Urteil des BVerfG vom 15.02.2011
BVerfG: anspruch auf rechtliches gehör, ablauf der frist, verfassungsbeschwerde, sportanlage, gemeinde, gebäude, sorgfalt, sportzentrum, standortgebundenheit, anknüpfung
Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 980/10 -
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Schießsportzentrum K... e. V.,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Klemm & Partner,
Reetwerder 23 A, 21029 Hamburg -
gegen
a)
den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. März
2010 - 1 LA 48/09 -,
b)
den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 31.
August 2009 - 1 LA 28/09 -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof
und die Richter Eichberger,
Masing
am 15. Februar 2011 einstimmig beschlossen:
Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. August 2009 - 1 LA 28/09 - verletzt
den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er
wird aufgehoben. Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Damit wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. März 2010 - 1 LA 48/09 -
gegenstandslos.
Das Land Schleswig-Holstein hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das
Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe:
1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über die Genehmigungsfähigkeit der Nutzung vorhandener
Gebäude für eine Schießsportanlage.
I.
2
1. Der Beschwerdeführer ist ein eingetragener Verein und betreibt in Schleswig-Holstein ein Schießsportzentrum auf
dem Gelände einer ehemaligen Schießanlage der Bundeswehr. Das Schießsportzentrum liegt zum weit
überwiegenden Teil auf dem Gebiet der Gemeinde K. und zu einem kleinen Teil auf dem Gebiet der Stadt E. (der
Beigeladenen des Ausgangsverfahrens, im Folgenden: Beigeladene). Der Beschwerdeführer beabsichtigt, auf dem
Gebiet der Beigeladenen stehende, noch von der Bundeswehr errichtete Gebäude zukünftig als Lager und
Toiletteneinheit zu nutzen. Die dafür beantragte Erteilung eines Bauvorbescheids lehnte der Kreis O. (der Beklagte
des Ausgangsverfahrens, im Folgenden: Beklagter) im Juli 2005 ab.
3
2. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer Klage zum Schleswig-Holsteinischen
Verwaltungsgericht, die dieses mit Urteil vom 28. November 2008 abwies. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts
handelte es sich bei den vorgesehenen Gebäudenutzungen entgegen der Auffassung des Beklagten zwar um ein
Standort gebundenes und damit privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Ihm stünden jedoch
öffentliche Belange entgegen; das Entstehen einer Splittersiedlung sei zu befürchten. Die schriftlichen Urteilsgründe
wurden dem Beschwerdeführer am 16. April 2009 zustellt.
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3. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht lehnte mit dem mit der Verfassungsbeschwerde
angegriffenen Beschluss vom 31. August 2009 den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden nicht. Das Vorhaben sei nicht
privilegiert im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB. Die vier betroffenen Gebäude müssten im Zusammenhang mit der
Schießsportanlage im Bereich des benachbarten Bebauungsplans Nr. 9 der Gemeinde K. gesehen werden. Sie wären
nur dann insgesamt nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert, wenn sie überwiegend zu Übungs- und
Ausbildungsschießen von Jägern oder sonst - im Interesse der Allgemeinheit - zum Führen von Schusswaffen
Berechtigten dienen sollten. Das sei jedoch nicht der Fall. Infolgedessen könnte die Voranfrage nur nach § 35 Abs. 2
BauGB beurteilt werden. In diesem Fall stünden der beabsichtigten Nutzung öffentliche Belange entgegen, weil das
Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche.
5
4. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 8. März 2010 wies das
Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zurück. Es habe vor der
Entscheidung nicht auf seine Absicht hinweisen müssen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB anders als das Verwaltungsgericht zu beurteilen. Im Übrigen habe der Senat in einem vorangegangenen
Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 (1 KN 11/05) entschieden, dass die Schießsportanlage nicht nach § 35 Abs. 1
Nr. 4 BauGB privilegiert sei. Daran sei festzuhalten. Bei einer „Fortführung” des Zulassungsverfahrens nach § 152a
Abs. 1 VwGO und einer (erneuten) Entscheidung über den Zulassungsantrag wäre diese Rechtsprechung aus dem
Normenkontrollverfahren zu berücksichtigen. Eine Berufungszulassung komme daher nicht mehr in Betracht.
II.
6
1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103
Abs. 1 GG.
7
Er habe im Rahmen der Begründung der Anhörungsrüge umfänglich zu der Frage der Privilegierung sowohl in
tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht vorgetragen und Stellungnahmen des Landesjagdverbandes Schleswig-
Holstein e.V. sowie des Deutschen Jagdschutz-Verbandes e.V. beigefügt. Anlässlich dieses Vortrags genüge es der
richterlichen Sorgfalt nicht, auf eine bereits zuvor und unter nicht vergleichbaren Voraussetzungen getroffene
Entscheidung in einem Normenkontrollverfahren zu verweisen und diese für unzweifelhaft richtig zu erklären. Das
Oberverwaltungsgericht hätte seine in dem Normenkontrollurteil zu dem Bebauungsplan Nr. 9 der Gemeinde K.
vertretene Meinung spätestens anlässlich des Vorbringens in der Anhörungsrügebegründung ernsthaft zur Disposition
stellen müssen.
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Die angegriffenen Beschlüsse verletzten ihn in seinem Recht auf rechtliches Gehör. Für einen weitergehenden
Vortrag zur Frage der Privilegierung habe für ihn vor der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags kein Anlass
bestanden. Von den Prozessbeteiligten könne nicht verlangt werden, in jeder Phase eines Verfahrens zu allen
Aspekten und unter Einholung verschiedener Gutachten umfänglich vorzutragen, ohne dass sich der Rechtsstreit auf
bestimmte Aspekte konkretisiert habe. Damit stehe in Einklang, dass auch in der Begründung des Antrags auf
Zulassung einer Berufung nur auf das vorliegende Urteil einzugehen sei, nicht aber darzulegen sei, dass sich das
Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweise. Das Oberverwaltungsgericht sei aus eben diesen Gründen
verpflichtet, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, bevor es entscheide, ein Urteil des Verwaltungsgerichts wäre
aus anderen als den in diesem Urteil selbst genannten Gründen aufrecht zu erhalten. Dies gelte für jeden Austausch
der Begründung, der bei gewissenhafter Behandlung weitere tatsächliche oder rechtliche Klärung erfordere, und nicht
nur bei der Anführung einer Begründung, deren Möglichkeit im vorherigen Prozessverlauf überhaupt noch nicht
thematisiert worden sei. Der Gehörsverstoß sei auch nicht geheilt worden. Das Oberverwaltungsgericht habe sich in
seinem die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschluss mit seinem weiteren Vortrag nicht auseinandergesetzt.
9
2. Das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein und die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hatten
Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des gerichtlichen Ausgangsverfahrens sowie die Akten des
Normenkontrollverfahrens 1 KN 11/05 wurden beigezogen.
III.
10
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme ist zur
Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts des Beschwerdeführers angezeigt (vgl. § 93c Abs. 1
Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die
Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden, die
zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
11
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 31. August 2009 verletzt den Beschwerdeführer in seinem
Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (dazu 1.). Ob sie darüber hinaus ihn auch in seinen Rechten
aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, kann offen bleiben (dazu 2.). Damit wird der
Beschluss über die Anhörungsrüge gegenstandslos.
12
1. Das Oberverwaltungsgericht hat in entscheidungserheblicher Weise gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen; dieser
Verstoß ist nicht durch den Beschluss über die Anhörungsrüge geheilt.
13
a) Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Verfahrensbeteiligten, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass einer
gerichtlichen Entscheidung zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern und dadurch die Willensbildung des
Gerichts zu beeinflussen. An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort
gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrundelegt, zu denen die Beteiligten nicht
Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 <182 f.>; 19, 32 <36>, stRspr). Eine dem verfassungsrechtlichen
Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung
der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung
ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>). Zwar ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG keine allgemeine Frage- und
Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen
Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche
Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen
Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; BVerfGK 7, 350 <354>).
14
b) Ausgehend hiervon hätte das Oberverwaltungsgericht auf die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung des
Vorliegens der in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten Voraussetzungen hinweisen müssen.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Oberverwaltungsgericht einem
Rechtsmittelführer vorher rechtliches Gehör gewähren, wenn es den Antrag auf Zulassung der Berufung ablehnen will,
weil sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als vom Verwaltungsgericht angenommen als richtig darstellt
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
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Ein solcher Hinweis ist auch zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG geboten. Das
Bundesverfassungsgericht hat aus der Begrenzung der Darlegungsanforderungen im Berufungszulassungsverfahren
geschlossen, dass das Oberverwaltungsgericht dem Rechtsmittelführer in der Regel rechtliches Gehör gewähren
muss, wenn es den Zulassungsantrag mit der Begründung ablehnen will, dass sich die in Anknüpfung an die
tragenden Gründe der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufgeworfene Grundsatzfrage aus anderen als den vom
Verwaltungsgericht herangezogenen Gründen im Berufungsverfahren nicht stellen werde (vgl. BVerfGK 7, 350 <355>
unter Herleitung aus BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>). Nichts anderes wird regelmäßig gelten, wenn der auf
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte
Zulassungsantrag mit der Begründung abgelehnt werden soll, das angegriffene Urteil erweise sich aus anderen als den
vom Verwaltungsgericht angenommenen Gründen als richtig (vgl. auch BVerfGK 10, 208 <214>).
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bb) Im vorliegenden Fall bestand entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kein Grund, von einem
solchen Hinweis abzusehen. Der Beschwerdeführer musste nicht damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht
von der ausführlich begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Standortgebundenheit und damit
grundsätzlichen Privilegierung der Schießsportanlage im Sinne der in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten
Voraussetzungen abgehen würde. Zu Recht verweist der Beschwerdeführer darauf, dass im Ausgangs- und im
Widerspruchsbescheid keine substantiierte Begründung für die dort angenommene fehlende Privilegierung des
Gesamtvorhabens gegeben worden ist, so dass etwaige Gegenargumente zur Standortgebundenheit im
Verwaltungsverfahren noch nicht genannt worden waren. Auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht haben sich
der Beklagte und die Beigeladene nicht schriftsätzlich zu dieser Frage geäußert. Aus der Niederschrift über die
mündliche Verhandlung ergibt sich lediglich, dass die Privilegierungsfrage erörtert worden ist. Die im Beschluss über
die Anhörungsrüge geäußerte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, es habe in dem Beschluss über die
Nichtzulassung der Berufung nicht die Begründung durch einen neuen Gesichtspunkt ersetzt, mit dem der
Beschwerdeführer nicht habe rechnen können, sondern lediglich die schon erstinstanzlich streitige Frage der
Privilegierung des Vorhabens anders beurteilt als das Verwaltungsgericht, läuft auf das unzumutbare Ergebnis hinaus,
dass sich der Antragsteller eines Antrags auf Zulassung der Berufung nicht darauf beschränken darf, das
verwaltungsgerichtliche Urteil anzugreifen, sondern dieses vielmehr auch, soweit es für ihn günstige Ausführungen
enthält, mit etwaigen weiteren Argumenten und weiteren tatsächlichem Vorbringen verteidigen muss für den Fall, dass
das Oberverwaltungsgericht eine abweichende, ihm ungünstige Rechtsauffassung vertritt. Eine solche Verteidigung
widerspricht jedoch ersichtlich dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten
Zulassungsverfahrens, in dem - lediglich - zu prüfen ist, ob ein Zulassungsgrund dargelegt ist und vorliegt (§ 124a
Abs. 5 Satz 2 VwGO). Eine umfassende Überprüfung der Richtigkeit eines erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen
Urteils ist nach der Systematik des Berufungsrechts dem Berufungsverfahren selbst vorbehalten. Tatsächliches oder
rechtliches Vorbringen zu einem ihm günstigen Standpunkt des Verwaltungsgerichts für den Fall einer hiervon
abweichenden Sichtweise muss der Antragsteller im Berufungszulassungsverfahren auch bei Anwendung der von ihm
zu verlangenden Sorgfalt daher in aller Regel ohne entsprechenden Hinweis des Oberverwaltungsgerichts nicht für
geboten halten. Anderes kann nur gelten, sofern besondere Umstände des erstinstanzlichen Verfahrens oder der
angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gerade dies nahe legen.
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Für solche besonderen Umstände ist hier nichts erkennbar. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im
Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 zur fehlenden Privilegierung des Gesamtvorhabens der Schießsportanlage
konnten den Beschwerdeführer schon aus zeitlichen Gründen nicht dazu veranlassen, sich im Verfahren auf
Zulassung der Berufung vertieft zur Privilegierung des Vorhabens zu äußern. Denn bei Ablauf der Frist zur
Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung am 16. Juni 2009 war dieses Urteil noch nicht einmal gefällt.
Selbst bei Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses über die Nichtzulassung der Berufung vom 31. August 2009
lagen die schriftlichen Urteilsgründe zu der Normenkontrollsache noch nicht vor. Diese wurden erst im Dezember 2009
der Geschäftsstelle übergeben und sodann dem Beschwerdeführer zugestellt.
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cc) Der angegriffene Beschluss vom 31. August 2009 beruht auch auf dem Gehörsverstoß, ohne dass dieser geheilt
worden wäre. Im Verfahren der Anhörungsrüge hat der Beschwerdeführer umfassend, seine bisherigen Ausführungen
vertiefend, zur konkreten Ausgestaltung des (Gesamt-)Vorhabens Stellung genommen, dabei vorgetragen, dass allein
von der Zahl der kalkulierten Nutzer her die Jäger dominierten, sowie die Bedeutung der zugelassenen Schießstände
für das jagdliche Schießen dargelegt. Dass das Oberverwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung dieses
Vorbringens zu der Auffassung gelangt wäre, dass das Urteil aus anderen Gründen richtig und infolgedessen die
Berufung nicht zuzulassen ist, lässt sich nicht feststellen. Das Oberverwaltungsgericht ist im Beschluss über die
Anhörungsrüge gerade nicht auf das zusätzliche tatsächliche Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen. Mit
seinem Beschluss über die Anhörungsrüge hat es daher die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch
nicht etwa nachträglich geheilt (zu dieser Möglichkeit siehe BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats
vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, S. 580 <581>). Es verweist vielmehr auf sein
Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 (1 KN 11/05) und behauptet, die dortigen Ausführungen wären in einem
Berufungsverfahren zu berücksichtigen. Woraus sich diese Berücksichtigungspflicht ergeben soll, zumal die
Privilegierungsfrage nicht Gegenstand der Normenkontrolle war, sondern dort nur im Rahmen der Zulässigkeit des
Normenkontrollantrags erörtert wurde, und weshalb sie zur Unbeachtlichkeit des weiteren Vorbringens führen soll, legt
das Oberverwaltungsgericht nicht dar; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.
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2. Da bereits der festgestellte Gehörsverstoß zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses über die
Nichtzulassung der Berufung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht führt, bedarf es
keiner Entscheidung mehr, ob dieser Beschluss durch den Austausch der Begründung für die Ergebnisrichtigkeit der
verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines solchen Vorgehens vgl. BVerfGK 10,
208 <213 f.> m.w.N.) hier auch die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und den Anspruch auf
den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt.
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3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des
Gegenstandswerts erfolgt nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365
<366 ff.>).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Kirchhof
Eichberger
Masing