Urteil des BSG vom 28.05.2008
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Bundessozialgericht
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Kassel, den 28. Mai 2008
Medieninformation Nr. 21/08
Vorgaben des Bewertungsausschusses für eine angemessene
Vergütung der Psychotherapeuten
sind überwiegend rechtmäßig
D a s Bundessozialgericht hat am 28. Mai 2008 entschieden, dass die vom
Bewertungsausschuss ‑ einem von den Bundesverbänden der Krankenkassen und der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung gebildeten Gremium - zuletzt getroffenen Regelungen
zur Berechnung von Mindestpunktwerten für bestimmte psychotherapeutische Leistungen
überwiegend nicht zu beanstanden sind. Mit Hilfe dieser Mindestpunktwerte soll
sichergestellt werden, dass auch Psychotherapeuten, welche in den vergangenen Jahren
vielfach über unzureichende Honorare für die Behandlung von Versicherten der gesetzlichen
Krankenkassen geklagt hatten, eine angemessene Vergütung durch die Kassenärztlichen
Vereinigungen erhalten.
Den ersten Beschluss des Bewertungsausschusses - vom 16. Februar 2000 - hatte das
Bundessozialgericht verworfen (Urteil vom 28. Januar 2004 - BSGE 92, 87 = SozR 4-2500
§ 85 Nr 8). Nunmehr stand die vom Bewertungsausschuss in Reaktion darauf am
29. Oktober 2004 beschlossene Neufassung zur höchstrichterlichen Überprüfung an. Diese
ist nach der heutigen Entscheidung des 6. Senats des Bundessozialgerichts weitgehend mit
höherrangigem Recht vereinbar. Als rechtswidrig hat das Gericht lediglich eine
Detailregelung beurteilt, nämlich die Nichtberücksichtigung gewisser Honorare bei der 2000
und 2001 zum Vergleich herangezogenen Gruppe der Allgemeinmediziner. Begrenzt für
diesen Zeitraum und Gegenstand hat der Bewertungsausschuss eine Nachbesserung
vorzunehmen. Geschieht dies bis Ende 2008 nicht, müssen die Kassenärztlichen
Vereinigungen den Psychotherapeuten für diese schon lange zurückliegenden Zeiträume
Vergütungen bewilligen, die dann unter Einbeziehung bestimmter bislang ausgeklammerter
Honoraranteile zu berechnen sind. Außerdem muss der Bewertungsausschuss prüfen, ob ab
d e m Jahr 2007 neuere Entwicklungen in der Kostenbelastung der Psychotherapeuten
Anpassungen erforderlich machen. Die von Psychotherapeuten hauptsächlich als fehlerhaft
gerügte Vorgabe eines festen Betriebskostenbetrags von jährlich 40.634 Euro für eine
modellhafte psychotherapeutische Praxis hat das Bundessozialgericht jedoch grundsätzlich
gebilligt. Das Gericht hat auch bekräftigt, dass so genannte "probatorische Sitzungen", die
zu Beginn einer Therapie zur Abklärung der Behandlungsnotwendigkeiten und
Behandlungsmöglichkeiten ohne vorherige Genehmigung der Krankenkassen erbracht
werden, nicht in derselben Höhe wie genehmigte Therapiesitzungen vergütet werden
müssen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben allerdings dafür Sorge zu tragen, dass
der Kernbereich der probatorischen Sitzungen zumindest grundsätzlich mit einem Punktwert
von derzeit 2,56 Cent - das bedeutet für eine 50-minütige Sitzung ca 37 Euro (brutto) -
honoriert wird.
§ 85 SGB V lautet - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:
(vom 1.1.2000 bis 31.12.2001 geltende Fassung)
(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe des Gesamtvertrages für die gesamte
vertragsärztliche Versorgung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung an die
vertragsärztliche Versorgung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung an die
Kassenärztliche Vereinigung.
(4)
1
Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte;
in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die
Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73).
2
Sie wendet dabei
den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten
Verteilungsmaßstab an. … 4Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der
Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen
Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten.
(4a)
1
Der Bewertungsausschuss (§ 87 Abs. 1 Satz 1) bestimmt erstmalig bis zum 28.
Februar 2000 Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach Absatz 4,
insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die
fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung an solche Veränderungen der
vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen und
der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt
ferner den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4 zu treffenden Regelungen. …
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Der streitbefangene Beschluss des Bewertungsausschusses ist in Heft 7 des Deutschen
Ärzteblattes vom 18.2.2005 auf Seite A-457 veröffentlicht; er kann unter
www.aerzteblatt.de auch online im Archiv eingesehen werden.
Az.: B 6 KA 8/07 R G. ./. KÄV Sachsen
B 6 KA 9/07 R M. ./. KÄV Sachsen
B 6 KA 10/07 R S. ./. KÄV Sachsen
B 6 KA 11/07 R S. ./. KÄV Sachsen
B 6 KA 12/07 R K. ./. KÄV Schleswig-Holstein
B 6 KA 41/07 R R. ./. KÄV Hessen
B 6 KA 42/07 R Dr. S. ./. KÄV Hessen
B 6 KA 43/07 R S. ./. KÄV Hessen
B 6 KA 49/07 R Dr. W. ./. KÄV Nordrhein