Urteil des BVerfG vom 18.09.2000

BVerfG: verfassungsbeschwerde, strafmilderungsgrund, dauerdelikt, missbrauch, erfüllung, rechtsmittelinstanz, beendigung, vertretung, bibliothek, presse

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1407/00 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Frau C...
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwältin W. -
gegen
a)
den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Juli 2000 - 2 Ss 181/99 -,
b)
das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 21. Juni 1999 - VII AK 38/99 - VII Ns 42 Js
327/95 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin
Präsidentin Limbach
und die Richter Hassemer,
Broß
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S.
1473) am 18. September 2000 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gegen die Beschwerdeführerin wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 600 DM (in Worten: sechshundert Deutsche
Mark) verhängt.
Gründe:
I.
1
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil ein Annahmegrund im Sinne des
§ 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht
auf Erfolg, denn sie ist unzulässig.
2
Der Vortrag entspricht trotz anwaltlicher Vertretung der Beschwerdeführerin nicht den Anforderungen an eine
substantiierte Begründung der Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG. Die
Beschwerdeführerin setzt sich nicht mit den tragenden Erwägungen des angegriffenen Urteils des Landgerichts und
der in die revisionsgerichtliche Entscheidung eingeflossenen Antragsbegründung der Generalstaatsanwaltschaft nach
§ 349 Abs. 2 StPO auseinander. Ihr Vorbringen geht auch schon an der Rechtslage nach einfachem Recht vorbei.
Danach hatte die Verjährung der Strafverfolgung mangels Beendigung ihres Dauerdelikts bis zum Berufungsurteil noch
nicht begonnen (§ 78a StGB); diese bedurfte deshalb auch keiner Erörterung in den angegriffenen Entscheidungen. Im
Blick auf die objektiv tatbestandsmäßige Handlung nach § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB, die im unberechtigten Führen des
Grades eines Doktors bestand, lag auch ein einheitliches Dauerdelikt vor, ohne dass es darauf ankam, welche
unwirksamen Verleihungsakte im Hintergrund standen. Da der Zeitraum der Begehung des bis zum Berufungsurteil
ununterbrochen begangenen Dauerdelikts länger war als die Gesamtdauer des Strafverfahrens, kann von einer
rechtsstaatswidrig überlangen Verfahrensdauer offensichtlich nicht gesprochen werden. Warum die Berücksichtigung
der Verfahrensdauer als einfacher Strafmilderungsgrund in diesem Fall von Verfassungs wegen nicht ausreichen soll,
ist dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht schlüssig zu entnehmen.
II.
3
Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde ist
missbräuchlich eingelegt. Ein Missbrauch liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde
offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos
angesehen werden muss (stRspr, vgl. z.B. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 6. November 1995 - 2 BvR 1806/95 -, NJW 1996, S. 1273 <1274> m.w.N.). Dies ist
vorliegend der Fall. Die Beschwerdeführerin benutzt das Bundesverfassungsgericht lediglich als (weitere)
Rechtsmittelinstanz, ohne sich mit Fragen von verfassungsrechtlicher Relevanz zu befassen (vgl. auch Beschluss
der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 1999 - 1 BvR 1559/99 -,
veröffentlicht in Juris). Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner
Aufgaben, nämlich grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit
wichtig sind, und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch substanzlose
Verfassungsbeschwerden behindert wird.
4
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach
Hassemer
Broß