Urteil des BVerfG vom 17.02.1999

BVerfG: verfassungsbeschwerde, papier, republik, professor, anknüpfung, vorrang, anweisung, gebäude, rückübertragung, finanzen

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1418/94 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1. der Frau L...,
2. des Herrn Professor Dr. S...,
3. der Frau T...,
4. des Herrn Dr. G...,
5. des Herrn Professor Dr. G...,
6. der Frau S...,
7. des Herrn P...,
8. der Frau P...,
9. des Herrn P...,
0. des Herrn G...,
1. der Frau N...,
2. des Herrn L...,
3. des Herrn T...,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. Hans Reis,
Dieterichsstraße 6, Hannover -
a)
unmittelbar
gegen
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 22. Juni 1994 - VG 31 A 167.94 -,
b)
mittelbar gegen das Investitionsvorranggesetz
vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1268)
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den
Vizepräsidenten Papier
und die Richter Grimm,
Hömig
gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I
S. 1473)
am 17. Februar 1999 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
1
Die Verfassungsbeschwerde, die die Geltung des Investitionsvorrangs für Restitutionsansprüche von Verfolgten des
NS-Regimes nach § 1 Abs. 6 des Vermögensgesetzes (VermG) betrifft, ist nicht zur Entscheidung anzunehmen.
2
Grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen (vgl. § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) wirft die
Verfassungsbeschwerde nicht auf. Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten
Verfassungsrechte angezeigt (vgl. § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
3
1. Die angegriffene Entscheidung verletzt nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Dazu kann im wesentlichen
auf den Beschluß der Kammer vom 21. Oktober 1998 - 1 BvR 179/94 - (EuGRZ 1998, S. 689) verwiesen werden. Wie
darin ausgeführt ist, stellt die nachträgliche Einschränkung des durch das Vermögensgesetz - nach der
verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auffassung des Verwaltungsgerichts auch in den Fällen des § 1 Abs. 6
VermG - konstitutiv eingeräumten Restitutionsanspruchs für Unternehmen (vgl. § 6 VermG) durch den
Investitionsvorrang weder eine Enteignung noch eine mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbare Inhalts- und
Schrankenbestimmung dar. Für die von Anfang an bestehende und deshalb weniger einschneidende Überlagerung des
Anspruchs auf Rückübertragung von Grundstücken und Gebäuden durch diesen Vorrang (vgl. das Gesetz über
besondere Investitionen in der Deutschen Demokratischen Republik vom 23. September 1990
1157>) kann nichts anderes gelten.
4
2. Wie sich aus dem angeführten Beschluß der Kammer vom 21. Oktober 1998 ergibt, stehen § 22 des
Investitionsvorranggesetzes (InVorG) vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1268) und die angegriffene Entscheidung auch im
Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz. Das Vorbringen der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens
zwingt nicht zu einer davon abweichenden Beurteilung. Das gilt auch für den Einwand, daß es mit Art. 3 Abs. 1 GG
nicht zu vereinbaren sei, von den Nationalsozialisten enteignetes jüdisches Vermögen - unter den Voraussetzungen
des § 22 InVorG - vom Investitionsvorrang nur dann auszunehmen, wenn es Reichsvermögen geworden, nicht aber
auch dann, wenn es zum Beispiel in das Eigentum eines Landes, wie hier des preußischen Staates, gelangt ist. Diese
Unterscheidung beruht darauf, daß in die Liste C nach Abschnitt C Ziffer 1 Buchstabe d in Verbindung mit Abschnitt A
Ziffer 5 Buchstabe d der Gemeinsamen Anweisung der Minister der Finanzen und des Innern der Deutschen
Demokratischen Republik vom 11. Oktober 1961 über die Berichtigung der Grundbücher und Liegenschaftskataster für
Grundstücke des ehemaligen Reichs-, Preußen-, Wehrmachts-, Landes-, Kreis- und Gemeindevermögens (abgedruckt
bei Gräf, in: Rodenbach/Söfker/Lochen, Investitionsvorranggesetz, 1993 ff., Anlage 1 zu § 22) nur Grundstücke und
Gebäude eingetragen werden konnten, die Reichsvermögen geworden waren, und ist wie die Anknüpfung an die Liste
C selbst aus den in dem Kammerbeschluß vom 21. Oktober 1998 angeführten Gründen unter Gesichtspunkten des
Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden.
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3. Im übrigen wird von einer Begründung gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
6
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Papier
Grimm
Hömig