Urteil des BVerfG vom 26.02.1999
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Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1268/96 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Gemeinde H...
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Felix Busse und Koll.,
Oxfordstraße 21, Bonn -
gegen
a)
§ 2 Abs. 1 Satz 1 der Kreisordnung für Schleswig-Holstein i. d. F. der
Bekanntmachung vom 2. April 1990 (GVOBl Schl.-H. S. 193, ber. 1991 S. 255),
geändert durch Gesetz vom 6. Dezember 1991 (GVOBl Schl.-H. S. 640),
b)
§ 20 der Kreisordnung für Schleswig-Holstein i. d. F. der Bekanntmachung vom 2.
April 1990 (GVOBl Schl.-H. S. 193, ber. 1991 S. 255), geändert durch Gesetz vom 6.
Dezember 1991 (GVOBl Schl.-H. S. 640)
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die
Richterin Präsidentin Limbach
und die Richter Winter,
Hassemer
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S.
1473)
am 26. Februar 1999 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I.
1
Die Kommunalverfassungsbeschwerde einer kreisangehörigen Gemeinde richtet sich gegen die Vorschriften der §§ 2
Abs. 1 Satz 1, 20 Kreisordnung für Schleswig-Holstein, die Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben der Kreise
betreffen. Anlaß der Verfassungsbeschwerde war die Haushaltssatzung des Kreises für das Jahr 1994, auf deren
Grundlage die Beschwerdeführerin zur Zahlung von Kreisumlage verpflichtet wurde.
II.
2
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Sie ist unzulässig.
3
1. Soweit die Beschwerdeführerin unmittelbar Vorschriften der Kreisordnung angreift, ist die Jahresfrist des § 93 Abs.
3 BVerfGG nicht gewahrt. Die beanstandeten Vorschriften stammen in ihrer jetzigen Fassung vom 2. April 1990
(GVOBl S. 193) und stimmen überdies fast wörtlich mit der Fassung vom 27. Februar 1950 (GVOBl S. 49) überein.
Die Frist des § 93 Abs. 3 BVerfGG ist durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die die angegriffenen
Vorschriften auslegt, nicht erneut in Lauf gesetzt worden. Verfahrensgegenstand der
Kommunalverfassungsbeschwerde kann nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG nur ein Gesetz im materiellen
Sinne, nicht aber seine Auslegung durch ein Gericht sein.
4
2. Ob die Haushaltssatzung des Kreises von 1994 als zulässiger Verfahrensgegenstand betrachtet werden kann, um
eine mit der Rechtsschutzfunktion der Kommunalverfassungsbeschwerde sonst unvereinbare Lücke (vgl. BVerfGE
26, 228 <236>; 76, 107 <114>) zu schließen, kann dahinstehen. Denn die Beschwerdeführerin hat insoweit eine
Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG nicht entsprechend den Anforderungen der Art.
93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 Satz 1 i. V. m. §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG dargelegt. Sie ist zwar auf der Grundlage
der Haushaltssatzung zur Zahlung der Kreisumlage und damit auch zur Finanzierung der Wahrnehmung von
Ausgleichs- und Ergänzungsaufgaben durch den Kreis herangezogen worden. Die Satzung hat der
Beschwerdeführerin aber keine Kompetenzen für Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, sondern nur
Finanzmittel zur Bewältigung solcher Aufgaben entzogen. Gegen die Auferlegung einzelner Ausgabepflichten bietet
Art. 28 Abs. 2 GG jedoch - auch wenn man in ihm eine insgesamt zureichende Finanzausstattung mitgarantiert
ansieht, was das Bundesverfassungsgericht bisher nicht entschieden hat - jedenfalls solange keinen Schutz, wie
diese Finanzausstattung selber nicht in Frage gestellt wird (BVerfGE 71, 25 <36 f.>; 83, 363 <386>). Daß ihre
Finanzausstattung in Frage gestellt werde, hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargelegt. Ihr Vortrag enthält
weder Angaben über den Gesamtumfang ihrer Finanzausstattung noch über ihren Finanzbedarf. Auch legt sie nicht
dar, daß sie bestimmte Aufgaben in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nicht mehr angemessen erfüllen
könne.
5
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach
Winter
Hassemer