Urteil des BSG vom 06.05.2009
BSG (kläger, gkv, arzneimittel, zulassung, aufschiebende wirkung, qualität, wirksamkeit, versorgung, beratung, regress)
BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 6.5.2009, B 6 KA 3/08 R
Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der gesetzlichen
Krankenversicherung - Wirtschaftlichkeitsprüfung - Arzneimittelregress - Erfordernis der
vorgängigen Beratung stellt Soll-Vorgabe dar - Nichtgeltung bei unzweifelhafter
Unwirtschaftlichkeit - kein Verschuldenserfordernis im Rahmen von Honorarkürzungen
oder Verordnungsregressen - Ermessen hinsichtlich der Regresshöhe
Tatbestand
1 Der Kläger wendet sich gegen Regresse wegen der Verordnung eines Arzneimittels mit
umstrittener Zulassung.
2 Der Kläger, ein praktischer Arzt, war im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen
Vereinigung (KÄV) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den Quartalen II/2001
und III/2001 verordnete er wiederholt das Fertigarzneimittel Wobe Mugos E für eine
Patientin, die bei der zu 2. beigeladenen Krankenkasse (KK) versichert war und an einem in
das Skelettsystem metastasierenden Mammakarzinom litt.
3 Dieses Arzneimittel war seit Mitte der 1970er Jahre entsprechend den damaligen
arzneimittelrechtlichen Bestimmungen - damals noch unter anderer Bezeichnung - im
Verkehr (vgl §§ 6 ff Arzneimittelgesetz vom 16.5.1961, BGBl I 533, mit späteren
Änderungen) . Der seinerzeitige pharmazeutische Hersteller teilte aus Anlass der
Neuordnung des Arzneimittelrechts von 1976 (Gesetz zur Neuordnung des
Arzneimittelrechts vom 24.8.1976 , BGBl I 2445; - Art 1: Neufassung des
AMG; Art 10: Inkrafttreten zum 1.1.1978) in seiner Anzeige vom Juni 1978 dem damals
zuständigen Bundesgesundheitsamt mit, dass dieses Arzneimittel bereits Mitte 1976 und
auch noch Anfang 1978 auf dem deutschen Markt gewesen sei und dass das
Anwendungsgebiet die Langzeitbehandlung maligner Tumore und die
Metastasenprophylaxe im Wege rektaler Darreichung sei (zur Übergangsregelung s Art 3 § 7
NeuordnungsG) .
4 Die spätere neue Herstellerin, die Mucos Pharma GmbH & Co KG, beantragte im Dezember
1989 die Verlängerung der Zulassung, wobei sie als Anwendungsform die orale
Darreichung angab. Das nunmehr zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9.6.1998 ab, weil wegen des
Wechsels der Darreichungsform zwischen dem 1978 angezeigten und dem zur
Nachzulassung anstehenden Arzneimittel keine Identität bestehe; eine Anordnung der
sofortigen Vollziehbarkeit erfolgte nicht (zur aufschiebenden Wirkung und zur Möglichkeit der
Anordnung sofortiger Vollziehung vgl § 105 Abs 5b AMG in der bis heute fortgeltenden
Fassung vom 9.8.1994, BGBl I 2071) . Im Klageverfahren blieb die Herstellerin ohne Erfolg
(Oberverwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 7.4.2005 - 5 B 8.03 - juris - rechtskräftig) .
Danach, zum 1.9.2005, nahm die Herstellerin das Arzneimittel aus dem Verkehr.
5 Der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat mit Urteil vom 27.9.2005 entschieden,
dass gesetzlich Versicherte die Versorgung mit Wobe Mugos E bereits nicht mehr
beanspruchen konnten, nachdem der Zulassungsantrag abgelehnt worden war (BSGE 95,
132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3) . In diesem Urteil ist ausgeführt, für einen
Versorgungsanspruch reiche nicht aus, dass mangels Anordnung sofortiger Vollziehung
noch eine Zulassungsfiktion bestanden habe (sog Nachzulassungs-Status, BSGE aaO RdNr
10 bzw SozR aaO RdNr 17) . Aufgrund der aufschiebenden Wirkung sei zwar die
Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG erhalten geblieben (BSGE aaO RdNr 9-11 bzw SozR
aaO RdNr 16-18) . Dies habe aber Versorgungsansprüche der Versicherten und
Leistungspflichten der KKn gemäß dem SGB V nicht begründen können, weil diese eine
Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach dem allgemeinen Stand
der medizinischen Erkenntnisse auf der Grundlage zuverlässiger wissenschaftlich
nachprüfbarer Aussagen voraussetzten (BSGE aaO RdNr 18-20 bzw SozR aaO RdNr 25-27)
. Seit der Ablehnung der Verlängerung der Zulassung durch den Bescheid vom 9.6.1998 sei
ein Versorgungsanspruch zu verneinen (s BSGE aaO RdNr 13 f, 16 ff bzw SozR aaO RdNr
20 f, 23 ff) .
6 Für die vom Kläger in den Quartalen II/2001 und III/2001 vorgenommenen Verordnungen von
Wobe Mugos E haben die Prüfgremien Regresse in Höhe von zusammen 1.451,48 Euro
festgesetzt. Der Kläger ist mit Klage und Berufung erfolglos geblieben
(Widerspruchsbescheid des beklagten Beschwerdeausschusses vom 27.2.2006 auf der
Grundlage seiner Sitzung vom 7.12.2005; Urteile des Sozialgerichts vom 6.11.2006 und des
Landessozialgerichts vom 14.11.2007) .
7 Im Urteil des LSG ist ausgeführt, Rechtsgrundlage für den Regressbescheid sei § 106 Abs 2
Satz 4 SGB V iVm der Prüfvereinbarung, wonach Wirtschaftlichkeitsprüfungen auch in
Gestalt von Einzelfallprüfungen durchgeführt werden könnten. Der Kläger habe Wobe Mugos
E nicht zu Lasten der Beigeladenen zu 2. verordnen dürfen, weil ein Anspruch auf
Versorgung mit diesem Arzneimittel gemäß dem Urteil des BSG vom 27.9.2005 seit dem
9.6.1998 nicht mehr bestanden habe. Der erforderliche Nachweis von Qualität und
Wirksamkeit des Arzneimittels habe nicht vorgelegen. Nichts anderes ergebe sich aus dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 =
SozR 4-2500 § 27 Nr 5) . Daraus folge allenfalls eine Erweiterung des Leistungsrahmens der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für lebensbedrohliche Erkrankungen, für die eine
allgemein anerkannte Behandlungsmethode nicht verfügbar sei. Vorliegend sei indessen
nicht ersichtlich, dass die anderen - zugelassenen - Behandlungsmöglichkeiten erfolglos
ausgeschöpft worden seien. Den Regressen könne nicht entgegengehalten werden, den
Kläger treffe kein Verschulden, weil er das Fehlen der Verordnungsfähigkeit von Wobe
Mugos E nicht habe erkennen können. Denn auf Verschulden komme es im Rahmen von
Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht an. Der Kläger könne sich auch nicht auf
Vertrauensschutz berufen. Dafür reiche nicht aus, dass entsprechende Verordnungen in der
Vergangenheit unbeanstandet geblieben seien. Dass eine der Beigeladenen etwa
ausdrücklich die Verordnungsfähigkeit bejaht hätte, mache er nicht geltend. Schließlich liege
auch kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Eine Beratung habe den
Regressen nicht vorausgehen müssen. Für eine Ermessensausübung sei kein Raum.
Schließlich sei auch die Höhe der Regresse nicht zu beanstanden. Apothekenrabatte und
Eigenanteile der Versicherten seien jeweils in Abzug gebracht worden.
8 Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das Arzneimittel Wobe
Mugos E sei von 1991 bis 2005 in Apotheken verkauft worden und habe verkauft werden
dürfen; es sei nicht nur von vielen Vertragsärzten, sondern auch in Universitätskliniken
verordnet worden. Erst ab 2004 sei es, da es nicht verschreibungspflichtig gewesen und
auch nicht in die Ausnahmeliste gemäß § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V aufgenommen worden sei,
in der vertragsärztlichen Versorgung kaum mehr zum Einsatz gekommen. Regressanträge
wegen entsprechender Verordnungen in den Jahren bis 2003 seien bundesweit lediglich
von den Allgemeinen Ortskrankenkassen und der Beigeladenen zu 2. gestellt, aber nur von
Letztgenannter konsequent aufrechterhalten worden, wobei die noch nicht abgeschlossenen
Regressstreitigkeiten - soweit bekannt - alle wegen der beim BSG anhängigen
Revisionsverfahren zum Ruhen gebracht worden seien. In rechtlicher Hinsicht habe das
LSG die Voraussetzungen für einen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung festgesetzten
Regress verkannt. Hierfür sei schuldhaftes Verhalten erforderlich, wie dies entsprechend
allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen im Schadensersatzrecht gefordert werde. Eine
Ausnahme nach Art einer Gefährdungshaftung der Vertragsärzte wäre befremdlich. Er - der
Kläger - habe das Fehlen der Verordnungsfähigkeit von Wobe Mugos E nicht erkennen
können. Der Verweis darauf, ein Privatrezept auszustellen und Kostenübernahme bei der KK
zu beantragen, sei nicht tragfähig, weil ein solches Verfahren damals als unzulässig
angesehen worden sei. Das LSG habe außer dem Erfordernis eines Verschuldens auch den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung
verkannt. Diese Gesichtspunkte stünden einem Regress ebenfalls entgegen. Schließlich sei
auch Vertrauensschutz anzuerkennen. Denn Wobe Mugos E sei verkehrsfähig gewesen,
und einen Verordnungsausschluss für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung
habe es nicht gegeben. Eine Rechtsprechung, wie sie vom BSG im Urteil vom 27.9.2005
(BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3) ausgeformt worden sei, habe er nicht vorhersehen
können oder gar müssen. Wegen der genannten Rechtsverstöße seien zugleich Art 2 Abs 1
und Art 12 Abs 1 GG verletzt.
9 Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14.11.2007
und des Sozialgerichts Dortmund vom 6.11.2006 den Beschluss des Beklagten vom
7.12.2005 aufzuheben,
hilfsweise,
unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14.11.2007
und des Sozialgerichts Dortmund vom 6.11.2006 den Beschluss des Beklagten vom
7.12.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Widerspruch des Klägers
gegen den Beschluss des Prüfungsausschusses vom 8.6.2004 unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
äußerst hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14.11.2007 aufzuheben und
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht
zurückzuverweisen.
10 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
11 Er hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Der Regressbescheid sei
rechtmäßig. Ein Vertrauensschutz sei zu verneinen. Das LSG Rheinland-Pfalz habe schon
mit Urteil vom 22.10.1998 (Az L 5 K 22/97 - in juris dokumentiert) entschieden, dass die
Leistungspflicht der KKn Wobe Mugos E mangels Zulassung nicht umfasse.
12 Die Beigeladene zu 1. hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert. Die Beigeladene zu 2.
hat sich dem Vorbringen des Beklagten angeschlossen, ohne selbst einen Antrag zu stellen.
Entscheidungsgründe
13 Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die vorinstanzlichen Urteile lassen keine
Verletzung von Bundesrecht erkennen. Die angefochtenen Arzneikostenregresse sind weder
von der Rechtsgrundlage noch von der gewählten Prüfmethode her noch aus sonstigen
Gründen zu beanstanden.
14 1. Rechtsgrundlage der Arzneikostenregresse ist - wie bereits der Prüfungsausschuss in
seinem Bescheid angegeben hat - § 106 Abs 2 SGB V (hier zugrunde zu legen idF des
GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die in den Quartalen
II/2001 und III/2001 galt; - zur Zugrundelegung des § 106 Abs 2 SGB V vgl BSG SozR 4-
2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 und BSG, Urteil vom 16.7.2008 - B 6 KA 57/07 R - SozR 4-2500 §
106 Nr 19 RdNr 14, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen) . Danach wird die
Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher
und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder nach Durchschnittswerten oder
anhand von Richtgrößenvolumina (aaO Satz 1 Nr 1) und/oder auf der Grundlage von
Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die
Landesverbände der KKn mit den KÄVen gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere
arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren (s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr
17 RdNr 12 f mwN) . Diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu
Einzelfallprüfungen. Diese waren auch in § 9 Abs 4 der hier einschlägigen Prüfvereinbarung
vorgesehen, wie sich aus den Urteilen der Vorinstanzen ergibt, die für die Feststellung und
Auslegung von Landesrecht zuständig sind (s § 162 SGG und dazu zB BSG SozR 4-2500 §
106 Nr 17 RdNr 12 mwN) . Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und
ihre Auswahl daher rechtmäßig -, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem
bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am
Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr
17 RdNr 16) .
15 2. Die im vorliegenden Fall aufgrund vorgenannter Rechtsgrundlage durchgeführten
Einzelfallprüfungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Annahme der
Unwirtschaftlichkeit einschließlich der Regressfestsetzung ist nicht zu beanstanden.
16 a) Die vom Kläger vorgenommenen Verordnungen von Wobe Mugos E in den Quartalen
II/2001 und III/2001 waren nicht zulässig. Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen
der GKV verordnet werden; insoweit bestand weder eine Leistungspflicht der KKn noch ein
Versorgungsanspruch der Versicherten.
17 Ein Anspruch auf Versorgung besteht im Rahmen der GKV nur nach Maßgabe des § 27 Abs
1 Satz 2 Nr 3 iVm § 31 Abs 1 SGB V. Diese Bestimmungen ergeben im Kontext mit den
allgemeinen Regelungen der § 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 SGB V, dass im Rahmen der
GKV nur solche Verordnungen zulässig sind, die die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und
Unbedenklichkeit, jeweils nach Maßgabe des allgemein anerkannten Standes der
medizinischen Erkenntnisse, bieten (vgl BSGE 95, 132 RdNr 18 f = SozR 4-2500 § 31 Nr 3
RdNr 25 f) . Dafür sind zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über das
Arzneimittel in dem Sinne erforderlich, dass der Erfolg der Behandlung mit ihm durch eine
ausreichende Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl hierzu BSGE aaO RdNr 18 bzw
SozR aaO RdNr 25) .
18 Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sind im Bereich ärztlicher Behandlungen durch
das Verfahren der Zulassung von Behandlungsmethoden durch den Gemeinsamen
Bundesausschuss (bzw bis 2003: durch den Bundesausschuss der Ärzte und KKn)
iVm der von diesem geschaffenen Richtlinie zur Bewertung der Methoden vertragsärztlicher
Versorgung (seit 1.4.2006; - davor seit
März 2000 bzw März 2004: Richtlinie(n) zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs 1 SGB V ) gewährleistet.
Danach sind Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethoden
anhand sog randomisierter, doppelblind durchgeführter und placebokontrollierter Studien zu
belegen (s dazu die Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung iVm der
Verfahrensordnung des G-BA § 14 ff bzw früher BUB-Richtlinie §§ 7 ff) .
19 Demgegenüber geht das BSG im Arzneimittelbereich davon aus, dass für eine solche
Überprüfung durch den Bundesausschuss kein Raum ist, wenn es sich um ein
Fertigarzneimittel handelt, das nach Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und
Unbedenklichkeit nach dem AMG zum Verkehr zugelassen wurde. Dieser Verweisung für
die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln im Rahmen der GKV auf das
Arzneimittelzulassungsverfahren liegt die Annahme zugrunde, dass dieses Verfahren
Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in ähnlicher Weise wie das
Überprüfungsverfahren durch den Bundesausschuss gewährleiste (zur Gleichwertigkeit und
Ersatzfunktion s die ersten Ansätze im Urteil des 1. Senats vom 23.7.1998, BSGE 82, 233,
238 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 20; deutlicher dessen Urteil vom 19.3.2002, BSGE 89, 184,
191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 35 f; dies fortführend sein Urteil vom 19.10.2004, BSGE 93,
236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, jeweils RdNr 13 und 14; dem folgend auch der 6. Senat mit
Urteil vom 31.5.2006, BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, jeweils RdNr 55 am Ende; -
Nachweise kritischen Schrifttums im Urteil vom 19.10.2004, aaO RdNr 13 am Ende; ebenso
in jüngerer Zeit zB Hart, Urteilsanmerkung SGb 2005, 649 f; Francke, MedR 2006, 683, 685)
. Wurde diese Prüfung durchlaufen und somit die erfolgreiche Anwendung des Arzneimittels
anhand zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen in einer ausreichenden
Anzahl von Behandlungsfällen belegt und ist dementsprechend für das Arzneimittel die
Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt
worden, so ist es in diesem Umfang auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl BSGE
95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mit Bezugnahme auf BSGE 93, 1, 2 =
SozR 4-2500 § 31 Nr 1 RdNr 7) . In solchen Fällen ist also mit der Zulassung - und der damit
gegebenen Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG - zugleich die Verordnungsfähigkeit im
Rahmen der GKV gegeben.
20 Keiner Erörterung bedarf im vorliegenden Fall die sog "vierte Hürde", dh die Frage, inwieweit
für die Verordnungsfähigkeit in der GKV neben der Qualität, Wirksamkeit und
Unbedenklichkeit zusätzlich ein Nachweis der Wirtschaftlichkeit im Sinne einer Kosten-
Nutzen-Bewertung gefordert werden kann (dies offenlassend ebenfalls Senatsurteil vom
31.5.2006, aaO RdNr 56) . Dies ist für die hier festgesetzten Regresse, die Quartale des
Jahres 2001 betreffen, nicht relevant. Bestimmungen, die eine Kosten-Nutzen-Bewertung
vorsehen (s dazu zB die Errichtung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen gemäß § 139a, hier insbesondere Abs 3 Nr 5, iVm § 35b SGB V) und
zum Verordnungsausschluss wegen Unwirtschaftlichkeit ermächtigen (s dazu die
Neufassung des § 34 SGB V durch Art 1 Nr 22 GKV-Modernisierungsgesetz vom
14.11.2003, BGBl I 2190) , sind erst zum 1.1.2004 eingeführt worden (s dazu BSG, Urteil des
1. Senats vom 6.11.2008 - B 1 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 34 Nr 4 RdNr 10 ff, 21 ff, zur
Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen) . Hierzu hat der Kläger selbst vorgetragen, dass
das hier in Rede stehende Arzneimittel Wobe Mugos E nicht verschreibungspflichtig war und
ein Ausnahmetatbestand gemäß der Neufassung des § 34 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 SGB V
nicht vorlag, sodass Wobe Mugos E jedenfalls aus diesem Grund ab dem 1.1.2004 nicht
mehr verordnungsfähig war.
21 Vorliegend steht noch der Zeitraum bis zum 31.12.2003 in Frage, in dem es noch keine
normativen Regelungen zur sog vierten Hürde gab. Vielmehr galt weiterhin der oben
dargestellte Zusammenhang, dass aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung eines
Arzneimittels, sofern hierbei dessen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft
worden war, zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV gefolgert werden
konnte. Für eine solche Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf die
Verordnungsfähigkeit fehlte aber dann die Grundlage, wenn der Zulassung keine - oder eine
strukturell nur unzureichende - Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
zugrunde lag. Solche Fälle arzneimittelrechtlicher Zulassung ohne Überprüfung von Qualität,
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gab es während der Geltung des Übergangsrechts nach
der Neuordnung des Arzneimittelrechts Ende der 1970er Jahre. Damals genügte für die
Folgezeit ab dem 1.1.1978 eine Anzeige mit der Mitteilung über die bisherige Anwendung
des Arzneimittels, damit dieses weiterhin als zugelassen galt (s Art 3 § 7 Abs 1 ff
NeuordnungsG) . Soweit ein Arzneimittel in dieser Weise, ohne Durchlaufen des
Arzneimittelzulassungsverfahrens mit Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und
Unbedenklichkeit, die Zulassung behielt bzw diese verlängert wurde, fehlte es an den
inhaltlichen Merkmalen, die es rechtfertigen konnten, die Arzneimittelzulassung als
ausreichend auch für die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV zu akzeptieren (s hierzu
Urteil des 1. Senats vom 27.9.2005, BSGE 95, 132 RdNr 18 ff = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr
25 ff mwN; ebenso für den Fall, dass ein AMG-Zulassungsverfahren nicht einmal eingeleitet
wurde: BSGE 82, 233, 235 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 17 ff) .
22 Für eine Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf eine
Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV fehlt insbesondere dann eine Rechtfertigung,
wenn die Zulassung bzw die Verlängerung der Zulassung eines Arzneimittels ausdrücklich
abgelehnt wurde und dieses lediglich deshalb weiterhin verkehrsfähig iS des AMG war, weil
die Verlängerungsversagung noch nicht vollzogen wurde mangels Anordnung der
Vollziehung gemäß § 105 Abs 5b Satz 2 AMG. Die verfahrensrechtliche Position der
aufschiebenden Wirkung, die darauf beruhte, dass der pharmazeutische Hersteller die
Versagung der Verlängerung angefochten hatte, reicht nicht aus als Basis für die Annahme
der Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV. Hierzu hat der 1. Senat in seinem Urteil vom
27.9.2005 entsprechend dem Gesetzeswortlaut des Art 3 § 7 Abs 1 NeuordnungsG ("gelten
als zugelassen") davon gesprochen, dass lediglich eine "fiktive Zulassung" kraft
aufschiebender Wirkung besteht (s BSG, Urteil vom 27.9.2005, BSGE aaO RdNr 20 bzw
SozR 4 aaO RdNr 27) . Dies kann eine Leistungspflicht der KKn und einen Anspruch der
Versicherten auf Versorgung mit einem solchen Arzneimittel im Rahmen der GKV nicht
begründen (BSGE aaO RdNr 10-14 und 17-21 bzw SozR 4 aaO RdNr 17-21 und 24-28) .
23 Aus diesen Grundsätzen folgt für den vorliegenden Fall der Verordnung des Arzneimittels
Wobe Mugos E, dass der Kläger dieses im Jahr 2001 nicht im Rahmen der GKV verordnen
durfte.
24 Gegen den Weiterbestand der Verordnungsfähigkeit iS des SGB V sprach im Übrigen in der
vorliegenden besonderen Konstellation zusätzlich das Bedenken, ob überhaupt eine
aufschiebende Wirkung iS des § 105 Abs 5b Satz 2 AMG eingetreten war. Dies ist deshalb
fraglich, weil die Altzulassung sich auf ein rektal anzuwendendes Arzneimittel bezog, die
Verlängerung aber für ein oral darzureichendes Arzneimittel beantragt wurde. Deshalb ist
offen, ob überhaupt ein "Verlängerungs"antrag vorlag, der eine fiktive Weiterzulassung iS
des Art 3 § 7 Abs 1 ff NeuordnungsG und eine aufschiebende Wirkung iS von § 105 Abs 5b
Satz 1 iVm Satz 2 AMG hätte begründen können.
25 Nach alledem war Wobe Mugos E, jedenfalls seit der Ablehnung der
Zulassungsverlängerung durch den Bescheid des BfArM vom 9.6.1998, nicht mehr
verordnungsfähig iS des SGB V. Fehlt die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit
gegeben (zu dieser Gleichsetzung s zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 281 f; vgl auch
BSG MedR 2007, 557) . Dementsprechend sah der Beklagte die Verordnungen dieses
Arzneimittels durch den Kläger in den Quartalen II/2001 und III/2001 zu Recht als
unwirtschaftlich an.
26 b) Ist einem Vertragsarzt eine unwirtschaftliche Verordnungsweise anzulasten, so ist ein
Regress gegen ihn berechtigt, wobei dieser in Höhe des der KK entstandenen Schadens
festzusetzen ist. Gegenüber dieser rechtlichen Schlussfolgerung greift keine der fünf vom
Kläger erhobenen Einwendungen durch, (1) weder, dass vorgängig keine Beratung
stattgefunden habe, (2) noch, dass ihm kein Verschulden anzulasten sei, da er nicht habe
erkennen können, dass im vorliegenden Fall die Verkehrsfähigkeit ausnahmsweise nicht
zugleich die Verordnungsfähigkeit ergebe, (3) noch, dass Ermessen iS des Unterbleibens
eines Regresses hätte ausgeübt werden müssen, (4) noch, dass der Regressfestsetzung ein
Vertrauenstatbestand oder (5) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegenstehe.
27 (1) Die Ansicht, der Festsetzung der Regresse hätte hier eine explizite Beratung des Klägers
vorangehen müssen, geht fehl. Das Erfordernis vorgängiger Beratung stellt gemäß § 106
Abs 5 Satz 2 SGB V nur eine "Soll"-Vorgabe dar, wobei von der Rechtsprechung bereits
klargestellt worden ist, dass entsprechend dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung der
Vorrang einer Beratung nicht für den Fall unzweifelhafter Unwirtschaftlichkeit gilt. Eine
solche Konstellation ist bei statistischen Durchschnittsprüfungen daran festgemacht worden,
ob ein Mehraufwand im Bereich des sog offensichtlichen Missverhältnisses vorliegt; eine
vorausgehende Beratung ist dann nicht erforderlich (vgl hierzu zB BSG SozR 3-2500 § 106
Nr 53 S 296; SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 19; BSG MedR 2004, 577, 578 f; ebenso BSG,
Beschluss vom 30.5.2006 - B 6 KA 14/06 B - juris RdNr 6) . Nichts anderes gilt bei
Regressen aufgrund von Einzelfallprüfungen, wenn schon die Verordnungsfähigkeit fehlt.
Dies ist ein "Basis"mangel, sodass unzweifelhaft Unwirtschaftlichkeit gegeben ist und somit
ein Fall vorliegt, in dem eine vorgängige Beratung regelmäßig nicht mehr erforderlich ist.
28 (2) Ebenso wenig greift der Einwand des Klägers durch, ihm könne kein Verschulden
angelastet werden, weil für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass die Verkehrsfähigkeit von
Wobe Mugos E ausnahmsweise nicht zur Verordnungsfähigkeit dieses Arzneimittels im
Rahmen der GKV führte. Ob der Kläger die Verordnungen gutgläubig vornahm, ist rechtlich
ohne Bedeutung. Ein Verschuldenserfordernis besteht im Rahmen von Honorarkürzungen
oder Verordnungsregressen gemäß § 106 SGB V nicht (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1
RdNr 18; BSG MedR 2004, 577, 578; vgl auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283; s
ferner BSG, Beschluss vom 30.5.2006 - B 6 KA 14/06 B - juris RdNr 7) . Daran hält der Senat
fest. Nicht überzeugend ist die Ansicht des Klägers, diese Rechtsprechung sei mit Blick auf
allgemeine schuldrechtliche Grundsätze des Schadensersatzrechts nicht tragfähig und
müsse geändert werden. Solche zivilrechtlichen Maßstäbe sind auf die
Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht übertragbar, schon gar nicht, soweit diese eine
Honorarprüfung zum Gegenstand hat, aber auch nicht bei Verordnungsregressen.
Verordnungsregresse können im Vertragsarztrecht auf der Grundlage einer
Wirtschaftlichkeitsprüfung wie auf der Basis des Rechtsinstituts der Verursachung eines
"sonstigen Schadens" festgesetzt werden. Während bei einem Vorgehen im Wege des
Regresses wegen sonstigen Schadens durchaus ein Verschuldenserfordernis in Betracht
kommen kann, weil dieses Rechtsinstitut teilweise an Grundsätze des Schadensersatzrechts
angelehnt ist (s dazu BSG SozR 4-5555 § 15 Nr 1 RdNr 13) , ist im Rahmen des
Rechtsinstituts der Wirtschaftlichkeitsprüfung dafür kein Raum. Daran ändert nichts, dass
eine solche Prüfung im Ergebnis zu einer vergleichbaren Rechtsfolge wie ein Regress
wegen sonstigen Schadens führen kann (vgl insgesamt Wenner, Vertragsarztrecht nach der
Gesundheitsreform, 2008, § 28 I, S 319 f) . Das Fehlen eines Verschuldenserfordernisses,
wie dies beim Regress wegen Unwirtschaftlichkeit der Fall ist, ist auch sonst im
Vertragsarztrecht verbreitet. So wird für die Entziehung der Kassenzulassung gemäß § 95
Abs 6 Satz 1 SGB V ebenfalls kein Verschulden vorausgesetzt (s hierzu zB BSGE 93, 269 =
SozR 4-2500 § 95 Nr 9, jeweils RdNr 10 mwN) .
29 (3) Auch für eine Ermessensausübung ist bei einem Verordnungsregress aufgrund des § 106
SGB V kein Raum. Im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen gemäß § 106 SGB V ist
Ermessen nur hinsichtlich der Höhe des Regresses auszuüben (sog Kürzungsermessen, s
insbesondere die Fallgruppe "Anfängerpraxis", vgl dazu zB Clemens in
Schlegel/Voelzke/Engelmann , jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 106 RdNr 145-
147 mwN) . Für Ermessensabwägungen auch schon bei der Frage, "ob" ein Regress
festgesetzt wird - wie der Kläger dies fordert -, sieht der Senat keinen Raum; denn die Frage
der Unwirtschaftlichkeit kann regelmäßig nur bejaht oder verneint werden; besonderen
Konstellationen, wie zB dem Vorliegen einer Anfängerpraxis, wird ausreichend Rechnung
getragen, wenn sie bei der Festlegung der Höhe des Regresses - hier im Wege der
Ermessensausübung - berücksichtigt werden.
30 (4) Ebenso wenig greift der Einwand des Klägers durch, ihm stehe ein Vertrauenstatbestand
zur Seite. Erfolglos ist seine Argumentation, erst das Urteil des 1. Senats des BSG von 2005
habe den Zusammenhang zwischen arzneimittelrechtlicher Verkehrsfähigkeit und
Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV relativiert und Zweifel an der
Verordnungsfähigkeit von Wobe Mugos E begründet, während bei ihm Verordnungen aus
2001 betroffen seien. Der Kläger hat dafür, dass er auf einen solchen Zusammenhang habe
vertrauen dürfen und vertraut habe, indessen keine stützenden Umstände wie zB eine
entsprechende schriftliche Verlautbarung der KÄV oder der Prüfgremien anführen können.
Ein strikter Zusammenhang zwischen arzneirechtlicher Verkehrsfähigkeit und
Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV hat niemals bestanden. Dies ergibt sich, wie
oben ausgeführt (siehe oben RdNr 17 ff) , schon aus dem Sinngefüge des SGB V, wonach
nur solche Behandlungen und Verordnungen zu Lasten der GKV gestattet sind, bei denen
aufgrund eingehender Prüfung die Gewähr von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
besteht. In diesem Sinne haben es auch bereits früher Gerichte entschieden, auch
zweitinstanzlich, so zB das LSG Rheinland-Pfalz, das in einem Urteil von 1998 die vom BSG
formulierten Grundsätze (BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5) konkret auf Wobe Mugos
E angewendet hat (s LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.10.1998 - L 5 K 22/97 - in juris
dokumentiert; aA allerdings auch in späterer Zeit einige Prüfgremien sowie Sozialgerichte
und auch das Bayerische LSG am 9.11.2005, wie vom Kläger ausgeführt) . Bei einer solchen
Lage, in der unterschiedliche Ansichten vertreten wurden, gab es keine tragfähige Grundlage
für die Bildung eines Vertrauenstatbestandes in dem vom Kläger geltend gemachten Sinn.
31 (5) Ferner scheitert die Berufung des Klägers auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Dabei ist schon zweifelhaft, inwieweit nach der bereits vorstehend umfänglich
vorgenommenen Prüfung überhaupt noch Raum für eine Heranziehung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sein kann. Selbst wenn man hierfür aber Raum sähe,
könnte dies nicht zu einem Erfolg für den Kläger führen. Denn mit Wobe Mugos E ist ein
Arzneimittel betroffen, bei dem Zweifel an der Verordnungsfähigkeit offensichtlich waren:
Das Arzneimittel war ursprünglich für die rektale Anwendung auf den Markt gebracht worden;
dann sollte eine Fortführung der Zulassung für die orale Anwendung erreicht werden. Nicht
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits - und daher offenzulassen - ist die Frage, ob
bzw unter welchen Voraussetzungen ein Arzt, der von einem pharmazeutischen Hersteller
zur Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel veranlasst bzw verleitet wurde und
Regress an die vertragsärztlichen Institutionen leisten muss, Rückgriff gegen den Hersteller
nehmen kann.
32 (6) Schließlich ist ein anderes - dem Kläger günstigeres - Ergebnis auch nicht wegen der
Grundsätze des BVerfG in seiner Entscheidung vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-
2500 § 27 Nr 5) veranlasst. Hierzu ist im angefochtenen Urteil des LSG ausgeführt worden,
dass eine Erweiterung des Leistungsrahmens im vorliegenden Fall - sofern hier eine
lebensbedrohliche Erkrankung iS der BVerfG-Rechtsprechung angenommen werden kann -
jedenfalls daran scheitert, dass nicht ersichtlich ist, dass der Kläger bzw seine Patientin die
denkbaren anderen - zugelassenen - Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft
hätten. Diese Feststellungen des LSG hat der Kläger im Revisionsverfahren nicht in Zweifel
gezogen, sodass der Senat daran gebunden ist (§ 163 SGG) .
33 3. Auch was die Höhe der Regresse betrifft, sind Mängel nicht ersichtlich. Den erforderlichen
Abzug des Apothekenrabatts und der Patienteneigenanteile (vgl dazu zB BSG SozR 3-2500
§ 106 Nr 50 S 269 mwN; SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 32) nahm der Beklagte vor.
34 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer
entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach
trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2
VwGO) . Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind allerdings nicht
erstattungsfähig, weil diese sich - Beigeladene zu 1. - im Verfahren nicht beteiligt bzw -
Beigeladene zu 2. - keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 =
SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 16) .