Beide Beschwerdeführer rügen, § 18 BetrAVG greife in ihre durch Art. 14 GG geschützten
Rechte ein. Ihre erdienten Renten würden ihnen teilweise entzogen. Der Gesetzgeber müsse
den Rentenanspruch vor Auszehrung schützen. Bei Beschäftigungsverhältnissen mit einer
Dauer von mehr als zehn Jahren und einer nach § 4 Abs. 1 Versorgungs-TV bestehenden
Versorgungsanwartschaft auf eine dynamische Versorgungsrente unterfalle diese Rente
„jedenfalls im Stammrecht“ dem Eigentumsschutz. Bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem
Beschäftigungsverhältnis sei mit Art. 14 GG und mit dem Vertrauensschutz nur eine Berechnung
vereinbar, die derjenigen nach § 2 BetrAVG entspreche. Nur dann bleibe der durch eigene
Arbeitsleistung erworbene Versorgungsgrad erhalten. Außerdem sei eine solche anteilige
Berechnung arbeitsvertraglich geschuldet und unterliege schon deshalb dem Schutz des Art. 14
GG.
27
Die Versorgungsanstalt habe in den Fällen der Beschwerdeführer die Prinzipien des Vertrauens-
und des Eigentumsschutzes verletzt, die sie bei früheren Satzungsänderungen selbst anerkannt
habe. Sie habe bei der Versorgungsrente Ansprüche bereits abgesenkt, indem sie die
erforderliche gesamtversorgungsfähige Zeit von 35 Jahren auf 40 Jahre verlängert und beim
Nettoversorgungssatz statt der Sockelbeträge von 45 % einen linearen Versorgungssatz von
2,294 % pro Jahr der Beschäftigung eingeführt habe. Dabei habe sie aber den von den
Versicherten bereits erreichten Versorgungsgrad durch § 98 Abs. 5 VBLS a.F. geschützt. Damit
breche nun § 18 BetrAVG, der keinen Mindestversorgungssatz anerkenne. § 98 Abs. 5 VBLS
a.F., der den Sockel für „Altbeschäftigte“ schütze, werde nicht angewandt. Nun gelte der neue
,
linearisierte Satz von 2,25 % je Jahr für die nach neuem Nettoversorgungsrecht
abgeschmolzenen Versorgungssätze, ohne dass auf den in der Satzung geregelten
Bestandsschutz zurückgegriffen würde. Die Beschwerdeführer würden dadurch wesentlich
schlechter behandelt als „andere Versorgungsrentner“ im öffentlichen Dienst.
28
Außerdem blieben die Vordienstzeiten und anerkannten Ausbildungszeiten sowie sonstige
Pflichtversicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung unberücksichtigt. Im
Gegensatz zu den Versorgungsrentenberechtigten der Versorgungsanstalt würden den
Beschwerdeführern nicht einmal die weiteren Pflichtversicherungszeiten in der gesetzlichen
Rentenversicherung zur Hälfte als gesamtversorgungsfähige Zeit bei der
Betriebsrentenberechnung angerechnet.
29
§ 18 BetrAVG verstoße zudem gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem
Rechtsstaatsprinzip, weil § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe f BetrAVG, der das
Näherungsverfahren vorgebe, unklar und inhaltlich unbestimmt sei. Der Gesetzgeber habe nicht
geregelt, welche Jahre bei den auf die Gesamtversorgungszeit anzurechnenden Bezügen
zugrunde zu legen seien. Die Regelung des Bundesministeriums der Finanzen für
Pensionsrückstellungen gehe insoweit ohne gesetzliche Grundlage von 45 Versicherungsjahren
aus. Gerade die Anordnung von fiktiven gesetzlichen Versicherungszeiten, die für Akademiker
unerreichbar seien, hätte jedoch einer gesetzlichen Grundlage bedurft. Durch die Verweisung
auf das Näherungsverfahren sei dem Bürger praktisch eine Bestimmung seiner Zusatzrente nicht
möglich, da die realen Rentenpunkte, die der Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte entnommen werden könnten, nicht maßgebend seien
,
der Finanzen noch nicht einmal eine mathematische Formel zur Berechnung angegeben habe.
30
§ 18 BetrAVG verstoße aufgrund seiner Entstehungsgeschichte und aufgrund des
Gesetzgebungsverfahrens, in dem die Auswirkungen der Norm verschleiert worden seien, gegen
das Rechtsstaatsprinzip des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und gegen das
Verhältnismäßigkeitsprinzip. Der Gesetzentwurf hätte darlegen müssen, welche Höhe die
nunmehr festgelegte Zusatzversorgung im Verhältnis zu der Altregelung habe.
31
Der Beschwerdeführer zu 2) rügt zusätzlich einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG, weil eine
wissenschaftliche Tätigkeit im Ruhestand den Verlust der Versorgungsrente und den Abfall auf
eine Versicherungsrente nach § 18 BetrAVG auslöse.
32
b) Die angegriffenen Urteile verletzten die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 2
Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Die Gerichte hätten den erworbenen Eigentums- und
Vertrauensschutz und die den Lebensstandard sichernde Funktion der Betriebsrente verkannt,
wenn sie ausführten, Eigentum sei nur dann gegeben und geschützt, wenn dies die Satzung der
Versorgungseinrichtung oder ein Gesetz so vorsähen.
33
Anspruchsgrundlage sei bei zutreffender Betrachtung nicht die Satzung, sondern „die
Anwartschaft aufgrund geleisteter Arbeit gemäß dem Versorgungs-TV“ und das Versprechen des
Arbeitgebers, eine dynamische Versorgung bei langen Arbeitsverhältnissen zu gewährleisten.
Die Gerichte hätten verkannt, dass die Anwartschaft auf durch Arbeit und im Vertrauen auf die
feste Anstellung im öffentlichen Dienst erworbene Versorgung auch ohne positive Regelung in
einem Gesetz oder in der Satzung wie Eigentum zu schützen sei. Sie hätten auch übersehen,
dass ein Eingriff in diese grundrechtlich geschützte Anwartschaft dem
Verhältnismäßigkeitsprinzip genügen müsse. Beide Beschwerdeführer hätten fast eine
Vollversorgung erreicht. Es sei nicht einzusehen, warum ihnen wegen der einvernehmlichen
Auflösung des Arbeitsvertrags nur noch eine Versicherungsrente zustehen soll.
34
Daneben rügt der Beschwerdeführer zu 2) auch eine Verletzung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
durch die angegriffenen Urteile. Das Oberlandesgericht habe den Schutzbereich des
Grundrechts verkannt. Es gehe nicht um die wissenschaftliche Verwertung von
Forschungsergebnissen, sondern um die Unterbindung einer wissenschaftlichen Tätigkeit durch
ökonomischen Druck.
III.
35
Zu den Verfassungsbeschwerden haben die Versorgungsanstalt als Beklagte der
Ausgangsverfahren, das Bundesministerium des Innern, der Bundesgerichtshof, das
Bundesarbeitsgericht, die Tarifgemeinschaft deutscher Länder, die Vereinigung der kommunalen
Arbeitgeberverbände, die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung und die
Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung Stellung genommen. Die
Versorgungsanstalt hat ihrer Stellungnahme Vergleichsberechnungen beigefügt, nach denen sie
die Zusatzrenten der Beschwerdeführer fiktiv nach § 2 BetrAVG berechnete. Für beide
Beschwerdeführer ergaben sich danach niedrigere Renten.
B.
36
Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig.
I.
37
Soweit die Beschwerdeführer ihre Verfassungsbeschwerden unmittelbar gegen § 18 BetrAVG
richten, sind sie unzulässig, weil sie entgegen § 93 Abs. 3 BVerfGG nicht innerhalb eines Jahres
seit Inkrafttreten des Gesetzes erhoben wurden.
II.
38
Die Verfassungsbeschwerden sind, soweit sie sich mittelbar gegen die Satzungsbestimmungen
der Versorgungsanstalt richten, nicht bereits deshalb unzulässig, weil diese nicht im Wege der
Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnten. Die Versorgungsanstalt ist als Anstalt des
öffentlichen Rechts an Grundrechte gebunden (vgl. BVerfGE 124, 199 <218> m.w.N.). Ihre
Satzung ist tauglicher Beschwerdegegenstand im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG (anders noch
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. März 2000 - 1 BvR 1136/96 -,
NJW 2000, S. 3341 <3341 f.>). Das gilt unabhängig von ihrer Einordnung als privatrechtliche
Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen (vgl.
BGHZ 48, 35 <37 ff.>; 103, 370 <377 ff.>; 142, 103 <105 ff.>). Es gilt auch, insofern
Satzungsregelungen auf Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien zurückzuführen sind, deren
Handlungsspielraum durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt ist (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>), da dies
die öffentliche Gewalt ebenso wenig generell von der Beachtung der Grundrechte entbindet wie
das Handeln in privatrechtlichen Organisationsformen (vgl. BVerfGE 128, 226 <245>).
III.
39
Jedoch sind die Verfassungsbeschwerden insbesondere mit Blick auf die Beschwer nicht
hinreichend substantiiert (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG).
40
1. Hinsichtlich der einzelnen in Frage stehenden Satzungsbestimmungen ist nicht konkret
vorgetragen, inwieweit sich aus ihnen für die Beschwerdeführer ein Nachteil ergibt. In Bezug auf
§ 37 Abs. 1 VBLS a.F. scheidet eine Ungleichbehandlung zum Nachteil der Beschwerdeführer
von vornherein aus. Die Regelung normiert nur die Voraussetzungen unterschiedlicher Typen
von Zusatzrenten, aber nicht deren Berechnung; die Norm wirkt sich folglich nicht auf die
Rentenhöhe aus.
41
2. Die Verfassungsbeschwerden zeigen die Möglichkeit einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG
nicht auf. Der Vortrag der Beschwerdeführer lässt nicht erkennen, inwiefern ihnen durch die
angegriffenen Entscheidungen geschützte Rechtspositionen genommen worden sind. Unter den
Schutz der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG fallen grundsätzlich alle vermögenswerten
Rechte, die Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass sie die
damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zum privaten Nutzen
ausüben dürfen (vgl. BVerfGE 83, 201 <209>; 112, 93 <107>; 115, 97 <110 f.>; stRspr). Damit
schützt die Eigentumsgarantie nicht nur dingliche oder sonstige gegenüber jedermann allgemein
wirkende Rechtspositionen, sondern auch schuldrechtliche Ansprüche (vgl. BVerfGE 97, 350
<370>; 105, 17 <30>; 115, 97 <111>) und sozialversicherungsrechtliche Rentenansprüche und
Rentenanwartschaften, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben worden sind
(stRspr seit BVerfGE 53, 257 <289 ff.>). Der Eigentumsgarantie kommt im Gesamtgefüge der
Grundrechte die Aufgabe zu, einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern
und Menschen dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung ihres Lebens zu ermöglichen.
Heute erlangt der Großteil der Bevölkerung eine wirtschaftliche Existenzsicherung weniger
durch privates Sachvermögen als durch den Ertrag der Erwerbsarbeit und eine daran
anknüpfende, solidarisch getragene Altersversorgung, die auch historisch von jeher eng mit dem
Eigentumsgedanken verknüpft war (BVerfGE 100, 1 <32>; stRspr). Folglich sind auch
unverfallbare Anwartschaften auf Betriebsrenten eigentumsrechtlich geschützt. Doch reicht der
Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG nur so weit, wie Ansprüche bereits bestehen, verschafft diese
selbst aber nicht (vgl. BVerfGK 11, 130 <143>). Das Grundrecht auf Eigentum schützt daher auch
unverfallbare Anwartschaften, wenn auch nicht in einer konkreten Höhe.
42
Die Beschwerdeführer nennen keine Rechtspositionen, welche die Rechtsordnung ihnen bereits
in einer Weise zugeordnet hat, dass sie in ihrer Höhe durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt wären
(so auch BVerfGE 98, 365 <401>). Die Angaben aus den Mitteilungen der Versorgungsanstalt
von 1993 und 1999 begründen keinen Besitzstand, der den Beschwerdeführern zu diesem
Zeitpunkt bereits endgültig zugestanden hätte (vgl. BVerfGK 11, 130 <143>). Auch der
Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 4 Versorgungs-TV spricht den Beschwerdeführern keine
Versorgungsrente zu, denn § 4 Versorgungs-TV verpflichtet bestimmte Arbeitgeber, Beschäftigte
bei der Versorgungsanstalt so zu versichern, dass sie eine Anwartschaft auf eine dynamische
Versorgungsrente für sich und die Hinterbliebenen erwerben können; eine Garantie für diese
Rente in einer bestimmten Höhe enthält die Vorschrift jedoch nicht. Dasselbe gilt für das
Verlangen nach Bestandsschutz gemäß § 98 VBLS a.F., denn diese Norm regelt die Art der
Berechnung von Versorgungsrenten für einen bestimmten, mit Bestandsschutz gesicherten
Personenkreis, begründet aber derartige Rentenansprüche ebenfalls nicht (so auch BVerfGK 11,
130 <143>).
43
3. Auch die Möglichkeit der Verletzung der aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem
Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hergeleiteten Grundsätze der Bestimmtheit und des
Vertrauensschutzes ist nicht aufgezeigt.
44
Hinsichtlich der Regelung des § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe f BetrAVG zur Anwendung
des Näherungsverfahrens fehlt es nicht nur an einem Vortrag, der erkennen ließe, dass die
angegriffenen Entscheidungen auf dem behaupteten Verfassungsverstoß beruhen. Es ist nicht
hinreichend dargelegt, dass die im Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche
bestünden, wenn § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe f BetrAVG verfassungswidrig wäre. Zudem
ist nicht konkret vorgetragen, warum es der angegriffenen Regelung an Bestimmtheit mangeln
soll. Das Gesetz verweist auf das Näherungsverfahren, das bei Verabschiedung des Gesetzes
zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bereits feste Gestalt angenommen hatte,
durch Erlasse von Finanzbehörden konkretisiert war und lediglich geänderten gesetzlichen
Rahmenbedingungen angepasst wurde. Zwar ist das Verfahren komplex. Doch der Einwand, es
ergebe sich daraus keine einfache Formel zur Rentenberechnung, begründet noch keinen
Verfassungsverstoß.
45
Auch eine Verletzung des Vertrauensgrundsatzes ist nicht hinreichend dargelegt. Es ist nicht
ersichtlich, dass durch frühere Mitteilungen der Versorgungsanstalt oder § 4 Versorgungs-TV ein
Vertrauen in eine Rente, wie sie im Ausgangsverfahren geltend gemacht worden ist, überhaupt
begründet worden wäre.
46
4. Die Rüge des Beschwerdeführers zu 2) einer Verletzung von Art. 5 Abs. 3 GG ist unzulässig.
Die Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung
nicht erkennen. Art. 5 Abs. 3 GG schützt die Freiheit von Forschung und Wissenschaft als
Tätigkeiten (vgl. BVerfGE 111, 333 <353 f.>), nicht aber das damit im Zusammenhang stehende
Gewinn- und Erwerbsstreben (vgl. BVerfGK 10, 186 <194>). Insofern ist es zwar durchaus
denkbar, dass ökonomische Zwänge als faktische Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit zu
verstehen sind. Doch sind solche ökonomischen Zwänge weder vorgetragen noch ersichtlich.
Fallen lediglich persönliche finanzielle Vorteile weg, ist die Wissenschaftsfreiheit nicht ohne
Weiteres tangiert.
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5. Die Verfassungsbeschwerden legen insbesondere nicht hinreichend dar, inwiefern die
Gerichte das Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt haben sollen.
48
a) Eine Rüge ist hinreichend substantiiert, wenn im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG
alles dargelegt wird, was dem Gericht eine Entscheidung der verfassungsrechtlichen Fragen
ermöglicht. Dies schließt eigene Ermittlungen des Bundesverfassungsgerichts nicht aus. Es ist
jedoch nicht gehalten, sich den Sachverhalt durch langwieriges Recherchieren aus weiteren
Unterlagen zu erschließen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>). Die prozessuale Pflicht
zur plausiblen Darlegung der gerügten Grundrechtsverletzungen kann auch Informationen
umfassen, die ursprünglich nicht im Kenntnisbereich derjenigen liegen, die eine Verletzung ihrer
Grundrechte geltend machen, wenn ihnen diese Darlegung möglich und zumutbar ist (vgl.
BVerfGE 48, 271 <280>; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 92
Rn. 23, 25). Im Einzelfall kann es ebenfalls zumutbar sein, unterstützende Beratung in Anspruch
zu nehmen, um einen Verfassungsverstoß substantiiert rügen zu können. Das gilt insbesondere,
wenn - wie hier im Betriebsrentenrecht - komplexe Regelungen zur Leistungsberechnung
angegriffen werden. Hinsichtlich eines Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3
Abs. 1 GG muss plausibel dargelegt werden, wer in Bezug auf wen in welcher Weise
benachteiligt wird. Die Verfassungsbeschwerde muss erkennen lassen, worin konkret ein
individueller Nachteil liegt. Richtet sich der Angriff gegen eine Regelung, muss vorgetragen
werden, zwischen welchen konkreten Vergleichsgruppen eine auch individuell nachteilig
wirkende Ungleichbehandlung bestehen soll (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten
Senats vom 10. März 2008 - 1 BvR 1243/04 -, juris, Rn. 6). Dabei ist auch auf nahe liegende
Gründe für und gegen die angegriffene Differenzierung einzugehen (vgl. BVerfG, Beschluss der
2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 1778/05 -, juris, Rn. 3; Beschluss
der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2009 - 2 BvR 1957/08 -, juris, Rn. 11;
Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2010 - 1 BvR 1141/10 -, juris,
Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Januar 2011 - 1 BvR 3222/09 -,
juris, Rn. 19).
49
Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde gegen komplexe Regelungen, genügt es nicht,
nachteilige Ungleichbehandlungen durch einzelne Faktoren in einer Leistungsberechnung zu
rügen. Es bedarf vielmehr auch einer Auseinandersetzung mit ihrem Zusammenwirken und dem
Gesamtergebnis. Dazu sind erforderlichenfalls Alternativberechnungen
,
Zuhilfenahme Dritter vorzulegen; ist dies ausnahmsweise unzumutbar, müssen jedenfalls die
konkreten tatsächlichen Grundlagen für eine Alternativberechnung vorgetragen werden. Eine
entscheidungserhebliche Ungleichbehandlung auch durch Einzelregelungen in komplexen
Berechnungssystemen ist zudem nur dann hinreichend dargelegt, wenn die
Verfassungsbeschwerde die Auswirkungen des behaupteten Nachteils auf die Leistungshöhe
aufzeigt.
50
b) Die Beschwerdeführer rügen Ungleichbehandlungen gegenüber den vorzeitig
ausscheidenden Beschäftigten in der Privatwirtschaft sowie eine Ungleichbehandlung innerhalb
des öffentlichen Dienstes gegenüber den Versorgungsrentenberechtigten und halten diese nicht
für gerechtfertigt, haben beides aber nicht hinreichend dargelegt.
51
aa) Aus dem Vortrag ist nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht die infolge der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zu § 18 BetrAVG a.F. (BVerfGE 98, 365) getroffene Neuregelung
von § 18 BetrAVG mit dem Grundgesetz unvereinbar wäre. Zwar wäre auch eine Erstreckung der
Berechnung nach § 2 BetrAVG für die private Wirtschaft auf den öffentlichen Dienst
sachangemessen (vgl. BVerfGE 98, 365 <398>), doch ist sie nicht zwingend. Der Gesetzgeber
hat einen Regelungsspielraum, den er auch nutzen kann, um Besonderheiten des öffentlichen
Dienstes durch eine abweichende Regelung Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 98, 365 <400>).
Er hat § 18 Abs. 2 BetrAVG der Regelung für die Privatwirtschaft nunmehr zwar angenähert,
denn beide Vorschriften sehen eine ratierliche Berechnungsweise der Anwartschaft bei
vorzeitigem Ausscheiden vor. Es gibt aber nach wie vor Unterschiede zwischen beiden,
allerdings ist aus den Verfassungsbeschwerden nicht ersichtlich, dass diese gegen
Verfassungsrecht verstoßen. Mit dem ausdrücklich durch das Bundesverfassungsgericht
eingeräumten Spielraum bei der Neugestaltung des § 18 BetrAVG setzen sich die
Beschwerdeführer nicht auseinander.
52
Es ist nach dem Vortrag der Beschwerdeführer insbesondere unklar, wie hoch ein Anspruch
nach § 2 BetrAVG wäre und wie dieser in ihren Fällen zu berechnen wäre. Zwar hatte das hier
maßgebliche Regelungswerk eine Komplexität, die es den Versicherten kaum mehr ermöglichte
zu überschauen, welche Leistung sie erwarten konnten (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer
des Ersten Senats vom 22. März 2000 - 1 BvR 1136/96 -, NJW 2000, S. 3341; dazu auch BGHZ
174, 127 <145>). In eine fiktive Alternativberechnung nach § 2 BetrAVG wäre diese Komplexität
auch eingeflossen. Zudem hatten die Beschwerdeführer keinen Anspruch darauf, eine
Vergleichsberechnung nach § 2 BetrAVG durch die Versorgungsanstalt vornehmen zu lassen.
Beiden Beschwerdeführern war dennoch ein konkreter Vortrag zu der von ihnen angestrebten
alternativen Rentenberechnung zumutbar. Sie hätten eine solche Alternativberechnung
erforderlichenfalls mit Unterstützung sachkundiger Dritter erstellen können. Mit der
Rentenberatung ist zudem ein auch auf gerichtliche Verfahren bezogenes
Unterstützungsangebot vorhanden. Auslagen für Alternativberechnungen sind den
Beschwerdeführern zumutbar, wenn die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde dadurch nicht
in unverhältnismäßiger Weise erschwert wird. Das ist hier nicht ersichtlich. Im Übrigen sind die
Beschwerdeführer den Alternativberechnungen der Versorgungsanstalt, wonach sich keine
höheren Ansprüche ergäben, nicht entgegengetreten.
53
Selbst wenn eine Alternativberechnung in Einzelfällen unzumutbar ist, muss eine
Verfassungsbeschwerde jedenfalls die konkreten tatsächlichen Grundlagen für eine
Alternativberechnung mitteilen. Einzelne Angaben - insbesondere zur erreichten
gesamtversorgungsfähigen Zeit und zum gesamtversorgungsfähigen Entgelt - finden sich hier
nur verstreut in den Anlagen der Verfassungsbeschwerden, fehlen aber in den
Beschwerdeschriften. Der Beschwerdeführer zu 1) behauptet, dass ein Anspruch nach § 2
BetrAVG sich mindestens auf die Höhe beliefe, die ihm in einer Mitteilung der
Versorgungsanstalt von 1993 in Aussicht gestellt worden sei; dieser Vortrag bezieht sich jedoch
auf eine Versorgungsrente, nicht auf einen Anspruch aus § 2 BetrAVG.
54
bb) Es ist nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die Beschwerdeführer als
Versicherungsrentenberechtigte gegenüber den Versorgungsrentenberechtigten innerhalb des
öffentlichen Dienstes in mit dem Grundgesetz unvereinbarer Weise benachteiligt worden wären.
Zwar haben die Beschwerdeführer dargelegt, dass sie Nachteile erleiden. Dies ergibt sich für
den Beschwerdeführer zu 1) aus der Mitteilung der Versorgungsanstalt aus dem Jahr 1993, in
der seine voraussichtliche Versorgungsrente mit einem fiktiven Austritt ein Jahr vor dem
tatsächlichen Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst berechnet worden ist. Es ist durchaus
wahrscheinlich, dass der Versorgungsrentenanspruch bei Berücksichtigung des späteren
Austritts höher wäre als der Anspruch auf Versicherungsrente. Auch der Beschwerdeführer zu 2)
hat eine Mitteilung der Versorgungsanstalt aus dem Jahr 1999 vorgelegt, in der eine höhere
Versorgungsrente als die dann gezahlte Versicherungsrente beziffert war. Doch fehlt
substantiierter Vortrag dazu, inwieweit darin Grundrechtsverletzungen liegen können. Die
Beschwerdeführer setzen sich insbesondere nicht mit der Frage auseinander, ob die
Betriebstreue bis zum Renteneintritt höhere Renten rechtfertigen kann (vgl. zu dauerhaften und
berechenbaren Beitragsleistungen BVerfGE 122, 151 <176 ff.>).
55
cc) Die Einwände gegen einzelne Faktoren des Berechnungsverfahrens für die Höhe der
unverfallbaren Anwartschaft nach § 18 BetrAVG genügen den Anforderungen an die
Substantiierung einer Rüge wegen Verstoßes gegen die Verfassung nicht. Es ist insoweit schon
nicht ersichtlich, inwiefern die angegriffenen Entscheidungen der Zivilgerichte auf einer
Verkennung von Grundrechten beruhen könnten. Im Ergebnis ist ein Nachteil hiermit nicht
dargelegt. Bei der Berechnung der Zusatzrenten greifen mehrere Faktoren ineinander, die nur
zusammen wirksam werden (vgl. ++BVerfGE 58, 81 <109>;** 117, 272 <293>, zu Anwartschaften
im Sozialversicherungsrecht). Nachteile, die auf einen Faktor zurückgehen, können durch
Vorteile aus einem anderen Faktor ausgeglichen werden. Folglich kann ein einziger Faktor nicht
losgelöst von anderen bewertet werden; aus verfassungsrechtlicher Sicht bedarf es einer
Gesamtschau.
56
(1) Die Beschwerdeführer legen nicht substantiiert dar, inwieweit sie konkret dadurch
benachteiligt würden, dass nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe f BetrAVG die - zum
Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens nur fiktive - Grundversorgung zwingend nach dem
Näherungsverfahren pauschaliert berechnet wird, während Beschäftigte in der privaten
Wirtschaft nach § 2 Abs. 5 Satz 2 BetrAVG verlangen können, dass ihre
Sozialversicherungsrente auf Grundlage der individuell erreichten Entgeltpunkte hochgerechnet
wird. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass sich das Näherungsverfahren nachteilig auswirkt,
wenn Versicherte einen Erwerbsverlauf haben, der untypisch ist und von den pauschalierenden
Berechnungsgrundlagen abweicht, die dem Näherungsverfahren zugrunde liegen. So geht das
Näherungsverfahren von einer Versicherungszeit von 45 Jahren aus, die etwa aufgrund von
langen Ausbildungszeiten wie beim Beschwerdeführer zu 2) nicht erreichbar sein können. Dann
kann sich nach dem Näherungsverfahren in Einzelfällen eine bis zu mehr als doppelt so hohe
Grundversorgung ergeben (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 22. September 2005 - 12 U 99/04 -,
juris, Rn. 185). Dies war auch Anlass für den Bundesgerichtshof, den Tarifvertragsparteien des
öffentlichen Dienstes aufzugeben, die Auswirkungen des Näherungsverfahrens vor einer
Neuregelung zu den Startgutschriften zu überprüfen (vgl. BGHZ 174, 127 <168 ff.>). Allerdings
sind solche Nachteile vorliegend nicht dargetan. Vielmehr gibt es Hinweise darauf, dass das
Näherungsverfahren im Durchschnitt eher von zu niedrigen Renten ausgeht (zur
Versicherungsmathematik Engbroks/Engbroks, BetrAV 2011, S. 514 <521>). Nach den
Berechnungen der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anlässlich ihrer
Verhandlungen über eine Neuregelung der Startgutschriftenregelung für rentenferne Versicherte
wirkt sich das Näherungsverfahren in über 92 % der Fälle für die Versicherten positiv aus (vgl.
Hebler, ZTR 2011, S. 534 <538>; Hügelschäffer, BetrAV 2011, S. 613 <618>). In der
erforderlichen Gesamtschau zeigt sich zudem, dass Versicherte mit unvollständigen
Erwerbsbiographien von dem Berechnungsfaktor des Höchstversorgungssatzes profitieren. Das
lassen jedoch beide Beschwerdeführer außer Acht.
57
(2) Die Verfassungsbeschwerden sind unzureichend substantiiert, da nicht vorgetragen ist, dass
sich für die Beschwerdeführer konkret ein Nachteil dadurch ergibt, dass sich die Zusatzrente
nach § 18 Abs. 2 BetrAVG mit Hilfe eines unverfallbaren Anteilssatzes berechnet, der sich an
einem festen jährlichen Prozentsatz von 2,25 % orientiert. Ein offenkundiger Unterschied
gegenüber der Anwartschaftsberechnung in der Privatwirtschaft liegt darin, dass nach § 2
BetrAVG eine individuelle Unverfallbarkeitsquote ermittelt wird, indem die Dauer der
tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur
Vollendung des 65. Lebensjahrs ins Verhältnis gesetzt wird, während nach § 18 Abs. 2 BetrAVG
ein fixer Prozentsatz pro Pflichtversicherungsjahr gilt. Es ist auch nicht auszuschließen, dass
dies den Anforderungen des Grundgesetzes in anderen Regelungszusammenhängen nicht
genügt (vgl. zu den Startgutschriften rentenferner Versicherter BGHZ 174, 127 <170 ff.>, wo
allerdings im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung unberücksichtigt blieb, dass sich
diese Anteilssätze auf unterschiedliche Berechnungsgrößen beziehen). Doch haben die
Beschwerdeführer in Bezug auf ihre Zusatzrentenberechnung nicht aufgezeigt, inwieweit sie
selbst durch den Anteilssatz in verfassungswidriger Weise benachteiligt werden. Sie befassen
sich nicht damit, dass ein fester Prozentsatz pro Pflichtversicherungsjahr Ungereimtheiten
vermeidet, die mit einer Anwendung der Anteilsberechnung nach § 2 BetrAVG im öffentlichen
Dienst verbunden wären. Sie setzen sich nicht damit auseinander, dass ein fester Prozentsatz
die Anwartschaftsberechnung erleichtert und ihre Transparenz erhöht, obwohl dies angezeigt
gewesen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. März 2000 - 1
BvR 1136/96 -, NJW 2000, S. 3341 <3343>). Ebenso wenig legen sie dar, inwiefern ihnen auch
bei unterstellter Verfassungswidrigkeit des jährlichen Prozentsatzes von 2,25 % ein höherer
Rentenanspruch zustünde, denn aus dieser Annahme folgt für ihre konkrete Rentenberechnung
noch nicht die Anwendbarkeit der Bestandsschutzregelungen, von denen die Beschwerdeführer
aber profitieren müssten, um eine höhere Versorgungsrente beanspruchen zu können. Daher
genügen die Verfassungsbeschwerden den Darlegungsanforderungen auch diesbezüglich nicht.
Kirchhof
Gaier
Eichberger
Schluckebier
Masing
Paulus
Baer
Britz