Urteil des BVerfG vom 15.06.2007

BVerfG: ablehnung einer gerichtsperson, verfassungsbeschwerde, gewalt, auflage, befangenheit, zivilprozessordnung, präsident, behandlung, papier, presse

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1073/07 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn M...
gegen die Versagung des Rechts zur Ablehnung einer Gerichtsperson im Verfahren vor dem
Bayerischen Verwaltungsgericht München - M 15 K 02.3261 -
und Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
und Beiordnung eines Rechtsanwalts
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Papier
und die Richter Steiner,
Gaier
gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I
S. 1473) am 15. Juni 2007 einstimmig beschlossen:
Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts werden abgelehnt.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
1
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2
des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) nicht vorliegen. Sie ist unzulässig.
2
Der Beschwerdeführer wendet sich vorliegend gegen die aus seiner Sicht sachwidrige Behandlung eines Antrags,
mit dem er den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß § 54 Abs. 1 VwGO in
Verbindung mit §§ 41 ff. ZPO abgelehnt hat. Er trägt vor, das Bayerische Verwaltungsgericht München habe ihm das
Ablehnungsrecht "generell abgesprochen".
3
1. Verfassungsbeschwerde kann gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG nur gegen eine Maßnahme öffentlicher Gewalt
erhoben werden. Insoweit kommt nur das Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Verwaltungsgerichts München
vom 12. Dezember 2006 in Betracht. Darin wird auf die Dienstaufsichtsbeschwerde des Beschwerdeführers hin
mitgeteilt, dass ein Urkundsbeamter keine richterlichen Tätigkeiten wahrnehme und deshalb auch nicht nach den
Vorschriften über die Richterablehnung abgelehnt werden könne. Diese Ansicht trifft nicht zu. Gemäß § 54 Abs. 1
VwGO gelten für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung (ZPO)
entsprechend; nach § 49 ZPO sind die Vorschriften des Titels 4 auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
entsprechend anzuwenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 54 Rn. 1; Vollkommer, in: Zöller, ZPO,
26. Auflage 2007, § 49 Rn. 1; Bayerisches Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 13. November 1996 – M 6 K
96.1826 –, in JURIS).
4
2. Insoweit handelt es sich aber um eine bloße Meinungsäußerung zur Rechtslage im Rahmen des Verfahrens der
Dienstaufsicht. Im Ablehnungsverfahren, für das der nach der Geschäftsverteilung berufene Spruchkörper, nicht aber
der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichts München zuständig ist, bindet dessen Rechtsansicht nicht.
Angesichts dessen handelt es sich bei dem Schreiben vom 12. Dezember 2006 um keine Maßnahme öffentlicher
Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG, die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte (vgl.
Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG, die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte (vgl.
BVerfGE 3, 162 <172>; 29, 304 <309>; 37, 57 <61>).
5
3. Dem Beschwerdeführer steht es frei, die – bereits getroffene oder noch zu treffende – Entscheidung des
Bayerischen Verwaltungsgerichts München über das Ablehnungsgesuch innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1
BVerfGG mit der Verfassungsbeschwerde anzugreifen.
6
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
7
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Papier
Steiner
Gaier