Urteil des BSG vom 07.10.2004
BSG: einkünfte, forstwirtschaft, verpachtung, persönliche anhörung, begriff, anrechenbares einkommen, vermietung, erwerbsfähigkeit, arbeitsentgelt, arbeitskraft
Bundessozialgericht
Urteil vom 07.10.2004
Sozialgericht Lübeck S 16 RJ 351/00
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 7 RJ 52/02
Bundessozialgericht B 13 RJ 13/04 R
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. September
2003 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen
Kosten zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Kläger bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) wegen
anrechenbarer Einnahmen aus der Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebs zu leisten ist.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 4. Mai 2000 antragsgemäß unbefristete Rente wegen EU ab 1.
Januar 2000. Gleichzeitig lehnte sie jedoch die Zahlung von Rentenbeginn an wegen der Höhe des zu
berücksichtigenden Einkommens des Klägers mit folgender Begründung ab: Die Hinzuverdienstgrenze sei
überschritten. Die vom Kläger erzielten Pachteinnahmen seien als Arbeitseinkommen zu werten, weil sie bei der
Feststellung der Einkommensteuer als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bewertet würden. Mit dem monatlichen
Einkommen in Höhe von DM 8.000,- werde die - seinerzeitige - Höchstverdienstgrenze von DM 2.112,69 monatlich
überschritten, weshalb die Rente wegen EU als so genannte "Nullrente" geleistet werde. Den hiergegen erhobenen
Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2000 als unbegründet zurück. Das
Sozialgericht Lübeck hat die dagegen gerichtete Klage mit Urteil vom 6. März 2002 abgewiesen.
Mit Urteil vom 16. September 2003 hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) die Berufung des
Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Zahlung der mit Bescheid vom 4. Mai
2000 zuerkannten Rente stehe seit Rentenbeginn anrechenbares Einkommen in einer die Hinzuverdienstgrenze
übersteigenden Höhe entgegen. Gemäß § 96a Abs 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) werde
eine Rente nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde. § 96a SGB VI sei gemäß § 313
Abs 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) ua auf eine Rente wegen EU anzuwenden,
auf die am 31. Dezember 2000 ein Anspruch bestanden habe. Die Hinzuverdienstgrenze des § 313 Abs 3 SGB VI sei
zu beachten mit der Maßgabe, dass die Regelungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf die Rente
wegen Berufsunfähigkeit (BU) und die Regelungen zur Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Rente wegen EU
entsprechend gälten. Bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze für die Rente wegen EU komme nach § 313 Abs 2
Nr 2 SGB VI die Zahlung einer Rente in Höhe der Voll- oder Teilrente wegen BU in Betracht.
Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der Kläger seit Rentenbeginn in jedem Monat, dh nicht lediglich zweimal
in einem Kalenderjahr, Einnahmen in Höhe von DM 8.000,- aus der Verpachtung seines Hofs an seinen Sohn habe.
Mit diesen Einkünften werde die jeweils maßgebliche - auch bei Zugrundelegung der höchsten - Hinzuverdienstgrenze
überschritten.
Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich bei diesen Einkünften um "Arbeitseinkommen aus einer
selbstständigen Tätigkeit". Gemäß § 15 Abs 1 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei
Einkommen als Arbeitseinkommen zu beurteilen, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten
sei. Bei den Einnahmen, die der Kläger seit 1. Januar 2000 fortlaufend erziele, handele es sich um Einkünfte aus
Land- und Forstwirtschaft iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Auch die Einkünfte
aus der Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebs seien Einkünfte aus dem Betrieb der Landwirtschaft, denn der
Kläger habe eine Betriebsaufgabeerklärung mit der Konsequenz, dass die Pachteinnahmen von diesem Zeitpunkt an
als - rentenunschädliche - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iS des § 21 EStG anzusehen seien, nicht
abgegeben. Er habe vielmehr im Laufe des Verfahrens durch entsprechende Bescheinigungen seines Steuerberaters
wiederholt vorgetragen, dass die Einkünfte steuerrechtlich als solche aus Land- und Forstwirtschaft beurteilt würden.
Die hierfür angeführten Gründe, nämlich die im Falle einer Überführung des Betriebsvermögens in das Privatvermögen
anfallenden Steuerbeträge, belegten, dass und weshalb eine "Totalentnahme" mit gleichzeitiger Aufdeckung der stillen
Reserven bisher bewusst nicht stattgefunden habe.
Weder habe der Kläger behauptet, eine derartige eindeutige Erklärung abgegeben zu haben, noch sei ersichtlich, dass
sich aus den Schreiben des zuständigen Finanzamts von März und November 2002 eine andere Einordnung der
Einkünfte des Klägers ergeben könnte. Die persönliche Anhörung des Klägers durch den Berufungssenat im Termin
zur mündlichen Verhandlung habe ergeben, dass eine Änderung der steuerrechtlichen Einordnung bis zu diesem
Zeitpunkt nicht erfolgt sei und die Pachteinkünfte steuerrechtlich nach wie vor als solche aus Land- und
Forstwirtschaft behandelt würden.
Die steuerrechtliche Einordnung der Einkünfte führe sozialversicherungsrechtlich zu "Arbeitseinkommen aus
selbstständiger Tätigkeit", denn § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV idF durch das Agrarsozialreformgesetz 1995 (ASRG 1995)
sei im Sinne einer strengen Bindung an die steuerrechtliche Beurteilung der Einkünfte zu verstehen. Daher sei es
unerheblich, ob den Einkünften - aktuell - noch eine eigene Erwerbstätigkeit des Versicherten zu Grunde liege. Dies
gelte jedenfalls für die Anrechnung von Einkommen auf eine Rente wegen EU. Für die strikte Bindung an das
Steuerrecht spreche der Wortlaut der Vorschrift und die Intention des Gesetzgebers, wonach mit dieser Vorschrift die
"volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum
Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens" erreicht werde. Auch § 96a SGB VI sei eine
Einschränkung des weiten Einkommensbegriffs des § 15 SGB IV nicht zu entnehmen.
Aus der Regelung des § 44 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, wonach
eine selbstständige Tätigkeit bereits die Annahme von EU ausgeschlossen habe, könne nicht gefolgert werden, dass
der iS des § 44 SGB VI aF Erwerbsunfähige kein Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit iS des § 96a SGB
VI haben könne. Vielmehr sprächen der Wortlaut und die Einfügung des § 96a SGB VI mit Wirkung vom 1. Januar
1996 - dh zu einem Zeitpunkt, als § 44 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB VI noch gegolten habe - dafür, dass der Gesetzgeber
dem Begriff der "selbstständigen Tätigkeit" in dieser Vorschrift keine eigenständige Bedeutung beigemessen, sondern
entscheidend auf den Begriff "Arbeitseinkommen" abgestellt habe. Daher komme jedenfalls für den Bereich der
Einkommensanrechnung auf eine EU-Rente eine einschränkende Auslegung des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV nicht in
Betracht.
Erziele der Kläger somit seit dem 1. Januar 2000 fortlaufend ein die Hinzuverdienstgrenze überschreitendes
Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft iS von § 96a SGB VI iVm § 15 SGB IV, habe er keinen
Zahlungsanspruch aus der ihm zuerkannten Rente.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers. Dieser rügt eine Verletzung des §
96a Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI idF des Gesetzes vom 15. Dezember 1995 sowie eine unrichtige Anwendung des §
15 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IV idF des ASRG 1995. Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus:
Die von ihm erzielten Einnahmen aus der Verpachtung seines landwirtschaftlichen Betriebs stellten kein
"Arbeitseinkommen" dar, das als Hinzuverdienst iS des § 96a SGB VI anzusehen sei. Da diese Vorschrift keine
eigene Definition des Begriffs "Arbeitseinkommen" enthalte, sei zwar grundsätzlich § 15 SGB IV heranzuziehen, doch
könne für die Definition des "Arbeitseinkommens" nicht isoliert auf diese Vorschrift und deren Auslegung abgestellt
werden. Vielmehr sei im Rahmen des § 96a SGB VI auch bei steuerrechtlichem Vorliegen von Arbeitseinkommen aus
selbstständiger Tätigkeit zusätzlich erforderlich, dass eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt werde. Dies sei bei der
bloßen Einnahme von Pachtzinsen für seinen landwirtschaftlichen Betrieb nicht der Fall. Allein aus der
steuerrechtlichen Bewertung bestimmter Einnahmen als Gewinn könne nicht auf die Ausübung einer selbstständigen
Tätigkeit geschlossen werden. Die Ausübung einer solchen Tätigkeit müsse daher von dem
Rentenversicherungsträger ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Tatbestände ermittelt werden. § 15 SGB IV könne
nicht entnommen werden, dass die steuerrechtliche Qualifizierung bestimmter Einkünfte zu einer der sieben
Einkunftsarten auch darüber entscheide, ob überhaupt von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen sei.
Einkommen werde im Einkommensteuerrecht nicht als "Arbeitseinkommen" bewertet, sondern allenfalls einer der
genannten Einkunftsarten des § 2 EStG zugerechnet.
Der Einsatz eigener Arbeitskraft unterscheide die Erzielung von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen von
Einkünften, die einen solchen Einsatz nicht voraussetzten, wie etwa die Erzielung von Einkünften aus der Nutzung
von schon vorhandenem Vermögen, wie zB durch dessen Verpachtung. Die Möglichkeit der Erzielung von
Pachteinnahmen werde durch den Eintritt von EU nicht geschmälert und bedürfe deshalb keines Ersatzes durch die
EU-Rente; umgekehrt seien die Pachteinnahmen auch nicht auf eine EU-Rente anzurechnen. Insbesondere sei nicht
nachvollziehbar, dass eine Verpachtung ohne steuerliche Betriebsaufgabe zur Anrechnung, eine Verpachtung bei
Betriebsaufgabe aber nicht zur Anrechnung führe.
Mit den von ihm erzielten Pachteinnahmen sei daher die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten und die Beklagte
zur Zahlung der EU-Rente verpflichtet.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. September 2003 und
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. März 2002 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai
2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die ihm
bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Außerachtlassung seiner Pachteinnahmen als Hinzuverdienst zu
leisten.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Berufungsurteil für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht die angefochtenen Bescheide der
Beklagten bestätigt. Die Entscheidung der Beklagten, die dem Kläger bewilligte EU-Rente wegen des vom Kläger seit
Rentenbeginn erzielten Hinzuverdienstes nicht zu leisten, entspricht der materiellen Rechtslage und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten ist § 44 Abs 5 iVm § 96a SGB VI in der bis zum 31. Dezember
2000 geltenden Fassung, weil die Rente wegen EU bereits für einen vor diesem Stichtag liegenden Zeitraum gewährt
worden ist. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen EU dem Grunde nach ist von
der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Bescheid anerkannt worden. Durch das Gesetz zur Änderung des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB VI-ÄndG) vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1824), in
Kraft getreten am 1. Januar 1996 (im Folgenden: SGB VI aF), wurde dem § 44 SGB VI ein Abs 5 angefügt. Danach
ist die Rente wegen EU unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des § 96 Abs 2 Nr 2 SGB VI in Höhe der Rente
wegen BU zu leisten, wenn bei weiterhin vorliegender EU die Hinzuverdienstgrenze des § 96a Abs 2 Nr 1 SGB VI
überschritten wird. Nach § 96a Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI aF (ebenfalls eingefügt mit dem SGB VI-ÄndG vom 15.
Dezember 1995) wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze
nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer
Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit im Monat die in Absatz 2 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein
zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Verdienstgrenze nach Absatz 2 im Laufe eines
jeden Kalendermonats außer Betracht bleibt.
Die späteren Änderungen des Gesetzes wirken sich vorliegend auf den Leistungsanspruch des Klägers nicht aus.
Insbesondere die Änderung des § 96a Abs 1 Satz 2 SGB VI durch das Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherungs-
Neuregelungs-Gesetz (HZvNG) vom 21. Juni 2002 (BGBl I 2167), durch das der Anwendungsbereich dieser Vorschrift
mit dem Zusatz "oder vergleichbaren Einkommen" erweitert worden ist, ist auf den Rentenanspruch des Klägers nicht
anzuwenden, weil § 313 Abs 7 SGB VI - ebenfalls eingefügt durch das HZvNG vom 21. Juni 2002 - bestimmt, dass
dieses "vergleichbare Einkommen" bis zum 31. Dezember 2007 nicht als Hinzuverdienst gilt, wenn am 31. Dezember
2002 Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bestand (vgl hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI,
2. Aufl, § 313 RdNr 11; Gürtner in Kasseler Komm, § 313 SGB VI RdNr 17). Auf den weiterhin bestehenden Anspruch
des Klägers auf Rente wegen EU gemäß § 44 SGB VI aF wurden nach Aufhebung dieser Vorschrift durch das Gesetz
zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) die
Hinzuverdienstregelungen des § 96a SGB VI der neuen Rechtslage mit Wirkung vom 1. Januar 2001 angepasst.
Gleichzeitig wurde mit § 313 Abs 1 SGB VI bestimmt, dass § 96a SGB VI nF unter Beachtung der
Hinzuverdienstgrenzen des Absatzes 3 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Regelungen zur Rente wegen
teilweiser Erwerbsminderung für die Rente wegen BU und die Regelungen zur Rente wegen voller Erwerbsminderung
für die Rente wegen EU entsprechend gelten, wenn am 31. Dezember 2000 Anspruch auf Rente wegen BU, EU oder
für Bergleute bestand (§ 313 Abs 1 idF des Gesetzes vom 20. Dezember 2000, BGBl I 1827; vgl ohne Verfasser,
MittBayerLVA 2003, 578, 579).
Aufgrund dieser Rechtslage ist der Anspruch des Klägers auf Leistung der dem Grunde nach zugesprochenen Rente
wegen EU allein davon abhängig, ob er durch Arbeitseinkommen die Hinzuverdienstgrenzen so weit überschreitet,
dass die Beklagte zur tatsächlichen Leistung nicht verpflichtet ist, dh dem Kläger lediglich eine so genannte Nullrente
zusteht.
Nach den vom LSG getroffenen und damit für den erkennenden Senat bindenden Feststellungen (§ 163 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG)), die von den Beteiligten auch nicht angegriffen werden, erzielt der Kläger seit
Rentenbeginn in jedem Monat Einnahmen in Höhe von DM 8.000,- (= 4.090,34 EUR) aus der Verpachtung seines Hofs
an seinen Sohn.
Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei diesen Pachteinnahmen um "Arbeitseinkommen aus einer
selbstständigen Tätigkeit", die nach § 96a Abs 1 SGB VI für die Prüfung der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen
heranzuziehen sind. Da § 96a Abs 1 SGB VI keine nähere Bestimmung darüber enthält, welche Einnahmen als
"Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit" zu werten sind, eine solche Definition jedoch in § 15 SGB IV
enthalten ist, ist für die nähere Bestimmung dieses Begriffs auf § 15 SGB IV zurückzugreifen, der über § 1 SGB IV
auch für die Rentenversicherung gilt.
Maßgeblich ist hier die ab 1. Januar 1995 geltende Fassung des § 15 SGB IV idF des ASRG 1995 (Art 3 Nr 2 ASRG
1995). Mit dieser Neufassung wurde unter Beibehaltung des bisherigen § 15 Satz 1 der bisherige § 15 Satz 2 durch
den neuen Abs 1 Satz 2 ("Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem
Einkommensteuerrecht zu bewerten ist") ersetzt und ein - hier nicht weiter interessierender - Abs 2 angefügt. Bereits
nach dem Wortlaut des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV ist anzunehmen, dass die steuerrechtliche Zuordnung nicht nur für
die Höhe des als Arbeitseinkommen zu wertenden Einkommens, sondern auch für die Bewertung von Einkommen als
Arbeitseinkommen (aus selbstständiger Tätigkeit) maßgeblich sein soll.
Für diese am Wortlaut orientierte Auslegung spricht auch die Begründung im Gesetzentwurf (BT-Drucks 12/5700, S 92
zu Art 3 Nr 2), wonach die ersatzlose Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV aF aus Gründen der Praktikabilität erfolgte.
Für die Bestimmung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, soll nunmehr allein das
Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit "eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und
Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des
Arbeitseinkommens erreicht wird" (BT-Drucks aaO).
Damit stehen Wortlaut und Gesetzesbegründung in vollem Einklang miteinander und lassen für die Begründung eines
eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit" neben dem
steuerrechtlichen Begriff der Gewinneinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit keinen Raum, dh auch die
Grundentscheidung, ob überhaupt eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, wird nicht mehr von den
Sozialleistungsträgern getroffen (vgl hierzu und zum früheren Rechtszustand Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom
27. August 1998 - B 10 LW 8/97 R, veröffentlicht in Die Beiträge, Beilage 1999, 195 bis 201; s auch BSG SozR 3-
2400 § 15 Nr 4; BSGE 91, 83 = SozR 4-2500 § 10 Nr 2; s auch Zindel, SdL 1997, 188, 190). Ungeachtet dessen,
dass das Einkommensteuerrecht den Begriff des Arbeitseinkommens nicht kennt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 15
Nr 6), soll damit nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzesbegründung für die Frage, ob Einkommen aus
selbstständiger Arbeit erzielt wird, das in der Terminologie des SGB als Arbeitseinkommen bezeichnet wird, allein das
Steuerrecht maßgebend sein (Brandenburg in Wannagat, SGB, § 15 SGB IV RdNr 5), um den Sozialleistungsträgern
eine eigenständige und - wie die Vergangenheit gezeigt hat - mitunter schwierige Prüfung der Zuordnung und
Ermittlung der Höhe von Arbeitseinkommen zu ersparen.
Dass der Gesetzgeber in § 15 SGB IV die sozialversicherungsrechtliche Terminologie des "Arbeitseinkommens"
beibehalten hat, ändert nichts daran, dass die inhaltliche Füllung dieses Begriffs durch die entsprechenden Begriffe
des Einkommensteuerrechts zu erfolgen hat. Würde man weiterhin die Richtigkeit der Zuordnung der steuerrechtlichen
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit an einem eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriff der selbstständigen
Tätigkeit messen wollen, würde dies den Intentionen des § 15 SGB IV und dem darin ausgedrückten Willen des
Gesetzgebers widersprechen. § 15 SGB IV kann daher nur die Bedeutung haben, dass steuerrechtlich als "Einkünfte
aus selbstständiger Arbeit" bewertetes Einkommen entsprechend als "Arbeitseinkommen aus selbstständiger
Tätigkeit" anzusehen ist (vgl ohne Verfasser, MittBayerLVA 2003, 578, 581).
Nach § 2 Abs 1 Satz 1 EStG unterliegen der Einkommensteuer 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, 2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb, 3. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, 4. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit,
5. Einkünfte aus Kapitalvermögen, 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, 7. sonstige Einkünfte iS des § 22
EStG. Von diesen sieben genannten Einkunftsarten sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), aus
Gewerbebetrieb (Nr 2) und aus selbstständiger Arbeit (Nr 3) als Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit iS
von § 15 SGB IV zu bewerten, nicht dagegen die Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung (§ 21
EStG) und die sonstigen Einkünfte iS des § 22 EStG (vgl Seewald in Kasseler Komm, § 15 SGB IV RdNr 3).
Die steuerrechtliche Behandlung von Pachteinnahmen aus einer Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs kann
unterschiedlich erfolgen: Sie kann entweder weiterhin zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft iS des § 13 EStG
führen, weil der Betrieb in anderer Form fortgeführt wird, solange der Verpächter nicht die Aufgabe des Betriebs erklärt
hat (Seeger in Schmidt, EStG, 20. Aufl 2001, § 13 RdNr 27), oder zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung iS
des § 21 EStG, wenn der Verpächter bei Beginn oder auch während der Verpachtung die Aufgabe des Betriebs iS des
§ 14 Abs 1 EStG erklärt (vgl Köhne/Wesche, Landwirtschaftliche Steuerlehre, 3. Aufl, S 224; Oertel in
MittLVAOberfranken 2002, 121, 142). Dieses dem Verpächter zustehende Wahlrecht besteht, wenn die wesentlichen
Grundlagen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als einheitliches Ganzes verpachtet sind (Seeger in Schmidt,
aaO, § 13 RdNr 27 mwN). Die Erklärung der Betriebsaufgabe bedarf zwar keiner bestimmten Form, muss aber
eindeutig und erkennbar vom Bewusstsein getragen sein, dass es infolge der Erklärung zu einer Aufdeckung der
stillen Reserven kommt (Seeger in Schmidt, aaO, RdNr 29). Allein die Erklärung von Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung stellt nicht zugleich eine derartige Aufgabeerklärung dar (Seeger in Schmidt, aaO, RdNr 29 mwN). Ob
von der Wahlmöglichkeit in dem Sinne Gebrauch gemacht wird, dass entweder die Betriebsaufgabe erklärt oder aber
der Betrieb im steuerrechtlichen Sinne fortgeführt wird, obliegt allein der Entscheidung des Verpächters, der damit die
Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten abzuwägen hat (so bereits BSG Urteil vom 27. August 1998 - B 10 LW 8/97 R
- Die Beiträge, Beilage 1999, 195 bis 201). Entscheidet sich der Verpächter zur steuerrechtlichen Fortführung des
land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, so führt dies zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, die wiederum
aufgrund der steuerrechtlichen Anbindung des § 15 SGB IV als "Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit" zu
bewerten sind. § 15 SGB IV übernimmt auf diese Weise die steuerrechtliche Bewertung, dass trotz der Verpachtung
des gesamten Betriebs dieser vom Verpächter noch fortgeführt wird (so auch Zindel, SdL, 1997, 188, 192 f) und dass
Einkommen als "Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit" immer dann anzunehmen ist, wenn diese
Einnahmen steuerrechtlich als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bewertet werden (so auch
Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der RV, § 34 SGB VI RdNr 29b).
Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen handelt es sich bei den Pachteinnahmen des Klägers um Einkünfte
aus Land- und Forstwirtschaft iS des § 13 Abs 1 Nr 1 EStG, weil der Kläger eine Betriebsaufgabeerklärung nicht
abgegeben und den Nachweis nicht erbracht hat, dass die Pachteinnahmen als "rentenunschädliche" Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung iS des § 21 EStG anzusehen sind. Der Kläger habe vielmehr im Laufe des Verfahrens
durch entsprechende Bescheinigungen seines Steuerberaters wiederholt vorgetragen, dass die Einkünfte
steuerrechtlich als solche aus Land- und Forstwirtschaft bewertet würden. Auch die persönliche Anhörung vor dem
Berufungssenat habe ergeben, dass eine Änderung der steuerrechtlichen Zuordnung bis zu diesem Zeitpunkt nicht
erfolgt sei und die Pachteinkünfte steuerrechtlich nach wie vor als solche aus Land- und Forstwirtschaft behandelt
würden. Gegen diese Feststellungen sind von den Beteiligten keine Einwendungen erhoben worden. Diese
Feststellungen tragen auch den Schluss des LSG, dass die Pachteinnahmen steuerrechtlich als Einkünfte aus Land-
und Forstwirtschaft bewertet werden, obwohl die entsprechenden Einkommensteuerbescheide jedenfalls für die
vergangenen Jahre nicht vorliegen. Schließlich behauptet der Kläger auch mit seiner Revisionsbegründung nicht eine
andere steuerrechtliche Bewertung seiner Pachteinnahmen.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers setzt die Bewertung von "Arbeitseinkommen aus selbstständiger
Tätigkeit" als Hinzuverdienst nicht voraus, dass eine eigene (selbstständige) Tätigkeit tatsächlich noch ausgeübt wird.
Gegen eine solche Auslegung spricht zunächst die gesetzliche Entwicklung bei der Einführung von
Hinzuverdienstgrenzen für die Renten wegen Erwerbsminderung. § 15 SGB IV wurde aufgrund seiner sprachlichen
Fassung in der Vergangenheit allerdings dahingehend ausgelegt, dass Einkommen iS des § 15 Abs 1 SGB IV aF nur
vorlag, wenn es auf einer tatsächlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit erwirtschaftet wurde. Mit der Einführung
der Hinzuverdienstgrenze in § 34 SGB VI wurde der Wortlaut des § 15 SGB IV ("Arbeitsentgelt oder
Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit") übernommen, ohne dass es einer
Klarstellung bedurft hätte, dass nur Einkommen aus einer tatsächlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit relevantes
Einkommen iS des § 34 Abs 2 SGB VI sein sollte. § 96a SGB VI wurde dagegen erst durch das SGB VI-ÄndG vom
15. Dezember 1995 mit Wirkung vom 1. Januar 1996 eingefügt, nachdem die Änderung des § 15 SGB IV mit Wirkung
vom 1. Januar 1995 durch das ASRG 1995 erfolgt war (zur Gesetzesentwicklung vgl Lilge in Gesamtkomm, § 96a
SGB VI, Anm 1 ff; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, aaO, § 96a SGB VI RdNr 6 ff). Dem Gesetzgeber war daher zu
dem Zeitpunkt der Einführung des § 96a SGB VI die geänderte Fassung des § 15 SGB IV und damit die bezweckte
"volle Parallelität" von steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Beurteilung von "Arbeitskommen aus
selbstständiger Tätigkeit" bekannt. Diese "volle Parallelität" musste dazu führen, dass Arbeitseinkommen aus
selbstständiger Tätigkeit auch dann vorliegen kann, wenn eine eigene Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird, wie gerade
die steuerrechtliche Zuordnung von Pachteinnahmen beweist, solange die Betriebsaufgabe nicht erklärt ist.
Die sprachliche Übernahme der Textpassage "aus einer selbstständigen Tätigkeit" aus § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV in §
96a SGB VI kann daher nur so verstanden werden, dass mit § 96a SGB VI - wie auch mit § 34 SGB VI - ausdrücklich
auf die allgemeine Norm des § 15 SGB IV verwiesen werden sollte, zumal der Gesetzgeber gerade bei der Änderung
des § 15 SGB IV in erster Linie die Situation der Rentenversicherung vor Augen hatte (BSG Urteil vom 22. Mai 2003 -
B 12 KR 13/02 R - BSGE 91, 83 = SozR 4-2500 § 10 Nr 2, SGb 2004, 731, 733 mit Anm Bloch). Hätte der
Gesetzgeber dem Begriff "Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit" in § 96a SGB VI eine eigenständige
Bedeutung in dem Sinne beimessen wollen, dass bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw wegen
Erwerbsminderung eine Anrechnung als Hinzuverdienst nur aus einer tatsächlich ausgeübten (selbstständigen)
Tätigkeit erfolgen solle, so hätte dies schon im Hinblick auf § 1 Abs 3 SGB IV einer Klarstellung bedurft. Nach dieser
letztgenannten Vorschrift bleiben die Regelungen ua in der Rentenversicherung unberührt, wenn sie von den
Vorschriften des SGB IV abweichen. Der Formulierung "Arbeitseinkommen ... aus einer selbstständigen Tätigkeit" in
§ 96a SGB VI kann eine Abweichung von der allgemeinen Vorschrift des § 15 SGB IV aber nicht entnommen werden;
sie muss - wie auch in § 34 SGB VI - vielmehr als ausdrückliche Verweisung auf die in § 15 SGB IV enthaltene, für
alle Sozialleistungsbereiche des § 1 Abs 1 SGB IV maßgebliche allgemeine Regelung verstanden werden.
Ebenso wenig kann der Kläger mit dem Argument durchdringen, es entspreche der Zielsetzung der Gewährung einer
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, § 15 SGB IV mit der einschränkenden Maßgabe anzuwenden, dass als
Hinzuverdienst nur Arbeitseinkommen bewertet werden könne, welches aus einer tatsächlich ausgeübten
selbstständigen Tätigkeit fließe. Denn der Unterhaltssicherung durch eine EU-Rente bedürfe es nicht, solange die
eigene Restarbeitskraft zur Gewinnung seines finanziellen Unterhalts eingesetzt werde. Der Einsatz eigener
Arbeitskraft unterscheide die Erzielung von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen von anderen Einkünften - wie den
Pachteinnahmen -, die einen solchen Einsatz nicht voraussetzten.
Auch diese Argumentation zielt letztlich darauf, dass nur bei Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit, dh bei Einsatz
eigener Arbeitskraft, die Bewertung der daraus resultierenden Einnahmen als Hinzuverdienst zulässig sei, wenn Rente
wegen EU bewilligt werde. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Richtig ist, dass nach § 44 Abs 2
Satz 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung nicht erwerbsunfähig ist, wer 1. eine
selbstständige Tätigkeit ausübt oder 2. eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Obwohl für diese Fälle EU bereits dem Grunde nach zu verneinen ist,
bleiben auch für dieses bis 31. Dezember 2000 geltende Recht Fallgestaltungen offen, in denen § 96a SGB VI
anzuwenden ist. Während § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI ausdrücklich von einer Ausübung einer selbstständigen
Tätigkeit spricht, fingiert § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV, dass - ungeachtet der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit -
Arbeitseinkommen anzurechnen ist, wenn es steuerrechtlich als Einkunft aus Land- und Forstwirtschaft, aus
Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Arbeit bewertet wird. Damit ist nicht zwingend der Rückschluss verbunden,
aus dieser steuerrechtlichen Bewertung müsse auch die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit iS des § 44 Abs 2
Satz 2 Nr 1 SGB VI aF angenommen werden. Die Berücksichtigung von Arbeitseinkommen nach § 96a SGB VI ist
auch bei einer Rente wegen EU denkbar, weil die vollständige Verpachtung eines Betriebs der Aufgabe der
Selbstständigkeit gleichstehen kann (so Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der RV - SGB VI (23.) (79.) Lfg
10/01, § 96a RdNr 24). Andererseits konnte einem Versicherten eine Rente wegen EU zuerkannt werden, wenn er "auf
Kosten der Gesundheit" bzw "vergönnungsweise" Tätigkeiten ausübte. Im Hinblick auf die Lohnersatzfunktion der
Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entstanden daher Fälle der Überversorgung, weshalb die Einführung von
Hinzuverdienstgrenzen erfolgte (vgl Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, aaO, RdNr 3 mwN).
Beiden vorgenannten Konstellationen liegt letztlich der Gedanke zugrunde, dass zwar das versicherte Risiko der
Erwerbsminderung eingetreten ist, eine finanzielle Kompensation aufgrund der gleichwohl weiter erzielten
Erwerbseinkünfte jedoch nicht geboten erscheint, weil der dadurch erzielte Hinzuverdienst zur weiteren
Existenzsicherung beiträgt. Dies liegt für den aus einer "auf Kosten der Gesundheit" ausgeübten Tätigkeit erzielten
Verdienst auf der Hand, gilt aber auch für die Berücksichtigung von Arbeitseinkommen, das ohne tatsächliche
Ausübung einer Tätigkeit im Sinne von Erwerbsarbeit doch steuerrechtlich als Einkommen aus selbstständiger
Tätigkeit bewertet wird. Wie oben ausgeführt, hat ein Versicherter - wie vorliegend der Kläger - die Wahl zu
entscheiden, ob er seinen bisherigen Betrieb im steuerrechtlichen Sinne fortführt oder aufgibt. Solange er ihn nicht
endgültig aufgibt, erscheint es konsequent, ihn weiterhin als Selbstständigen anzusehen, der lediglich keine eigene
Erwerbstätigkeit ausübt. Damit wird letztlich dem Gedanken Rechnung getragen, dass bei Selbstständigen die
Einkünfte nicht notwendig in einem direkten Zusammenhang mit dem Ausmaß der tatsächlich ausgeübten
Erwerbstätigkeit stehen.
Vom LSG ist in diesem Zusammenhang zu Recht auf den Umstand hingewiesen worden, dass § 96a SGB VI mit
Wirkung vom 1. Januar 1996 in das Gesetz eingefügt worden ist und nach seinem eindeutigen Wortlaut auch die
Rente wegen EU erfasste, dh zu einem Zeitpunkt, als § 44 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB VI noch galt. Dies spricht dafür,
dass der Gesetzgeber dem Begriff der "selbstständigen Tätigkeit" in § 96a SGB VI keine eigenständige Bedeutung
beigemessen hat, sondern entscheidend auf den Begriff "Arbeitseinkommen" in § 15 SGB IV verweisen wollte.
Nach dem Wegfall von § 44 SGB VI aF ist die Aufgabe einer selbstständigen Tätigkeit nicht mehr
Anspruchsvoraussetzung für eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Umfang einer solchen Tätigkeit kann allenfalls
Rückschlüsse bieten auf den Umfang des noch vorhandenen Leistungsvermögens. Damit ist der aus § 44 Abs 2 Satz
2 Nr 1 SGB VI aF begründeten Argumentation für die Zeit ab 1. Januar 2001 ohnehin der Boden entzogen.
Im Übrigen spricht für eine Berücksichtigung von Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft im Rahmen des §
96a SGB VI die in § 27a des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) getroffene Regelung. Diese
Vorschrift ist mit Gesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 2998) mit Wirkung vom 1. Januar 2001 eingefügt und durch
Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) neu gefasst worden und hat folgenden Wortlaut: Trifft Einkommen im
Sinne von § 96a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch mit einer Rente wegen Erwerbsminderung zusammen,
findet bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres § 96a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch mit der Maßgabe
entsprechend Anwendung, dass Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft nicht berücksichtigt wird und als
Hinzuverdienstgrenze die Beträge nach Abs 2 zugrunde zu legen sind (§ 27a Abs 1 ALG). Eine Rente wegen
Erwerbsminderung nach dem ALG kann aber nur gewährt werden, wenn das landwirtschaftliche Unternehmen
abgegeben worden ist (§ 13 Abs 1 Nr 4 ALG).
Diese in § 13 Abs 1 Nr 4 ALG vorausgesetzte Abgabe kann gemäß § 21 ALG entweder durch Übertragung des
Eigentums oder durch langfristige Verpachtung erfolgen. Damit übt nach der Abgabe des Unternehmens der
ehemalige Landwirt keine selbstständige landwirtschaftliche Tätigkeit mehr aus. Wenn § 27a Abs 1 ALG in
ausdrücklicher Abweichung von § 96a SGB VI die Herausnahme des Arbeitseinkommens aus Land- und
Forstwirtschaft aus dem anrechenbaren Hinzuverdienst vorsieht, setzt dies voraus, dass die Einkünfte aus einem
verpachteten, steuerrechtlich aber noch nicht aufgegebenen Betrieb grundsätzlich als Arbeitseinkommen iS von § 96a
SGB VI iVm § 15 SGB IV zu werten sind (vgl hierzu Zindel, SdL 2003, 224, 228). Hierfür spricht auch die amtliche
Begründung des Gesetzentwurfs: "Die Alterssicherung der Landwirte stellt ein Teilsicherungssystem dar, das von
einer Ergänzung der Renten durch andere Einkommensquellen, insbesondere das Altenteil und/oder Pachteinnahmen,
ausgeht. Einnahmen aus der Verpachtung der Betriebsflächen gehören steuerlich nicht zu den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung, sondern zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, solange nicht die
Betriebsaufgabe erklärt wurde. Um eine unterschiedliche Behandlung je nach steuerlicher Gestaltung zu vermeiden,
wird das Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft von der Berücksichtigung nach § 27a ALG
ausgenommen" (BT-Drucks 14/4230 zu Art 10 Nr 11). Dieser Gesetzesbegründung kann nur entnommen werden,
dass der Gesetzgeber bei der Fassung des § 27a Abs 1 ALG von jenem Verständnis des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV
ausgegangen ist, welches auch der 10. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 27. August 1998 - B 10 LW 8/97
R - zugrunde gelegt hat (so auch Zindel, aaO, 229).
Sind somit die Pachteinnahmen des Klägers in Höhe von DM 8.000,- monatlich als rentenschädlicher Hinzuverdienst
aus Arbeitseinkommen zu bewerten, so führt dies - wie von der Beklagten festgestellt - zur Gewährung einer so
genannten Nullrente, dh trotz der Bewilligung des Rentenanspruchs dem Grunde nach ist eine Rente wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit bzw wegen Erwerbsminderung solange nicht zu leisten, wie der Kläger die
Pachteinnahmen erzielt, ohne die Betriebsaufgabe zu erklären. Das Einkommen von DM 8.000,- übersteigt deutlich
alle maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen des § 96a SGB VI iVm § 313 SGB VI, was auch zwischen den Beteiligten
nicht streitig ist. So lag zB die höchste Hinzuverdienstgrenze ab 1. Juli 2003 für die Rente nach § 313 Abs 3 Nr 2
Buchst c SGB VI bei einem Betrag von ¤ 1.143,19 (vgl die Aufstellung bei Brähler, GK-SGB VI, § 313 RdNr 33).
Mit dieser Entscheidung weicht der erkennende Senat nicht von dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 27. Januar
1999 (SozR 3-2400 § 15 Nr 6) ab. Zwar ist die Entscheidung des 4. Senats zum Teil dahingehend missverstanden
worden, dass die Wertung von "Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit" iS des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV
nF die Ausübung einer eigenständigen Tätigkeit und damit den Einsatz eigener Arbeitskraft voraussetze (so LSG
Nordrhein-Westfalen vom 13. August 2003 - L 8 RJ 156/02; vgl auch BSG Urteil vom 25. Februar 2004 - B 5 RJ 56/02
R (demnächst veröffentlicht in SozR 4-2400 § 15 Nr 4 mwN)). Der Entscheidung des 4. Senats des BSG lag jedoch
ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde. Zum einen war die Anrechnung von Arbeitseinkommen auf einen
Hinterbliebenenrentenanspruch gemäß § 97 SGB VI iVm § 18a SGB IV streitig und zum anderen handelte es sich bei
den Einkünften der dortigen Klägerin nicht um steuerrechtliche Einkünfte aus vorangegangener Tätigkeit in der
eigenen Land- und Forstwirtschaft nach § 13 EStG, sondern um Ersatz- und Nachfolgeeinkünfte iS des § 24 Nr 1 bis
3 EStG, die der dortigen Klägerin als Rechtsnachfolgerin zugeflossen waren und denen vom 4. Senat des BSG der
Sache nach eine Art Unterhaltsersatzfunktion beigemessen wurde. Indes ist dem Urteil des 4. Senats nicht zu
entnehmen, dass dieser entgegen dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung anderer Senate die grundsätzliche
Anlehnung des Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit" an die steuerrechtliche Bewertung
aufgegeben hätte (so auch BSG Urteil vom 25. Februar 2004 - aaO).
Im Übrigen ist inzwischen vom Gesetzgeber in ausdrücklicher Reaktion auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom
27. Januar 1999 klargestellt worden, dass Arbeitseinkommen iS von § 18a Abs 2 Satz 1 SGB IV die positive Summe
der Gewinne oder Verluste ua aus Land- und Forstwirtschaft iS der §§ 13, 13a und 14 EStG iVm § 15 Abs 2 SGB IV
ist (§ 18a Abs 2a SGB IV, eingefügt durch Art 3 Nr 2 Buchst b des Altersvermögensergänzungsgesetzes (AVmEG)
vom 21. März 2001 - BGBl I 403). Allerdings ist die Begründung des Gesetzes zur Einfügung des § 18a Abs 2a SGB
IV (BT-Drucks 14/4595, S 59) ebenfalls geeignet, Missverständnisse hervorzurufen, wenn es dort heißt: "Die von § 15
abweichende Definition des Arbeitseinkommens in Abs 2a ist notwendig, um der Zielsetzung des Gesetzes zu
entsprechen, alle Einkommensarten zu berücksichtigen. Denn nach der Rechtsprechung des BSG setzt
Arbeitskommen eine eigene Tätigkeit des Betroffenen voraus, so dass bei fehlender eigener Mitwirkung im Betrieb,
wie beispielsweise bei Kommanditisten, Arbeitseinkommen nach § 15 nicht vorliegt (vgl BSG B 4 RA 17/98 R vom 27.
Januar 1999). Ein solches Ergebnis wäre im Rahmen der Einkommensanrechnung nicht sachgerecht."
Aus dieser Gesetzesbegründung kann indes nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe sich die Interpretation
zu Eigen gemacht, § 15 SGB IV setze eine eigene Tätigkeit des Betroffenen in dem Sinne voraus, dass der
Betroffene selbst im Betrieb mitwirken müsse. Für eine solche Interpretation gibt die Entscheidung des 4. Senats des
BSG keinen Anlass. Auch hätte es dann näher gelegen, die "Korrektur" der Rechtsprechung des 4. Senats nicht in §
18a SGB IV vorzunehmen, sondern direkt in § 15 SGB IV. Wenn der Gesetzgeber eine "Korrektur" des § 18a SGB IV
für erforderlich hielt, kann dies seinen Grund nur darin haben, dass er - insoweit zu Recht - die Entscheidung des 4.
Senats dahingehend verstanden hat, dass ein "Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit" bei
Hinterbliebenenrenten dann unberücksichtigt bleiben sollte, wenn dieses Einkommen seinen Ursprung nicht in der
Tätigkeit des Hinterbliebenen, sondern in der des Rechtsvorgängers gehabt hatte. Für die Einkommensanrechnung im
Rahmen des § 18a SGB IV konnte es tatsächlich als nicht sachgerecht angesehen werden, wenn zwar
Arbeitseinkommen aufgrund einer eigenen vorangegangenen Tätigkeit, nicht aber das aus ererbten Ansprüchen einer
fremden Tätigkeit berücksichtigt werden soll. Mit der Einführung des § 18a Abs 2a SGB IV wurde somit hinsichtlich
der Anrechnung von Arbeitseinkommen bei Hinterbliebenenrenten die mit der Neufassung des § 15 SGB IV gewollte
Parallelität von steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Beurteilung wiederhergestellt; eine Änderung des
§ 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV war aus der Sicht des Gesetzgebers dagegen nicht geboten, weil er aufgrund der vom 10.
Senat des BSG (Urteil vom 27. August 1998 - B 10 LW 8/97 R -, Die Beiträge, Beilage 1999, 195 bis 201)
vorgenommenen Auslegung dieser Vorschrift die "Parallelität" nicht gefährdet sah, wenn es sich um
Arbeitseinkommen aufgrund letztlich eigener (vorangegangener) Tätigkeit des Betroffenen handelte. Dagegen würde
eine Nichtberücksichtigung von Arbeitseinkommen, das steuerrechtlich zwar als Einkünfte aus Land- und
Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit zu bewerten ist, dem aber keine tatsächlich ausgeübte
Erwerbstätigkeit (mehr) zugrunde liegt, die vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte "Parallelität" wieder zerreißen und
jedenfalls partiell erneut zu einem eigenständigen sozialversicherungsrechtlich zu definierenden Begriff des
Arbeitseinkommens führen, dessen Vorliegen im Einzelfall vom Sozialleistungsträger abzuklären wäre. Gerade dies
sollte jedoch aus Praktikabilitätsgründen mit der Neufassung des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV verhindert werden.
Abgesehen davon ist die Rechtsentwicklung seit der Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 27. Januar 1999
(aaO) hinsichtlich der Einkommensanrechnung bei den Hinterbliebenenrenten auch weitergegangen und sieht nunmehr
in § 18a Abs 4 SGB IV ausdrücklich die Berücksichtigung sogar von Vermögenseinkommen vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.