Urteil des BSG vom 29.10.2002

BSG: rechtskräftiges urteil, versorgung, daten, verwaltungsakt, ddr, bfa, altersrente, rücknahme, rechtswidrigkeit, abweisung

Bundessozialgericht
Urteil vom 29.10.2002
Sozialgericht Altenburg
Bundessozialgericht B 4 RA 55/01 R
Auf die Sprungrevision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 28. August 2001 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Streitig ist die Höhe der Altersrente.
Der im August 1924 geborene Kläger war in der DDR als Ingenieur beschäftigt und bezog seit August 1989 eine
Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung der DDR und eine Zusatzaltersrente aus der Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung (FZR). Seit der Überleitung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf das
Beitrittsgebiet am 1. Januar 1992 steht ihm gegen die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ein
Recht auf Regelaltersrente (RAR) zu. Dessen Wert setzte die Beklagte im Bescheid zum 1. Januar 1992 auf 1.896,09
DM fest. Dabei bemaß sie den Rangwert des Klägers nach § 307a SGB VI. Ab Juli 1998 belief sich der Monatsbetrag
des Rechts auf RAR auf 3.287,79 DM. Mit Feststellungsbescheid vom 6. Dezember 1999 stellte die BfA als
Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme fest, der Kläger habe in den Zeiten vom 1. September 1961 bis
zum 31. Juli 1989 die Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten iS von § 5 des Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) erfüllt; zugleich stellte der Versorgungsträger die erzielten
Arbeitsentgelte und die Arbeitsausfalltage fest; tatbestandliche Voraussetzungen für eine besondere
Beitragsbemessungsgrenze wurden nicht festgestellt.
Am 14. Februar 1999 beantragte der Kläger, ihm wegen seiner Ingenieurtätigkeit höhere Altersrente zu zahlen. Dies
lehnte die Beklagte ab, weil sie bei der Rentenberechnung § 307a SGB VI richtig angewandt habe und § 307b SGB VI
nicht anzuwenden sei; denn dies sei nur der Fall, wenn am 31. Dezember 1991 zumindest dem Grunde nach
Anspruch auf eine nach §§ 2, 4 AAÜG überführte Leistung aus der Zusatz- oder Sonderversorgung bestanden habe
(Bescheid vom 21. Februar 2000; Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2000).
Das Sozialgericht (SG) Altenburg hat die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Verwaltungsentscheidungen
antragsgemäß verurteilt, "die Rente des Klägers nach den Vorschriften des SGB VI neu zu berechnen gemäß § 307b
SGB VI, eine Vergleichsrente zu ermitteln (§ 307b Abs 3 SGB VI nF) und die höhere der beiden Renten zu leisten".
Im Sinne des § 307b Abs 1 SGB VI habe ein Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente des
Beitrittsgebiets immer dann bestanden, wenn zum Zeitpunkt des Rentenbeginns die Voraussetzungen für die
Gewährung einer zusätzlichen Altersversorgung nach dem Text einer Zusatzversorgungsordnung erfüllt gewesen
seien. Ebenso wenig wie bei der Feststellung von Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 AAÜG könne es auch bei der
Anwendbarkeit des § 307b SGB VI auf das Vorliegen einer Versorgungszusage ankommen.
Die Beklagte hat mit Zustimmung des Klägers die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine
Verletzung von § 307b SGB VI und von § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß, das Urteil des SG Altenburg vom 28. August 2001 aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren durch keinen beim Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen
Prozessbevollmächtigten vertreten. Er hat in seinem Schreiben vom 10. Oktober 2002 seine Ansicht dargelegt,
weshalb das Urteil des SG richtig sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils des SG und der
Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht begründet. Die Entscheidung des SG verletzt Bundesrecht,
weil es zu Unrecht angenommen hat, die Beklagte habe bei der Feststellung des Wertes des Rechts des Klägers auf
RAR im Bescheid zum 1. Januar 1992 § 307b SGB VI anwenden müssen. Eine den Rechtsstreit abschließende
Entscheidung ist jedoch noch nicht möglich, weil dafür erforderliche tatsächliche Feststellungen nicht getroffen
worden sind. Das SG hat nämlich nicht festgestellt, wann der Feststellungsbescheid des Versorgungsträgers vom 6.
Dezember 1999 dem Kläger bekannt gegeben wurde und ob sowie wann alle begehrten oder angefochtenen
Entscheidungen des Versorgungsträgers unanfechtbar wurden; für diesen Fall ist ferner zu klären, ob die nach den §§
5 bis 8 AAÜG bindend festgestellten Daten rentenversicherungsrechtlich anrechenbar sind und ggf zu einem höheren
Wert des Rechts auf RAR führen.
1. Zu Unrecht hat das SG angenommen, der Kläger könne nach § 44 Abs 1 SGB X von der Beklagten die Rücknahme
der bisherigen Feststellung des Höchstwerts seines Rechts auf RAR verlangen.
Er kann die Rücknahme der bisherigen Höchstwertfestsetzung nach § 44 Abs 1 oder 2 SGB X nicht beanspruchen,
weil dieser Verwaltungsakt im Bescheid zum 1. Januar 1992 im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig war. Die
besonderen überleitungsrechtlichen Regelungen des § 307a SGB VI über gleichgestellte Rangstellenwerte (Ost) sind
beachtet worden, durch welche den früheren Bestandsrentnern in der Sozialpflichtversicherung und in der Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung des Beitrittsgebiets für das ihnen ab Januar 1992 zustehende Recht auf Rente nach dem
SGB VI erstmals ein Rangwert zuerkannt wurde. Die Ansicht des SG, die auch für den Wert des Rechts auf RAR
maßgeblichen Rangstellenwerte (und letztlich der Rangwert) des Klägers hätten sich aus § 307b SGB VI aF ergeben,
ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.
a) Der Rentenversicherungsträger darf nach § 307b SGB VI (in der jeweils maßgeblichen Fassung) gleichgestellte
Rangstellenwerte (Ost) seiner Feststellung des Wertes eines Rechts auf eine SGB VI-Rente nur zu Grunde legen,
wenn der Versicherte (oder Hinterbliebene) schon als Bestandsrentner des Beitrittsgebiets wenigstens "für" (nicht: im)
Dezember 1991 ein Recht auf Versorgungsrente aus einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem des
Beitrittsgebiets hatte, das zum 31. Dezember 1991 gemäß § 4 Abs 1 bis 3 AAÜG in ein dort genanntes Recht aus
dem allgemeinen Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets überführt worden war. Ob ein solcher
"Versorgungsanspruch" bestand, hat ausschließlich der zuständige Versorgungsträger zu entscheiden (Art 9 Abs 2
EinigVtr iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst b Satz 2 und Nr 9 Buchst c sowie §§ 1, 2,
8 Abs 3 AAÜG). Demgegenüber gehört es schlechthin nicht zu den Aufgaben und erst recht nicht zu den Befugnissen
des Rentenversicherungsträgers, darüber zu entscheiden, ob ein Versicherter für Dezember 1991 gegen einen
Versorgungsträger das Recht hatte, von diesem Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu verlangen.
b) Die Anwendung der besonderen Rangstellenwertzuweisung des § 307b SGB VI ist nur dann gerechtfertigt, wenn der
Versicherte für Dezember 1991 aus bundesrechtlicher Sicht materiell-rechtlich einen Zahlungsanspruch gegen einen
Versorgungsträger aus Versorgungsrecht hatte. Dies muss durch die Tatbestandswirkung eines bindend gewordenen
Verwaltungsaktes (oder durch die Rechtskraft eines Urteils) festgestellt worden sein. Für das
Rentenversicherungsrecht unerheblich ist hingegen, ob dieser (Versorgungs-)"Anspruch" gegen den Versorgungsträger
inzwischen untergegangen oder nicht mehr durchsetzbar ist. Im Übrigen ist auch bei "rentennahen Jahrgängen", die
aus bundesrechtlicher Sicht im Dezember 1991 ein Anwartschaftsrecht auf Versorgung hatten, § 4 Abs 4 AAÜG für
den Rentenversicherungsträger nur maßgeblich, wenn das AAÜG gemäß § 1 aaO überhaupt anwendbar ist; auch
insoweit muss durch bindenden Verwaltungsakt eines Versorgungsträgers (oder durch rechtskräftiges Urteil) geklärt
sein, dass der Versicherte eine "Versorgungsanwartschaft" hatte.
c) Die Feststellung des "Versorgungsanspruchs" für Dezember 1991 kann sich (wie diejenige eines solchen Vollrechts
oder Anwartschaftsrechts zum 1. August 1991 iS von § 1 Abs 1 AAÜG) - vor dem Hintergrund des Verbots von
Neueinbeziehungen - nur aus folgenden vier Arten von Verwaltungsentscheidungen (bzw hierzu ergangenen
rechtskräftigen Urteilen) ergeben: a) aus einem nach Art 19 EinigVtr bindend gebliebenen Verwaltungsakt einer
Versorgungsstelle der DDR; b) aus einer Versorgungsbewilligung eines Funktionsnachfolgers einer solchen Stelle; c)
aus einem Verwaltungsakt eines Versorgungsträgers iS von § 8 Abs 4 AAÜG; d) aus einer bindenden Entscheidung
eines solchen Versorgungsträgers, dass der Bestandsrentner bereits zum 1. August 1991 einen Versorgungsanspruch
iS von § 1 Abs 1 AAÜG hatte.
d) Wenn demgegenüber der Versorgungsträger in einem Feststellungsbescheid nach § 8 Abs 3 Satz 1 AAÜG lediglich
die ihm in dieser Vorschrift übertragenen besonderen Befugnisse im Bereich des Rentenüberleitungsrechts ausübt,
bestimmte nach den §§ 5 bis 8 AAÜG möglicherweise im Rentenversicherungsrecht erhebliche Tatsachen vorab
festzustellen, die in einem spezifischen Bezug zum früheren Versorgungsrecht des Beitrittsgebiets stehen, und er
insoweit versorgungsspezifische Vorfragen klärt, liegt darin keine Feststellung eines "Versorgungsanspruchs" für
Dezember 1991. Denn die Feststellungen nach den §§ 5 bis 8 AAÜG haben mit der kraft Gesetzes (§ 2 AAÜG) zum
31. Dezember 1991 erfolgten Überführung von Versorgungsansprüchen in Rechte auf Renten aus dem allgemeinen
Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets nichts zu tun. Dies hat der Senat in ständiger Rechtsprechung seit
dem 27. Januar 1993 (BSGE 72, 50), näher ausgeführt ua schon im Teilurteil und Vorlagebeschluss vom 14. Juni
1995 (4 RA 98/94), geklärt. Die Überführung von Versorgungsberechtigungen bei Invalidität, Alter und Tod in
entsprechende Rechte aus dem Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets zum 31. Dezember 1991 wird
ausschließlich in den §§ 2 bis 4 Abs 5 AAÜG geregelt.
e) Demgegenüber betreffen die §§ 5 bis 8 AAÜG nur die Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar
1992 und damit auch auf die sog "überführten Renten des Beitrittsgebiets". Weil durch den EinigVtr versprochen
worden war, das SGB VI auch auf die überführten Versorgungsberechtigungen überzuleiten, musste gesetzlich und
speziell (im Vergleich vor allem zu den §§ 248 Abs 3, 256a SGB VI) geregelt werden, welche Beschäftigungen in der
DDR wegen ihres versorgungsrechtlichen Bezuges Pflichtbeitragszeiten im Bundesgebiet gleichgestellt werden
können, welche der daraus erzielten Arbeitsverdienste als nach Bundesrecht versichert gelten sollen und wie ggf
Arbeitsausfalltage insoweit zu behandeln sind; zur Ausschaltung von politischen Begünstigungen und nicht auf Arbeit
und Leistung beruhenden Zuwendungen der DDR wurden zugleich in grundsätzlich zulässiger Typisierung für
bestimmte Arten regimenaher Beschäftigungen und Tätigkeiten besondere Beitragsbemessungsgrenzen als
Höchstgrenzen für die als versichert geltenden Arbeitsverdienste eingeführt, die den Rangstellenwerten zu Grunde
liegen. In diesem Zusammenhang weisen die §§ 5 bis 8 AAÜG den Versorgungsträgern, die für Versorgungsfragen
des Beitrittsgebiets besonders kundig sind, nur die verbindliche Vorabklärung von Tatsachen zu, die bis Ende 1991
nach Bundesrecht versorgungsrechtlich relevant waren und jetzt - nur für SGB VI-Renten -
rentenversicherungsrechtlich erheblich werden können. Der Versorgungsträger darf in diesem Zusammenhang der
Anwendung des auf "überführte Renten des Beitrittsgebiets" übergeleiteten SGB VI-Rechts (ähnlich wie in einem
Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs 5 SGB VI) nur Daten feststellen, nämlich, ob der Tatbestand einer
gleichgestellten Pflichtbeitragszeit iS von § 5 AAÜG durch Zeiten der Ausübung einer von einem Versorgungssystem
erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit erfüllt ist, welche Arbeitsverdienste aus diesen Beschäftigungen tatsächlich
erzielt wurden, welche Arbeitsausfalltage vorliegen und ob Tatbestände der besonderen Beitragsbemessungsgrenzen
für regimenahe Beschäftigungen erfüllt sind. Über die Anrechenbarkeit und Bewertung der gleichgestellten Zeiten nach
dem SGB VI und über die Höhe der als versichert geltenden Arbeitsverdienste und die hieraus folgenden
gleichgestellten Rangstellenwerte hat hingegen allein der Rentenversicherungsträger zu entscheiden (§ 8 Abs 5 Satz 1
AAÜG).
Bei der Erfüllung der durch die §§ 5 bis 8 AAÜG dem Versorgungsträger übertragenen Aufgaben ist es rechtlich und
faktisch nicht notwendig, allerdings auch nicht ausgeschlossen, dass er daneben zugleich über das Bestehen oder
Nichtbestehen eines "Versorgungsanspruchs" für Dezember 1991 entscheidet.
f) Allerdings setzt - was das SG verkannt hat - auch die rechtmäßige Anwendung der §§ 5 bis 8 AAÜG - nach
ständiger Rechtsprechung des BSG - notwendig voraus, dass dieses Gesetz nach den Kriterien des § 1 Abs 1 AAÜG
überhaupt anwendbar ist. Gleichwohl liegt in der Verlautbarung lediglich der tatbestandlichen Datenfeststellungen nicht
notwendig auch die Feststellung, der Versicherte habe zum 1. August 1991 oder für Dezember 1991 ein Recht auf
Zahlung von Versorgung gegen den Versorgungsträger gehabt. Sofern sich im Einzelfall aus dem Text des
Feststellungsbescheides des Versorgungsträgers nach § 8 Abs 3 Satz 1 AAÜG anderes nicht zweifelsfrei ergibt, ist
vielmehr davon auszugehen, dass eine positive Feststellung eines Rechts auf Versorgung zum 1. August 1991 oder
für Dezember 1991 nicht vorliegt. Der Rentenversicherungsträger darf § 307b SGB VI (in der jeweils maßgeblichen
Fassung) aber nur anwenden, wenn das Recht auf Versorgung (auch) für Dezember 1991 durch den dafür zuständigen
Träger (oder durch rechtskräftiges Urteil) bindend festgestellt ist. Das war hier nicht der Fall. § 307b SGB VI war also
bei der Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid zum 1. Januar 1992 nicht anwendbar.
2. Der Kläger kann die Rücknahme der Höchstwertfestsetzung zum 1. Januar 1992 auch nicht etwa deshalb
beanspruchen, weil die Beklagte eine abschließende, also keine einstweilige Regelung getroffen hat. Zwar darf die
BfA abschließend auch über den Höchstwert eines Rechts auf Rente erst entscheiden, wenn der Sachverhalt geklärt
ist. Dazu gehören auch die versorgungsrechtlichen Datenfeststellungen nach den §§ 5 bis 8 AAÜG. In diesem
Zusammenhang muss der Rentenversicherungsträger die Unanfechtbarkeit jeder begehrten oder angefochtenen
Entscheidung eines Versorgungsträgers abwarten und darf abschließend nur entscheiden, wenn bei keinem
Versorgungsträger ein Feststellungsverfahren nach §§ 5 bis 8 AAÜG (mehr) anhängig ist.
Da der Kläger erstmals 1999 ein derartiges Verfahren eingeleitet hatte, durfte die BfA den Rentenhöchstwert zum 1.
Januar 1992 endgültig feststellen.
3. Der Kläger kann (jedenfalls derzeit) auch keine Aufhebung der Höchstwertfestsetzung wegen nachträglicher
wesentlicher Änderung der Verhältnisse beanspruchen (§ 48 Abs 1 SGB X). Denn es ist bislang keine "wesentliche"
Änderung eingetreten.
a) Eine solche wesentliche Änderung kann bezüglich der Anwendbarkeit des § 307b SGB VI bei einem
Bestandsrentner des Beitrittsgebiets, der 1991 tatsächlich keine Versorgungsrente bezogen hatte, rechtmäßig nur
eintreten, wenn der zuständige Versorgungsträger nachträglich unanfechtbar feststellt, der Versicherte (bzw der
Hinterbliebene) habe für Dezember 1991 (oder zum 1. August 1991 dauerhaft) gegen diesen Träger ein Recht auf
Zahlung von Versorgung gehabt. Dann hätte sich für den Rentenversicherungsträger nachträglich rückbezüglich zum
1. Januar 1992 die Sachlage wesentlich geändert, falls die für die §§ 5 bis 8 AAÜG erheblichen "Versorgungs"-Daten
rentenversicherungsrechtlich entscheidungserheblich sind und (ua) wegen der jetzt gegebenen Anwendbarkeit des §
307b SGB VI zu einem höheren Rentenwert führen. Ggf ist die frühere Wertfeststellung aufzuheben (§ 48 Abs 1 Satz
1 und Satz 2 Nr 1 SGB X) und demgemäß der höhere Rentenwert neu festzustellen; dabei ist der
einzelanspruchsvernichtende ("Vier-Jahres"-)Einwand aus § 44 Abs 4 SGB X anzuwenden. Nach den tatsächlichen
Feststellungen des SG und dem Vorbringen der Beteiligten besteht kein Anhalt, ein solcher Fall könne hier vorliegen.
Vielmehr hat der Zusatzversorgungsträger nach Feststellung des SG nur Datenfeststellungen nach den §§ 5 bis 8
AAÜG getroffen.
b) Eine "wesentliche" Änderung iS von § 48 Abs 1 SGB X kann in den genannten Fallgestaltungen aber auch durch
rechtswidrige, jedoch den Rentenversicherungsträger als Dritten kraft Gesetzes gemäß § 8 Abs 5 Satz 2 AAÜG
bindende Feststellungen des Versorgungsträgers über Daten iS der §§ 5 bis 8 AAÜG bewirkt werden. Das hat jedoch
nicht die Anwendung des § 307b SGB VI zur Folge:
Auch rechtswidrige Feststellungen des Versorgungsträgers, die dieser in den Grenzen seiner Verbandskompetenz zu
den tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 5 bis 8 AAÜG trifft, muss der Rentenversicherungsträger (ungeprüft)
gemäß § 8 Abs 5 Satz 2 AAÜG zwar nicht kraft Bindungswirkung der Verwaltungsakte (§ 77 Sozialgerichtsgesetz
(SGG)), jedoch auf Grund spezialgesetzlicher Anordnung seiner rentenversicherungsrechtlichen Beurteilung zu
Grunde legen, bis sie vom Versorgungsträger aufgehoben werden oder sich auf andere Weise erledigen. Dieser Fall
einer Rechtswidrigkeit der Datenfeststellungen des Versorgungsträgers nach den §§ 5 bis 8 AAÜG, die gleichwohl den
Rentenversicherungsträger binden, liegt auch vor, wenn der Versorgungsträger diese Daten festgestellt hat, obwohl
noch ungeklärt, insbesondere nicht bindend festgestellt war und auch nicht im Feststellungsbescheid festgestellt
wurde, dass der Versicherte zum 1. August 1991 nach den Kriterien des § 1 Abs 1 AAÜG ein Recht auf Zahlung von
Versorgung gegen einen Versorgungsträger (oder eine Anwartschaft hierauf) hatte. In diesen Fällen tritt die
Wesentlichkeit der Änderung iS von § 8 Abs 1 Satz 1 AAÜG erst ein, wenn über alle begehrten oder angefochtenen
Datenfeststellungen unanfechtbar entschieden worden ist. Hierzu näher unter 4. wie folgt:
4. Allerdings ist der Rentenversicherungsträger stets nur an die nach § 8 Abs 1 und 2 AAÜG vom Versorgungsträger
im Rahmen seiner Verbandskompetenz festzustellenden Daten gebunden, die dieser nach § 8 Abs 2 AAÜG dem
Rentenversicherungsträger mitzuteilen und inhaltsgleich nach Abs 3 aaO dem Versicherten im Feststellungsbescheid
bekannt zu geben hat.
a) Falls der Versorgungsträger seinem Feststellungsbescheid nach § 8 AAÜG weitere Erklärungen über die
rentenversicherungsrechtliche Tragweite seiner Feststellungen (zB eine "Begrenzung von Entgelten") beifügt, binden
diese den Rentenversicherungsträger nicht. Dies folgt zunächst schon daraus, dass es sich dabei nur um die
Feststellungen handelt, dass in den jeweiligen Zeiten die Tatbestände der besonderen Beitragsbemessungsgrenze
erfüllt sind. Im Übrigen handelt es sich um bloße Hinweise auf die gesetzlich im Regelfall vorgesehene Obergrenze für
als versichert geltende Arbeitsverdienste. Nur ausnahmsweise und unter besonderen Umständen kann darin im
Einzelfall einmal ein - notwendig rechtswidriger - Verwaltungsakt liegen, den der allein davon betroffene Versicherte im
Streit mit dem Versorgungsträger aufheben lassen kann. Der Rentenversicherungsträger wäre ua auch deshalb nicht
gebunden, weil solche Verwaltungsakte über das gesetzlich in § 8 Abs 5 Satz 2 iVm Abs 3 Satz 1 und Abs 2 AAÜG
vorgeschriebene Maß an Mitteilungen hinausgehen, sodass insoweit keine gesetzliche Anordnung der Bindung des
Rentenversicherungsträgers an Verwaltungsakte des Versorgungsträgers gegenüber dem früher
Versorgungsberechtigten vorliegt.
b) Wenn ohne bindende Entscheidung zu § 1 Abs 1 AAÜG Feststellungen des Versorgungsträgers nach den §§ 5 bis
8 AAÜG getroffen worden sind, steht damit zugleich fest, dass der Versicherte gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten in
der gesetzlichen Rentenversicherung des SGB VI sowie bestimmte Rangstellenwerte hieraus erworben hat, falls diese
Zeiten und Werte anrechenbar sind. Dies beurteilt sich ausschließlich nach dem originären bundesrechtlichen
Rentenversicherungsrecht, für das allein der Rentenversicherungsträger verbandszuständig ist (§ 8 Abs 5 Satz 1
AAÜG). Dieser hat zu entscheiden, in welchem Ausmaß gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG und die
hieraus erlangten Rangstellenwerte den durch § 248 Abs 3 SGB VI gleichgestellten Beitragszeiten und den aus §
256a SGB VI erlangten Rangstellenwerten vorgehen, ob Bundesgebiets-Beitragszeiten vorliegen und die vorgenannten
Zeiten und Werte verdrängen, in welchem Ausmaß zeitgleich zurückgelegte Beschäftigungen außerhalb des
Versorgungssystems relevant sind und welche von den konkurrierenden Beitragsbemessungsgrenzen
rentenversicherungsrechtlich maßgeblich ist. Dies alles sind keine Fragen des Versorgungsrechts des
Beitrittsgebiets, für welches die Versorgungsträger kompetent sind.
c) Werden dem Rentenversicherungsträger solche rechtswidrigen bindenden Datenfeststellungen nach den §§ 5 bis 8
AAÜG mitgeteilt und hat er keine amtliche Kenntnis, dass noch ein Feststellungsverfahren bei einem
Versorgungsträger anhängig (oder gerichtshängig) ist, muss er auch bei solchen Bestandsrentnern des
Beitrittsgebiets, bei denen § 307b SGB VI mangels eines "Versorgungsanspruchs" für Dezember 1991 nicht
anwendbar ist, prüfen, ob die auf Grund der Datenfeststellungen kraft Gesetzes erlangten gleichgestellten Zeiten und
Rangstellenwerte anrechenbar sind. Er ist jedoch befugt, den Versorgungsträger auf das Fehlen einer Entscheidung
zu § 1 AAÜG oder über einen Versorgungsanspruch für Dezember 1991 hinzuweisen. Der Versorgungsträger kann
dann diese nachholen oder ein Rücknahmeverfahren einleiten. Sind aber die durch die unanfechtbar gewordenen
Datenfeststellungen vermittelten Zeiten und Werte anrechenbar und wird dadurch der Monatsbetrag eines
bestehenden Rechts auf Rente aus dem SGB VI erhöht (oder erniedrigt) muss der Rentenversicherungsträger gemäß
§ 48 Abs 1 SGB X die bisherige Wertfestsetzung mit Wirkung für die Zukunft aufheben. Eine Aufhebung für die
Vergangenheit nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X kommt jedoch erst ab Beginn des Monats in Betracht, zu dem
alle begehrten oder angefochtenen Datenfeststellungen bindend geworden waren. Da der Rentenversicherungsträger
nämlich während der Anhängigkeit eines Feststellungsverfahrens nach § 8 AAÜG - wie gesagt - nur einstweilig über
das Recht auf Rente und dessen Wert entscheiden darf, kann im Blick auf eine Aufhebung eines abschließenden
Verwaltungsaktes über den Wert eines Rechts auf Rente eine "wesentliche" Änderung erst vorliegen, wenn eine neue
abschließende Rentenwertfeststellung möglich ist. Dies gilt auch, wenn der auf der Grundlage der Feststellungen nach
den §§ 5 bis 8 AAÜG sich ergebende Rentenwert niedriger ist als der bisherige; dies führt jedoch im Rechtsstreit im
Rahmen des Klagebegehrens (§ 123 SGG) nur zur Abweisung der Klagen gegen den Rentenversicherungsträger, die
auf Aufhebung des bisherigen Rentenhöchstwerts (nicht: Mindestwerts) und auf Neufeststellung eines höheren Wertes
gerichtet waren.
5. Nach den bisherigen Feststellungen des SG kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob der Kläger die
Aufhebung des bisherigen Rentenhöchstwertes nach § 48 Abs 1 SGB X beanspruchen kann. Falls die
Datenfeststellungen des Versorgungsträgers im Bescheid vom 6. Dezember 1999 durch Bekanntgabe wirksam und
inzwischen unanfechtbar geworden sind und falls keine Feststellungsverfahren beim Versorgungsträger mehr
anhängig oder gerichtshängig sind, könnte eine "wesentliche" Änderung zu Gunsten des Klägers eingetreten sein,
falls sich auf Grund der bindenden Datenfeststellungen rentenversicherungsrechtlich ein höherer Wert des Rechts auf
RAR ergibt. Dies setzt voraus, dass die auf Grund der Datenfeststellungen kraft Gesetzes zugewiesenen
gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten und Rangstellenwerte anrechenbar sind. Das SG wird daher festzustellen haben,
ob die Tatbestände anderer rentenrechtlicher Zeiten oder Rangstellenwerte vorliegen, welche die auf Grund der §§ 5
bis 8 AAÜG erlangten Rechtsvorteile verdrängen oder von ihnen verdrängt werden. Ergibt sich auf Grund dessen kein
höherer Monatsbetrag, sind die Klagen auf Aufhebung des bisherigen Rentenhöchstwerts und auf Neufeststellung
eines höheren Wertes abzuweisen. Denn es ist gemäß § 123 SGG nur über das Klagebegehren zu entscheiden,
sodass es dem Rentenversicherungsträger vorbehalten ist, bei einer den Kläger belastenden Änderung ein
Verwaltungsverfahren nach § 48 Abs 1 SGB X einzuleiten.
6. Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.