Urteil des BVerfG vom 28.11.2007

BVerfG: rechtliches gehör, beendigung des dienstverhältnisses, unabhängigkeit, beratung, präsidium, verfassungsbeschwerde, versetzung, ausnahme, schweigen, willkürverbot

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1431/07 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn Dr. H...,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte K. Schnell, K. Flock, A.Y. Combé & Koll.,
Vangerowstraße 33, 69115 Heidelberg -
gegen den Beschluss über die Änderung der Geschäftsverteilung des Präsidiums des
Amtsgerichts Heidelberg vom 18. Juli 2005 - E 3110 a -
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Hassemer,
die Richter Di Fabio
und Landau
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S.
1473) am 28. November 2007 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I.
1
Der Beschwerdeführer, Richter am Amtsgericht Heidelberg, wendet sich gegen eine Änderung des
Geschäftsverteilungsplans, in deren Folge nicht er, sondern ein anderer Richter des Gerichts mit den Aufgaben des
Vorsitzes des Jugendschöffengerichts betraut wurde.
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1. Nach dem bisherigen Geschäftsverteilungsplan war der Beschwerdeführer unter anderem zuständig für
Jugendgerichtssachen. Nach dem Ausscheiden des bisherigen Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts teilte die
Direktorin des Amtsgerichts mit, dass in der anstehenden Präsidiumssitzung über eine Änderung der
Geschäftsverteilung beschlossen werden solle, und gab Gelegenheit, Veränderungswünsche zu äußern. Der
Beschwerdeführer nahm hierauf umfassend zum künftigen Zuschnitt jugendstrafrechtlicher Zuständigkeiten beim
Amtsgericht Heidelberg Stellung und bekundete seinen Wunsch an der Übernahme des Vorsitzes des
Jugendschöffengerichts.
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2. Das Präsidium des Amtsgerichts Heidelberg beschloss am 18. Juli 2005 in geheimer Abstimmung, den
Geschäftsverteilungsplan unter anderem dahingehend zu ändern, dass RiAG O. und nicht der Beschwerdeführer die
Stelle des Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts übernimmt. Zuvor wurde beschlossen, mit Ausnahme des
Tagesordnungspunkts „Besetzung Jugendschöffengericht“, richteröffentlich zu tagen.
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3. Einen als solchen umgedeuteten Antrag nach § 123 VwGO auf Feststellung, dass über die Besetzung des
Jugendschöffengerichts erneut entschieden werden muss, lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe mangels
Anordnungsanspruch und –grund mit Beschluss vom 19. August 2005 ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies
der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 27. Oktober 2005 zurück. Die
streitgegenständliche Maßnahme sei nicht am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG zu messen. Selbst bei einer das
verliehene statusrechtliche Amt nicht verändernden Versetzung sei, ausgehend von seinem Zweck, öffentliche Ämter
dem besten Bewerber zu übertragen, Art. 33 Abs. 2 GG nicht anwendbar. Nichts anderes könne für eine vorliegend
gegebene Umsetzung gelten. Der Umstand, dass die Entscheidung des Präsidiums in einer nicht richteröffentlichen
Sitzung fiel, begegne keinen Bedenken. Hierdurch bestünde die Möglichkeit, in freier Rede und Gegenrede Argumente
auszutauschen, und werde das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen gewahrt. Die dies regelnde Vorschrift des § 21e
Abs. 8 GVG sei unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unbedenklich. Aus diesen Erwägungen folge auch keine
Begründungspflicht der Entscheidungen des Präsidiums. Da die Maßnahme einer Umsetzung entspreche, bestehe ein
weites Ermessen im Rahmen der Zuweisung der Geschäfte. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in
seinem subjektiven Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch - welches aus der richterlichen Unabhängigkeit folge
und vor dem Hintergrund des Willkürverbotes bestehe - verletzt worden sei, lägen nicht vor. Die entsprechende Klage
im Hauptsacheverfahren wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 17. Januar 2006 ab. Den Antrag auf
Zulassung der Berufung lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 4. Juni 2007 ab.
II.
5
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.
Das Prinzip der Bestenauslese gelte bei allen Entscheidungen zur Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst, vor allem
wenn sich, wie im vorliegenden Fall, drei Kandidaten bewerben. Unter Heranziehung der Grundsätze bei der
Konkurrentenklage handele es sich nicht um eine bloße Umsetzung. Es gehe gleichzeitig auch um eine Besetzung
einer Stelle. Die Vorschrift des § 37 JGG schränke bei der Stellenbesetzung das Ermessen ein. Aufgrund seiner
bisherigen Tätigkeit sei er besser als der ausgewählte Mitbewerber qualifiziert.
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Die Regelung des § 21e Abs. 8 GVG sei nicht verfassungsgemäß angewandt worden. Es könne nicht im Ermessen
stehen und einer nicht richteröffentlich zu treffenden Mehrheitsentscheidung unterliegen, die Richteröffentlichkeit
herzustellen, da hierdurch eine Kontrolle durch die Betroffenen unmöglich gemacht werde. Zur Sicherung von deren
Rechten auf Information und rechtliches Gehör seien wenigstens die Betroffenen zu der entsprechenden Beratung des
Präsidiums hinzuzuziehen. Die durch den Ausschluss der Richteröffentlichkeit bewirkte Unkontrollierbarkeit der
Entscheidung sei daher willkürlich. Durch die fehlende Hinzuziehung zur Präsidiumssitzung sei der Beschwerdeführer
zudem in seinem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Durch sein Bewerbungsschreiben sei er
nicht ausreichend angehört worden, da er gegen Kritikpunkte in der Präsidiumssitzung nicht vorgehen konnte.
III.
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Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a
Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche
Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl.
BVerfGE 90, 22 <24 f.>; 96, 245 <248>). Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde
ist unbegründet.
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1. Durch die Änderung der Geschäftsverteilung des Amtsgerichts Heidelberg infolge des angegriffenen
Präsidiumsbeschlusses ist der Beschwerdeführer nicht in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Zwar kann
die Zuteilung oder Nichtzuteilung von Geschäften einen Richter in seinen Rechten verletzen. Zur Klärung dieser Frage
steht ihm gemäß Art. 19 Abs. 4 GG der Rechtsweg offen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats
vom 3. Dezember 1990 – 2 BvR 785/90, 2 BvR 1536/90 -, DRiZ 1991, 100). Jedoch fällt vorliegend die Maßnahme
des Präsidiums nicht in den Schutzbereich des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG.
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a) Dieser gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt
nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauslese ist demnach von der
Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats
vom 2. April 1996 - 2 BvR 169/93 -, NVwZ 1997, 54 <55>; BVerwGE 122, 237 <239>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum
einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen
fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zum anderen trägt er dem berechtigten
Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung (vgl. BAG, Urteil vom 23. Januar 2007 – 9
AZR 492/06 -, juris).
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b) Entscheidet sich der Dienstherr, eine Stelle nicht unbeschränkt auszuschreiben, sondern im Wege der
Versetzung oder Umsetzung zu besetzen, ist das hiernach durchzuführende Auswahlverfahren nicht an den
Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG zu messen. Dem Dienstherrn kommt eine Organisationsfreiheit zu, wie er offene
Stellen besetzen will. Dabei hat er nach pflichtgemäßem Ermessen das Recht, zwischen Umsetzung, Versetzung
oder Beförderung zu wählen. Entscheidet er sich, eine offene Stelle durch vorhandene Bewerber zu besetzen, und ist
damit kein beruflicher Aufstieg von Bewerbern aus niedrigeren Besoldungsgruppen und keine Statusveränderung
verbunden, ist er nicht gehalten, diese Maßnahme an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG auszurichten. Mit
Ausnahme statusrechtlicher Veränderungen im Hinblick auf das vom Beamten innegehaltene Amt ist Art. 33 Abs. 2
GG bei entsprechenden dienstlichen Maßnahmen grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. hierzu BVerwGE 122, 237
<240>; BVerwGE 95, 73 <84>; so nunmehr auch BAG, Urteil vom 23. Januar 2007 – 9 AZR 492/06 -, juris). Dies gilt
auch im Rahmen der Tätigkeit des in richterlicher Unabhängigkeit handelnden Präsidiums eines Gerichts. Dieses
nimmt im richterlichen Bereich die konkrete Aufgabenzuweisung entsprechend der Tätigkeit des Dienstherrn im
Bereich der Beamten wahr. Hiernach ist das Präsidium eines Gerichts im Falle einer bloßen Änderung der
Geschäftsverteilung nicht gehalten, diese Maßnahme an den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG auszurichten.
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2. Die Maßnahme des Präsidiums unterliegt vielmehr den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen
Ermessens und darf sich nicht als willkürlich darstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1975 – VII C 47/73 -,
NJW 1976, 1224 <1226>; vgl. für den Fall der Abordnung eines Beamten BVerfGK 5, 250 <252 f.>; im Falle einer
Umsetzung vgl. BVerwGE 60, 144 <151>;).
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Anhaltspunkte dafür, dass die Grenzen dieses pflichtgemäßen Ermessens nicht beachtet wurden, sind nicht
ersichtlich. Wird bei einem Amtsgericht infolge Ausscheidens eines Richters eine Stelle und damit ein bestimmter
Tätigkeitsbereich eines Richters am Amtsgericht frei, muss es dem Präsidium möglich sein, in kurzer Zeit die Stelle
zu besetzen. Erfolgt etwa – anders als vorliegend – keine Zuweisung eines Richters als Ersatz für den
Ausgeschiedenen, bedarf es im öffentlichen Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege zeitnaher
Entscheidungen über die Umverteilung des richterlichen Arbeitspensums. Dabei wurde die das Ermessen
mitbestimmende Regelung des § 37 JGG, welche Anforderungen an die Person des Jugendrichters stellt, beachtet.
Auch der dem Beschwerdeführer vorgezogene Bewerber verfügt über entsprechende Kenntnisse aus seiner Zeit als
Jugendstaatsanwalt und ehemaliger Vorsitzender eines Jugendschöffengerichts. Eines Eignungsvorsprungs in seiner
Person bedarf es hingegen nicht.
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3. Die Beratung des Präsidiums in nicht richteröffentlicher Sitzung zur Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans ist
nicht ermessensfehlerhaft. Das Verfahren wurde vor dem Hintergrund sachlicher Erwägungen durchgeführt, so dass
kein Verstoß gegen das dem pflichtgemäßen Ermessen des Präsidiums Grenzen ziehende Willkürverbot vorliegt (vgl.
hierzu BVerwG, Beschluss vom 18. März 1982 – 9 CB 1076/81 -, NJW 1982, 2274; VGH München, Beschluss vom
12. Juli 1993 – 20 CE 93.1589 -, NJW 1994, 2308 <2309>).
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Bei der Beratung und Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung werden die Mitglieder des Präsidiums in
richterlicher Unabhängigkeit tätig (BGHZ 46, 147 <148 f.>; BGH, Urteil vom 7. April 1995 – RiZ (R) 7/94 -, NJW 1995,
2494). Dabei ist das Verfahren des Präsidiums im Gesetz nur lückenhaft geregelt und somit im Übrigen – im
gesetzlichen Rahmen – dessen eigenem pflichtgemäßen Ermessen überlassen (vgl. BGHSt 12, 227 <228 f.>; BGH,
Urteil vom 7. April 1995 – RiZ (R) 7/94 -, NJW 1995, 2494; BVerwG, Beschluss vom 18. März 1982 – 9 CB 1076/81 -,
NJW 1982, 2274). Das Präsidium kann somit in weitem Rahmen selbst das von ihm anzuwendende Verfahren
gestalten.
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Der Umstand, dass das Präsidium vorliegend von der Möglichkeit der Zulassung von Richtern nach § 21e Abs. 8
Satz 1 GVG beim Tagungsordnungspunkt „Besetzung des Jugendschöffengerichts“ keinen Gebrauch gemacht hat, ist
nicht zu beanstanden. Bereits aus dem Wortlaut von § 21e Abs. 8 Satz 1 GVG folgt, dass die Richteröffentlichkeit die
Ausnahme darstellt und besonderer Zulassung bedarf. Auch im Übrigen ergibt sich aus den die
Verschwiegenheitspflicht von Richtern regelnden Vorschriften, dass die Meinungsbildung in Gremien, welche unter
dem Schutz der richterlichen Unabhängigkeit handeln, grundsätzlich nicht öffentlich erfolgt. Dies gilt entsprechend für
die der Unabhängigkeit der richterlichen Tätigkeit gleichgestellte Aufgabenwahrnehmung des Präsidiums. So regelt
§ 193 GVG die Anwesenheit und Verschwiegenheitspflicht der Personen, welche bei der Beratung und Abstimmung
zugegen sein können. In § 43 DRiG ist bestimmt, dass der Richter über den Hergang bei der Beratung und
Abstimmung im Rahmen Recht sprechender Tätigkeit auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses zu schweigen
hat. Hieraus wird ein gesetzgeberisches Leitbild deutlich, wonach die richterliche Meinungsbildung in Gremien nur den
zugehörigen Gremienmitgliedern zur Kenntnis zu gelangen hat und hiervon die Öffentlichkeit grundsätzlich
ausgeschlossen ist. Dies erlaubt eine unbeeinflusste, sich in freier Rede und Gegenrede unter Umständen erst
entwickelnde Meinungsbildung. Besondere Gründe, welche es gerade im Fall der Besetzung des
Jugendschöffengerichts geboten hätten, die Bewerber im Rahmen der Beratung zuzulassen, sind nicht gegeben. Zur
Sicherung der Rechte der von einer Änderung der Geschäftsverteilung Betroffenen statuiert § 21e Abs. 5 GVG deren
Anhörung. Den Belangen eines im Ergebnis nicht berücksichtigten Bewerbers ist grundsätzlich dadurch Genüge
getan, dass ihm gemäß § 21e Abs. 2 GVG vor der Geschäftsverteilung Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird. Dies
war auch vorliegend geschehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Präsidiumsmitglieder diese Äußerung nicht bedacht
haben, sind nicht gegeben.
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Mit der grundsätzlich nicht bestehenden Pflicht zur Beratung in öffentlicher Sitzung einher geht der Umstand der
fehlenden Notwendigkeit, die Entscheidung des Präsidiums gegenüber den Betroffenen zu begründen. Hierdurch wird
– ebenso wie durch die Regelungen zur Öffentlichkeit der Sitzung – im Interesse der Unabhängigkeit der Mitglieder
des Präsidiums verhindert, dass Abstimmungsergebnis und -verhalten bekannt wird. Eine Begründung ist weder zur
Wahrung effektiver Rechtsschutzmöglichkeiten durch einen von der Abstimmung Betroffenen geboten noch hindert
deren Fehlen das Gericht, die Entscheidung auf Ermessensfehler nachzuprüfen (vgl. zur Beschlussfassung in einem
Richterwahlausschuss BVerfGE 24, 268 <276 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Mai
1998 – 2 BvR 159/97 -, NJW 1998, 2592). Anders als statusverändernde Maßnahmen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss
der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 –, juris, Rn. 20), bedürfen gerichtsinterne
Handlungen wie die streitgegenständliche daher grundsätzlich keiner Begründung.
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4. Der Beschwerdeführer wurde schließlich auch nicht in seiner persönlichen Unabhängigkeit, Art. 97 Abs. 2 GG,
welche als hergebrachter Grundsatz des richterlichen Amtsrechts dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG unterfällt (vgl.
Detterbeck in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 97 GG, Rn. 7), verletzt. Von diesem Schutz erfasst wird neben den in Art. 97
Abs. 2 Satz 1 GG ausdrücklich genannten Handlungen jede Maßnahme, die materiell einer Entlassung, einer
dauernden oder zeitweisen Amtsenthebung oder einer Versetzung in den Ruhestand gleichkommt, durch welche also
faktisch dasselbe wie durch eine der in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG genannten förmlichen Maßnahmen erreicht wird
(BVerfGE 17, 252 <259>). Zwar hat ein Richter keinen Anspruch auf die Entscheidung eines nach der
Geschäftsverteilung zu seiner Zuständigkeit gehörenden Rechtsstreits (vgl. BVerfGE 15, 298 <301>). Jedoch ist es
dem Präsidium verwehrt, einen planmäßig bei einem Gericht ernannten Richter als für die Rechtsprechung dieses
Gerichts untragbar, völlig ungeeignet oder unzumutbar zu qualifizieren und aus diesem Grund von der Rechtsprechung
fernzuhalten (vgl. BVerfGE 17, 252 <260>). Solche nicht auf sachgerechten Erwägungen beruhenden Zielsetzungen
waren vorliegend nicht Gegenstand der Änderung des Geschäftsverteilungsplans. Wie sich aus § 21e GVG ergibt,
obliegt dem Präsidium die jährliche Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans, so dass ein Richter vor einer
Änderung der ihm zukommenden Aufgaben nicht generell geschützt ist. In dieser jährlich zu treffenden, der
Verwirklichung des zu Gunsten der Prozessparteien in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG normierten Rechts auf den
gesetzlichen Richter dienenden Festlegung kann daher, ohne dass besondere Umstände hinzukommen, kein Eingriff
in die richterliche Unabhängigkeit gesehen werden (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 19. September 1986 – Bs V
144/86 –, NJW 1987, 1215 <1217>).
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Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Hassemer
Di Fabio
Landau