Urteil des BSG vom 27.07.2004
BSG: ddr, versorgung, anwendungsbereich, anwartschaft, tod, berechtigung, erwerbsfähigkeit, alter, verwaltungsakt, zugehörigkeit
Bundessozialgericht
Urteil vom 27.07.2004
Sozialgericht Chemnitz
Sächsisches Landessozialgericht
Bundessozialgericht B 4 RA 6/04 R
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2003 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, festzustellen, dass der Kläger für Dezember
1991 ein Recht auf eine Zusatzversorgungsrente aus dem System der Altersversorgung der technischen Intelligenz
(AVItech) hat.
Der 1942 geborene Kläger schloss 1969 in der DDR erfolgreich ein berufsbegleitendes Studium in der Fachrichtung
"Elektronische Geräte/Fertigung" ab. Er war berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Nach weiterer
Ausbildung erlangte er 1976 den akademischen Grad eines "Diplom-Ingenieurs".
Der Kläger war in der DDR in der Sozialpflichtversicherung versichert. Zum 1. Oktober 1976 war er der Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten und hatte auch in diesem System Beiträge entrichtet. In die AVItech oder
in ein anderes Versorgungssystem war er nicht einbezogen worden.
Ab 9. Dezember 1991 erkannte der Rentenversicherungsträger dem Kläger Rechte auf eine Invalidenrente und auf
eine Zusatzinvalidenrente nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets zu, und zwar aus der Sozialversicherung in Höhe
von 764,00 DM und aus der FZR in Höhe von 509,00 DM. Beide Rechte wurden zum 1. Januar 1992 durch ein Recht
auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem SGB VI ersetzt. Unter Zugrundelegung der nach § 307a SGB VI
ermittelten Entgeltpunkte (EP) stellte der Rentenversicherungsträger den monatlichen Rentenwert fest. Zusätzlich
erkannte er einen Auffüllbetrag zu.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2000 und 12. Februar 2001 stellte die BfA als Versorgungsträger (= Beklagte im
anhängigen Rechtsstreit) die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1969 bis 30. Juni 1990 als Zeiten
der Zugehörigkeit zur AVItech und die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsverdienste und Arbeitsausfalltage fest.
Den Antrag des Klägers, den Wert seines Rechts auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung der
vom Versorgungsträger festgestellten Daten neu festzustellen, lehnte die BfA als Rentenversicherungsträger mit der
Begründung ab, dass der Kläger am 31. Dezember 1991 keinen "Anspruch" auf eine aus einem
Zusatzversorgungssystem in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets überführte Rente gehabt habe. Ein
hiergegen anhängig gemachtes Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Chemnitz ruht.
Im November 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten festzustellen, dass er dem Grunde nach am 31.
Dezember 1991 einen Anspruch auf eine Zusatzversorgung aus der AVItech gehabt habe. Diesen Antrag lehnte die
Beklagte ab (Bescheid vom 27. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2002).
Das SG hat die Beklagte verpflichtet, die vom Kläger begehrte Feststellung zu treffen (Gerichtsbescheid vom 13.
August 2003). Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die
Klagen abgewiesen (Urteil vom 9. Dezember 2003). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe keinen
Anspruch auf eine Leistung aus der AVItech gehabt, da er in dieses System nicht bis zum 30. Juni 1990 einbezogen
gewesen sei. Einer späteren Einbeziehung stehe das neue Einbeziehungsverbot des Einigungsvertrages (EinigVtr)
entgegen. Die von der Beklagten nach den Vorschriften des AAÜG vorgenommene Feststellung von
Beschäftigungszeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech führten nur dazu, dass diese Zeiten als
Pflichtbeitragszeiten "ab 1. Januar 1992" anzurechnen seien.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 1, 2 bis 4 Abs 5 AAÜG iVm den einschlägigen Regelungen
der AVItech. Er macht geltend, das Berufungsurteil stütze sich zu Unrecht auf die beiden Entscheidungen des
erkennenden Senats vom 9. April 2002 (B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R); diese Entscheidungen seien nicht
einschlägig. Dagegen ergebe sich unter Zugrundelegung der gleichfalls am 9. April 2002 ergangenen weiteren
Entscheidung des erkennenden Senats (B 4 RA 3/02 R), dass er die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 AAÜG erfülle,
sodass das SG - entgegen der Auffassung des LSG - zu Recht seinem Feststellungsbegehren stattgegeben habe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2003 aufzuheben und die
Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. August 2003
zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend bezieht sie sich auf das Urteil des erkennenden
Senats vom 31. März 2004 (B 4 RA 39/03 R).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Begehren des Klägers, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung
der Beklagten gegen den klagestattgebenden Gerichtsbescheid des SG zurückzuweisen. In der Sache strebt er an,
die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen, in der die Beklagte - sinngemäß - unter Aufhebung des ablehnenden
Verwaltungsaktes im Bescheid vom 27. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember
2002 verpflichtet worden ist festzustellen, dass er zum 31. Dezember 1991 einen "Anspruch" auf Zusatzversorgung
(hier: ein Recht auf eine Invalidenzusatzrente) aus dem Zusatzversorgungssystem der AVItech hat. Der Kläger
begehrt von der Beklagten nicht die Feststellung eines Einzelanspruchs auf Zahlung einer Versorgungsrente, sondern
sinngemäß die Feststellung, dass er ein Stammrecht hierauf habe. Die Begrenzung auf den 31. Dezember 1991
beruht auf dem Text des § 307b Abs 1 Satz 1 SGB VI, der an die Überführung der Renten aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen in die Rentenversicherung des Beitrittsgebiets zu diesem Zeitpunkt anknüpft (§ 2 Abs 2
AAÜG). Eine solche Überführung setzt im Hinblick auf das Monatsprinzip der Rentenversicherung voraus, dass
zumindest für Dezember 1991 ein Stammrecht auf eine Zusatzversorgungsrente bestanden hat. Das prozessuale
Begehren des Klägers ist sinngemäß dahin zu verstehen, dass er ein derartiges Stammrecht für Dezember 1991
festgestellt haben möchte.
1. Der Kläger verfolgt sein Begehren mit zulässigen Rechtsschutzformen. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen
sind zulässig.
Der Kläger begehrt, die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung zum Erlass eines feststellenden
Verwaltungsaktes mit dem dargelegten Regelungsinhalt zu verpflichten. Durch die abgelehnte und damit unterlassene
Feststellung könnte seine Rechtsposition beeinträchtigt und er damit beschwert sein (§ 54 Abs 1 SGG).
Wäre die Beklagte als Versorgungsträger zu der erstrebten Feststellung verpflichtet, wäre der Kläger im
Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung als Bestandsrentner im Sinne des § 307b Abs 1 Satz 1 SGB VI
anzusehen. In diesem Fall könnte er vom Rentenversicherungsträger verlangen, dass dieser den Wert seiner SGB VI-
Rente unter Zugrundelegung der bindend festgestellten Zugehörigkeitszeiten zur AVItech und der erzielten
Arbeitsverdienste rückwirkend ab 1. Januar 1992 sowie einen Nachzahlungsanspruch auch für Dezember 1991 (§
307b Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB VI iVm § 259b Abs 1 aaO sowie §§ 5 bis 8 AAÜG) und ggf den Monatswert
des Rentenrechts ab 1. Januar 1992 nach einem der evtl höheren weiteren drei Vergleichswerte (§ 307b Abs 1 Satz 2
und Abs 3 sowie Abs 4 bis 6 SGB VI) festsetzt. Würde er dagegen nicht vom Anwendungsbereich des § 307b SGB
VI erfasst, wäre der Rentenversicherungsträger lediglich verpflichtet, die von der Beklagten als Versorgungsträger in
den Bescheiden vom 25. Januar 2000 und 12. Februar 2001 festgestellten Zugehörigkeitszeiten und die dabei
erzielten Verdienste im Rahmen der nach § 307a SGB VI vorzunehmenden Ermittlung der EP (Ost) zu
berücksichtigen, allerdings - entgegen der offenbar vom LSG vertretenen Auffassung - erst ab Eintritt der
Bestandskraft der feststellenden Verwaltungsakte in den vorstehend genannten Bescheiden (Urteile des Senats vom
31. März 2004, B 4 RA 39/03 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; vom 29. Oktober 2002, BSGE 90, 102 = SozR 3-
2600 § 307b Nr 10).
2. Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. In der Sache hat das LSG im Ergebnis zutreffend den
klagestattgebenden Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Der ablehnende
Verwaltungsakt im Bescheid vom 27. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember
2002 ist rechtmäßig. Der Kläger hatte und hat für Dezember 1991 kein Stammrecht auf eine Zusatzversorgungsrente
aus der AVItech. Denn ihm ist durch keinen nach Art 19 EinigVtr wirksam gebliebenen Hoheitsakt der DDR und durch
keinen Verwaltungsakt eines Funktionsnachfolgers oder Versorgungsträgers ein Recht oder eine Anwartschaft (=
Berechtigung) auf Versorgung zuerkannt worden. Er hat gegen den Versorgungsträger auch keinen Anspruch auf
Berechtigung) auf Versorgung zuerkannt worden. Er hat gegen den Versorgungsträger auch keinen Anspruch auf
Zuerkennung einer solchen Berechtigung.
a) Für die Feststellung eines solchen Rechts ist allein der Versorgungsträger (verbands-)zuständig (Urteile des Senats
vom 29. Oktober 2002 und 31. März 2004, aaO). Zuständiger Versorgungsträger ist als (früherer) Funktionsnachfolger
des früheren Trägers in der DDR die Beklagte (§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG). Diese hat dem Kläger das Recht oder eine
Anwartschaft auf Versorgung nicht zuerkannt. In den Bescheiden vom 25. Januar 2000 und 12. Februar 2001 hat sie
ausschließlich über Zugehörigkeitszeiten zur AVItech und dabei erzielte Arbeitsverdienste, nicht aber über ein Recht
des Klägers auf eine Versorgungsrente aus diesem System für Dezember 1991 entschieden.
b) Nach dem für Dezember 1991 anzuwendenden materiellen Recht hat der Kläger keinen "Anspruch" auf
Zuerkennung eines Rechts auf Versorgung aus der AVItech.
aa) Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und der Beteiligten beurteilt sich die Frage, ob der Kläger für
Dezember 1991 die Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechts auf eine Versorgungsleistung erfüllt hat, nicht nach
dem AAÜG. Denn dieses Gesetz regelt nicht die Voraussetzungen für die Entstehung einer Versorgungsberechtigung.
Anderes ergibt sich nicht aus § 1 Abs 1 AAÜG. Diese Norm bestimmt den persönlichen Anwendungsbereich des
AAÜG, also eines Gesetzes, das nur Folgendes regelt:
(1) die Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Versorgungsberechtigungen aus Zusatz- oder
Sonderversorgungssystemen in die Rentenversicherung des Beitrittsgebiets zum 31. Dezember 1991 (§§ 2 bis 4
AAÜG);
(2) im Blick auf die Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet am 1. Januar 1992 die für die Wertfeststellung der
SGB VI-Rente maßgeblichen Grundlagen für die Bewertung einer fiktiven Vorleistung für die Rentenversicherung der
Bundesrepublik Deutschland (§§ 5 bis 8 AAÜG), nämlich insbesondere durch eine Qualifizierung von
Zugehörigkeitszeiten zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen als gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten und der
dabei erzielten Arbeitsverdienste zu fingierten bundesdeutschen Arbeitsverdiensten, die der Ermittlung der in die
Rentenformel (§ 64 SGB VI) einzustellenden EP (Ost) dienen ( § 259b Abs 1 SGB VI iVm §§ 5 bis 8 AAÜG);
(3) die Umgestaltung von Versorgungsberechtigungen, die in die Rentenversicherung nicht überführbar waren (§§ 9 ff
AAÜG).
Das AAÜG hat bei seinem Inkrafttreten am 1. August 1991 keine neuen Rechte oder Anwartschaften auf Versorgung
gegen einen Versorgungsträger begründet; somit beurteilt sich nach ihm auch nicht, ob der Kläger für Dezember 1991
ein Recht auf eine Zusatzversorgungsrente hat.
bb) Materiell-rechtlich bestimmt sich die vom Kläger begehrte Feststellung eines Stammrechts auf Versorgung (hier:
auf eine Invalidenzusatzrente) aus der AVItech für Dezember 1991 allein nach dem zu diesem Zeitpunkt durch den
EinigVtr geschaffenen primären Bundesrecht und den als sekundäres Bundesrecht fortgeltenden Bestimmungen
dieses Versorgungssystems. Der Kläger erfüllt bereits nicht die Voraussetzungen des ab 3. Oktober 1990 geltenden
Primärrechts.
Ohne ausdrückliche Anordnung im EinigVtr wären mit dem Untergang der DDR, dh mit Ablauf des 2. Oktober 1990,
deren Rechtsvorschriften und damit auch die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl S 844)
und die hierzu ergangene Zweite Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl S 487) erloschen (Art 8, 9
EinigVtr). Für Zusatz- und Sonderversorgungssysteme wird jedoch in der Anlage II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III
Nr 9 zum EinigVtr (nachfolgend: Nr 9 EinigVtr) in dessen Buchst a Satz 1 bestimmt, dass diese Systeme - soweit
noch nicht (zum 1. Juli 1990) geschlossen - zum 31. Dezember 1991 zu schließen (Halbsatz 1) und
Neueinbeziehungen ab 3. Oktober 1990 nicht mehr zulässig sind (Halbsatz 2). Darüber hinaus wirkt das
Einbeziehungsverbot über den im EinigVtr festgesetzten Zeitpunkt hinaus auf den 30. Juni 1990 zurück, weil das
Rentenangleichungsgesetz der DDR (RAnglG-DDR) in der Modifikation durch den EinigVtr als sekundäres und
partielles Bundesrecht fortgalt (vgl Anlage II Kap VIII Sachgebiet F Abschn III Nr 8 zum EinigVtr) und in seinem § 22
Abs 1 Satz 2 ein Neueinbeziehungsverbot ab 1. Juli 1990 festgeschrieben hatte.
Ferner ordnet Buchst b der Nr 9 EinigVtr an, dass die erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod bis zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung zu
überführen sind (Satz 1); bis zur Überführung sind (nur) die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen
Versorgungssysteme weiter anzuwenden, soweit sich aus dem Vertrag nicht anderes ergibt (Satz 2). Hieran
anknüpfend bestimmt § 2 Abs 2 AAÜG, dass ua die in den Versorgungssystemen nach der Anlage 1 Nr 1 bis 22 (und
damit auch in der in Nr 1 aufgeführten AVItech) erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit (hier: Invalidität), Alter und Tod zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung
(gemeint: des Beitrittsgebiets, denn das bundesrechtliche Rentenversicherungsrecht galt dort zu diesem Zeitpunkt
noch nicht) überführt werden und dass ab 1. Januar 1992 (also mit Inkrafttreten der bundesrechtlichen
Rentenversicherung auch im Beitrittsgebiet) die Regelungen dieser Versorgungssysteme nicht mehr anzuwenden sind
(abgesehen von Sonderregelungen zu ua den Versorgungsanwartschaften in § 4 Abs 4 AAÜG).
Nach dem für Dezember 1991 im Beitrittsgebiet in der Modifikation durch den EinigVtr geltenden Versorgungsrecht
konnte ein Stammrecht auf Versorgung also nur bestehen, wenn der Betroffene vor dem 3. Oktober 1990 bzw letztlich
- wie dargelegt - vor dem 1. Juli 1990 durch einen Akt des in der DDR zuständigen Versorgungsträgers oder danach
von einem bundesrechtlichen Funktionsnachfolger ausdrücklich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war.
Es genügte nicht, dass - aus bundesrechtlicher Sicht - die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vor dem 3. Oktober
1990 bzw vor dem 1. Juli 1990 erfüllt waren. Eine fiktive Versorgungsanwartschaft, wie sie für den
Anwendungsbereich des AAÜG dessen § 1 Abs 1 Satz 2 vorsieht oder wie sie auf Grund der vom Senat
vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs 1 AAÜG als ausreichend für eine Anwendung der §§
5 bis 8 AAÜG anzusehen ist (vgl hierzu ua: Urteile des Senats vom 9. April 2002, SozR 3-8570 § 1 Nr 2 und 7), waren
der VO-AVItech und der 2. DB fremd. Dies folgte schon aus § 3 der 2. DB; danach waren die Werkdirektoren, Leiter
der Hauptverwaltungen bzw die zentralen Verwaltungen verpflichtet, dem Versorgungsträger die Listen der
berechtigten Personen einzureichen; der Träger stellte dann dem Begünstigten "das Dokument über die zusätzliche
Altersversorgung" (regelmäßig in Form einer Versicherungsurkunde) aus. Nur wenn eine wirksame Einbeziehung
ausdrücklich erfolgt war, konnte der Berechtigte bei Eintritt des Versorgungsfalles Leistungen aus dem System
erwarten.
An das Verbot von Neueinbeziehungen durch § 22 Abs 1 Satz 2 RAnglG-DDR knüpft Buchst a Satz 1 Halbsatz 2 der
Nr 9 EinigVtr an und schreibt dieses Verbot ausdrücklich für die Zeit ab 3. Oktober 1990 fort. Dieses
Neueinbeziehungsverbot verdeutlicht, dass nach dem geltenden Bundesrecht eine wirksam (Art 19 EinigVtr) erfolgte
Einbeziehung eine Voraussetzung für ein (nunmehr) bundesrechtliches Recht auf Versorgung war bzw ist (siehe ua
schon Urteil des BSG vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 55/03 R; BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 6 S 32).
Eine Einbeziehung des Klägers in die AVItech war weder bis zum 30. Juni 1990 noch in der nachfolgenden Zeit bis
zum 2. Oktober 1990 erfolgt. Im Zeitpunkt des vom Kläger im November 2001 gestellten Antrages konnte und durfte
die Beklagte ihm schon auf Grund des in Buchst a Satz 1 Halbsatz 2 der Nr 9 EinigVtr primärrechtlich verankerten
Verbotes kein Stammrecht auf Versorgung zuerkennen. Demzufolge durfte sie auch nicht rückwirkend für Dezember
1991 feststellen, dass der Kläger für diesen Monat einen "Anspruch" (richtig: ein Stammrecht) auf eine
Zusatzversorgungsleistung aus der AVItech hatte bzw hat
3. Die Revision des Klägers war als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.