Urteil des BSG vom 20.05.1998
BSG (besondere härte, kläger, verwertung, härte, bundesrepublik deutschland, höhe, kost und logis, wohnfläche, sohn, verhältnis zu)
BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 16.5.2007, B 11b AS 37/06 R
Grundsicherung für Arbeitsuchende - Vermögensberücksichtigung - selbst genutztes
Hausgrundstück - angemessene Größe - Wohnflächengrenze - Verwertbarkeit -
Angemessenheit eines Kraftfahrzeugs - besondere Härte - offensichtliche
Unwirtschaftlichkeit
Leitsätze
1. Die angemessene Größe eines selbstgenutzten Hausgrundstücks ist im Regelfall nach den
Vorgaben des WoBauG 2 - Grenzwert 130 qm für Vierpersonenhaushalt - zu bestimmen
(Bestätigung und Weiterführung BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R = Breith 2007, 597).
2. Ob und gegebenenfalls in welcher Weise ein Hausgrundstück im Rahmen der Prüfung der
Hilfebedürftigkeit iS des SGB 2 tatsächlich verwertbar ist, richtet sich nach den Verhältnissen
des Einzelfalles. Der Hilfebedürftige kann grundsätzlich zwischen mehreren Verwertungsarten
wählen, die den Hilfebedarf decken; es ist nicht Aufgabe des Grundsicherungsträgers, dem
Hilfebedürftigen konkrete Verwertungsmöglichkeiten aufzuzeigen oder nachzuweisen.
3. Die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2 erfordert
außergewöhnliche Umstände. Die Verwertung eines die Angemessenheitsgrenze
überschreitenden Hausgrundstücks stellt nicht schon deshalb eine besondere Härte dar, weil
es bereits vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit vorhanden war.
Tatbestand
1 Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägern für die Zeit ab Februar 2005 Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch -
Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zustehen.
2 Der 1949 geborene Kläger zu 1. und seine Ehefrau, die 1961 geborene Klägerin zu 2.,
bewohnen zusammen mit ihren beiden Kindern, dem 1985 geborenen Sohn I und dem 1992
geborenen Sohn G dem Kläger zu 3. - ein 1999 fertig gestelltes Einfamilienhaus (mit sechs
Räumen, einer Küche und zwei Bädern) in U Die Wohnfläche des Hauses beträgt 159 qm,
die Grundstücksfläche 561 qm. Die Kläger zu 1. und 2. hatten das Grundstück mit notariellem
Vertrag vom 20. Mai 1998 von der Gemeinde U zum Kaufpreis von 127.347,00 DM (rund
65.000,00 EUR) im so genannten "Einheimischenmodell" mit der Maßgabe erworben, darauf
ein eigengenutztes Wohnhaus zu errichten und zu beziehen.
3 Im November 2004 beantragte der Kläger zu 1., der bis dahin Arbeitslosengeld bezogen
hatte, - sinngemäß zugleich für die Klägerin zu 2. und den Kläger zu 3. - die Bewilligung von
Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2004 lehnte die beklagte
Arbeitsgemeinschaft den Leistungsantrag ab und führte zur Begründung aus, unter
Berücksichtigung der nachgewiesenen Vermögensverhältnisse seien die Kläger nicht
hilfebedürftig iS des SGB II.
4 Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger zu 1. Unterlagen vor, wonach die Klägerin zu 2.
aus einer Beschäftigung ein monatliches Einkommen von 419,20 EUR netto erzielte,
Sparverträge des Klägers zu 3. und des Sohnes I in Höhe von jeweils 8.577,72 EUR zum 25.
Januar 2005 aufgelöst wurden und am 1. Februar 2005 eine außerplanmäßige Tilgung des
Hausbaudarlehens bei der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt in Höhe von 18.422,37
EUR erfolgte, sodass zum 1. Februar 2005 noch Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von
67.000,00 EUR bestanden. Den Verkehrswert des Hausgrundstücks gaben die Kläger mit
etwa 321.000,00 EUR (Kaufpreis Grundstück zuzüglich Herstellungskosten) an.
5 Mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück
und führte zur Begründung aus: Angegeben seien neben dem bewohnten Hausgrundstück
Vermögenswerte des Klägers zu 1. von 12.685,33 EUR (Sparkassenbriefe, Sparkonto,
Lebensversicherung, private Rentenversicherung), der Klägerin zu 2. von 12.627,30 EUR
(Sparkonto, Bausparvertrag, Kraftfahrzeug mit einem angenommenen Wert von 10.000,00
EUR) und des Klägers zu 3. von 10.666,72 EUR (Sparkassenbrief, Sparkonto, Sparvertrag).
Das Eigenheim mit einer Wohnfläche von 159 qm übersteige die Angemessenheitsgrenze;
für einen Vierpersonenhaushalt sei nur eine Wohnfläche von bis zu 90 qm angemessen.
Auch übersteige der Wert des Hausgrundstücks in Höhe von ca 283.000,00 EUR
(Verkehrswert 350.000,00 EUR abzüglich Darlehensverbindlichkeiten ca 67.000,00 EUR)
die Angemessenheitsgrenze. Weiterhin übersteige der mit 9.824,00 EUR (= 10.000,00 EUR
abzüglich Verbindlichkeiten von 176,00 EUR) zu beziffernde Wert des Kfz die einschlägige
Angemessenheitsgrenze von 5.000,00 EUR. Anhaltspunkte dafür, dass die Verwertung der
genannten Gegenstände offensichtlich unwirtschaftlich sei oder eine besondere Härte
bedeute, seien nicht ersichtlich. Verwertbare Vermögensgegenstände seien also in Höhe
von 303.136,63 EUR (Eigenheim 283.000,00 EUR, sonstige Werte 20.136,63 EUR)
vorhanden, denen ein Freibetrag in Höhe von 21.100,00 EUR gegenüber stehe. Die
Verwertung von Teilen des Vermögens (zB Sparkassenbrief) sei sofort, die des Eigenheims
mittelfristig möglich. Da die Kläger zu 1. und zu 2. auf einen entsprechenden Hinweis
ausdrücklich schriftlich erklärt hätten, weder vom Jobcenter noch von einer Bank ein
Darlehen zur Bestreitung des Lebensunterhalts aufnehmen zu wollen, schließe dies einen
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II auch dann aus, wenn die sofort verwertbaren
Anteile des Vermögens aufgebraucht seien.
6 Das Sozialgericht (SG) hat die vom Kläger zu 1. erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom
13. Oktober 2005 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG)
das Klagerubrum geändert und auf die Berufung der Kläger den Gerichtsbescheid des SG
sowie den angefochtenen Bescheid der Beklagten aufgehoben und diese dem Grunde nach
verurteilt, den Klägern antragsgemäß ab 1. Februar 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II) zu
zahlen (Urteil vom 21. April 2006). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt:
Jedenfalls ab dem 1. Februar 2005 stehe den Klägern als Leistungsberechtigten nach § 7
SGB II dem Grunde nach ein Anspruch auf Alg II zu. Unstreitig reiche das von der Klägerin
zu 2. erzielte Einkommen zur Bedarfsdeckung nicht aus. Die Kläger seien auch nicht in der
Lage, ihren Bedarf iS des § 9 Abs 1 Nr 2 SGB II aus zur Verfügung stehendem Vermögen zu
decken. Den von der Beklagten zutreffend errechneten Freibeträgen der Kläger zu 1. und 2.
in Höhe von insgesamt 21.100,00 EUR (§ 12 Abs 2 Nr 1 und 4 SGB II) stünden
Vermögenswerte von 15.310,33 EUR (Sparkonten, Lebensversicherungen usw) gegenüber;
selbst wenn man davon ausgehe - dieser Ansicht sei aber nicht zu folgen -, dass der den
Betrag von 5.000,00 EUR übersteigende Wert des Kfz (Gesamtwert: 10.000,00 EUR) mit zu
berücksichtigen sei, würden die Freibeträge nicht erreicht. Das Vermögen des Klägers zu 3.
habe zum 1. Februar 2005 unter dem Freibetrag von 4.500,00 EUR gelegen, da von dem auf
seinen Namen lautenden Prämiensparvertrag am 25. Januar 2005 ein Betrag von 8.577,72
EUR abgehoben und zur außerplanmäßigen Tilgung der Darlehensverbindlichkeiten
verwendet worden sei; hierzu seien die Kläger auch gegenüber der Beklagten berechtigt
gewesen, da mit der Herabsetzung der Darlehensverbindlichkeiten die nach § 20 Abs 1 Satz
1 SGB II zu erstattenden Aufwendungen für die Unterkunft herabgesetzt worden seien.
7 Entgegen der Auffassung der Beklagten sei das Hausgrundstück kein verwertbares
Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II. Aktuell scheide eine Verwertbarkeit durch Verkauf
ohnehin aus, da sich die Käufer in dem notariellen Vertrag verpflichtet hätten, das Haus bis
zum Ablauf von 15 Jahren selbst zu bewohnen. Aber auch für die Zeit danach sei eine
Verwertung durch Verkauf nicht zumutbar, weshalb eine darlehensweise
Leistungsgewährung (§ 9 Abs 4 SGB II) nicht in Betracht komme. Im Rahmen von § 12 Abs 3
Satz 1 Nr 4 SGB II sei eine Wohnfläche von 130 qm in jedem Fall angemessen; nahe
liegend sei insoweit eine Bezugnahme auf die Wohnflächengrenzen des § 39 des Zweiten
Wohnungsbaugesetzes (2. WoBauG). Der Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II
sei der Erhalt des Lebensmittelpunkts; geschützt sei somit der ideelle Wert, in dem bisher
bewohnten Haus bleiben zu können. Die Verwertung eines bereits vor Eintritt der
Hilfebedürftigkeit vorhandenen selbst genutzten Hausgrundstücks oder einer
Eigentumswohnung, die die genannten Grenzen in relativ geringem Maße überschreite -
was bei 29 qm im Verhältnis zu 130 qm der Fall sei - bedeute eine besondere Härte iS des §
12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II. Denn in solchen Fällen hätten diese Grenzen nicht bereits bei
der Anschaffung eines solchen Hausgrundstücks beachtet werden können. Ein solcher Fall
unterscheide sich von der vom Bundessozialgericht (BSG) zum Arbeitslosenhilferecht
entschiedenen Fallgestaltung (Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 126/01 R), bei der es
um die Anschaffung eines Hausgrundstücks mit dem nach Eintritt der Hilfebedürftigkeit noch
vorhandenen Vermögen gegangen sei. Die vom LSG vertretene Auffassung decke sich mit
den Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Auslegung des § 12 SGB II (RdNr
12.27). Danach könne von einem Hilfebedürftigen in der Regel nicht erwartet werden, dass
er sein selbst bewohntes Hausgrundstück verkaufe, um an anderer Stelle ein anderes
Grundstück mit einem vorhandenen oder noch zu bauenden Gebäude zu kaufen. Das Haus
der Kläger verfüge auch nicht über abgeschlossene, getrennt verwertbare Wohneinheiten.
Gleiches gelte für die Grundstücksfläche von 561 qm. Dem SG sei nicht darin zu folgen, dass
eine 500 qm übersteigende Grundstücksfläche in jedem Fall unangemessen sei.
8 Es könne dahinstehen, ob in einem Fall wie dem vorliegenden zu fordern sei, den die
Grenze von 130 qm überschreitenden Hausanteil durch Bildung einer Einliegerwohnung
oder durch Vermietung einzelner Zimmer und hieraus zu erzielende Einnahmen zu
verwerten. Denn es sei nicht ersichtlich, dass dies möglich sei. Eine Einliegerwohnung
müsste erst durch umfangreiche Baumaßnahmen geschaffen werden und spätere
Einnahmen wären zunächst für die Umbaudarlehen zu verwenden. Die Vermietung
einzelner Zimmer, also ohne abgeschlossene Wohnung, sei - soweit der familiären
Wohngemeinschaft überhaupt zumutbar - gerade im ländlichen Raum nicht
erfolgversprechend. Zudem beseitige eine solche Verwertung die Hilfebedürftigkeit nicht
rückwirkend, sondern diese könnte erst ab Erzielung von Einnahmen und deren Anrechnung
nach § 11 SGB II ganz oder teilweise entfallen. Gegenwärtig und in absehbarer Zeit sei eine
zumutbare Herabsetzung des Bedarfs durch Erzielung solcher Einnahmen nicht erkennbar.
Ggf obliege es der Beklagten, nach Prüfung an Ort und Stelle mit den Klägern eine sinnvolle
und zumutbare Verwertung zu besprechen und entsprechende Hinweise zu geben.
Heranzuziehen sei der aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ableitbare Rechtsgedanke, wonach die
Beklagte im Falle von die Angemessenheitsgrenzen überschreitenden Wohnverhältnissen
die Beteiligten zu konkreten Maßnahmen aufzufordern und entsprechende Wege zur
Senkung des Hilfebedarfs aufzuzeigen habe.
9 Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, das Hausgrundstück
sei kein privilegiertes Vermögen iS von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Die Wohnfläche von
159 qm für vier Personen sei unter Berücksichtigung der Wohnflächengrenzen des 2.
WoBauG und in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe
(Urteil vom 17. Dezember 2002, aaO) unangemessen groß. Außerdem sei die Grundfläche
mit 561 qm für die im städtischen Einzugsbereich liegende Gemeinde unangemessen groß.
Der Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II müsse - schon nach dem Wortlaut der
Vorschrift - entgegen der Ansicht des LSG auch Vermögen umfassen, das schon vor Eintritt
des Leistungsfalles vorhanden gewesen sei. Anderenfalls wäre jedes bereits vorhandene
selbst bewohnte Hausgrundstück immer unter Berücksichtigung des ideellen Wertes gemäß
§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zu schützen. Entgegen der Ansicht des LSG sei es den
Klägern auch zumutbar, ein Zimmer zu vermieten, da der Wohnort ein beliebter Urlaubsort
und die Vermietung daher erfolgversprechend sei. In Anbetracht des Alters des Klägers zu 1.
sei es ihm auch zuzumuten, eine Einliegerwohnung zu schaffen, um so sein Vermögen zu
verwerten und seinen Lebensbedarf selbst ausreichend zu sichern.
10 Die Beklagte beantragt,
11 das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid
des SG zurückzuweisen.
12 Die Kläger beantragen,
13 die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
14 Sie tragen ua vor: Die angegriffene Entscheidung des LSG sei zutreffend. Das LSG habe bei
der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der angemessenen Größe auf die
zwischenzeitlich außer Kraft getretenen Bestimmungen des 2. WoBauG abgestellt. Um eine
einheitliche Rechtsanwendung zu garantieren, sei dies den aktuellen
Ausführungsbestimmungen der Länder zum Wohnraumförderungsgesetz vorzuziehen (vgl
BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R). Soweit das von den Klägern
bewohnte Hausgrundstück die für einen Haushalt von vier Personen vorgesehenen
Wohnflächengrenze überschreite, sei das LSG in überzeugender Weise davon
ausgegangen, dass keine Verwertbarkeit vorliege.
Entscheidungsgründe
15 Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der
Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ).
16 1. Das LSG ist zu Recht von einer Klage der im gemeinsamen Haus lebenden Eltern -
Kläger zu 1. und Klägerin zu 2. - sowie des minderjährigen Sohnes - Kläger zu 3. -
ausgegangen. Die Kläger zu 1. bis 3. bilden eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3
SGB II. Aus den angefochtenen Bescheiden ergibt sich sinngemäß, dass die Beklagte die
jeweiligen Individualansprüche der Kläger auf Leistungen nach dem SGB II abgelehnt hat;
somit sind alle Kläger Adressaten der angefochtenen Bescheide. Auszugehen ist auch
davon, dass der zunächst allein in Erscheinung getretene Kläger zu 1. Widerspruch und
Klage zugleich für seine Ehefrau und seinen minderjährigen Sohn einlegen bzw erheben
wollte (vgl § 73 Abs 2 Satz 2 SGG; Urteil des 7b. Senats des BSG vom 7. November 2006 -
B 7b AS 8/06 R - RdNr 11, 28 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1).
17 2. Nach den gestellten Anträgen und dem Entscheidungssatz des Urteils des LSG ist über
die dem Grunde nach geltend gemachten Ansprüche der Kläger auf Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II für die Zeit ab 1. Februar 2005 bis
einschließlich 21. April 2006 (Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG)
zu entscheiden (vgl dazu Urteil des Senats vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R -
RdNr 19 mit Hinweis ua auf BSG SozR 4-4220 § 6 Nr 3 RdNr 4).
18 Gegen das vom LSG erlassene Grundurteil (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) bestehen - sofern die
gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen der Leistungen nach dem SGB II erfüllt sind -
grundsätzlich keine Bedenken (vgl allgemein zur Zulässigkeit eines Grundurteils BSG SozR
3-1500 § 141 Nr 8 S 11; zur Alhi etwa BSGE 72, 248 = SozR 3-4100 § 137 Nr 4; zum
Grundurteil im Streit um höhere Leistungen nach dem SGB II Urteil des 7b. Senats vom 7.
November 2006 - B 7b AS 10/06 R - RdNr 16 mit Hinweis auf Eicher in Spellbrink/Eicher,
Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 40 RdNr 11 mwN).
19 3. Ob die Kläger - wie vom LSG angenommen - zum Kreis der Leistungsberechtigten nach §
7 SGB II gehören, kann auf der Grundlage der bisher vom LSG getroffenen tatsächlichen
Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.
20 Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15.
Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), die
erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).
21 Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen im angefochtenen Urteil kann zwar
entnommen werden, dass die Kläger zu 1. und zu 2. diejenigen Voraussetzungen des § 7
Abs 1 Satz 1 SGB II erfüllen, die das Gesetz hinsichtlich des Lebensalters (Nr 1) aufstellt.
Hingegen fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen zur Erwerbsfähigkeit und zum
gewöhnlichen Aufenthalt (Nr 2, 4, hierzu im Folgenden unter a) sowie zur Hilfebedürftigkeit
(Nr 3, dazu unter b).
22 a) Was den gewöhnlichen Aufenthalt und die weitere persönliche
Berechtigungsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit betrifft, ist zu beachten, dass ausweislich
der vom LSG in Bezug genommenen Akten der Beklagten die Kläger nicht die deutsche,
sondern die kroatische Staatsangehörigkeit besitzen. Nach § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II in der bis
zum 31. März 2006 geltenden Fassung (aF) haben Ausländer ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland und erhalten Leistungen nach diesem Buch, wenn die
Voraussetzungen nach § 8 Abs 2 vorliegen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte nach § 1
des Asylbewerberleistungsgesetzes. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben nach § 7
Abs 1 Satz 3 SGB II aF unberührt. Nach § 8 Abs 2 SGB II können iS von Abs 1 dieser
Vorschrift Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung
erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. An diesem Rechtszustand, nämlich, dass Ausländer
nur dann ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II) in Deutschland
haben, wenn sie über einen Aufenthaltstitel verfügen, der den persönlichen Aufenthalt
zulässt, hat auch der durch das Gesetz vom 24. März 2006 (BGBl I 558) mit Wirkung ab 1.
April 2006 neu gefasste Satz 2 des § 7 Abs 1 SGB II nichts geändert (dazu näher
Brühl/Schoch in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II , 2007, 2. Aufl, § 7
RdNr 18; vgl auch SG Berlin, Beschluss vom 24. April 2006 - S 102 AS 2065/06 ER; LSG
Baden-Württemberg, Urteil vom 9. März 2007 - L 3 AS 3784/06 - und LSG Niedersachsen-
Bremen, Urteil vom 22. Februar 2007 - L 8 AS 329/05 - zur Abgrenzung von Leistungen nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz von Leistungen nach dem SGB II).
23 b) Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann auch die Voraussetzung der
Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 SGB II nicht abschließend
bewertet werden. Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine
Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem
nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1), oder aus dem zu berücksichtigenden
Einkommen und Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen
(ua Angehörigen) erhält. Zum Vermögen bestimmt § 12 Abs 1 SGB II, dass alle verwertbaren
Vermögensgegenstände zu berücksichtigen sind (zur Verwertbarkeit im Folgenden unter
bb); nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist jedoch (ua) ein selbst genutztes Hausgrundstück
von angemessener Größe nicht zu berücksichtigen (dazu unter aa). Nach § 12 Abs 3 Satz 1
Nr 6 SGB II sind als Vermögen auch nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit
ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere
Härte bedeuten würde (dazu unter cc). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II aF, geändert
mit Wirkung vom 1. August 2006 durch das Gesetz vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706), auch
derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu
berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte
bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen (dazu unter
dd). UU sind bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Vermögens nicht nur das
Hausgrundstück, sondern auch weitere Vermögensgegenstände in Betracht zu ziehen (dazu
unter ee).
24 aa) Das den Klägern zu 1. und 2. gehörende Hausgrundstück ist kein Vermögen, das gemäß
§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II privilegiert ist. Zwar handelt es sich um ein selbst genutztes
Hausgrundstück, jedoch nicht um ein Hausgrundstück von "angemessener Größe" iS dieser
Vorschrift.
25 Nach der Rechtsprechung des 7b. Senats des BSG (Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS
2/05 R) ist bei der Konkretisierung des Rechtsbegriffs der angemessenen Größe iS des § 12
Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II im Grundsatz bundeseinheitlich auf die Vorgaben des außer Kraft
getretenen 2. WoBauG vom 19. August 1994 (BGBl I 2137) abzustellen, wobei eine
Differenzierung nach der Bewohnerzahl - nicht nur beschränkt auf die Bedarfsgemeinschaft -
angebracht ist (aaO RdNr 21). Diese auf den Fall einer selbst bewohnten
Eigentumswohnung bezogene Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich der erkennende
Senat anschließt, ist einerseits im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1
Nr 4 SGB II, der ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe "oder eine
entsprechende Eigentumswohnung" anspricht, andererseits aber auch aus
Praktikabilitätsgründen auf den vorliegenden Fall eines selbst genutzten Einfamilienhauses
zu übertragen (vgl auch zur Alhi - dort zum alsbaldigen Erwerb eines Hausgrundstücks von
angemessener Größe - BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 126/01 R sowie BSG
SozR 4-4300 § 193 Nr 10 RdNr 24). Im Grundsatz - also vorbehaltlich etwaiger besonderer
Umstände des Einzelfalles - handelt es sich deshalb bei einem von vier Personen
bewohnten Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von mehr als 130 qm (vgl § 39 Abs 1 Satz
1 Nr 1 2. WoBauG - "Familienheime mit nur einer Wohnung - 130 qm") nicht mehr um ein
Hausgrundstück von "angemessener Größe" iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.
26 Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG überschreitet das von den Klägern und dem
volljährigen Sohn I bewohnte Haus die maßgebliche Wohnfläche von 130 qm. Der Umstand,
dass nur die Kläger eine Bedarfsgemeinschaft bilden, während mit dem Sohn I lediglich eine
Haushaltsgemeinschaft besteht, rechtfertigt keinen erhöhten Raumbedarf (vgl § 39 Abs 2 Nr
2 2. WoBauG). Das LSG hat zwar die festgestellte Wohnfläche von 159 qm nicht näher
konkretisiert; nahe liegend ist insoweit die Heranziehung der inzwischen weitgehend
aufgehobenen Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung (<2. BV> idF der
Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990, BGBl I 2178, mit späteren Änderungen) bzw -
soweit nicht die Überleitungsvorschrift (§ 5) eingreift - die Wohnflächenverordnung
vom 25. November 2003 (BGBl I 2346). Die vom LSG mit 159 qm festgestellte Wohnfläche
ist aber auch im Revisionsverfahren von den Klägern nicht mehr im Wege einer Gegenrüge
in Frage gestellt worden und deckt sich im Übrigen auch mit den Angaben des Klägers zu 1.
im Leistungsantrag und mit später vorgelegten Unterlagen.
27 Da bereits die Wohnfläche des Hauses die zulässige Höchstgrenze von 130 qm
überschreitet, bedarf es vorliegend keiner weiteren Erörterung, ob und inwieweit auch die
Grundstücksgröße (561 qm) in die Angemessenheitsprüfung einzubeziehen ist (vgl
Hinweise der BA für die Anwendung des SGB II - RdNr 12.26, wonach eine
Grundstücksfläche von 500 qm im städtischen und von 800 qm im ländlichen Bereich in der
Regel als angemessen anzusehen sei; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II § 12, RdNr 71;
ferner Wohnraumförderungsbestimmungen 2003 des Bayerischen Staatsministeriums des
Inneren vom 11. November 2002 - AllMBl Nr 14/2002, 971, 975 unter Nr 15.2, wonach für ein
Baugrundstück in U die Obergrenze bei 600 qm lag). Ebenso wenig bedarf hier weiterer
Erörterung, ob neben der Wohnfläche der Immobilie, auf die der Gesetzeswortlaut des § 12
Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II abstellt, auch andere Faktoren Berücksichtigung finden könnten
(vgl dazu auch BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R, RdNr 14 und 16 mwN).
Denn selbst wenn trotz der Unterschiede in der gesetzlichen Zielsetzung zwischen
Sozialhilferecht einerseits und SGB II andererseits die Vorgaben des 2. WoBauG nicht als
absolut starre Grenze für die Bestimmung des Rahmens des Angemessenen iS des § 12
Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zu verstehen sind, bestehen im Fall der Kläger keine
Besonderheiten, die eine andere Flächengrenze nahe legen könnten. Dies gilt insbesondere
unter Berücksichtigung des vom LSG festgestellten Baujahrs (1999), der Angaben der
Kläger zu Zuschnitt und Ausstattung des Wohngebäudes (sechs Zimmer, zwei Bäder) und
auch des angegebenen Verkehrswertes des Hausgrundstücks von 321.000,00 EUR
abzüglich Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 67.000,00 EUR. Dabei kann hier offen
bleiben, ob der vom LSG nicht eindeutig festgestellte Verkehrswert des gesamten
Hausgrundstücks in dieser Größenordnung zu Grunde zu legen wäre, oder ob er bei
350.000,00 EUR liegt, wie von der Beklagten behauptet (vgl zur Nichtberücksichtigung des
Verkehrswerts Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 12 RdNr 212; Hänlein in Gagel, SGB
III mit SGB II, § 12 SGB II RdNr 52).
28 bb) Das LSG geht zwar zu Recht davon aus, dass die Hilfebedürftigkeit der Kläger nicht
zwingend daran scheitert, dass die Kläger zu 1. und zu 2. Eigentümer eines selbst genutzten
Hausgrundstücks sind, das den Rahmen des Angemessenen iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4
SGB II überschreitet. Denn berücksichtigt werden können nur verwertbare
Vermögensgegenstände (§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB II). Nach den bislang getroffenen
tatsächlichen Feststellungen kann jedoch die Frage der Verwertbarkeit nicht abschließend
beurteilt werden.
29 Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den
tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (so bereits BSG, Urteil vom 30.
Mai 1990 - 11 RAr 33/88 - zur Alhi und BVerwGE 106, 105, 107 - zum
Bundessozialhilfegesetz ). Tatsächlich nicht verwertbar sind
Vermögensbestandteile, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, sei es,
dass Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder dass zB ein Grundstück
infolge sinkender Immobilienpreise über den Marktwert hinaus belastet ist. Rechtlich nicht
verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den Verfügungsbeschränkungen bestehen,
deren Aufhebung der Hilfebedürftige nicht erreichen kann (vgl im Einzelnen Mecke in
Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 RdNr 30, 32). Der Verwertbarkeit iS des § 12 Abs 1 SGB II
steht nicht der Umstand entgegen, dass der Erwerb eines bestimmten Vermögensteils
steuerlich gefördert wurde (zB mit Hilfe der Eigenheimzulage erworbener Wohnraum: vgl
BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 1996 - 5 PKH 36/96 - zu § 88 Abs 1 und Abs 3 BSHG).
30 Soweit das LSG eine Verwertbarkeit des Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 1 SGB II mit der
Argumentation verneint hat, eine Verwertbarkeit durch Verkauf scheide ohnehin aus, weil
sich die Kläger zu 1. und 2. in dem notariellen Vertrag mit der Gemeinde vom 20. Mai 1998
verpflichtet hätten, das Haus bis zum Ablauf von 15 Jahren selbst zu bewohnen, ist dies
unzutreffend. Obwohl das Revisionsgericht die Würdigung eines Vertrages durch das
Tatsachengericht nur bezüglich der Rechtsanwendung überprüfen darf, ist der Senat an das
vom LSG gefundene Ergebnis nicht gebunden; denn wenn das Tatsachengericht die vom
ihm selbst festgestellten tatsächlichen Umstände nicht vollständig bzw widersprüchlich
verwertet, darf das Revisionsgericht diese in die Rechtsanwendung einbeziehen (BSG SozR
3-4100 § 141b Nr 21 S 94 mwN). Dies ist hier der Fall. Denn das LSG hat sich zu weiteren
wesentlichen Gesichtspunkten des notariellen Vertrages nicht geäußert, nämlich zur
Bedeutung des dort der Gemeinde bei Nichterfüllung der Verpflichtungen seitens der
Erwerber (hier der Kläger) eingeräumten "Wiederkaufsrecht", das an keine Frist gebunden ist
(s X. Verpflichtungen gemäß dem Einheimischenmodell, unter 2.1). Soweit nach dem
Vertrag der Gemeinde nach ihrer Wahl an Stelle der Ausübung des Wiederkaufsrechts die
nachträgliche Forderung eines "Zusatzkaufpreises" zusteht (unter 3.1), würde dies ebenfalls
eine Verwertung nicht hindern, sondern könnte allenfalls im Rahmen der Prüfung der
besonderen Härte bzw der Unwirtschaftlichkeit eine Rolle spielen (vgl dazu im Folgenden
unter cc).
31 Zur Frage, ob und ggf in welcher Weise das Hausgrundstück verwertet werden kann, hat das
LSG - von seinen tatsächlichen und rechtlichen Annahmen aus konsequent - keine
tatsächlichen Feststellungen getroffen. Zu beachten ist, dass die Verwertung eines
Grundstücks in mehrfacher Form möglich ist, etwa durch Veräußerung, aber auch durch
Belastung (vgl Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, § 12 RdNr 28; Mecke in
Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 RdNr 31). Insoweit gelten die selben Überlegungen, die
bereits die Rechtsprechung des BSG zum Recht der Alhi zur Verwertbarkeit und zur
Verwertung eines Hausgrundstücks durch Verkauf oder Beleihung oder Vermietung
entwickelt hat (vgl BSG, Urteile vom 30. Mai 1990 - 11 RAr 33/88, vom 17. Oktober 1990 - 11
RAr 133/88 und vom 25. April 2002 - B 11 AL 69/01 R). Hiernach ist es dem Hilfebedürftigen
grundsätzlich selbst überlassen, wie ein Vermögensgegenstand zu verwerten ist. Doch folgt
aus dem Grundsatz der Subsidiarität der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl § 9 Abs 1
Nr 2 SGB II), dass er nur zwischen den Verwertungsarten wählen kann, die den Hilfebedarf
in etwa gleicher Weise decken. Anderenfalls hat er regelmäßig die Verwertungsart zu
wählen, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt (vgl Mecke, aaO, RdNr 31). Das LSG
wird deshalb insbesondere festzustellen haben, wie hoch der Verkehrswert des Grundstücks
ist (vgl § 12 Abs 4 Satz 1 SGB II) und wie die konkreten Möglichkeiten einer Veräußerung
einzuschätzen sind (vgl Behrend in Juris Praxiskommentar, SGB II, § 12 RdNr 60; zur Alhi:
Krauß in Praxiskommentar, SGB III, § 193 RdNr 38). Weiter wird zu prüfen sein, ob eine
Verwertung in der Weise erfolgen kann, dass die Kläger zu 1. und 2. das Grundstück zur
Erlangung eines Darlehens belasten (dessen Zins- und Tilgungszahlungen ggf für einen
Zeitraum auszusetzen wären, in dem noch nicht mit einer Besserung der Einkommens- oder
Vermögensverhältnisse der Kläger gerechnet werden kann). Letzteres erscheint im Hinblick
auf die im Februar 2005 bestehende Darlehensverbindlichkeit in Höhe von nur noch
67.000,00 EUR nicht von vornherein unmöglich (vgl Behrend, aaO, RdNr 61; ebenso zur Alhi
BSG, Urteile vom 30. Mai 1990 und 17. Oktober 1990, aaO). Erst wenn feststeht, dass weder
Veräußerung noch Belastung den Klägern möglich sind, stellt sich die weitere - vom LSG
zwar verneinte, aber nicht hinreichend konkret erörterte - Frage nach der Vermietung
einzelner Zimmer oder der Schaffung einer abgeschlossenen Einliegerwohnung.
32 Entgegen der Rechtsansicht des LSG ist es nicht Aufgabe der Beklagten, den Klägern
Verwertungsmöglichkeiten aufzuzeigen bzw nachzuweisen. Die vom LSG herangezogene
Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 20. Juli
2006 (BGBl I 1706), wonach dann, wenn eine Kostensenkung entweder unmöglich oder
unzumutbar ist, die an sich unangemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung vom
Grundsicherungsträger übernommen werden, betrifft ausdrücklich nur die Übernahme von
Unterkunftskosten des Hilfebedürftigen, nicht den vorliegenden Fall der Verwertung von
Haus- bzw Wohnungseigentum. Insoweit handelt es sich um eine völlig andere
Fragestellung, die sich einer einheitlichen Regelung entzieht (vgl BSG, Urteil vom 7.
November 2006 - B 7b AS 2/05 R, RdNr 24, zur Frage der Angemessenheitsprüfung bei
Unterkunftskosten von Mietern einerseits und Haus- bzw Wohnungseigentümern
andererseits). Im Übrigen ist dem LSG auch nicht zu folgen, soweit es ausgeführt hat,
etwaige Erlöse aus einer Verwertung beseitigten jedenfalls die Hilfebedürftigkeit nicht
rückwirkend, sondern könnten allenfalls ab dem Zeitpunkt der Erzielung von Einnahmen
berücksichtigt werden. Denn die Frage der Verwertbarkeit - nicht die Verwertung - iS von §
12 Abs 1 SGB II ist von der Frage, ob und wann tatsächliche Einnahmen erzielt werden, zu
trennen (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 RdNr 11, 96, 97).
33 cc) Soweit das LSG nicht nur die aktuelle Verwertbarkeit des Hausgrundstücks, sondern
auch dessen Verwertung "durch Verkauf (als) nicht zumutbar" angesehen hat, fehlt es
ebenfalls an ausreichenden Feststellungen. Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II sind als
Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung
offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten
würde. Diese zweite Alternative hat das LSG zwar bei den Klägern bejaht, doch vermag
seine Argumentation den Senat nicht zu überzeugen.
34 Wann von einer "besonderen Härte" iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II auszugehen ist,
richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei maßgebend nur außergewöhnliche
Umstände sein können, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das
Schonvermögen (§ 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-
Verordnung ) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden
(vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, § 12 RdNr 87). Dabei gilt im SGB II ein strengerer Maßstab
als im Recht der Sozialhilfe, in dem die Leistungsbewilligung nicht vom Einsatz und der
Verwertung des Vermögens abhängig gemacht werden darf, wenn dies für den
Anspruchsteller oder seine Angehörigen "eine Härte bedeuten würde" (vgl § 88 Abs 3 Satz 1
BSHG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung; vgl hierzu BVerwGE 47, 103,
110 sowie Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl, § 88 RdNr 68; ferner die frühere
Rechtsprechung des BSG zu § 6 Abs 3 Satz 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung 1974,
BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 6 und 7; § 90 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch
35 Für die Anwendung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II müssen daher außergewöhnliche
Umstände (etwa die Betreuungspflege bedürftiger Personen, vgl Nachweise bei Brühl in
LPK-SGB II, 2. Aufl, § 12 RdNr 55 ff; auch Behrend in Juris Praxiskommentar, SGB II, § 12
RdNr 52) vorliegen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine
einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen
Einschnitte. Dies machen auch die Gesetzesmaterialien deutlich. Hiernach liegt ein Härtefall
iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alternative 2 SGB II zB dann vor, wenn ein erwerbsfähiger
Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen
müsste, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist
(BT-Drucks 15/1749, S 32). Dem kann entnommen werden, dass nach den Vorstellungen
des Gesetzgebers im Beispielsfall nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen
Zeitpunkt, sondern beides auch nur zusammen mit der Versorgungslücke eine besondere
Härte darstellte. Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht
anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (vgl auch BSG
SozR 4-4220 § 6 Nr 2 und Nr 3 sowie SozR 4-4300 § 193 Nr 10 RdNr 34 - zur Erweiterung
der AlhiV 2002 um eine allgemeine Härteklausel im Blick auf § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II;
allgemein zur Verwendung dieses Maßstabs s zB § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II, § 9 Abs 4 SGB II,
§ 35 Abs 2 Nr 2 SGB II).
36 Entgegen der Ansicht des LSG ist damit für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs
der "besonderen Härte", der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl BSG, Urteil
vom 8. Februar 2007, B 7a AL 34/06 R, RdNr 13 mwN), nicht zu berücksichtigen, dass das
Hausgrundstück bereits vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit vorhanden war. Denn auch ein vor
diesem Zeitpunkt erworbenes Vermögen ist grundsätzlich nicht davon freigestellt, dass es in
Notzeiten zur Behebung der Notlage eingesetzt werden muss, sofern nicht die besonderen
Vorschriften über das Schonvermögen, hier § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, durchgreifen (vgl
BVerwGE 47, 103, 110). Das LSG meint zwar, der Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4
SGB II, nämlich der Schutz des Wohnens im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses
(Wohnen) und als räumlicher Lebensmittelpunkt (vgl BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B
7b AS 2/05 R - RdNr 13), müsse auch für die Interpretation der Härteregelung Beachtung
finden. Damit aber vermischt es nicht nur in unzulässiger Weise die unterschiedlichen
Tatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 einerseits und des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II
andererseits, der - wie oben dargestellt - nur atypische Fallgestaltungen erfassen soll (vgl
auch BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 10 RdNr 34 zur AlhiV 2002). Vielmehr setzt sich das LSG
mit seiner Ansicht auch in Widerspruch zu der Tatsache, dass Maßstab für die
"Angemessenheit" der Vermögensgegenstände nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 1 bis 5 SGB II
gemäß § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II "die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen
zur Grundsicherung für Arbeitsuchende" sind (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12
RdNr 58, 59). Auch aus diesem Grunde kann es nicht darauf ankommen, ob ein bestimmter
Vermögensgegenstand vor oder während der Hilfebedürftigkeit erworben wurde.
37 Für seine Argumentation kann sich das LSG auch nicht auf die Hinweise der BA zur
Auslegung des § 12 SGB II (RdNr 12.27) berufen, wonach von einem Hilfebedürftigen in der
Regel nicht erwartet werden könne, dass er sein selbst bewohntes Hausgrundstück
verkaufe, um an anderer Stelle ein anderes Grundstück mit einem vorhandenen oder noch
zu bauenden Gebäude zu kaufen. Denn damit ist lediglich - ohne dass dies im Übrigen für
die Gerichte bindend wäre - zum Ausdruck gebracht worden, dass zunächst zu prüfen ist, ob
der Hilfebedürftige Ertragsquellen der Immobilie nutzen kann (zB zimmerweise Vermietung),
wenn dies seine Hilfebedürftigkeit behebt. Damit wird im Kern lediglich eine der
Leitvorstellungen des Gesetzgebers konkretisiert, wonach dem Hilfebedürftigen (und seinen
Angehörigen) - nicht zuletzt, um ihn in seinem Bestreben zu unterstützen, sich von der Hilfe
unabhängig zu machen - ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen
Bewegungsfreiheit erhalten bleiben soll. Überdies soll verhindert werden, dass es bei dem
Bezug von Leistungen nach dem SGB II, die jedenfalls zunächst lediglich eine
vorübergehende Hilfe sein sollen, zu einem wirtschaftlichen "Ausverkauf" kommt, dadurch
der Wille zur Selbsthilfe gelähmt wird und es zu einer nachhaltigen sozialen Herabstufung
kommt (vgl BVerwGE 47, 103, 110 - zur Härtevorschrift des § 88 Abs 3 BSHG). Diese
Leitvorstellungen des Gesetzgebers sind zwar bei der Interpretation der Härteklausel in der
Form zu berücksichtigen, dass die Verwertung einer Immobilie durch Veräußerung nicht
verlangt werden kann, wenn andere Verwertungsformen in Betracht kommen, die ebenfalls
den Bedarf decken. Ist dies indes nicht der Fall, scheidet keineswegs - wie das LSG offenbar
meint - eine Veräußerung des Hausgrundstücks, das den Rahmen des Angemessenen iS
des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überschreitet, von vornherein aus.
38 Für seine Rechtsmeinung kann sich das LSG auch nicht auf das Urteil des 7. Senats des
BSG vom 17. Dezember 2002 (B 7 AL 126/01 R) stützen. Diese zur AlhiV 1974 ergangene
Entscheidung beantwortet keineswegs die Frage der Zumutbarkeit der Verwertung eines
Hausgrundstücks abschließend dahingehend, dass nur nach dem Zeitpunkt des Eintritts der
Hilfebedürftigkeit angeschafftes Immobilienvermögen Berücksichtigung finden kann. Denn
schon der erkennende Senat hatte am 30. Mai 1990 (11 RAr 33/88) entschieden, dass der
Verkauf eines Hausgrundstücks, das die Angemessenheitsgrenzen nach § 6 Abs 3 Satz 2 Nr
1 AlhiV überschritt, durchaus zumutbar (§ 6 Abs 3 Satz 1 AlhiV) sein konnte.
39 Vom LSG sind deshalb nähere Feststellungen zu treffen, um unter Beachtung der
vorstehenden Hinweise zu beurteilen, ob die Voraussetzungen einer besonderen Härte iS
des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II vorliegen. Als ein eine besondere Härte begründender
Gesichtspunkt könnte im vorliegenden Fall in Betracht kommen, dass - wozu das LSG
allerdings nichts festgestellt hat - die Gemeinde von den Klägern bei Nichterfüllung der
übernommenen Verpflichtungen nach Maßgabe des notariellen Vertrages vom 20. Mai 1998
an Stelle der Ausübung des Wiederkaufsrechtes die Zahlung eines erheblichen
"Zusatzkaufpreises" verlangen würde (s X. Verpflichtungen gemäß dem
Einheimischenmodell, unter 3.1), nach dessen Abzug der Verkaufserlös in krassem
Missverhältnis zu den von den Klägern für den Erwerb des Hausgrundstückes eingesetzten
Eigenmitteln stehen würde.
40 Letzterer Gesichtspunkt könnte ggf auch bei der ersten Alternative des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr
6 SGB II eine Rolle spielen, nämlich der Frage, ob eine Verwertung des Hausgrundstücks
"offensichtlich unwirtschaftlich" war. Diese Alternative, die das LSG - von seinem
Rechtsstandpunkt aus konsequent - bisher unbeachtet gelassen hat, ist erforderlichenfalls
für den streitigen Zeitraum zu prüfen. Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der
Verwertung ist auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Gegenwert in einem
deutlichen Missverhältnis zum "wirklichen Wert" steht (ua BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B
11 AL 69/01 R; BSGE 94, 121 RdNr 9 = SozR 4- 4300 § 193 Nr 3; BSG SozR 4-4300 § 193
Nr 9 RdNr 9; Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, § 12 SGB II RdNr 64 mwN; Hengelhaupt
in Hauck/Noftz, SGB II, § 12 RdNr 247 mwN). Eine Unwirtschaftlichkeit in diesem Sinne
käme etwa in Betracht, wenn bei einer Veräußerung wesentlich weniger als der von den
Klägern zum Erwerb des Grundstücks und zur Erstellung des Hauses aufgewendete
Gesamtbetrag erzielt werden könnte; gewisse Verluste - insbesondere unter dem Aspekt
veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - können
jedoch als zumutbar angesehen werden. Eine absolute Grenze lässt sich bei Immobilien -
anders als möglicherweise bei anderen Gegenständen (vgl zur Verwertung einer
kapitalbildenden Lebensversicherung SozR 4-4220 § 6 Nr 2 RdNr 13 und Nr 3 RdNr 14,
jeweils mwN) - nicht ziehen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit würde allerdings
ausscheiden, wenn sich die Angaben der Kläger zu den Kosten des Erwerbs und der
Herstellung (321.000,00 EUR) und die Annahme der Beklagten zur Höhe des erzielbaren
Verkehrswertes (350.000,00 EUR) bestätigen sollten.
41 dd) Sollten nach dem Ergebnis der vom LSG zu treffenden Feststellungen die
Voraussetzungen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II nicht gegeben sein, dürften sich im
vorliegenden Fall weitere Feststellungen zur Frage einer Darlehensgewährung nach § 9 Abs
4 SGB II aF erübrigen. Danach ist hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch
oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder
für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als
Darlehen zu erbringen. Mit dieser Regelung berücksichtigt der Gesetzgeber - anders als im
früheren Recht der Alhi - die Tatsache, dass trotz grundsätzlicher Verwertbarkeit eines zu
berücksichtigenden Vermögens sich die Verwertung im Einzelfall schwierig und langwierig
gestalten kann und deshalb der aktuelle Bedarf des Hilfebedürftigen hierdurch nicht sofort
gedeckt werden kann (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 12 RdNr 116). Hier freilich
haben die Kläger zu 1. und zu 2. ausweislich der vom LSG in Bezug genommenen
Verwaltungsakten der Beklagten eine Darlehensgewährung durch diese bereits schriftlich
abgelehnt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass ihr Hausgrundstück
verwertbares Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II darstellt, die Kläger nach den
Feststellungen des LSG noch über weiteres, sofort oder mittelfristig einsetzbares
Geldvermögen (Sparkassenbriefe, Lebensversicherung, Bausparvertrag) verfügen, das dann
zusammen mit dem Hausgrundstück über der maßgeblichen Freibetragsgrenze liegen
würde.
42 ee) Auch wenn sich auf Grund der vom LSG noch zu treffenden Feststellungen ergeben
sollte, dass es sich bei dem von den Klägern bewohnten Hausgrundstück um keinen nach
Maßgabe des § 12 SGB II zu berücksichtigenden Vermögensgegenstand handelt, stünde
damit ihre Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II noch nicht fest. Vielmehr wären dann weitere
Feststellungen erforderlich, um die Frage der Hilfebedürftigkeit abschließend beurteilen zu
können.
43 Zwar ist das LSG grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass für die Kläger zu 1. und
zu 2. Freibeträge in Höhe von 21.100,00 EUR (§ 12 Abs 2 Nr 1 und 4 SGB II) bestehen und
insoweit die Berechnungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. April 2005
korrekt sind. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das LSG bei der Prüfung, ob die Kläger mit
ihrem Vermögen die für sie maßgeblichen Freibeträge überschritten haben, der im Januar
2005 getätigten, außerplanmäßigen Tilgung der Darlehensverbindlichkeiten keine für die
Kläger nachteilige Bedeutung beigemessen hat, denn der Gesetzgeber erfasst eine
vorsätzliche Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 31
Abs 4 Nr 1 SGB II (Absenkung und Wegfall des Alg II) bzw des § 34 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II
(Ersatzansprüche für gezahlte Leistungen), die hier nicht in Betracht kommen (vgl auch Link
in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 34 RdNr 15, 16 mwN). Nicht ohne weiteres gefolgt werden
kann allerdings den weiteren Ausführungen des LSG, wonach die Kläger zu 1. und zu 2. mit
ihren Vermögenswerten die Gesamthöhe dieser Freibeträge nicht überschreiten.
44 Zunächst fehlen Feststellungen des LSG zur Frage, ob der laut den Angaben im
Leistungsantrag im Besitz der Klägerin zu 2. stehende Pkw "Ford Focus" mit einem
geschätzten Wert von 10.000,00 EUR (abzüglich noch bestehender Kreditverbindlichkeiten
in Höhe von 176,00 EUR) als angemessenes Kfz iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II nicht
als Vermögen zu berücksichtigen ist. Hiervon ist das LSG offenbar auf Grund des
Verfahrensverlaufs ausgegangen, nachdem das SG im Gerichtsbescheid vom 13. Oktober
2005 ausgeführt hatte, es sei nur noch darüber zu entscheiden, ob das selbst genutzte
Einfamilienhaus als Vermögen zu berücksichtigen sei, da die Beklagte in der mündlichen
Verhandlung erklärt habe, es handele sich bei dem Kfz um ein angemessenes iS des § 12
Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II. Eine derartige Erklärung der Beklagten (die im Übrigen in dem
Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2005 nicht enthalten ist), macht
allerdings entgegen der Annahme des LSG diesbezügliche Feststellungen nicht entbehrlich.
Denn es handelt sich insoweit lediglich um eine rechtliche Subsumtion, die das Gericht nicht
bindet.
45 Die Prüfung der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II hat sich auf
nachvollziehbare, tatsächliche Feststellungen zu gründen und unter Berücksichtigung der
Umstände des Einzelfalls (Größe der Bedarfsgemeinschaft, Anzahl der Kfz im Haushalt,
Baujahr ua sowie des § 4 Abs 1 Alg II-V) zu erfolgen. Ob und inwieweit dann, wenn ein
Verkaufserlös (abzüglich ggf noch bestehender Kreditverbindlichkeiten) von maximal
5.000,00 EUR erreichbar ist, eine weitere Prüfung der Angemessenheit entbehrlich ist (so
Durchführungshinweise der BA für die Anwendung des SGB II, zu § 12, unter 12.24) bedarf
beim derzeitigen Verfahrensstand keiner abschließenden Beurteilung. Eine nähere Prüfung
der Angemessenheit des Kfz ist auch keineswegs - wie das LSG meint - dann entbehrlich,
wenn die Freibeträge in Höhe von insgesamt 21.100,00 EUR bei zusätzlicher
Berücksichtigung des den Betrag von 5.000,00 EUR übersteigenden Werts des Kfz nicht
überschritten würden. Eine solche Kombination der Freibetragsregelungen in § 12 Abs 2
SGB II mit den Privilegierungsvorschriften des § 12 Abs 3, hier des Satzes 1 Nr 2 SGB II, ist
im Gesetz nicht angelegt. Vielmehr kommt ein Hilfebedürftiger - abgesehen von den
Freibeträgen in § 12 Abs 2 SGB II - nur dann in den Genuss der Privilegierungsvorschrift des
§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II, wenn das Kfz angemessen ist. Ist dies nicht der Fall und greift
auch nicht die Auffangregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II bzw die Sonderregelung
in § 4 Abs 1 Alg II-V, dann handelt es sich um einen iS des § 12 Abs 1 SGB II zu
berücksichtigenden Vermögensgegenstand.
46 Weiter wird vom LSG ggf zu prüfen sein, ob und inwieweit die Kläger in dem streitigen
Zeitraum ab Februar 2005 bis April 2006 ihren Bedarf aus dem zu berücksichtigenden
Einkommen decken konnten (§ 9 Abs 1 Nr 2 SGB II) oder - speziell der Kläger zu 1. - durch
(zwischenzeitliche) Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (§ 9 Abs 1 Nr 1 SGB II). Die vom LSG
zum Einkommen der Klägerin zu 2. getroffenen Feststellungen, wonach diese netto 419,20
EUR monatlich erhalten habe, beziehen sich nach Aktenlage allenfalls auf die erste
Jahreshälfte 2005, nicht jedoch auf den gesamten streitigen Zeitraum bis April 2006. Ebenso
ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 1. ausweislich seines Leistungsantrags vom
November 2004 einen Anspruch auf Kindergeld in Höhe von monatlich 308,00 EUR hatte,
wobei auch das Kindergeld für den in der streitigen Zeit im Haushalt, wenn auch außerhalb
der Bedarfsgemeinschaft, lebenden volljährigen Sohn I dem Kläger zu 1. als
Kindergeldberechtigtem zuzurechnen ist (vgl BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b
AS 1/06 R - RdNr 34). Schließlich fehlen Feststellungen zu der Frage, ob und inwieweit die
Kläger von dem mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Sohn bzw Bruder I
Leistungen (zB eine Beteiligung an den Kosten für Kost und Logis im elterlichen Haushalt)
im streitgegenständlichen Zeitraum erhalten haben (vgl § 9 Abs 5 SGB II iVm § 1 Abs 2 der
Alg II-V) bzw inwieweit sie die erforderliche Hilfe von anderen, insbesondere von
Angehörigen (zu denken ist hier auch an den - in den Akten der Beklagten, erwähnten -
ältesten Sohn und Bruder A oder andere Familienangehörige) erhalten haben (§ 9 Abs 1
SGB II).
47 Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden
haben.