Urteil des BSG vom 23.05.2007
BSG (umsatz, berechnung, kläger, gkv, anlage, ermittlung, teil, arzt, höhe, ärztliche behandlung)
BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 23.5.2007, B 6 KA 17/06 R
Parallelentscheidung zum Urteil des BSG vom 23.5.2007 - B 6 KA 16/06 R.
Tatbestand
1 Streitig ist die Höhe vertragsärztlichen Honorars.
2 Der als Arzt für Chirurgie in N. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger
wandte sich gegen die Honorarbescheide der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung
(KÄV) für die Quartale III/1997 bis II/1998 sowie I/1999 bis I/2000. Den Honorarbescheiden
lag ua die zum 1.7.1997 in Kraft getretene Regelung des Abschnitts A I, Teil B des
Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) über die
Praxisbudgets zugrunde. Für die Berechnung des dem einzelnen Vertragsarzt eingeräumten
Praxisbudgets setzte der Bewertungsausschuss anhand bundesweiter Durchschnittswerte
für jede Arztgruppe, die von der Regelung über die Praxisbudgets erfasst wurde, je
Behandlungsfall zur Verfügung stehende Fallpunktzahlen fest, die nach
Versichertengruppen gestaffelt waren (Nr 1.2 iVm Nr 1.5 aaO). Diese Fallpunktzahlen kamen
jedoch nur zur Anwendung, wenn eine regionalisierte Vergleichsberechnung der
Fallpunktzahlen einer Arztgruppe unter Heranziehung der in einer KÄV festzustellenden
Abrechnungswerte nicht um mehr als 3 % abwich. Ansonsten traten an ihre Stelle die
regionalisierten Fallpunktzahlen. Während für ihre Berechnung in den KÄV-Bezirken der
alten Bundesländer für jede Fachgruppe jeweils ein Prozentsatz des Praxisumsatzes als
Kostenanteil herangezogen wurde, legte der Bewertungsausschuss für die KÄV-Bezirke der
neuen Bundesländer an die Stelle des Prozentsatzes einen Betriebsausgabensatz in DM-
Beträgen fest. Grundlage hierfür waren die Praxiskosten der Arztgruppen in den alten
Bundesländern abzüglich eines Abschlages von 12,5 %.
3 Der Kläger beanstandete ua die Rechtmäßigkeit der Vorschriften des EBM-Ä über die
Praxisbudgets und machte vor allem geltend, der Bewertungsausschuss sei nicht berechtigt
gewesen, bei der Ermittlung der Fallpunktzahlen für die Arztgruppe der Chirurgen in den
neuen Bundesländern von einem festen Kostensatz auszugehen; vielmehr hätte wie in den
alten Bundesländern eine bestimmte Quote vom Umsatz als Betriebskosten veranschlagt
werden müssen. Zudem sei der Kostensatz fehlerhaft festgesetzt worden. Es sei nicht
gerechtfertigt, einen Abschlag von 12,5 vH von den tatsächlichen Praxiskosten in den alten
Bundesländern vorzunehmen, da im gesamten Bundesgebiet vergleichbare
Kostenstrukturen bestünden.
4 Widersprüche, die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen sowie die Berufung
des Klägers sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung
seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, auf der Grundlage der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) zur Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses seien
die Vorgaben über die Ermittlung der Praxisbudgets für die Chirurgen in den neuen
Bundesländern nicht zu beanstanden. Das Ziel der Praxisbudgets, eine Stabilisierung der
Punktwerte und damit letztlich eine angemessene Honorierung vertragsärztlicher Leistungen
zu erreichen, stehe mit § 87 Abs 2 SGB V in Einklang. Im Hinblick auf die unterschiedliche
Umsatz- und Kostenstruktur der vertragsärztlichen Praxen in Ost- und Westdeutschland im
Bezugszeitraum 1994 habe der Bewertungsausschuss für die Ermittlung der Fallpunktzahlen
der Praxisbudgets in den neuen Bundesländern auf feste Kostensätze abstellen dürfen und
sei nicht gezwungen gewesen, dieselben Vomhundertsätze wie in den alten Bundesländern
vorzuschreiben. Soweit für die Festlegung des festen Kostensatzes ein Abschlag von 12,5
vH auf die tatsächlichen durchschnittlichen Praxiskosten in den alten Bundesländern
vorgenommen worden sei, trage das der unterschiedlichen Situation insbesondere im
Bereich der Personalkosten Rechnung. Besondere Regelungen wegen des
Investitionsbedarfs in den neuen Bundesländern und wegen des unterschiedlichen Anteils
von Privatpatienten in den einzelnen KÄV-Bezirken hätten nicht getroffen werden müssen
(Urteil vom 7.12.2005).
5 Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG
herzuleitenden Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit sowie des Gebotes der
leistungsproportionalen Honorarverteilung nach § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V. Die Vorgaben
über die Berechnung der Praxisbudgets für die Gruppe der Chirurgen in den neuen
Bundesländern seien mit höherrangigem Recht unvereinbar. Bereits der Ansatz eines festen
Betriebskostenanteils innerhalb der Berechnungsformel für die Praxisbudgets in den neuen
Bundesländern stelle einen immanenten Systemfehler dar, der durch Besonderheiten der
neuen Bundesländer nicht gerechtfertigt werde. Bei der Ermittlung der Fallpunktzahlen für
jede Arztgruppe seien die Berechnungsfaktoren "durchschnittliches Arzteinkommen 1994",
"durchschnittliche Fallzahl im jeweiligen KÄV-Bereich der Fachgruppe" und "Kostensatz"
von entscheidender Bedeutung. Anders als in den alten Bundesländern sei in allen fünf
neuen Bundesländern ein fester Betriebskostenanteil angesetzt worden, der sich für
Chirurgen auf 197.000 DM pro Jahr belaufe. Damit sei trotz deutlicher Unterschiede bei
Fallzahlen und Fallwerten in den einzelnen KÄVen der neuen Bundesländer eine
einheitliche Grundlage für die Ermittlung der Fallpunktzahlen vorgegeben worden. Während
in den alten Bundesländern die Praxisbudgets auf der Basis regionaler durchschnittlicher
Arztgruppenumsätze ermittelt worden seien, sei in den neuen Bundesländern einheitlich auf
einen bestimmten Betriebskostenanteil abgestellt worden. Durch den festen Kostensatz
seien diejenigen Praxen begünstigt worden, deren Umsatz den bundesdurchschnittlichen
Umsatz der Chirurgen unterschreite. Für umsatzstärkere Praxen ergebe sich dagegen eine
erhebliche Benachteiligung. Mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG sei die
Ungleichbehandlung der Vertragsärzte in den alten und in den neuen Bundesländern
generell nicht vereinbar.
6 Nicht zu rechtfertigen sei, dass für die Ermittlung der Fallpunktzahlen in den neuen
Bundesländern nicht wie bei der Regelung für die alten Bundesländer der tatsächliche
durchschnittliche Praxiskostenbetrag aller chirurgischen Praxen zugrunde gelegt, sondern
ein Abzug von 12,5 % vorgenommen worden sei. Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche
Bundesvereinigung (KÄBV) habe im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens widersprüchliche
Äußerungen zur Rechtfertigung dieses sog "Ostabschlags" abgegeben. Das Argument
geringerer Personalkosten in den neuen Bundesländern, zu deren Beleg sich das
Berufungsgericht auf die Tarifverträge für Arzthelferinnen bezogen habe, könne den
"Ostabschlag" nicht rechtfertigen. Tatsächlich seien in den neuen Bundesländern die
Arzthelferinnen in den meisten chirurgischen Praxen nach Westniveau vergütet worden.
Schließlich hätte berücksichtigt werden müssen, dass wegen erheblich höherer Fallzahlen
sowohl der Personal- als auch der Raumbedarf für chirurgische Praxen in den neuen
Bundesländern größer als in den alten gewesen sei. Die besondere Benachteiligung der
Chirurgen in den neuen Bundesländern zeige sich in dem massiven Absinken des
Fallwertes von 91,64 DM im Jahre 1994 auf 66,46 DM im Jahre 1999.
7 Der Schutz kleinerer Praxen unter Geltung der Praxisbudgets sei bereits durch die Zu- und
Abschläge auf die Fallpunktzahlen im Budget ausreichend gewährleistet. Im Übrigen habe
der Bewertungsausschuss bei der Kalkulation der Personalkosten vertragsärztlicher Praxen
zu Unrecht auf den Tarifvertrag für die Arzthelferinnen abgestellt; richtigerweise hätten nach
der Rechtsprechung des BSG die höheren Sätze des BAT zugrunde gelegt werden müssen.
Jedenfalls hätte der Normgeber genauere Ermittlungen hinsichtlich der tatsächlichen
Praxiskosten durchführen müssen.
8 Der Kläger beantragt,
die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 7.12.2005 und des Sozialgerichts Gotha
vom 10.4.2002 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für
die Quartale III und IV/1997, I und II/1998 sowie I bis IV/1999 und I/2000 in der Fassung der
Widerspruchsbescheide vom 10.2.1999, 23.8.1999, 22.5.2000, 9.8.2000, 13.2.2001 sowie
18.10.2001 zu verurteilen, seinen - des Klägers - Honoraranspruch unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
hilfsweise, die Sache an das Thüringer Landessozialgericht zurückzuverweisen.
9 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen
10 Sie hält das Berufungsurteil für zutreffend. Das BSG habe - bezogen auf die Gruppe der
Hautärzte - bereits entschieden, dass die Festlegung der Kostensätze, die der Ermittlung der
Fallpunktzahlen in den Praxis- und Zusatzbudgets zugrunde gelegen hätten, grundsätzlich
mit höherrangigem Recht vereinbar sei. Die Vorgabe fester Kostensätze im Rahmen des
Praxisbudgets für die Vertragsärzte in den neuen Bundesländern habe den Zweck verfolgt,
die für die Berechnung der Fallpunktzahlen wichtigen Betriebskosten von den durchweg
niedrigeren Umsätzen der Praxen in den neuen Bundesländern abzukoppeln. Die
Festlegung in Gestalt fester Betriebsausgaben sei nicht willkürlich, sondern beruhe auf einer
Analyse verschiedener Datenquellen. Der Abschlag von 12,5 % von den Betriebsausgaben
der Praxen in den alten Bundesländern berücksichtige, dass die Tarifgehälter in den neuen
Bundesländern erheblich geringer gewesen seien als in den alten Bundesländern. Ob
tatsächlich andere Gehälter gezahlt worden seien, sei unbeachtlich, da sich der Normgeber
an dem jeweils maßgeblichen Tarifvertrag für die Arzthelferinnen orientieren dürfe. In diesem
sei geregelt gewesen, dass vollbeschäftigte Arzthelferinnen in den neuen Bundesländern
85,25 % der Gehälter der Helferinnen in den alten Bundesländern erhielten.
11 Der zu 2. beigeladene Bewertungsausschuss hält die maßgeblichen Regelungen des EBM-
Ä für rechtmäßig und verweist auf seine im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen.
Entscheidungsgründe
12 Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klagen gegen die
angefochtenen Honorarbescheide zu Recht abgewiesen. Diese sind rechtmäßig.
Insbesondere stehen die Vorschriften über die Ermittlung der Fallpunktzahlen in den
Praxisbudgets nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht.
13 Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung höheren
vertragsärztlichen Honorars ist § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V ( hier anzuwenden in der bis
zum 31.12.1999 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom
20.12.1988, BGBl I 2477 ). Danach steht jedem Vertragsarzt ein Anspruch auf Teilhabe an
den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem
Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der
Verteilungsregelungen im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) zu. Das Nähere zu Inhalt und
Umfang der abrechnungsfähigen Leistungen ist im EBM-Ä bestimmt, an dessen Vorgaben
die KÄV bei der Ausgestaltung ihrer Honorarverteilung gebunden ist ( BSGE 94, 50 = SozR
4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 51 ).
14 Die von der Beklagten vorgenommene Umsetzung der Praxisbudgets gemäß den
Allgemeinen Bestimmungen A I, Teil B des EBM-Ä, die vom 1.7.1997 an galten und mit
Ablauf des 30.6.2003 außer Kraft gesetzt worden sind ( Beschluss des Erweiterten
Bewertungsausschusses vom 19.12.2002, DÄ 2003, A-218 ), ist rechtmäßig. Nach diesen
Vorschriften unterlagen ua die Leistungen der Fachgruppe der Chirurgen einer
fallzahlabhängigen Budgetierung ( Allgemeine Bestimmungen A I, Teil B EBM-Ä idF ab
1.7.1997; s DÄ 1996, A-3364 ff; 1997, A-864 ff ). Die Rechtsgrundlage für diese Regelungen
ergab sich aus den durch § 87 Abs 2a Satz 8 ergänzten Regelungen des § 87 Abs 2 Satz 1
iVm Abs 2a Satz 1 und 2 SGB V ( idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom
21.12.1992, BGBl I 2266, mit Ergänzung durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von
Selbstverwaltung und Eigenverantwortung der gesetzlichen Krankenversicherung <2. GKV-
NOG> vom 23.6.1997, BGBl I 1520; vgl dazu die stRspr des BSG, zuletzt Urteile vom
24.9.2003, SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 5 und vom 22.3.2006, SozR 4-2500 § 87 Nr 12
RdNr 11 ). Infolge der Budgets waren die ihnen zugeordneten Leistungen je Arztpraxis und
Abrechnungsquartal nur bis zu einer begrenzten Gesamtpunktzahl abrechenbar. Die diese
Grenze überschreitenden Anforderungen wurden nicht gesondert vergütet. Die Höhe des
Budgets ergab sich aus dem Produkt der festgesetzten Fallpunktzahl und der Zahl der Fälle
gemäß Nr 1.4 aaO EBM-Ä (zum Ganzen zusammenfassend: BSG SozR aaO). Für die
Vorgaben der Vergütung auf der Ebene des EBM-Ä war aber nicht allein der Zuschnitt der
Praxisbudgets ausschlaggebend. Vielmehr waren bei der Honorierung der
Vertragsarztgruppen, die in die Budgetierung einbezogen waren, drei Leistungsbereiche zu
unterscheiden (vgl dazu zB BSGE 89, 259, 261 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 189) . Den
Praxisbudgets waren in jeder der Arztgruppen die ärztlichen Leistungen zugeordnet, die für
ihr Behandlungsspektrum typisch waren und große Anteile ihres Leistungsvolumens -
zwischen 45 % bei den Anästhesisten und 88 % bei den Augenärzten - erfassten (sog grüner
Bereich) . Für weitere Leistungspositionen im Umfang von ca 10 % des Leistungsspektrums
waren Zusatzbudgets geschaffen worden, deren Zuerkennung eine zusätzliche Qualifikation
oder einen besonderen Versorgungsbedarf erforderte (Allgemeine Bestimmungen A I, Teil B
Nr 4 bis 4.3 EBM-Ä - sog gelber Bereich mit qualifikationsgebundenen und
bedarfsabhängigen Zusatzbudgets) . Der verbleibende, etwa 20 % des Honorarvolumens
erfassende Leistungsbereich war unbudgetiert geblieben (sog roter Bereich) , ebenso wie
bestimmte Arztgruppen, die nur auf Überweisung in Anspruch genommen wurden oder
hochspezialisiert waren oder bei denen die Datenlage unzureichend war, von der
Budgetierung nicht erfasst wurden (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 12) .
15 Der Zuschnitt der Praxisbudgets zielte kalkulatorisch auf die Deckung der jeweiligen
arztgruppenbezogenen Kosten für das Betreiben einer Praxis und die möglichst
gleichmäßige Aufteilung des der Vertragsärzteschaft insgesamt zur Verfügung stehenden
Honorarvolumens. Die Angehörigen aller Vertragsarztgruppen, für die Praxisbudgets galten,
sollten danach bei durchschnittlicher Praxisauslastung jedenfalls ihre Praxiskosten in
typischerweise anfallender Höhe decken und in gleichmäßigem Umfang an den in der
Gesamtvergütung enthaltenen Einkommensanteilen teilhaben können ( vgl BSG SozR 4-
2500 § 87 Nr 12 RdNr 13 ). Zur Bestimmung der für die einzelne Arztgruppe maßgeblichen
und hier umstrittenen Fallpunktzahlen für das Praxisbudget wurde zunächst unter
Berücksichtigung aller verfügbaren Daten ein durchschnittlicher Kostenanteil je Arztgruppe
festgelegt. Dazu wurden Rechenwerte herangezogen, die auf der Basis der
durchschnittlichen Kosten jeder Arztgruppe und anknüpfend an deren durchschnittlichen
Praxisumsatz im Jahre 1994 die typischen Praxiskosten einer jeden Arztgruppe
widerspiegeln sollten. Durch Addierung der Kostenanteile aller in die Budgets einbezogenen
Arztgruppen wurde ein Kostenbetrag in DM ermittelt und von den auf diese Arztgruppe
entfallenden Gesamtvergütungen - nach Vorwegabzug belegärztlicher Vergütungen -
abgezogen. Der verbleibende Betrag der Gesamtvergütungen wurde als Einkommensanteil
gleichmäßig auf alle in die Budgetierung einbezogenen Vertragsärzte aufgeteilt. Bei
bundesweiter Betrachtung erreichte diese fiktive Einkommensgröße zuletzt 138.000 DM,
wobei dieser Wert ohne die Einbeziehung der neuen Bundesländer 145.000 DM betragen
hätte ( vgl Ballast, Ersatzkasse 1996, 440, 441 ). Die Addition der fiktiven Einkommensgröße
und der nach Arztgruppen schwankenden Durchschnittskosten ergaben einen Normumsatz.
Dieser wurde durch die abgerechneten Fälle eines Bezugszeitraums dividiert. Daraus
errechnete sich ein durchschnittlicher Fallwert in DM, der wiederum - in Punkte umgerechnet
- die Fallpunktzahlen - nach Versichertengruppen aufgeschlüsselt - für den vom
Praxisbudget erfassten Leistungsbereich ausmachte ( BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 17
).
16 Bei dieser Modellrechnung führte die Berücksichtigung höherer Kostenanteile bei einer
Arztgruppe zu einer Erhöhung des Normumsatzes und als Folge davon zu einer Erhöhung
der Fallpunktzahl im Praxisbudget. Bezogen auf den einzelnen Arzt ergab sich daraus eine
höhere, je Behandlungsfall abrechenbare Punktmenge. Das dem einzelnen Arzt zustehende
Honorar wurde über die von ihm im Praxisbudget abrechenbaren Fallpunktzahlen und der
Zahl der Behandlungsfälle hinaus von einer Reihe weiterer Faktoren bestimmt, zu denen die
über Zusatzbudgets und über nicht budgetierte Leistungen abgerechneten Punktmengen
zählten. Höhere Fallpunktzahlen bei den Praxisbudgets hatten typischerweise eine
Verringerung des Honoraranteils zur Folge, der für die Vergütung der Leistungen aus den
Zusatzbudgets und den nicht budgetierten Leistungen zur Verfügung stand. Zudem hing der
Honoraranspruch des einzelnen Arztes nicht nur von der bei ihm anerkannten
Gesamtpunktzahl ab, sondern wurde wesentlich durch Verteilungsregelungen im HVM der
jeweiligen KÄV beeinflusst (zB Individualbudgets, Fallzahlzuwachsbegrenzungen,
begrenzte Honorarkontingente für Leistungsbereiche und/oder Fachgruppen).
17 Um bestehende Unterschiede in den einzelnen KÄV-Bereichen berücksichtigen zu können,
legte der Bewertungsausschuss in dem Beschluss über die Einführung der Praxisbudgets
fest, dass diese von der jeweiligen KÄV an die regionalen Versorgungsstrukturen
anzupassen waren. Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I, Teil B Nr 3 iVm Anlage 3
EBM-Ä berechneten die KÄVen die regionalen Fallpunktzahlen für die Praxisbudgets nach
der Formel in Anlage 3 aaO. Ergab sich dabei für mindestens eine Arztgruppe eine
Abweichung von mehr als 3 % gegenüber den durchschnittlichen, über alle Versicherten
berechneten Fallpunktzahlen des EBM-Ä, waren nach Nr 1.5 aaO die regionalen
Fallpunktzahlen für alle Arztgruppen anzuwenden (s BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 18) .
Nach Anlage 3 aaO waren folgende regional bestimmten Faktoren für die Berechnung der
KÄV-bezogenen Fallpunktzahlen zu berücksichtigen: (1) Der regionale durchschnittliche
Umsatz des Jahres 1994 der betreffenden Arztgruppe, (2) der regional verbleibende Anteil
an Einkünften aus dem aus der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu Verfügung
stehenden und an bereichseigene Ärzte budgetierender Arztgruppen ausgeschütteten
Honorar des Jahres 1994 nach Abzug der Gesamtsumme der durchschnittlichen
Betriebsausgaben dieser Ärzte, (3) der regionale prozentuale Anteil der in die Praxisbudgets
aufgenommenen Leistungen der ersten beiden Quartale des Jahres 1996 am
Gesamtleistungsbedarf der Arztgruppe sowie (4) die durchschnittliche regionale Anzahl der
budgetrelevanten Fälle des Jahres 1995 nach Nr 1.4 aaO der Arztgruppe je Arzt. Diese nur
hinsichtlich der Betriebsausgaben streitbefangenen Faktoren für die Bildung der KÄV-
bezogenen Fallpunktzahlen lassen erkennen, dass dem Bewertungsausschuss daran
gelegen war, die in den einzelnen KÄV-Bezirken unterschiedlichen Umsatz- und
Fallzahlstrukturen aufzugreifen. Er wollte möglichen Verwerfungen und gravierenden
Abweichungen von den Umsatzstrukturen aus der Zeit bis zum zweiten Quartal 1997
hinsichtlich der budgetrelevanten Fälle und der nicht budgetierten Leistungen der einzelnen
Arztgruppen vorbeugen (vgl dazu Ballast, aaO, 444; zur Notwendigkeit, wesentliche
regionale Unterschiede in den maßgeblichen Verhältnissen zu berücksichtigen: BSG SozR
4-2500 § 85 Nr 26 RdNr 20) . Der Kläger stellt nicht in Frage, dass die Vorgabe des EBM-Ä,
Unterschiede in der Versorgungsstruktur in einzelnen KÄV-Bereichen durch eine sog
regionalisierte Berechnung abzubilden, rechtmäßig ist. Deshalb sind nähere Ausführungen
hierzu nicht veranlasst ( vgl auch bereits BSGE 89, 259, 263 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S
190 f ).
18 Der Bewertungsausschuss gab für die Berechnung der KÄV-bezogenen Fallpunktzahlen für
das Praxisbudget weiterhin vor, dass die KÄVen der neuen Bundesländer nicht die nach
dem bundesdurchschnittlichen prozentualen Kostensatz ermittelten Betriebsausgaben,
sondern die in einer Tabelle aufgeführten festen Betriebsausgaben für jede Arztgruppe
anzuwenden hatten ( Anl 3 Satz 3 aaO ). Damit fand eine Differenzierung zwischen den alten
und den neuen Bundesländern hinsichtlich der Berücksichtigung der Betriebskosten
ausschließlich im Rahmen einer ergänzenden Berechnung KÄV-bezogener regionalisierter
Fallpunktzahlen statt. Insofern ist die Auffassung des Klägers, generell seien die
Fallpunktzahlen für die Ärzte in den neuen Bundesländern mit Hilfe des abweichenden
Kostensatzes vermindert worden, unzutreffend. Nur wenn die Voraussetzungen der
Vorschrift der Allgemeinen Bestimmungen A I, Teil B Nr 3 EBM-Ä vorlagen, dass nämlich bei
einer Arztgruppe eine Abweichung um mehr als 3 % von den durchschnittlichen
Fallpunktzahlen bezogen auf alle Versicherten zu verzeichnen war, waren die regionalen
Fallpunktzahlen für alle Arztgruppen zugrunde zu legen. Die Regionalisierung der
Fallpunktzahlberechnung und - in diesem Rahmen - die Differenzierung bei den
Praxiskosten dienten damit als Korrektiv und als Instrument der Feinsteuerung.
19 Die Überprüfung der im EBM-Ä für die Praxisbudgets festgelegten Kostensätze richtet sich
nach den Maßstäben für die gerichtliche Kontrolle von Normsetzungen. Denn bei der
Festlegung der bundesdurchschnittlichen Praxiskostensätze für die Berechnung der
Praxisbudgets im EBM-Ä handelt es sich um normative Regelungen und nicht um
Tatsachenfeststellungen (dazu im Einzelnen: BSGE 89, 259, 263 f = SozR 3-2500 § 87 Nr
34 S 191 f) . Dies hat Auswirkungen auf die gerichtliche Kontrolldichte (zur Überprüfung
zahlenförmiger Normen s auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 26 RdNr 20 ). Wie jedem anderen
Normsetzer steht auch dem Bewertungsausschuss bei der ihm überantworteten
Rechtsetzung eine Gestaltungsfreiheit zu, die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung
zu respektieren ist und in die von ihr nur in Ausnahmefällen eingegriffen werden darf. Der
Gestaltungsspielraum eines Normgebers ist umso mehr zu beachten, wenn - sei es auch nur
mittelbar - Regelungen über die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme im Streit sind
oder wenn die Bewältigung komplexer Sachverhalte in Frage steht, wie sie vielfach im
Krankenversicherungs- und Vertragsarztrecht anzutreffen sind (s BSGE 94, 50 = SozR 4-
2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 86, mwN) . Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade im
Bereich der GKV und dem dort der Leistungserbringung dienenden Vertragsarztrecht die
Verfolgung der Aufgabe, die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit dieses
Sozialleistungssystems zu erhalten, ein sensibles und hochrangig einzustufendes
Gemeinschaftsgut darstellt ( BSGE 89, 259, 264 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 192 ).
20 Die Qualifizierung der Festlegung von Kostensätzen als Normsetzung bedeutet indessen
nicht, dass der Normgeber aufgrund des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums insoweit
völlig frei wäre ( BSGE 89, 259, 264 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 192 f). Eine Begrenzung
seines Gestaltungsspielraums ergibt sich daraus, dass nach dem Normprogramm des EBM-
Ä der jeweilige Kostensatz bei den verschiedenen Arztgruppen den
bundesdurchschnittlichen Kostensatz des Jahres 1994 abbilden sollte ( s DÄ 1996, A-3364,
3369 f und nochmals DÄ 1997, A-867, 870 f, Anlage 2 und 3, jeweils unter b ). Damit nahm
das Normprogramm auf tatsächliche Verhältnisse Bezug. Das führt zu einer strengeren
gerichtlichen Kontrolle. Diese erstreckt sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht insbesondere
darauf, ob der Bewertungsausschuss bei der Festlegung der Kostensätze für alle
Arztgruppen nach denselben Maßstäben verfahren ist, und inhaltlich darauf, ob seine
Festsetzung frei von Willkür ist, dh, ob er sich in sachgerechter Weise an Berechnungen des
bundesdurchschnittlichen arztgruppenbezogenen Kostensatzes des Jahres 1994 orientiert
hat, vor allem, ob sich seine Festsetzung innerhalb des Spektrums der verschiedenen
Erhebungsergebnisse hält. Im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums darf der
Bewertungsausschuss weitere Gesichtspunkte, wie zB die unterschiedliche
Einkommensentwicklung der Arztgruppen oder Ähnliches, berücksichtigen (BSGE aaO S
265 bzw S 193). Der Bewertungsausschuss orientierte sich für die Ermittlungen der
Fallpunktzahlen der Praxisbudgets in den neuen Bundesländern nicht wie in den alten
Bundesländern an Vomhundertsätzen des arztgruppentypischen Umsatzes, sondern setzte
DM-Beträge fest, die nur mittelbar an die vorgenannten Umsätze anknüpften. Gegen diese
differenzierende Behandlung bestehen unter dem Gesichtspunkt des
Gleichbehandlungsgebotes keine Bedenken.
21 Das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG fordert, wesentlich Gleiches gleich zu
behandeln, während wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden kann ( stRspr, vgl
zB BVerfGE 113, 167, 214 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 83 ). Eine Ungleichbehandlung
ist mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar, wenn Unterschiede solcher Art und solchen Gewichts
bestehen, dass sie diese Ungleichbehandlung rechtfertigen können ( s zB BVerfGE 111,
115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3 RdNr 38; BVerfGE 113, 167, 214 f = SozR aaO ). Dabei ist
der Normgeber befugt, zu pauschalieren, zu typisieren, zu generalisieren und zu
schematisieren ( vgl zB BVerfGE 111, 115, 137 = SozR aaO RdNr 39; ebenso zB BSG, Urteil
vom 19.7.2006 - B 6 KA 8/05 R -, RdNr 21 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen
). Er hat grundsätzlich eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, ob bzw inwieweit er für
verschiedene Fachgruppen unterschiedliche Regelungen trifft oder sie gleich behandelt.
Dies hat der Senat bereits für den Satzungsgeber bei der Honorarverteilung ausgeführt (
BSG aaO RdNr 21 ff, insbesondere auch RdNr 24, mwN ). Das gilt gleichermaßen auf der
hier betroffenen Ebene des EBM-Ä. Für die unterschiedliche Handhabung bei der
Festlegung der Kostensätze sprachen gewichtige Gesichtspunkte, und der
Bewertungsausschuss orientierte sich dabei an dem verfügbaren Datenmaterial und
gelangte zu einer insgesamt vertretbaren Festsetzung.
22 Im Bezirk der beklagten KÄV waren die Voraussetzungen der Allgemeinen Bestimmungen A
I, Teil B Nr 3 iVm Anl 3 EBM-Ä erfüllt, bei deren Vorliegen - wie oben dargestellt - die KÄV
die Fallpunktzahlen des Praxisbudgets für alle Arztgruppen den regionalen Verhältnissen
anpassen musste. Die Regionalisierung der Fallpunktzahlberechnung durch die Beklagte
führte dazu, dass die Fallpunktzahlen für die Leistungen des Praxisbudgets bei Chirurgen in
Thüringen für Rentner 591 Punkte statt 750 Punkte - so die in Teil B Nr 1.5 aaO EBM-Ä
festgelegte Fallpunktzahl - und für die übrigen Versicherten 497 Punkte statt 650 Punkte
betrug.
23 Mit der Einführung der Praxisbudgets im EBM-Ä zum 1.7.1997 wurde das Ziel verfolgt, bei
der Verteilung einer insgesamt begrenzten Gesamtvergütung einen fortschreitenden
Punktwertverfall infolge Ausweitung der Leistungsmengen zu vermeiden und den einzelnen
Arztgruppen für den größten Teil ihrer Leistungen einen annähernd stabilen Punktwert zu
gewährleisten. Dies sollte zugleich den Vertragsärzten ermöglichen, ihr zu erwartendes
vertragsärztliches Honorar sicherer abzuschätzen (sog Kalkulationssicherheit - dazu bereits
im Einzelnen: BSGE 86, 16, 21 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 120 f) . Hingegen war die
Angleichung der Umsatz- und Gewinnaussichten der Vertragsärzte in den alten und in den
neuen Bundesländern von vornherein nicht Absicht bei der Einführung von Praxisbudgets.
Sowohl bei der Beschlussfassung über die Praxisbudgets durch den Bewertungsausschuss
im November 1996 als auch im Jahre 1994, auf das sich die maßgeblichen Berechnungen
über Umsätze und Kostenanteile in vertragsärztlichen Praxen stützten, waren Umsätze und
Gewinne in den vertragsärztlichen Praxen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt
deutlich niedriger als in den alten Bundesländern. Das ergab sich mit solcher Eindeutigkeit
aus den dem Bewertungsausschuss bei Beschlussfassung vorliegenden Unterlagen, dass
nicht beanstandet werden kann, dass dieser beim Erlass der Vorschriften über die
Praxisbudgets darauf abstellte.
24 Nach Mitteilung der zu 1. beigeladenen KÄBV lagen vollständige Daten für die neuen
Bundesländer erst für die Jahre ab 1996 vor. Danach betrug das Honorar für
vertragsärztliche Leistungen der Chirurgen in den neuen Bundesländern im Jahr 1996
171.059 Euro und in den alten Bundesländern 220.315 Euro; daraus ergibt sich, dass ein als
Chirurg tätiger Vertragsarzt in den neuen Bundesländern im Durchschnitt 77,6 % der
Einnahmen eines in den alten Bundesländern tätigen Chirurgen erreichte. Dieser
Vomhundertsatz ist auf 86,8 % in 1997 und 87,1 % in 1998 angestiegen und dann 1999
wieder auf 81,6 % gesunken. Aus dieser auch die Abrechnungsergebnisse des Jahres 1994
widerspiegelnden Situation durfte der Bewertungsausschuss den Schluss ziehen, dass die
Umsätze aus vertragsärztlicher Tätigkeit in den neuen Bundesländern deutlich geringer
waren als in den alten. Anhaltspunkte dafür, wie speziell in den neuen Bundesländern das
Verhältnis von Praxen mit überdurchschnittlichem zu solchen mit unterdurchschnittlichem
Umsatz war, lagen nicht vor. Der Bewertungsausschuss durfte aber in typisierender
Betrachtung davon ausgehen, dass in den neuen Bundesländern jedenfalls eine größere
Zahl umsatzschwächerer Praxen existierte. Hätte er die aus den Abrechnungsergebnissen
der Vertragsärzte in den alten Bundesländern ermittelten prozentualen Betriebskostensätze
unmodifiziert in die Berechnungsformel für die regionalisierten Praxisbudgets übernommen,
so hätte das die im Durchschnitt umsatzschwächeren Ärzte in den neuen Bundesländern
belastet. Bei niedrigen Umsätzen einer Arztgruppe und einer Kostenprozentquote hätte sich
auch ein niedriger Kostenanteil mit der Folge einer niedrigen Fallpunktzahl und damit auch
einem niedrigen Praxisbudget pro Arzt ergeben. Ein Ziel der Vergütungsreform, über das
Praxisbudget bei den einzelnen Arztgruppen eine Grunddeckung des Kostenbedarfs zu
erreichen, wäre zu Gunsten der Vergütung der Leistungen aus den Zusatzbudgets und der
nicht budgetierten Leistungen verfehlt worden. Dieser Effekt geringer Umsätze in
Kombination mit einer Kostenquote wurde durch die Festlegung eines festen Kostensatzes
aufgehoben, und damit entsprach die Berechnung der regionalisierten Fallpunktzahlen dem
Bewertungsgefüge der Praxis- und Zusatzbudgets sachangemessen. Der
Bewertungsausschuss durfte deshalb für den Bereich der neuen Bundesländer an Stelle der
prozentualen Kostensätze in der Formel gemäß Anlage 3 der Allgemeinen Bestimmungen A
I, Teil B EBM-Ä die Kosten gemäß der Tabelle zur Anlage 3 mit festen DM-Beträgen
festlegen.
25 Entgegen der Auffassung des Klägers hatte die Anwendung fester statt prozentualer
Kostensätze nach der Formel der Anlage 3 aaO im Rahmen der Berechnung der
regionalisierten Fallpunktzahlen für das Praxisbudget nicht generell eine Verminderung der
Fallpunktzahlen gegenüber den bundeseinheitlich festgesetzten Zahlen zur Folge. Die
Auswirkungen waren vielmehr je nach Arztgruppe und Versorgungsstruktur im jeweiligen
KÄV-Bezirk unterschiedlich. So führte die Regionalisierung der Fallpunktzahlberechnung im
Vergleich zu den bundeseinheitlichen Fallpunktzahlen bei den Chirurgen in Thüringen zu
niedrigeren Fallpunktzahlen. Ähnliche Verhältnisse bestanden bei den Urologen im Bereich
der Beklagten, wie sich aus den vom Senat am 23.5.2007 verhandelten und durch
Rücknahme der Revision erledigten Verfahren B 6 KA 18/06 R und B 6 KA 19/06 R ergibt.
Hingegen lagen die Fallpunktzahlen in Thüringen zB bei den Hautärzten, den HNO-Ärzten,
den Kinderärzten und den Neurologen bei allen Versichertengruppen und bei den
Augenärzten, den hausärztlichen Internisten und den Gynäkologen zT über den
bundeseinheitlich geltenden Fallpunktzahlen (vgl die Fallpunktzahlen in § 2 der "Grundsätze
der Honorarverteilung der KÄV Thüringen für den Bereich der Primärkassen und
Ersatzkassen", gültig ab 1.1.2000) . Daraus ist abzuleiten, dass es je nach den regionalen
Abrechnungsverhältnissen in den neuen Bundesländern trotz der anderen Berechnung der
Praxiskosten zu höheren Fallpunktzahlen als in den alten Bundesländern kommen konnte.
26 Der Differenzierung bei den Vorgaben für die Ermittlung der Fallpunktzahlen liegt die schon
vom Senat in anderem Zusammenhang für plausibel gehaltene Einschätzung zugrunde,
dass mit steigenden Umsätzen tendenziell höhere Gewinne erzielt werden können, weil ein
bestimmter Sockel von Praxiskosten unabhängig davon anfällt, wie hoch der in der Praxis
erwirtschaftete Umsatz ist ( zB BSGE 80, 223, 226 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 S 136 ff und
BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 27 RdNr 11, mwN - für den zahnärztlichen Bereich; BSG, Urteil
vom 19.7.2006 - B 6 KA 8/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 28 = MedR 2007, 256, jeweils RdNr
18 ). Damit begünstigt ein fester Kostensatz in DM bzw Euro als Kalkulationsgrundlage für
die Berechnung der Praxisbudgets Arztgruppen mit umsatzschwächeren Praxen, da der
Betriebskostenanteil im Hinblick auf die notwendige Grundausstattung in sächlicher und
personeller Hinsicht tendenziell höher ist als bei umsatzstärkeren Praxen. Bei Arztgruppen in
den neuen Bundesländern mit höherem als dem bundesdurchschnittlichen Umsatz führt ein
fester (und damit niedrigerer) Kostensatz allerdings zu einer niedrigeren Fallpunktzahl.
Soweit der Bewertungsausschuss unter Berücksichtigung des Umstands, dass in den neuen
Bundesländern die Zahl der Arztgruppen mit umsatzschwächeren Praxen größer war als in
den alten Bundesländern, für die neuen Bundesländer feste Kostensätze in die
Berechnungsformel einstellte, kann daraus nicht auf eine sachwidrige Festlegung der
Kostensätze geschlossen werden. Bezogen auf die Umsätze aus vertragsärztlicher Tätigkeit
des Jahres 1997 zeigt sich nämlich, dass die festen Kostensätze für die Praxen in den neuen
Bundesländern nur bei einigen Arztgruppen (zB Chirurgen und Urologen) hinter den Werten
zurückblieben, die sich ergaben, wenn die durchschnittlichen Umsätze der Arztgruppen um
die "bundesdurchschnittlichen Kostensätze, 1994 in Prozent" vermindert worden wären. Bei
den Chirurgen hätte der (fiktive) Kostenanteil bei einer Kostenquote von 65 % und einem
durchschnittlichen Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit im Beitrittsgebiet von
360.700 DM den Betrag von 234.455 DM erreicht und damit den festen Kostensatz von
197.000 DM überschritten. Die quotierten Kosten hätten dagegen bei den Orthopäden
273.225 DM betragen, während sich der feste Kostensatz auf 296.000 DM belief. Ähnliche
Verhältnisse ergaben sich auch bei anderen Arztgruppen. Bei den Gynäkologen waren die
(fiktiven) Praxiskosten bei Ansatz der Kostenquote von 56,2 % geringer als der feste
Kostensatz von 186.000 DM, bei den Urologen wiederum höher.
27 Die Berechtigung des Bewertungsausschusses, auf die deutlichen Umsatzunterschiede in
Ost und West durch eine differenzierende Berücksichtigung der Praxiskosten zu reagieren,
wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass in Nr 2 der Allgemeinen Bestimmungen A I, Teil B
des EBM-Ä Zuschläge und Abschläge für kleine und große Praxen vorgegeben worden
waren ( vgl bereits BSGE 86, 16, 19 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 118) . Diese Zu- und
Abschläge gingen von dem "regionalen Fallzahlendurchschnitt des Jahres 1996" aus, hatten
also keinen Bezug zu Unterschieden zwischen Ost- und Westdeutschland. Zudem griffen
diese Zu- und Abschläge nur bei Abweichungen hinsichtlich der Fallzahl, nicht des
Umsatzes ein, und im Übrigen erst bei Praxen, deren Fallzahl die Hälfte des regionalen
Durchschnitts nicht erreichte bzw diesen überstieg. Hierdurch wurden nur besonders kleine
Praxen begünstigt, und zwar unabhängig von dem in den alten Bundesländern generell
höheren Umsatzniveau.
28 Soweit die Revision geltend macht, die in Relation zum alten Bundesgebiet höhere Fallzahl
der Vertragsärzte in den neuen Bundesländern sei unzureichend bei der regionalisierten
Berechnung der Fallpunktzahlen im Praxisbudget berücksichtigt worden, kann dem nicht
gefolgt werden. Nach der Formel für die Berechnung der Fallpunktzahlen im Praxisbudget
führten höhere Fallzahlen zu einer Minderung der Fallpunktzahl. Die Fallzahl war (auch) im
regionalisierten Berechnungsmodell nach Anlage 3 aaO der Divisor, durch den der
bereinigte Normumsatz geteilt wurde: Je größer die durchschnittliche Zahl der Fälle, mit der
in einer Region eine Arztgruppe einen bestimmten Umsatz erreichte, desto geringer war der
Umsatz pro Fall. Da die Fallpunktzahl einen typischen Normumsatz rechnerisch pro
budgetrelevantem Fall beschrieb, musste die Punktzahl systemkonform sinken, wenn die
Fallzahl stieg und der Gesamtumsatz gleich blieb.
29 Der Kläger beanstandet in diesem Zusammenhang weiterhin das Fehlen einer
Differenzierung bei der Festsetzung der Fallpunktzahlen innerhalb der fünf KÄVen in den
neuen Bundesländern. Auch insoweit kann ihr nicht gefolgt werden. Die regionalisierten
Berechnungen der Fallpunktzahlen im Praxisbudget wurden für alle fünf neuen
Bundesländer durchgeführt und führten nach den Angaben des Klägers für die Chirurgen
dazu, dass die Fallpunktzahlen in den fünf neuen Bundesländern sowohl bei den Mitgliedern
und Familienangehörigen als auch bei den Rentnern schwankten, und zwar zwischen 497
und 598 bei den Mitgliedern und zwischen 591 und 707 bei den Rentnern. Für die
Forderung, nicht nur das Umsatzniveau und die Fallzahlen in den einzelnen KÄVen
regionsspezifisch zu berücksichtigen, sondern auch die Höhe des Betriebskostensatzes
KÄV-spezifisch variieren zu lassen, besteht keine rechtliche Grundlage. Auch die
prozentualen Werte, die für die alten Bundesländer galten, wurden nicht wiederum
regionsspezifisch ermittelt bzw festgesetzt. Hinzu kommt, dass die festen
Betriebskostensätze für die Vertragsärzte in den neuen Bundesländern auf der Grundlage
von Ermittlungen zu den Betriebskosten in den alten Bundesländern festgesetzt wurden. Der
vom Kläger beanstandete Betrag von 197.000 DM für chirurgische Praxen wurde in der
Weise berechnet, dass die durchschnittlichen Betriebskosten der chirurgischen Praxen in
den alten Bundesländern auf der Grundlage der von der Beigeladenen zu 1. durchgeführten
Ermittlungen errechnet und um 12,5 % vermindert wurden. Ohne Berücksichtigung des sog
Ost-Abschlags von 12,5 vH hätte der in DM festgesetzte Betriebskostensatz genau dem
durchschnittlichen Betriebskostensatz der chirurgischen Praxen in den alten Bundesländern
entsprochen.
30 Zu Unrecht rügt der Kläger ferner, dass bei den Betriebskosten auf der Basis der für die alten
Bundesländer ermittelten Werte ein Abschlag von 12,5 vH für den Bereich der KÄVen im
Beitrittsgebiet vorgenommen wurde. Der Bewertungsausschuss durfte sich dabei darauf
stützen, dass tatsächlich die Betriebskosten der Praxen in den neuen Bundesländern im
Durchschnitt niedriger lagen als in den alten Bundesländern. Ob dies in allen Fällen, zB
auch in einzelnen Großstädten der neuen Bundesländer etwa in Relation zum ländlichen
Raum Westdeutschlands zutraf, ist unerheblich. Insbesondere das Lohn- und Gehaltsniveau
vor allem der Mitarbeiterinnen in den Praxen war jedenfalls im Referenzzeitraum 1994 in den
neuen Bundesländern niedriger als in den alten Bundesländern. Zu Recht orientierte sich
der Bewertungsausschuss in diesem Zusammenhang an den im Tarifvertrag für die
Arzthelferinnen vereinbarten Gehältern. Die Tarifgehälter der Arzthelferinnen waren ebenso
wie nahezu alle tariflich geregelten Löhne und Gehälter in Ostdeutschland niedriger als in
Westdeutschland. Im Bezugszeitraum 1994 bestanden hinsichtlich der Vergütung
freiberuflicher Leistungen und der Höhe der Einkommen aus abhängiger Beschäftigung
deutliche Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern; bei den
Gehältern sind diese Differenzen bis heute noch nicht ausgeglichen. Zu Recht verweist die
Beigeladene zu 1. in diesem Zusammenhang auf den Vergütungsabschlag nach den
verschiedenen Verordnungen über die Anpassung der Gebührensätze für die
privat(zahn)ärztliche Behandlung (zB BGBl I 1996, 1488) , die dazu geführt hatten, dass die
privatärztlichen und privatzahnärztlichen Vergütungen in den neuen Bundesländern für die
gleichen Leistungen geringer waren als für diejenigen in den alten Bundesländern. Die letzte
(6.) Gebührenanpassungsverordnung mit dem sog Ostabschlag aus dem Jahre 2001 ist erst
zum 1.1.2007 durch Art 7 des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes vom 22.12.2006 (BGBl I
3439) aufgehoben worden.
31 Im Bereich des öffentlichen Dienstes wurden die Ost- und West-Gehälter weder im Jahr 1994
noch im Jahr 1997 völlig aneinander angeglichen. Auch die seit dem 1.8.2004 geltende
Besoldungsordnung für Beamte und Richter weist in allen Besoldungsstufen sowie beim
Familienzuschlag immer noch Besoldungsunterschiede von knapp 10 % aus. Wenn - wie
soeben dargelegt - die Unterschiede im Vergütungsniveau der Praxismitarbeiter einen
Abschlag bei den Praxiskosten in den neuen Bundesländern rechtfertigen, kommt es nicht
darauf an, ob auch noch andere Kosten (zB Raummiete) in Ostdeutschland typischerweise
niedriger waren als in Westdeutschland. Selbst wenn die zu 1. beigeladene KÄBV in einer
Stellungnahme auf diesen Aspekt zur Rechtfertigung des Abschlags von 12,5 % Bezug
genommen haben sollte, rechtfertigt das keine andere Beurteilung.
32 Soweit von der Revision beanstandet wird, der Bewertungsausschuss habe sich auf den
Tarifvertrag für Arzthelferinnen statt auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) gestützt,
ist das ohne Relevanz. Der Senat hat in seinem die Vergütung psychotherapeutischer
Leistungen betreffenden Urteil vom 28.1.2004 ( BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8,
jeweils RdNr 31 ) im Rahmen einer Modellberechnung die Kosten von
Praxismitarbeiterinnen auf der Basis von Vergütungen im öffentlichen Dienst berechnet.
Daraus kann nicht abgeleitet werden, allein das Tarifsystem des öffentlichen Dienstes sei
maßgeblich, wenn empirisch Erkenntnisse über die Personalkosten in Praxen ermittelt
werden. Im Übrigen kommt es hier nicht auf die absolute Höhe der Gehälter der Mitarbeiter in
Praxen, sondern allein auf das Ost-West-Gefälle an; ein solches Gefälle bestand 1994
sowohl im Tarifvertrag für Arzthelferinnen als auch im BAT.
33 Es steht weiterhin mit höherrangigem Recht in Einklang, dass die Vorgaben im EBM-Ä über
die Anpassung der Fallpunktzahlen an die regionalen Versorgungsstrukturen die 1994 und
1997 (noch) existierenden Unterschiede im vertragsärztlichen Vergütungsniveau zwischen
alten und neuen Bundesländern abgebildet und nicht verändert haben. Der Senat hat bereits
entschieden, dass es nicht Aufgabe der Vertragspartner der Gesamtverträge und ggf des
Schiedsamtes ist, über die gesetzgeberischen Maßnahmen hinaus auf eine Angleichung
des Vergütungsniveaus für die Vertragsärzte in den neuen Bundesländern hinzuwirken (
Urteil vom 16.7.2003 - B 6 KA 29/02 R - BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, jeweils
RdNr 26 ). Für den Bewertungsausschuss gilt insoweit nichts anderes. Die Angleichung des
Vergütungsniveaus ist primär Aufgabe des Gesetzgebers, der sich ihr auch nicht entzogen
hat. Über die schon im Senatsurteil vom 16.7.2003 ( aaO, RdNr 26 ) erwähnten Maßnahmen
hinaus hat der Gesetzgeber seit Ende 1999 in mehreren Schritten versucht, das
vertragsärztliche Vergütungsniveau in den neuen Bundesländern demjenigen in den alten
Bundesländern anzugleichen. Dementsprechend sieht Art 14 Abs 1a des Gesetzes zur
Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung ( GKV-
Solidaritätsstärkungsgesetz vom 19.12.1998, BGBl I 3853 ) vor, dass für den
Fall unterschiedlicher Veränderungsraten der beitragspflichtigen Einnahmen in Ost- und
Westdeutschland ein Gesamtvergütungsausgleich zugunsten der KÄVen in den neuen
Bundesländern stattzufinden hat. Noch weitergehend bestimmt Art 3 des Gesetzes zur
Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte vom
11.12.2001 ( BGBl I 3526 ), dass bei der Vereinbarung der Gesamtvergütungen nach § 85
SGB V für die Jahre 2002 bis 2004 die Veränderungsrate nach § 71 Abs 3 SGB V im
Beitrittsgebiet um jährlich bis zu drei Prozentpunkte, insgesamt jedoch höchstens sechs
Prozentpunkte, überschritten werden darf, sofern in diesem Zeitraum die damit verbundenen
Mehrausgaben durch Minderausgaben bei den Leistungen von Krankenkassen und
Leistungserbringern in dem jeweiligen Bundesland erwirtschaftet werden und insoweit die
Beitragssatzstabilität durch die Erhöhung nicht gefährdet wird. Schließlich ist § 85 SGB V
durch Art 1 Nr 64 Buchst g des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetzes ) vom 14.11.2003 (BGBl I
2190) um einen Abs 3d ergänzt worden. Nach dieser Vorschrift werden die
Gesamtvergütungen im Beitrittsgebiet über die nach Abs 3 zu vereinbarenden Erhöhungen
hinaus in den Jahren 2004 bis 2006 schrittweise um 3,8 vH erhöht und im Gegenzug in den
alten Bundesländern um 0,6 vH abgesenkt. Damit wird ein Volumen von knapp 120 Mio
Euro zusätzlich für die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Beitrittsgebiet
bereitgestellt (BT-Drucks 15/1525 S 100, zu Art 1 Nr 65 Buchst g <§ 85>) . Daraus ist
abzuleiten, dass sich der Gesetzgeber des Problems der nach wie vor unterschiedlich hohen
Vergütung vertragsärztlicher Leistungen in den alten und den neuen Bundesländern
bewusst ist und im Rahmen seiner Verantwortung für die finanzielle Stabilität der GKV auf
eine Angleichung hinwirkt.
34 Auch im Übrigen greifen die Beanstandungen, die der Kläger gegen die Vorschriften über
die Ermittlung der Fallpunktzahlen für das Praxisbudget der Chirurgen in Thüringen erhebt,
nicht durch. Soweit er geltend macht, der Bewertungsausschuss hätte die höheren
Praxisinvestitionen in den neuen Bundesländern berücksichtigen müssen, trifft das nicht zu.
Das LSG hat schon nicht iS des § 163 SGG festgestellt, dass die Investitionskosten in den
neuen Bundesländern höher waren als in den alten. Die von der beigeladenen KÄBV im
Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen ergeben das Gegenteil, und der Hinweis auf
den Nachholbedarf bei den Investitionen in Thüringen ist nur auf den ersten Blick plausibel.
Er benennt zwar einen für die Höhe von Investitionskosten maßgeblichen Faktor, lässt aber
nicht erkennen, wie dieser sich auf die Kosten insgesamt auswirkt. Wenn etwa die Kosten für
Kauf oder Miete von Praxisräumen in Ostdeutschland niedriger waren als im Westen, kann
dies einen Mehrbedarf bei der Anschaffung von medizinisch-apparativer Ausstattung
durchaus wieder ausgleichen.
35 Schließlich führt die Art und Weise, in der der Bewertungsausschuss die Auswirkungen der
Behandlung von Privatpatienten in der vertragsärztlichen Praxis bei Ermittlung der
Praxiskosten berücksichtigte, nicht zur Rechtswidrigkeit der Berechnungsvorgaben für die
Fallpunktzahlen. Für die Trennung des Gesamtumsatzes in "GKV-Umsatz" und "Nicht-GKV-
Umsatz" stützte er sich auf die Angaben des Statistischen Bundesamtes ohne
Unterscheidung zwischen Ost- und Westdeutschland. Die Verteilung der Praxiskosten auf
die beiden Umsatzblöcke nahm er so vor, dass er die beiden in Betracht kommenden
Prinzipien der Zuordnung je zur Hälfte anwandte. Diese unterscheiden sich danach, ob die
Kosten pro Fall in einem Prozentsatz des Umsatzes ("Tragfähigkeitsprinzip") oder
ungeachtet des Umsatzes mit einem festen Geldbetrag pro Fall ("Eintrittskartenprinzip") zu
veranschlagen waren. Das erstgenannte Verfahren führt dazu, dass auf der Grundlage, der
Überschuss bei einem Privatpatienten sei doppelt so hoch wie bei einem GKV-Patienten,
pro Privatpatient doppelt so hohe Kosten wie bei einem GKV-Patienten veranschlagt
werden. In der Systematik des Beschlusses des Bewertungsausschusses hatte das
niedrigere GKV-bezogene Praxiskosten und damit niedrigere Fallpunktzahlen zur Folge. Bei
Anwendung des anderen Verfahrens tritt der gegenteilige Effekt ein. Der höhere Umsatz mit
Privatpatienten ändert nichts an der allein fallbezogenen Kostenzuordnung, sodass bei
Annahme eines 10 %-Anteils von Privatpatienten auch nur 10 % der realen Praxiskosten auf
den Privatsektor verrechnet werden. Der Bewertungsausschuss entschied sich dafür, beide
Prinzipien je zur Hälfte anzuwenden. Die übliche betriebswirtschaftliche Methode,
Vorhaltekosten nach dem Tragfähigkeitsprinzip und Fixkosten nach Eintrittskartenprinzip zu
verteilen, ließ sich nicht realisieren. Die der Beigeladenen zu 1. zur Verfügung stehenden
Daten ermöglichten keine Trennung nach diesen beiden Kostenarten.
36 Zutreffend weist der Kläger allerdings darauf hin, dass der in den neuen Bundesländern
geringere Anteil von Privatpatienten nicht berücksichtigt wurde. Er wurde auch nicht in die
Faktoren einbezogen, die nach Anlage 3 aaO für die Anpassung der Fallpunktzahlen im
Praxisbudget an die regionalen Strukturen relevant sind. Die Erwägung des
Bewertungsausschusses, es sei generell nicht danach differenziert worden, wie hoch der
Privatpatientenanteil in der einzelnen Praxis sei, überzeugt insoweit nur in begrenztem
Ausmaß. Es ist nicht unmittelbar einleuchtend, weshalb einerseits bei den Praxiskosten
generell ein Abschlag im Bereich der neuen Bundesländer vorgesehen wurde, bei dem
Anteil der Privatpatienten aber nicht. Dass der Anteil der Privatpatienten in den Praxen im
Beitrittsgebiet kleiner ist als in den alten Bundesländern, beruht auf strukturellen Umständen,
und zwar vor allem auf der geringeren Zahl privat versicherter Beamter in den neuen
Bundesländern. Ruhestandsbeamte gab es aus historischen Gründen im Jahr 1994 dort
nicht in nennenswerter Zahl und aktive Beamte nur in erheblich geringerem Umfang als in
den alten Bundesländern. Gleichwohl führt die Nichtberücksichtigung des typischerweise
kleineren Privatpatientenanteils in den neuen Bundesländern nicht zur Rechtswidrigkeit der
EBM-Ä-Regelungen. Denn Daten, aus denen sich ergeben hätte, wie hoch der
Privatpatientenanteil in Ost und West ist, standen nicht zur Verfügung. Offen bleiben kann,
ob - wie der Kläger meint - der Bewertungsausschuss möglicherweise verpflichtet gewesen
wäre, in die Vorgaben in Anlage 3 aaO ggf einen entsprechenden Korrekturfaktor
einzubauen ( vgl zum Kostensatz der Hautärzte BSGE 89, 259, 267 = SozR 3-2500 § 87 Nr
34 S 195 ). Da die Praxisbudgets zum 30.6.2003 außer Kraft gesetzt worden sind, wäre eine
solche in die Zukunft gerichtete Anpassungspflicht ohnehin entfallen.
37 Soweit der Kläger schließlich einen deutlichen Rückgang der Fallwerte chirurgischer Praxen
in Thüringen zwischen 1996 und 1999 beanstandet, führt das zu keiner anderen Beurteilung
der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Regelungen des EBM-Ä. Die Fallwerte der einzelnen
Arztgruppen beruhen auf einer Vielzahl von Faktoren wie etwa der Gesamtmenge der
abgerechneten Leistungen, der Höhe der Gesamtvergütungen und der Punktwerte für die
vom Praxisbudget erfassten und die sog "freien" Leistungen ("roter Bereich"). Rückgänge bei
den Fallwerten sind deshalb von vornherein ungeeignet als Indiz für strukturelle
Fehlfestlegungen im Bereich der EBM-Ä-Regelungen. Der Kläger macht selbst nicht geltend,
dass die Vergütung seiner vertragsärztlichen Leistungen in den streitbefangenen Quartalen
generell unangemessen niedrig gewesen wäre ( zu den Maßstäben dazu näher BSGE 94,
50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 140 ). Dafür ist auch nichts ersichtlich. Der Kläger
erhielt in den neun streitbefangenen Quartalen Honorare zwischen 57.535,79 DM (II/99) und
67.638,24 DM (IV/99). Unter Berücksichtigung eines Kostensatzes von 65 %, wie er in der
Anlage 3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä für die Chirurgen festgelegt ist, ergibt
sich bei durchschnittlichen Quartalseinnahmen von 62.000 DM ein Überschuss von 20.750
DM pro Quartal. Daraus resultiert ein Überschuss aus vertragsärztliche Tätigkeit von ca
83.000 DM im Jahr. Dieser bleibt hinter dem vom Normgeber des EBM-Ä kalkulierten
Durchschnittseinkommens je Arzt von 138.000 DM ( vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr
2, jeweils RdNr 123 ) zurück, ist aber nicht objektiv unangemessen niedrig. Der Senat hat in
seinem einen Arzt für Pathologie betreffenden Urteil vom 9.12.2004 (B 6 KA 73/03 R)
klargestellt, dass auch in den alten Bundesländern Überschüsse aus vertragsärztlicher
Tätigkeit von lediglich 12.000 Euro pro Quartal bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen,
insbesondere einer gewährleisteten vertragsärztlichen Versorgung im jeweiligen
Fachgebiet, für die Jahre 1998 bis 2000 keinen Anlass zur Beanstandung bieten mussten (
Umdruck S 46 ). Das Vergütungsniveau in den neuen Bundesländern durfte in dieser Zeit
hinter demjenigen in den alten Bundesländern zurückbleiben ( vgl BSGE 89, 1, 10 = SozR 3-
2500 § 85 Nr 41 S 336 ). Schließlich besteht zwischen der Arztgruppe der Chirurgen und
anderen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztgruppen insoweit ein
Unterschied, als die Chirurgen neben ihren Einnahmen aus vertragsärztlicher und
privatärztlicher Tätigkeit durchweg über nennenswerte Einnahmen im Rahmen des
berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens (D-Arzt, H-Arzt) verfügen. Durch die Einnahmen
im D- und H-Arzt-Verfahren, die nur in geringfügigem Umfang auch anderen Arztgruppen zur
Verfügung stehen, weisen die typischerweise für die Erstversorgung von Arbeits- und
Schulunfällen zuständigen Chirurgen gegenüber anderen Arztgruppen eine Besonderheit
auf, die es rechtfertigen kann, dass ihre Umsätze aus vertragsärztlicher Tätigkeit hinter
denjenigen anderer Arztgruppen in gewissem Umfang zurückbleiben (vgl Beschluss des
Senats vom 31.8.2005 - B 6 KA 22/05 B - juris).
38 Danach sind die angefochtenen Honorarbescheide, soweit deren Prüfung durch den Senat
veranlasst war, rechtmäßig.
39 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 Satz 2 SGG in der bis zum 1.
Januar 2002 geltenden und hier im Hinblick auf die Klageerhebung vor diesem Stichtag
maßgeblichen Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).