Urteil des BVerfG vom 11.02.2008

BVerfG: unverletzlichkeit der wohnung, schutz der wohnung, verfassungsbeschwerde, grundrecht, erlass, weisung, eingriff, gefahr, entzug, verfügungsbefugnis

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 160/08 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn V…,
gegen
a)
den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 26. November 2007 - 1 Ws
716/07 -,
b)
den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 6. September 2007 - II StVK
836/04 -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Broß,
die Richterin Osterloh
und den Richter Mellinghoff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I
S. 1473) am 11. Februar 2008 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe:
1
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen gemäß
§ 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg; denn sie ist
unbegründet.
2
1. Die Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht, sich nicht im Umkreis von Schulen, Kindergärten und anderen von
Kindern und Jugendlichen besuchten Orten aufzuhalten, führt nicht zu einem Eingriff in das Grundrecht der
Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG. Die Grundrechtsverbürgung des Art. 13 Abs. 1 GG betont zwar die
Bedeutung einer Wohnung, schützt diese jedoch nur gegen bestimmte Beeinträchtigungen. Geschützt ist nicht das
Besitzrecht an einer Wohnung, sondern deren Privatheit. Art. 13 Abs. 1 GG schützt damit nicht das Interesse, eine
bestimmte Wohnung zum Lebensmittelpunkt zu machen und sie hierfür zu behalten. Der Schutz der Wohnung nach
Art. 13 GG soll vielmehr Störungen vom privaten Leben fernhalten und gewährleistet das Recht, in diesen Räumen in
Ruhe gelassen zu werden. Zu den möglichen Verletzungshandlungen können zwar auch substantielle Eingriffe zählen,
bei denen die Wohnung der Verfügung und Benutzung des Inhabers ganz oder teilweise entzogen wird. Derartige
Eingriffe berühren aber nur dann den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG, wenn durch sie die Privatheit der
Wohnung aufgehoben wird (erfGE 89, 1 <12>
3
Der Entzug der Verfügungsbefugnis über eine Wohnung durch das Verbot, eine bestimmte Wohnung zu betreten,
bedeutet daher keinen Eingriff in das Grundrecht (vgl. Hermes, in: Dreier , Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl.
2004, Art. 13 Rn. 108).
4
2. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer auch nicht in seinem Grundrecht aus Art. 2
Abs. 1 GG. Die Gerichte haben sich ausführlich mit der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme auseinandergesetzt und
die Weisung im Hinblick auf die erhebliche Gefahr der Begehung von Sexualstraftaten zu Lasten von Minderjährigen
aufrechterhalten. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
5
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
6
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Broß
Osterloh
Mellinghoff