Urteil des BSG vom 07.12.2006

BSG: wiederkehrende leistung, unternehmen, abgabepflicht, künstler, gestaltungsspielraum, werbung, form, unternehmer, originalwerk, vergütung

Bundessozialgericht
Urteil vom 07.12.2006
Sozialgericht Düsseldorf S 9 (1) KR 5/02
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 16 KR 379/03
Bundessozialgericht B 3 KR 2/06 R
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Juli 2005 wird
zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens. Der Streitwert des Revisionsverfahrens
beträgt 2.717,94 EUR.
Gründe:
I
1
Streitig ist die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung. Die klagende Aktiengesellschaft (AG) ist
Rechtsnachfolgerin eines bis zum 30. Mai 2005 als A GmbH (im Folgenden: A GmbH) firmierenden Unternehmens der
Metall- und Elektroindustrie, das Schaltanlagen entwickelt, herstellt und vertreibt und nunmehr den rechtlich
unselbstständigen Geschäftsbereich C Mittelspannungsprodukte der Klägerin darstellt. Für jedes Produkt erstellt das
Unternehmen eine Bedienungsanleitung sowie eine Werbebroschüre, in der zu einem Teil Bilder und Texte aus der
Bedienungsanleitung übernommen werden. Die hausintern erstellte deutsche Fassung der Bedienungsanleitungen und
Werbebroschüren lässt das Unternehmen jeweils in die englische Sprache und bei Bedarf in weitere Sprachen
übersetzen. Die - durchschnittlich fünfmal jährlich anfallenden - Übersetzungsarbeiten vergab das Unternehmen bis
2002 an das Übersetzungsbüro "BKL Übersetzungen C S " in Düsseldorf, das von der Inhaberin Claudia Siegert
seinerzeit als Einzelunternehmen geführt und erst nach 2002 in eine GmbH umgewandelt wurde. Die Werbebroschüren
wurden in Zusammenarbeit mit einer Werbeagentur (P GmbH in Düsseldorf) erstellt, die ihrerseits Werbefotografen
und Layouter einschaltete.
2
Die beklagte Künstlersozialkasse (KSK) stufte die Übersetzerin als "selbstständige Publizistin" iS des
Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) und ihre Übersetzungen als publizistische Leistungen ein. Sie setzte
aufgrund einer Meldung der A GmbH vom 2. Juli 2001 die auf die Honorare für die Übersetzungsarbeiten in den Jahren
1996 bis 2000 zu zahlende Künstlersozialabgabe (KSA) auf insgesamt 5.315,82 DM (jetzt: 2.717,94 EUR) fest.
Zusätzlich forderte sie Vorauszahlungen für das Jahr 2001 in Höhe von monatlich 108,06 DM für die Monate Januar
und Februar sowie von monatlich 38,14 DM für die Monate März bis Juni, sodass im Juli 2001 5.684,50 DM (jetzt:
2.906,44 EUR) zu zahlen waren (Bescheid vom 6. Juli 2001, Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2001).
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Im Klageverfahren hat die A GmbH ihre Abgabepflicht bereits dem Grunde nach bestritten. Die Voraussetzungen der
hier allein in Betracht kommenden Abgabetatbestände des § 24 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 KSVG seien nicht erfüllt, weil
die an die Übersetzerin gezahlten Honorare keine Entgelte für "publizistische Werke oder Leistungen" darstellten. Die
Übersetzung eines deutschen Textes in eine andere Sprache könne nicht als publizistische Leistung angesehen
werden, wenn dem Übersetzer - wie hier - keinerlei gestalterischer Spielraum eröffnet sei. Da die
Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren wortgetreu übersetzt werden müssten, könne ein Übersetzer weder auf
den Inhalt noch auf die Form der Texte Einfluss nehmen. Für die grafische Gestaltung, das Schriftbild und die
sonstige Aufmachung sei die Werbeagentur zuständig.
4
Die Beklagte hat hingegen die Auffassung vertreten, auch bei der Übersetzung von Bedienungsanleitungen und
Werbebroschüren sei von einem Gestaltungsspielraum auszugehen, weil vom Übersetzer erwartet werde, dass er
anschaulich und "publikumswirksam" übersetze, also unter Verwendung einprägsamer Bilder und Idiome sowie der in
der Übersetzungssprache üblichen Redewendungen. Außerdem bestehe ein kreativer Spielraum insoweit, als für ein
bestimmtes deutsches Wort mitunter mehrere Übersetzungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Daher seien die
Übersetzungen publizistische Leistungen, deren etwa fünfmal jährlich erfolgende Inanspruchnahme zu einer
Einbeziehung der A GmbH in den Kreis der abgabepflichtigen Vermarktungsunternehmen nach § 24 Abs 1 Satz 2 und
Abs 2 KSVG führe.
5
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage auf Aufhebung des Abgabenbescheides vom 6. Juli 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2001 nach Beweisaufnahme stattgegeben, jedoch die zusätzlich
erhobene Klage, "der Beklagten aufzugeben, von der Heranziehung der A GmbH zur Zahlung der KSA abzusehen",
abgewiesen (Urteil vom 10. November 2003). Das Landessozialgericht (LSG) hat die allein von der Beklagten
eingelegte Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 7. Juli 2005): Es fehle bei den in Auftrag gegebenen wortgetreuen
Übersetzungen der Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren an der für die Publizistik charakteristischen
inhaltlichen Gestaltung und Aufmachung von Schriftwerken, die eine eigenschöpferische Leistung von einer
Gestaltungshöhe verlange, die zumindest derjenigen einer einfachen journalistischen oder schriftstellerischen
Tätigkeit entspreche. Von der Einzelfallprüfung könne bei Übersetzungen nicht abgesehen werden, weil sich nicht
jeder Übersetzer berufstypisch in einem publizistischen Umfeld bewege, wie es zB bei Journalisten und Redakteuren
der Fall sei. Eine Gleichstellung mit Betriebsanleitungen, Werbebroschüren und Handbücher für technische Geräte
verfassenden "technischen Redakteuren", die vom Bundessozialgericht (BSG) als Publizisten im Sinne des KSVG
anerkannt worden seien (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 12), scheide aus, weil es hier an der eigenständigen Formulierung
der Texte fehle und auch keine redaktionelle Konzeption gefordert werde.
6
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 2, 24 und 25 KSVG.
Sie meint, Übersetzer von publizistischen Werken, zu denen auch Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren
gehörten, seien generell als Publizisten iS des § 2 KSVG einzustufen. Die berufstypische Bearbeitung fremder Texte
sei auch für Lektoren, Nachrichtenredakteure und Layouter charakteristisch, die seit jeher als Publizisten angesehen
würden.
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Die Beklagte beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Juli 2005 und des
Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. November 2003 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
8
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 165, § 153 Abs 1
und § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
II
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Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Anfechtungsklage gegen den
Abgabenbescheid für die Jahre 1996 bis 2000 zu Recht stattgegeben.
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Streitgegenstand ist zwar sowohl die Höhe der Abgabenschuld der Rechtsvorgängerin der Klägerin in den Jahren 1996
bis 2000 (§ 25 KSVG) als auch die Abgabepflicht selbst (§ 24 KSVG). Nach den unangefochtenen Feststellungen des
LSG ist aber davon auszugehen, dass auf die Honorare für die Übersetzungsarbeiten eine KSA in Höhe von 2.717,94
EUR zu zahlen wäre, wenn die A GmbH in den Jahren 1996 bis 2000 zu den abgabepflichtigen Unternehmen (§ 24
KSVG) gehörte. Umstritten ist somit allein, ob das Unternehmen durch die in Auftrag gegebenen
Übersetzungsarbeiten die Voraussetzungen der - hier einzig in Betracht kommenden - Abgabetatbestände des § 24
Abs 1 Satz 2 und/oder des Abs 2 KSVG erfüllt hat. Das ist zu verneinen.
13
Die Klägerin ist formell klagebefugt und materiell-rechtlich aktivlegitimiert, obgleich der angefochtene Bescheid nicht
ihr gegenüber, sondern gegenüber der A GmbH erlassen worden ist. Durch den gesellschaftsrechtlichen
Verschmelzungsvertrag vom 30. Mai 2005 ist die A GmbH aufgelöst worden, das von ihr bis dahin betriebene
Unternehmen in den Konzernverbund der Klägerin integriert und die Klägerin Rechtsnachfolgerin der A GmbH
geworden. Der angefochtene Bescheid wirkte dadurch ab 30. Mai 2005 unmittelbar gegenüber der Klägerin; die
Beklagte war nicht gehalten, wegen der Auflösung der A GmbH einen inhaltsgleichen neuen Bescheid gegenüber der
Klägerin zu erlassen (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 20).
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Rechtsgrundlage des angefochtenen Abgabenbescheides ist § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG in der Fassung des Gesetzes
vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2606, aF), die in der Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 30. Juni 2001 gültig war und
damit den gesamten hier streitigen Zeitraum von 1996 bis 2000 abdeckt. Nach § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG aF waren
Bemessungsgrundlage der KSA die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein
nach § 24 Abs 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten oder ein in § 24
Abs 3 KSVG genannter Dritter im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch
wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind. Die Klägerin ist mit dem Einwand der schon
dem Grunde nach fehlenden Abgabepflicht nicht ausgeschlossen, weil die Beklagte gegenüber der A GmbH allein
einen Abgabenbescheid nach § 25 KSVG erlassen, nicht aber die Abgabepflicht des Unternehmens dem Grunde nach
in einem gesonderten Erfassungsbescheid vorab oder daneben festgestellt hat (zur Zulässigkeit solcher gesonderten
Erfassungsbescheide vgl BSGE 64, 221 = SozR 5425 § 24 Nr 2 und BSGE 69, 259 = SozR 3-5425 § 24 Nr 1).
Mangels selbstständiger bestandskräftiger Feststellung der Abgabepflicht der A GmbH dem Grunde nach ist deshalb
bei der Überprüfung eines Abgabenbescheids dies zunächst festzustellen. In Betracht kommen hier allein die
Abgabentatbestände des § 24 Abs 1 Satz 2 und des Abs 2 KSVG, wobei wiederum die bis zum 30. Juni 2001 gültige
Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2606) maßgebend ist. Nach § 24 Abs 1 Satz 2 Nr 1 KSVG
aF (ähnlich, aber weiter gefasst § 24 Abs 1 Satz 2 KSVG nF) waren zur KSA solche Unternehmer verpflichtet, die für
Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betreiben, wenn diese Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit der
in Satz 1 Nr 7 genannten Unternehmen entspricht (Werbung einschließlich Öffentlichkeitsarbeit für Dritte) und sie nicht
nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen. Nach § 24 Abs 2 KSVG aF (wortgleich
mit § 24 Abs 2 Satz 1 KSVG nF) waren zur KSA ferner Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge
an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens
zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. Welcher der
Abgabetatbestände hier eher in Betracht kommt, kann offen bleiben, weil letztlich beide zu verneinen sind.
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Unbegründet ist allerdings der Einwand der Klägerin, beide Tatbestände seien schon deshalb nicht erfüllt, weil die A
GmbH "nur gelegentlich" Übersetzungsaufträge erteilt habe. Da im Zeitraum von 1996 bis 2000 jährlich
durchschnittlich fünf Aufträge zur Übersetzung von Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren erteilt worden sind,
ist das beiden Tatbeständen gemeinsame Merkmal einer "nicht nur gelegentlichen" Auftragsvergabe erfüllt. Bestätigt
wird dies durch die - allerdings nach dem Wortlaut nur für Veranstaltungen geltende - Geringfügigkeitsgrenze von drei
Aufträgen pro Kalenderjahr nach § 24 Abs 2 Satz 2 KSVG nF.
16
Die Abgabetatbestände des § 24 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und des Abs 2 KSVG aF sind jedoch nicht erfüllt, weil es an
weiteren beiden Tatbeständen gemeinsamen Voraussetzungen fehlt; die Übersetzungen der Bedienungsanleitungen
und Werbebroschüren stellen keine publizistischen Werke oder Leistungen dar, und die Aufträge sind auch nicht einer
selbstständigen Künstlerin oder Publizistin im Sinne des KSVG erteilt worden. Die Übersetzerin war zwar zu jener Zeit
mit dem von ihr geführten Einzelunternehmen selbstständig tätig; ihr fehlte jedoch die hier allein in Betracht
kommende Eigenschaft einer selbstständigen Publizistin iS des insoweit maßgebenden § 2 Satz 2 KSVG. Danach ist
Publizist im Sinne des KSVG, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder
Publizistik lehrt, wobei die letzte Variante dem Tatbestand erst durch das 2. KSVG-Änderungsgesetz vom 13. Juni
2001 (BGBl I S 1027) angefügt worden ist. Die hier allein in Erwägung zu ziehende Variante einer "in anderer Weise"
publizistischen Tätigkeit ist nicht erfüllt.
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Der Begriff des Publizisten ist gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG nach dem weit gefassten Wortlaut der
Öffnungsklausel des § 2 KSVG, der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift sowie Sinn und Zweck des
Künstlersozialversicherungsrechts weit auszulegen (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 12 mwN; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 7
RdNr 13 und BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 8 RdNr 11). Er ist nicht auf die inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von
Büchern und sog Massenkommunikationsmitteln (zB Zeitungen, Zeitschriften) begrenzt, sondern erfasst jeden im
Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 12;
BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 8; so auch Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl 1977,
Band 19 S 381). Im Zuge der gesetzgeberischen Arbeiten zum KSVG wurde neben dem von der Bundesregierung in
Auftrag gegebenen Künstlerbericht eine ähnliche Untersuchung für Publizisten angesprochen (BR-Drucks 410/76, S
13). Gemeint war damit der "Autorenreport" (Fohrbeck/Wiesand, Der Autorenreport, 1972), der durch einen
Schriftstellerverband veranlasst und von privater Seite finanziert worden war. In diesem Report sind Berufszweige
genannt, die im Allgemeinen - ähnlich wie die im Künstlerbericht erwähnten Künstlergruppen und soweit die
erforderliche Nachhaltigkeit ihrer Ausübung (§ 1 Nr 1 KSVG) gesichert ist - als publizistische Berufe anzuerkennen
sind, ohne dass es einer weiteren Prüfung bedarf. Hierzu gehören neben den als Leitbilder der Publizistik in § 2 Satz 2
KSVG ausdrücklich genannten Schriftstellern und Journalisten die Berufe des Dichters, des Autors für Bühne, Film,
Funk und Fernsehen, des Lektors, des Redakteurs, des Bildjournalisten bzw Bildberichterstatters, des Kritikers und
des wissenschaftlichen Autors (vgl Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 3. Aufl 2004, § 2 RdNr 19). Bei einigen
weiteren Berufen ist nach dem Autorenreport die Publizisteneigenschaft nicht generell zu bejahen. Dazu gehören auch
die Übersetzer. Es gibt sonach keine allgemeine Verkehrsanschauung über die Einordnung von Übersetzern und auch
kein einheitliches Berufsbild.
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Bei der schriftlichen Übersetzung eines Textes wird gemeinhin unterschieden zwischen wörtlichen, wortgetreuen,
werktreuen, sinngemäßen, kongenialen und freien Übersetzungen (vgl zu alledem Meyers Enzyklopädisches Lexikon,
9. Aufl 1979, Stichwort Übersetzung Anm 4; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl 1999,
Stichworte "übersetzen" und "Übersetzung"). Im Urheberrecht werden nach § 3 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG)
nur Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters
sind, unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbstständige Werke geschützt. Die Übersetzung
und jede andere Form der Bearbeitung muss dabei zwar das Originalwerk erkennen lassen, sich aber durch eine
eigene schöpferische Ausdruckskraft von ihm abheben (BGH GRUR 1972, 143, 144; Schricker/Loewenheim,
Urheberrecht, 2. Aufl 1999, § 3 RdNr 11). Die danach zu stellenden Anforderungen sind grundsätzlich die gleichen wie
bei einem Originalwerk. Nach § 2 Abs 2 UrhG sind erforderlich eine persönliche Schöpfung, geistiger Gehalt,
Formgebung und Individualität. Übersetzungen stellen in der Regel eine eigenschöpferische Leistung dar, weil die
neue Sprachform Einfühlungsvermögen und stilistische Fähigkeiten erfordert und damit den individuellen Geist des
Übersetzers zum Ausdruck bringt. Die Untergrenze wird im Urheberrecht durch das rein Handwerkliche bestimmt;
keine Werkqualität haben zB rein routinemäßige Übersetzungen einfacher Sprachwerke (Schricker/Loewenheim, aaO,
RdNr 21 mwN). Der Schutz der Übersetzung erstreckt sich auf "Übersetzungen im engeren Sinn", die das Ziel haben,
den Sinn des Originalwerkes in der neuen Sprachgebung so wortgetreu wie möglich wiederzugeben, auf die
"Übertragungen", also die sinngemäßen, freien Übersetzungen, und auf die "Nachdichtungen", die die Form des
Originalwerkes durch eine eigene ersetzt, aber die Fabel übernimmt (Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 8. Aufl 1994, §
3 RdNr 5). Wenn auch das Urheberrecht wegen seiner Zielrichtung, den Schutz des geistigen Eigentums zu
gewährleisten, nicht ohne weiteres auf das Gebiet der Künstlersozialversicherung, die den sozialen Schutz von
Künstlern und Publizisten bezweckt, übertragen werden kann, lässt sich immerhin festhalten, dass alle Übersetzer,
die wegen ihrer schöpferischen Leistung den Schutz des Urheberrechts in Anspruch nehmen können, auch das
Mindestmaß an schöpferischer Eigenleistung erbringen, die im KSVG zur Anerkennung von Künstlern und Publizisten
erforderlich ist, ohne dass sie die für das Urheberrecht maßgebende Gestaltungshöhe erreichen muss. Denn sozial
geschützt werden soll auch der weniger begabte und erfolgreiche Künstler oder Publizist.
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Im Einzelfall kommt es aber auch in der Künstlersozialversicherung darauf an, ob dem Übersetzer ein
Gestaltungsspielraum zukommt, der über das rein Handwerkliche hinausgeht. Dabei ist die Schwierigkeit des Textes
nicht entscheidend, solange dies nicht mit einem Interpretationsspielraum verbunden ist und im Prinzip auch durch
einen Übersetzungsautomaten erledigt werden könnte.
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Wenn es um die Übersetzung eines literarischen oder künstlerischen Textes geht, sich der Übersetzer also in einem
schriftstellerischen oder künstlerischen Umfeld bewegt, wird der erforderliche Interpretationsspielraum stets vorhanden
sein. Handelt es sich hingegen um die Übersetzung von Texten, die nicht der "Literatur" im weitesten Sinne
zuzurechnen sind, aber dennoch veröffentlicht werden sollen, wozu zB journalistische und redaktionelle Texte,
Werbebroschüren, Bedienungsanleitungen und Handbücher für technische Geräte gehören, ist näher zu prüfen, ob es
nach der Natur der Sache oder den konkreten Vorgaben des Auftraggebers um eine wörtliche bzw wortgetreue
Übersetzung geht oder ob dem Übersetzer ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, was in der Praxis bei Texten
dieser Art eher den Ausnahmefall darstellen dürfte. Wörtliche bzw wortgetreue Übersetzungen solcher Texte sind nicht
der Publizistik iS des § 2 KSVG zuzurechnen, weil es am notwendigen sprachlichen und inhaltlichen
Gestaltungsspielraum fehlt. Es handelt sich dann um rein technische bzw handwerkliche Übersetzungen, die zwar
inhaltlich korrekt und sprachlich einwandfrei sein müssen, im Ergebnis aber gewissermaßen nur eine "Kopie" des
Originaltextes darstellen. Typischerweise werden rein technische bzw handwerkliche Übersetzungen dieser Art in
Übersetzungsbüros oder Übersetzungsdiensten angefertigt. Dass die Übersetzungen zum Teil im Bereich der
Werbung eingesetzt werden, begründet keinen entscheidenden Unterschied. Auch dort gibt es neben "kreativen" auch
"handwerkliche" Tätigkeiten. Die in diesem Bereich tätigen Übersetzer unterscheiden sich mangels jeglichen eigenen
Gestaltungsspielraums etwa von den Werbefotografen; sie sind vielmehr vergleichbar mit Fotografen, die technisch
und qualitativ einwandfreie Gemäldefotografien für ein Kunstdia-Archiv anfertigen, ohne dabei über einen kreativen
bildnerischen Spielraum zu verfügen (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 11 und SozR 4-5425 § 24 Nr 2).
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Die nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG streng dem vorgegebenen Wortlaut der Werbebroschüren und
Bedienungsanleitungen der A GmbH folgende Übersetzungsarbeit ist deshalb eine nicht-publizistische Tätigkeit, deren
Vergütung nicht der KSA unterfällt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Die Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, §
52 Abs 3 und § 47 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der Betrag von 2.717,94 EUR setzt sich zusammen
aus der festgesetzten KSA für die Jahre 1996 bis 2000. Die in dem angefochtenen Bescheid zugleich festgesetzten
KSA-Vorauszahlungen für die Monate Januar bis Juni 2001 in Höhe von 188,50 EUR waren nicht streitwerterhöhend
zu berücksichtigen, weil sich diese KSA-Vorauszahlungen schon bei Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hatten,
sodass die Klägerin insoweit nicht mehr beschwert war. Die vorläufige Streitwertfestsetzung von 2.906,44 EUR war
deshalb nicht aufrecht zu erhalten.
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Eine Streitwertfestsetzung nach § 42 Abs 3 Satz 1 GKG kam nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist in
sozialgerichtlichen Verfahren bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen der dreifache Jahresbetrag der
wiederkehrenden Leistung maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer ist. Diese vom
SG in seinem Streitwertbeschluss vom 7. Januar 2004 angewandte Regelung, die sich seinerzeit in § 17 Abs 3 GKG
in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung befand, ist nicht anwendbar.
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Die grundsätzliche Pflicht von Vermarktungsunternehmen, auf die voraussichtlich im laufenden Kalenderjahr
anfallende KSA monatliche Vorauszahlungen zu leisten (§ 27 Abs 2 bis 5 KSVG), macht die KSA nicht zu einer
Abgabe, die als "wiederkehrende Leistung" zu qualifizieren wäre. Die KSA wird für jedes Kalenderjahr gesondert
festgesetzt und stellt daher allenfalls eine jahresbezogene einmalige Leistung dar, sofern an einen
Sozialversicherungsträger zu leistende Beiträge und Abgaben überhaupt als "Leistung" in diesem Sinne verstanden
werden können. Die Vorauszahlungen sind, soweit sie von der KSK festgesetzt und vom Vermarktungsunternehmen
gezahlt worden sind, auf die festgesetzte KSA anzurechnen. Eine aus den Vorauszahlungen sich ergebende
Überzahlung ist an den Abgabepflichtigen auszuzahlen bzw ihm gutzuschreiben; erreichen die Vorauszahlungen nicht
den Betrag der festgesetzten KSA, hat der Abgabepflichtige die Differenz nachzuentrichten.