Urteil des BSG vom 15.07.2009

BSG (rechtliches gehör, sgg, beteiligung am verfahren, anspruch auf rechtliches gehör, antrag, beiladung, kläger, beitragspflichtige beschäftigung, lex specialis, beitragspflicht)

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 15.7.2009, B 12 KR 1/09 R
Sozialversicherungspflicht - ehrenamtlich tätige Feuerwehrführungskräfte in Bayern -
sozialgerichtliches Verfahren - Massenbeiladung - notwendige Beiladung der
Beschäftigten bei besonderer Betroffenheit - Aufwandsentschädigung - Arbeitsentgelt
Leitsätze
Macht das Gericht von der sog Massenbeiladung Gebrauch, so sind Beschäftigte als in
besonderem Maße Betroffene jedenfalls dann unabhängig von ihrem Antrag zu Verfahren
beizuladen, in denen die Versicherungs- und Beitragspflicht streitig ist, wenn der Entscheidung
des Gerichts für die Klärung ihres Status auch aktuelle Bedeutung zukommt.
Tatbestand
1 Der Kläger, ein Bayerischer Landkreis, wendet sich gegen die Nachforderung von
Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für Feuerwehrführungskräfte.
2 Mit Bescheid vom 17.3.2005/Widerspruchsbescheid vom 19.9.2005 forderte die beklagte
Deutsche Rentenversicherung Bund vom Kläger aufgrund der Betriebsprüfung vom 7. bis
11.10.2004 für den Prüfzeitraum vom 1.6.2000 bis 31.12.2003
Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 29.555,66 Euro nach. Die Nachforderung
betraf hinsichtlich der Feuerwehrführungskräfte K. (K), P. (P), S. (S) und G. (G) jeweils deren
Tätigkeit bis zum Ende des Prüfzeitraums (31.12.2003), für die übrigen
Feuerwehrführungskräfte nur deren schon vor dem 31.12.2003 beendete Tätigkeit. Die
Beklagte gab zur Begründung der Nachforderung an, die im Gebiet des Klägers tätigen
Feuerwehrführungskräfte seien versicherungspflichtig beschäftigt. Die im Prüfzeitraum
gezahlten Aufwandsentschädigungen seien nach Abzug von Freibeträgen beitragspflichtig,
sodass sich die genannte Nachforderung ergebe.
3 Der Kläger hat gegen die Beitragsnachforderungen Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG)
Bayreuth hat die Entscheidungen der Beklagten hinsichtlich der dort erfassten
Feuerwehrführungskräfte aufgehoben und festgestellt, diese hätten nicht in einem
Beschäftigungsverhältnis zum Kläger gestanden. Sie seien einem Kreisbrandrat vergleichbar
und bekleideten als ehrenamtlich Tätige aufgrund der Sonderregelungen im Bayerischen
Feuerwehrgesetz ein Amtsverhältnis besonderer Art. Sie seien nicht weisungsgebunden tätig
und erhielten vom Kläger kein Entgelt, sondern von diesem als Aufwandsträger lediglich eine
Entschädigung. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis zum Kläger bestehe damit nicht.
4 Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) mit Beschluss
vom 1.8.2007 die beteiligten öffentlich-rechtlichen Körperschaften zum Verfahren beigeladen.
Mit dem weiteren Beschluss vom 1.8.2007, der den Beteiligten - Parteien und Beigeladene zu
1. bis 10. - jeweils gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, hat das LSG die
Beiladung der betroffenen Feuerwehrführungskräfte von deren fristgerechtem Antrag bis
30.11.2007 abhängig gemacht. Dieser Beschluss wurde der "Süddeutschen Zeitung", der
"Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH" und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"
jeweils mit der Bitte um vollständige Veröffentlichung bis spätestens 31.8.2007 übersandt. Ein
Antrag auf Beiladung wurde während des Berufungsverfahrens nicht gestellt. Im Termin zur
mündlichen Verhandlung hat die Beklagte auf die Erhebung von Säumniszuschlägen
verzichtet und ihre Entscheidung insoweit aufgehoben. Eine weitere Beiladung ist
unterblieben. Mit Urteil vom 25.11.2008 hat das LSG das Urteil des SG Bayreuth vom
29.11.2006 aufgehoben und die Klage in dem nach Aufhebung der Entscheidung über die
Säumniszuschläge in der mündlichen Verhandlung noch streitigen Umfang abgewiesen. Der
Senat gebe seine frühere entgegen stehende Rechtsprechung auf und schließe sich der
Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) an, das hinsichtlich der Versicherungs- und
Beitragspflicht von bayerischen ehrenamtlichen Kreisbrandräten von einer Beschäftigung
ausgegangen sei. Hiernach sei auch von einer abhängigen Beschäftigung der hier in Frage
stehenden Kreisbrandmeister und -inspektoren und damit von deren Versicherungs- und
Beitragspflicht in der Sozialversicherung auszugehen.
5 Der Kläger hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Gerügt werde die
Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe die Stellung des Kreisbrandrats nicht
problematisiert, obwohl der betroffene K in der namentlichen Aufstellung im Tatbestand des
Berufungsurteils aufgeführt sei. Eine versicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigung der
Feuerwehrführungskräfte liege nicht vor. Das Berufungsgericht habe es unterlassen, die
genannten und sich aus dem Bayerischen Feuerwehrgesetz ergebenden Aufgaben der
Führungskräfte einer konkreten Gesamtwürdigung unter Beachtung der Rechtsprechung des
BSG zu unterziehen. Bei der Aufwandsentschädigung handele es sich lediglich um einen
pauschalierten Ausgleich und nicht um ein Arbeitsentgelt. Außerdem bestehe in keiner Weise
die vom Berufungsgericht angenommene Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die
Arbeitsorganisation des Landkreises. Schließlich sei auch bei den vorangegangenen
Betriebsprüfungen keine Sozialversicherungspflicht angenommen worden.
6 Der Kläger stellt den Antrag:
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25.11.2008 aufzuheben und die
Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.11.2006
zurückzuweisen.
7 Die Beklagte sowie die Beigeladene zu 1. und 2. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
8 Sie halten das angegriffene Urteil für zutreffend.
9 Die anderen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
10 Die Revision des Klägers erweist sich im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils
und der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht als begründet, soweit über
die Versicherungs- und Beitragspflicht der Feuerwehrführungskräfte K, P, S und G
entschieden worden ist. Das LSG hat es zu Unrecht unterlassen, diese von Amts wegen und
ohne deren entsprechenden Antrag zum Verfahren beizuladen. Im Übrigen ist die Revision
unbegründet.
11 Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden gegenüber dem Kläger ua die
Versicherungspflicht namentlich benannter Feuerwehrführungskräfte im Rahmen der
Beschäftigtenversicherung festgestellt und Gesamtsozialversicherungsbeiträge
nachgefordert. Werden Bescheide mit diesem Inhalt vom Arbeitgeber angefochten, sind die
betroffenen Arbeitnehmer und Versicherungsträger gemäß § 75 Abs 2 Alternative 1 SGG
zum Verfahren notwendig beizuladen, da die zu erwartende Entscheidung zugleich
unmittelbar in deren Rechtssphäre eingreift und damit auch ihnen gegenüber jeweils nur
einheitlich entschieden werden kann (stRspr vgl ua Urteile des Senats vom 18.8.1992, 12
RK 35/92, Die Beiträge 1993, 349 = USK 9253 und vom 1.7.1999, B 12 KR 2/99 R, BSGE
84, 136 = SozR 3-2400 § 28h Nr 9) . Vorliegend kam einschließlich der betroffenen
Sozialversicherungsträger die Beiladung von insgesamt mehr als 20 - juristischen oder
natürlichen - Personen in Betracht. Deshalb war das LSG grundsätzlich ermächtigt, von § 75
Abs 2a Satz 1 bis 8 SGG Gebrauch zu machen. Das Gericht konnte durch einen öffentlich
bekannt zu machenden (§ 75 Abs 2a Satz 3 bis 5 SGG) und unanfechtbaren (Satz 2 aaO)
Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer
bestimmten Frist (Satz 6 bis 8 aaO) beantragen (Satz 1 aaO) . Wird ein derartiger Antrag
nicht gestellt, werden unmittelbar betroffene Dritte tatsächlich und rechtlich zunächst so
behandelt, als hätten sie von der Möglichkeit der Antragstellung Kenntnis gehabt.
Entsprechend einer im Gesetz zwar ebenfalls nicht ausdrücklich angesprochenen, logisch
aber vorausgesetzten Fiktion ihrer Stellung als Beigeladene und ungeachtet der fehlenden
Beteiligung am Verfahren wird der betroffene Personenkreis dann des Weiteren im Ergebnis
so behandelt, als wäre ihm rechtliches Gehör in einem nach Maßgabe der § 62 SGG, Art 103
GG rechtlich ausreichendem Umfang tatsächlich gewährt worden, obwohl er am Verfahren
tatsächlich nicht beteiligt ist. Auf der Grundlage von § 141 Abs 1 Nr 2 SGG ist damit eine
materielle Bindung an das Verfahrensergebnis gerechtfertigt, die derjenigen der "übrigen"
Beteiligten entspricht. Diejenigen, die keinen Antrag auf Beiladung gestellt haben, müssen
sich damit trotz fehlender tatsächlicher Beteiligung am Verfahren dessen rechtskräftiges
Ergebnis entgegenhalten lassen. Das Gericht hat von dieser verfahrensrechtlichen
Möglichkeit Gebrauch gemacht und die betroffenen Feuerwehrführungskräfte, da sie keinen
Antrag auf Beiladung gestellt hatten, nicht beigeladen.
12 Das Berufungsgericht hat jedoch unbeachtet gelassen, dass gemäß § 75 Abs 2a Satz 9
SGG Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden,
auch ohne Antrag beigeladen werden "sollen". Insofern ist ohne Belang, dass Beschlüsse
auf der Grundlage von § 75 Abs 2a Satz 1 bis 8 SGG nach Satz 2 aaO unanfechtbar sind
und daher als dem Endurteil iS von § 202 SGG, § 557 Abs 2 ZPO vorangehende
Entscheidungen im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden können. Ob die
Voraussetzungen von § 75 Abs 2a Satz 9 SGG als lex specialis gegenüber den Regelungen
in § 75 Abs 2a Satz 1 bis 8 und damit als "Ausnahme von der Ausnahme" vorliegen, hat das
Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu prüfen.
13 Aus § 75 Abs 2a Satz 9 SGG erwächst in Fällen der vorliegenden Art dabei ein Anspruch auf
Beteiligung am gerichtlichen Verfahren, der die Wirkungen des Beschlusses nach Abs 2a
Satz 1 bis 8 SGG verdrängt. Insofern ist unerheblich, dass das SGG "Sollens-"Anordnungen
ansonsten vielfach im Sinne bloßer Handlungsempfehlungen oder bloßer Obliegenheiten
versteht. Unabhängig vom sonstigen Sprachgebrauch fordert die Regelung in § 75 Abs 2a
Satz 9 SGG zwingend die Beiladung, weil sie insbesondere im Zusammenhang der (grund-
)gesetzlichen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 101 GG) zu verstehen
ist (vgl entsprechend zu § 65 Abs 3 Satz 9 Verwaltungsgerichtsordnung auch
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 4.2.2000, 2 M 5/00, NVwZ 2000,
945 = KirchE 38, 51) . Mit der Ausgestaltung einer entsprechenden verfahrensrechtlichen
Gestaltungsmöglichkeit der Gerichte trägt das Gesetz in Abwägung des Grundrechts der
Hauptbeteiligten auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) und der Beizuladenden auf
rechtliches Gehör zu Gunsten der letzt Genannten insofern auch dem Gesichtspunkt
Rechnung, dass derjenige, der "besonders betroffen" ist, darauf vertrauen können muss,
dass eine Entscheidung in seiner Sache nicht ohne seine konkrete Teilnahmemöglichkeit
ergeht.
14 Ist das Gebot der Beiladung bei Personen, die von einer gerichtlichen Entscheidung
"erkennbar in besonderem Maße betroffen" sind, zwingend, muss der Personenkreis
allerdings in einer Weise abgegrenzt werden, die einerseits dem Anliegen einer
vereinfachten Abwicklung von Massenverfahren Rechnung trägt und dabei in Kauf nimmt,
dass das Grundrecht auf rechtliches Gehör vielfach nur fiktiv gewährt wird und andererseits
sicherstellt, dass jedenfalls in begründeten Ausnahmefällen der Anspruch auf rechtliches
Gehör durch Eröffnung konkret-individueller Beteiligungsmöglichkeiten tatsächlich
gewährleistet bleibt. Diese Beteiligungsmöglichkeit ist in Versicherungspflichtstreitigkeiten
dann nicht verzichtbar, wenn die Entscheidung ein Beschäftigungsverhältnis betrifft, das im
Entscheidungszeitpunkt noch besteht oder das zumindest bis zum Ende des zu
beurteilenden Zeitraums angedauert hat, ohne dass ein späteres Ende des
Beschäftigungsverhältnisses festgestellt ist.
15 Bei den vorliegend betroffenen Feuerwehrführungskräften K, P, S und G liegen im Blick auf
das Vorstehende die Voraussetzungen einer Beiladung durch Beschluss des Gerichts nach
§ 75 Abs 2 SGG auch ohne Antrag vor. Sie sind namentlich bekannt, so dass sie iS von § 75
Abs 2a Satz 9 SGG "erkennbar" sind. Zudem kommt bei ihnen eine "besondere
Betroffenheit" darin zum Ausdruck, dass hier nach den maßgeblichen Verhältnissen im
Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Bescheide der Klärung ihres Status für den
streitigen Zeitraum gleichzeitig aktuelle Bedeutung zukommt, weil sie bis zum Ende des von
der Beklagten überprüften Zeitraums als versicherungspflichtig beschäftigt angesehen
werden und diese Beurteilung damit auch für die fortbestehende Beschäftigung wenn schon
nicht rechtliche so jedoch tatsächliche Bedeutung hat. Ein derartiges Vorgehen trägt auch
dem Umstand Rechnung, dass die dem Tatsachengericht obliegende
Sachverhaltsaufklärung (§ 103 Satz 1 SGG) hinsichtlich der eine Beschäftigung
begründenden tatsächlichen Umstände typischerweise und regelmäßig bei der Befragung
der am zugrunde liegenden Rechtsverhältnis Beteiligten ihren Ausgang nimmt. Insofern
kommt es nicht darauf an, dass sich der konkrete Ermittlungsaufwand vermindern mag, wenn
der Inhalt einer Beschäftigung - wie hier - weitgehend normativ vorgeprägt ist. Nur so wird
auch im Rahmen der konkreten Rechtsanwendung verhindert, dass die betroffenen
öffentlich-rechtlichen Träger durchgehend ohne Antrag durch Beschluss beigeladen werden
(Beigeladene zu 1. bis 10.), während natürliche Personen trotz eines besonderen Interesses
und jedenfalls damit unter Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG allein nach Maßgabe ihres
entsprechenden Antrages am Verfahren beteiligt werden (vgl ua zu diesem Aspekt auch
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5.2.2008, L 16 B 4/07 R, juris, RdNr 40).
16 Der Senat sieht vorliegend davon ab, die betroffenen Feuerwehrführungskräfte K, P, S und G
gemäß § 168 Satz 2 2. Alternative SGG selbst zum Verfahren beizuladen. Das Unterlassen
einer echten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alternative SGG ist bei einer
zulässigen Revision mit der Folge von Amts wegen zu beachten, dass die Sache, soweit der
Mangel reicht, zur Nachholung an das SG bzw LSG zurückzuverweisen ist (stRspr seit BSG,
Beschluss vom 12.3.1974, 2 S 1/74, SozR 1500 § 75 Nr 1, vgl auch Urteil des Senats vom
18.8.1992, 12 RK 35/92, Die Beiträge 1993, 349 = USK 9253 mwN). Bei dieser
prozessualen Folge bleibt es nach § 170 Abs 2 Satz 2 SGG auch nach Einfügung von § 168
Satz 2 2. Alternative SGG durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993
(BGBl I S 50), wenn das BSG von der hierdurch eröffneten Möglichkeit keinen Gebrauch
macht, ein Betroffener die Zustimmung verweigert oder ggf auch, wenn sich ein im
Revisionsverfahren Beigeladener zum Sachverhalt äußern möchte. Eine entsprechende
Vorgehensweise erscheint vorliegend schon deshalb geboten, weil im Blick auf die
besondere Situation der noch beizuladenden Betroffenen konkrete Beteiligungswünsche
naheliegen und ausgehend von der Rechtsauffassung auch des Berufungsgerichts nicht
ausgeschlossen werden kann, dass durch die Beteiligung dieser Personen weitere der
Sachaufklärung dienende Aspekte Eingang in das Verfahren finden können (vgl zum
begrenzten Anwendungsbereich von § 168 Satz 2 SGG auch BT-Drucks 12/1217 Seite 54
linke Spalte).
17 Hinsichtlich der übrigen betroffenen Feuerwehrleute, bei denen in den angefochtenen
Bescheiden Versicherungspflicht und Beitragspflicht nur jeweils für Zeiten vor dem
31.12.2003 angenommen wurde, konnte der Senat eine abschließende Entscheidung treffen
und die Revision als unbegründet zurückweisen. Das Berufungsgericht hat insofern
zutreffend von einer Beiladung abgesehen. In der Sache hat das LSG unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats zur Abgrenzung von Beschäftigung und
Selbstständigkeit bei ehrenamtlich Tätigen im öffentlichen Dienst und in Auslegung der nicht
revisiblen landesrechtlichen Vorschriften zutreffend entschieden, dass
Feuerwehrführungskräfte in Bayern als abhängig Beschäftigte der Versicherungs- und
Beitragspflicht unterliegen. Die Einwendungen des Klägers gegen diese Entscheidung
greifen nicht durch.
18 Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV ergibt, ist das
Arbeitsverhältnis nur ein möglicher rechtlicher Rahmen von Beschäftigung ("insbesondere").
Die Erbringung abhängiger Erwerbsarbeit ist ebenso im Rahmen öffentlich-rechtlicher
Rechtsverhältnisse denkbar. So sind etwa die in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis stehenden Beamten, Richter und Soldaten im
sozialversicherungsrechtlichen Sinne Beschäftigte und deswegen "dem Grunde nach"
sozialversicherungspflichtig (vgl BSG vom 12.12.1995, 5/4 RA 52/94, SozR 3-2200 § 1232
Nr 6 und vom 22.2.1996, 12 RK 6/95, BSGE 78, 34 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5) . In
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zum Leistungsrecht hat der Senat in
ständiger Rechtsprechung auch entschieden, dass Ehrenbeamte in einer abhängigen
Beschäftigung von § 7 Abs 1 SGB IV stehen, wenn sie dem allgemeinen Erwerbsleben
zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand
übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten (BSG vom 27.3.1980, 12 RK
56/78, SozR 2200 § 165 Nr 44; vom 23.9.1980, 12 RK 41/79, SozR 2200 § 1229 Nr 12; vom
23.7.1998, B 11 AL 3/98 R SozR 3-4100 § 138 Nr 11; vom 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R,
SozR 4-2400 § 7 Nr 6 und vom 4.4.2006, B 12 KR 76/05 B, juris) . Ausnahmen bedürfen
jeweils einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (vgl § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III, § 6 Abs 1
Nr 2 SGB V, § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 4 Abs 1 Nr 1 SGB VII) . Weder das
Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter als solches noch dessen Rechtsstellung als Organ oder
Mitglied eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit eigenen
gesetzlichen Befugnissen noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung
ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall schließen danach die Annahme einer
versicherungspflichtigen und beitragspflichtigen Beschäftigung aus. Ob der Ehrenbeamte in
seinem Amt zur weisungsgebundenen Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet
ist und damit dieser Aufgabenbereich seine Tätigkeit prägt, ist in einer Gesamtwürdigung der
Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamts in der
kommunalen Verfassung des jeweiligen Bundeslandes zu beurteilen (vgl auch
Entscheidung des Senats vom 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 6) .
19 Die vom Berufungsgericht vorgenommene Gesamtwürdigung begegnet keinen Bedenken.
Insbesondere hat das LSG zutreffend dem Umstand Rechnung getragen, dass die
Kreisbrandinspektoren und Kreisbrandmeister in einem gesetzlich geregelten Verfahren zur
Erledigung ihrer Art nach gesetzlich abschließend umschriebener Aufgaben berufen werden.
Dem gegenüber fehlt es nach den Feststellungen des LSG an Hinweisen darauf, dass
jedenfalls die vorliegend in Betracht kommenden Teilaufgaben im Bereich Feuerwehr
ausgelagert und zur selbstständigen Erledigung auf Funktionsträger außerhalb der
staatlichen Verwaltung übertragen werden könnten. Ebenso hat das Berufungsgericht
zutreffend erkannt, dass der weite bundesrechtliche Entgeltbegriff des § 14 Abs 1 Satz 1
SGB IV grundsätzlich eine entsprechende Zuordnung aller Einnahmen aus einer
Beschäftigung unabhängig von ihrer Bezeichnung gebietet. Damit liegt eine Entgeltlichkeit
der Beschäftigung und beitragspflichtiges Arbeitsentgelt jedenfalls mit dem das steuerfreie
Drittel der "Entschädigungsleistung" übersteigenden Anteil vor.
20 Soweit der Senat eine abschließende Entscheidung getroffen hat, hat der Kläger die Kosten
des Revisionsverfahrens zu tragen (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG, § 154 Abs 1
VwGO) . Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3
SGG, § 162 Abs 3 VwGO) . Die Streitwertentscheidung beruht insofern auf § 197a Abs 1
Satz 1 Halbsatz 1 SGG, § 1 Nr 4, § 52 Abs 3, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Im
Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Berufungsgericht vorbehalten.