Urteil des BSG vom 14.06.2018

Soziales Entschädigungsrecht - Erhöhung der Pflegezulage - angemessene Kosten - arbeitsvertraglich tätige Pflegekraft in Rente - Versicherungsfreiheit der Pflegekraft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung - kein Abschlag in Höhe eines fiktiven Arbei

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 14.6.2018, B 9 V 4/17 R
ECLI:DE:BSG:2018:140618UB9V417R0
Soziales Entschädigungsrecht - Erhöhung der Pflegezulage -
angemessene Kosten - arbeitsvertraglich tätige Pflegekraft in
Rente - Versicherungsfreiheit der Pflegekraft in der Renten-
und Arbeitslosenversicherung - kein Abschlag in Höhe eines
fiktiven Arbeitnehmerbeitragsanteils
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des
Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Oktober 2017
wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu
tragen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1743,18 Euro
festgesetzt.
Tatbestand
1 Zwischen den Beteiligten ist streitig die Erstattungsfähigkeit der
Aufwendungen für eine Pflegekraft als Teil der erhöhten
Pflegezulage nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) im
Zeitraum vom 1.7.2010 bis 31.12.2011.
2 Die Klägerinnen sind als Erben Gesamtrechtsnachfolger des am
16.12.2015 verstorbenen P. G. (G), dem als Kriegsblinden
Leistungen nach dem BVG zustanden, insbesondere die sog
erhöhte Pflegezulage nach § 35 Abs 2 BVG.
3
G hatte zur Sicherstellung seiner Pflege einen Arbeitsvertrag mit
Frau S. (S) abgeschlossen, die bei Antritt des Arbeitsverhältnisses
bereits eine Regelaltersrente bezog und deshalb versicherungsfrei
in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung war. Die
arbeitsvertraglich zwischen G und S vereinbarte Bruttovergütung
erfolgte in Anlehnung an die Richtlinien für Arbeitsverträge (AVR) in
den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes. Das
Arbeitsverhältnis bestand bis zum 31.12.2011.
4 Auf Antrag des G setzte der Beklagte mit Bescheid vom 16.9.2011
die erhöhte Pflegezulage für die Monate Juni bis Dezember 2010
endgültig fest. Dabei lehnte er eine Erstattung der Vergütungskosten
in Höhe eines fiktiv von S zu tragenden Arbeitnehmerbeitragsanteils
zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung für die
Monate Juni bis Dezember 2010 ab (insgesamt 631,18 Euro).
Ebenso verfuhr der Beklagte mit Bescheid vom 19.3.2012, in dem er
die erhöhte Pflegezulage endgültig festsetzte und eine
Kostenerstattung für die Monate Januar bis Dezember 2011
ablehnte (insgesamt 1112,00 Euro). Die hiergegen gerichteten
Widersprüche des G wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheiden vom 6.3. und 9.3.2015 zurück. Zur
Begründung führte er aus, erstattungsfähige Kosten seien nur die
tatsächlich anfallenden finanziellen Aufwendungen für die
Fremdpflege. S müsse als Regelaltersrentnerin aufgrund ihrer
Versicherungsfreiheit keinen Arbeitnehmeranteil an den Beiträgen
zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung tragen.
Seien Beiträge zur Sozialversicherung bei Pflegekräften wegen
Rentenbezugs nicht mehr zu zahlen, entstünden diese auch
tatsächlich nicht mehr. Eine Vergütungsvereinbarung zwischen dem
Beschädigten und der fremden Pflegekraft, die diesem Umstand
nicht durch eine entsprechende Absenkung Rechnung trage, sei in
Höhe des entsprechenden fiktiven Arbeitnehmerbeitragsanteils nicht
mehr angemessen. Zu den angemessenen Kosten gehörten nur die
notwendig an die Sozialversicherungssysteme abzuführenden
Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
5
Auf die von G am 25.3.2015 erhobenen, zur gemeinsamen
Verhandlung und Entscheidung verbundenen und von den
Klägerinnen nach dem Tod des G als dessen alleinige Erben und
Rechtsnachfolger fortgeführten Klagen hat das SG mit Urteil vom
16.1.2017 den Beklagten verurteilt, den Klägerinnen die im Rahmen
arbeitsvertraglicher Fremdpflege entstandenen Aufwendungen für
den Zeitraum vom 1.6.2010 bis 31.12.2011 für die Pflegekraft S
entsprechend dem vertraglich vereinbarten Bruttoarbeitsentgelt zu
erstatten.
6
Das LSG hat mit Urteil vom 11.10.2017 die Berufung der Beklagten
zurückgewiesen und den Beklagten verurteilt, den Klägerinnen als
Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen G 1743,18 Euro zu
zahlen. Zu Recht habe das SG der Klage stattgegeben. Lediglich
der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung sei mangels
vollstreckbarer Formulierung neu zu fassen. Die Klägerinnen hätten
als Erben des G Anspruch auf Zahlung der erhöhten Pflegezulage in
der geltend gemachten Höhe. Angemessen seien die tatsächlich
erforderlichen Kosten für Wartung und Pflege
(Hinweis auf Senatsurteil vom 2.12.2010 - B 9 V 2/10 R - SozR 4-
3100 § 35 Nr 5)
. Erforderlich bedeute in diesem Zusammenhang, dass es
maßgeblich darauf ankomme, zu welchen Kosten der
Versorgungsempfänger in der Lage sei, sich die nach Art und
Umfang notwendige Hilfeleistung durch eine dazu qualifizierte
Pflegekraft zu beschaffen. Hierfür böten die AVR der Caritas eine
geeignete Beurteilungsgrundlage
(Hinweis auf Senatsurteil vom 18.9.2003 - B 9 V 12/01 R - SozR 4-
3100 § 35 Nr 1)
. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei kein Abschlag in Höhe
eines fiktiv zu bestimmenden Arbeitnehmerbeitragsanteils zur
gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung bei
Pflegekräften vorzunehmen, die bereits Regelaltersrente bezögen.
Nur eine solche Verfahrensweise entspreche auch den AVR der
Caritas. Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung
materiellen Rechts. Das Berufungsgericht habe den unbestimmten
Rechtsbegriff "angemessene Kosten" iS des § 35 Abs 2 S 1 BVG
unzutreffend ausgelegt. Anders als das LSG meine, sei nicht der
volle Bruttolohn für eine bereits Regelaltersrente beziehende
Pflegekraft "angemessen", sondern nur der um den tatsächlich nicht
anfallenden Arbeitnehmerbeitragsanteil zur gesetzlichen Renten-
und Arbeitslosenversicherung geminderte Bruttolohn. Die
gegenteilige Auslegung des Berufungsgerichts widerspreche einem
Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
(BMAS) vom 2.11.2015 und führe zu einer unterschiedlichen Praxis
in den Bundesländern.
7 Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.
Oktober 2017 und des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2017
aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
8 Die Klägerinnen beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
9 Sie halten die vorinstanzlichen Entscheidungen für zutreffend.
10
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten
den Rechtsstreit für den Monat Juni 2010 übereinstimmend für
erledigt erklärt, weil den Klägerinnen als Gesamtrechtsnachfolger
des G (schon) aufgrund des rechtskräftigen Urteils des SG vom
12.2.2013 (S 33 VE 190/10) und des hierzu ergangenen
bestandskräftigen Ausführungsbescheids des Beklagten vom
3.9.2014 der für diesen Monat in Abzug gebrachte fiktive
Arbeitnehmerbeitragsanteil für die Renten- und
Arbeitslosenversicherung zusteht.
Entscheidungsgründe
11
A. Die Revision des Beklagten ist zulässig. Insbesondere liegt ihr
eine ausreichende Revisionsbegründung zugrunde
(vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG). Der Beklagte macht hinreichend
deutlich, dass er sich gegen die vom LSG vorgenommene
Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "angemessene
Kosten" iS des § 35 Abs 2 S 1 BVG wendet.
12
B. Seine Revision ist aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).
13
Die Klägerinnen haben Anspruch auf Zahlung der erhöhten
Pflegezulage nach § 35 Abs 2 S 1 BVG für den hier allein nur noch
streitbefangenen Zeitraum vom 1.7.2010 bis 31.12.2011 ohne
Abzug eines sog fiktiven Arbeitnehmerbeitragsanteils der S zur
gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung.
14
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des
Beklagten vom 16.9.2011 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 6.3.2015 (§ 95 SGG) und sein
Bescheid vom 19.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 9.3.2015 (§ 95 SGG) nur insoweit, als darin der Beklagte bei
der endgültigen Festsetzung der erhöhten Pflegezulage für den hier
noch streitbefangenen Zeitraum vom 1.7.2010 bis 31.12.2011 eine
Kürzung des von G an S gezahlten Bruttoarbeitsentgelts in Höhe
eines fiktiven Arbeitnehmerbeitragsanteils zur gesetzlichen Renten-
und Arbeitslosenversicherung vorgenommen hat. Nur in diesem
beschränkten Umfang haben G und nach seinem Tod als dessen
Gesamtrechtsnachfolger die Klägerinnen die Bescheide mit der
kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage
(§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG) angefochten.
15
2. Die Klagen sind zulässig. Nach dem Tod des G sind die
Klägerinnen als dessen Töchter und alleinige Erben im Wege eines
gesetzlichen Beteiligtenwechsels in dessen prozessuale
Rechtsposition eingetreten. Ihre Rechtsnachfolge ergibt sich aus §
58 SGB I. Nach dieser Bestimmung werden fällige Ansprüche nach
den Vorschriften des BGB vererbt, soweit diese nicht nach den §§
56 und 57 SGB I einem Sonderrechtsnachfolger zustehen. § 56 Abs
1 S 1 Nr 2 SGB I ist hier nicht einschlägig. Danach stehen fällige
Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten
den Kindern zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines
Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm
wesentlich unterhalten worden sind. Dies war bei den Klägerinnen
nicht der Fall. Damit handelt es sich bei ihnen nicht um
Sonderrechtsnachfolger iS des § 56 SGB I, sondern um
Gesamtrechtsnachfolger iS des § 58 SGB I, § 1922 BGB.
16
3. Die Klagen sind auch begründet. Die angefochtenen Bescheide
des Beklagten halten im streitgegenständlichem Umfang einer
revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie erweisen sich als
rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen insoweit in ihren
Rechten, als der Beklagte bei der Festsetzung der erhöhten
Pflegezulage für den hier nur noch streitbefangenen Zeitraum vom
1.7.2010 bis 31.12.2011 eine Kürzung des von G an S gezahlten
Bruttoarbeitsentgelts in Höhe eines fiktiven
Arbeitnehmerbeitragsanteils zur gesetzlichen Renten- und
Arbeitslosenversicherung vorgenommen hat.
17
a) Der Anspruch der Klägerinnen als Gesamtrechtsnachfolger des G
auf Erstattung von Arbeitsentgelt für S in Höhe eines fiktiven
Arbeitnehmerbeitragsanteils zur gesetzlichen Renten- und
Arbeitslosenversicherung stützt sich auf § 35 Abs 2 S 1 BVG in der
hier maßgeblichen, mit Wirkung vom 1.4.1995 in Kraft getretenen
Fassung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der
Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetzes) vom 26.5.1994
(BGBl I 1014). Nach dieser Vorschrift wird die einem Beschädigten
nach § 35 Abs 1 BVG gewährte pauschale Pflegezulage erhöht,
wenn fremde Hilfe von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages
geleistet wird und die dafür aufzuwendenden angemessenen
Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage übersteigen. Als
Erhöhungsbetrag werden danach diejenigen angemessenen Kosten
übernommen, die der Beschädigte tatsächlich aufwenden muss, um
die erforderliche Pflege und Wartung für sich sicherzustellen
(vgl Senatsurteil vom 2.12.2010 - B 9 V 2/10 R - SozR 4-3100 § 35
Nr 5 RdNr 41; Senatsurteil vom 18.9.2003 - B 9 V 12/01 R - SozR 4-
3100 § 35 Nr 1 RdNr 15; Senatsurteil vom 2.7.1997 - 9 RV 7/96 -
SozR 3-3100 § 35 Nr 7 S 16)
.
18
Der unbestimmte Rechtsbegriff der "angemessenen Kosten" in § 35
Abs 2 S 1 BVG für Pflege und Wartung durch eine
Fremdpflegeperson bedarf jedoch insbesondere im Hinblick auf eine
Gleichbehandlung der Beschädigten einer weiteren Konkretisierung
(vgl Senatsurteil vom 2.12.2010 - B 9 V 2/10 R - SozR 4-3100 § 35
Nr 5 RdNr 41; Senatsurteil vom 18.9.2003 - B 9 V 12/01 R - SozR 4-
3100 § 35 Nr 1 RdNr 14)
. Dies gilt auch für die zwischen den Beteiligten hier allein streitige
Höhe der Vergütung der fremden Pflegekraft
(vgl Senatsurteil vom 2.12.2010 - B 9 V 2/10 R - SozR 4-3100 § 35
Nr 5 RdNr 41)
. Die gemäß Art 84 Abs 2 GG erlassenen Verwaltungsvorschriften
zum BVG enthalten insoweit keine Aussagen. Als
"rechtskonkretisierende Leitsätze" mögen sich hierzu zwar auch
grundsätzlich in (Rund-)Schreiben des BMAS gegebene
Durchführungshinweise zu § 35 Abs 2 BVG eignen. Diese dürfen
dann jedoch nicht zu Beträgen führen, die unter denjenigen liegen,
die ein Beschädigter unter orts- bzw arbeitsmarktüblichen
Bedingungen für eine (qualifizierte) (Haus-)Pflegekraft
typischerweise aufwenden muss
(vgl Senatsurteil vom 18.9.2003 - B 9 V 12/01 R - SozR 4-3100 § 35
Nr 1 RdNr 14)
.
19
Bei der für eine Erhöhung der Pflegezulage nach § 35 Abs 2 BVG
erforderlichen Prüfung, ob für die vom Beschädigten angestellte
Pflegekraft angemessene Kosten aufgewendet werden, ist die
Versorgungsverwaltung nach der Rechtsprechung des Senats
grundsätzlich berechtigt, bei der vergütungsmäßigen Bewertung der
beschäftigten (Haus-)Pflegekraft die Richtlinien für Arbeitsverträge
(AVR) in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (in
ihrer jeweils gültigen Fassung) zugrunde zu legen. Im Fall ihrer
Anwendung darf die Versorgungsverwaltung dann aber von deren
Festlegungen auch nicht mehr ohne Weiteres abweichen
(Senatsurteil vom 18.9.2003 - B 9 V 12/01 R - SozR 4-3100 § 35 Nr
1
Leitsatz und RdNr 16).
20
b) Danach war der Beklagte bei der Festsetzung der erhöhten
Pflegezulage nicht berechtigt, diejenigen Entgeltbestandteile, die in
der Höhe eines fiktiv von S zu tragenden
Arbeitnehmerbeitragsanteils zur gesetzlichen Renten- und
Arbeitslosenversicherung entsprechen, als unangemessene
(Vergütungs- bzw Lohn-)Kosten iS des § 35 Abs 2 S 1 BVG zu
Lasten des G in Abzug zu bringen bzw diesem nicht zu erstatten.
21
Dem Beklagten ist zwar Recht zu geben, dass S im hier noch
streitbefangenen Beschäftigungszeitraum vom 1.7.2010 bis
31.12.2011 wegen des Bezugs einer Regelaltersrente bzw des
Erreichens der Regelaltersgrenze zu jenen Arbeitnehmern zählte,
die in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung
versicherungsfrei
(§ 5 Abs 4 Nr 1 SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung des
Rentenreformgesetzes 1992 vom 18.12.1989, BGBl I 2261;
1990 I 1337; § 28 Abs 1 Nr 1 SGB III in der Fassung des RV-
Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007, BGBl I 554)
und für die vom Arbeitgeber nur Beiträge in Höhe des sog
Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Renten- und
Arbeitslosenversicherung zu zahlen waren
(§ 172 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Fassung des RRG 1992 vom
18.12.1989 aaO; § 346 Abs 3 S 1 SGB III in der Fassung des RV-
Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 aaO)
. Trotzdem war die Versorgungsverwaltung bei der Festsetzung der
erhöhten Pflegezulage gegenüber G als pflegebedürftigen
Versorgungsempfänger nicht zur Kürzung der Bruttovergütung in
Höhe eines fiktiven Arbeitnehmerbeitragsanteils der S zu diesen
Sozialversicherungszweigen berechtigt. Denn auch dieser
Entgeltbestandteil zählt zu den angemessenen und damit
erstattungsfähigen Lohnkosten iS des § 35 Abs 2 S 1 BVG, wenn
das für die Pflegeleistung zwischen dem pflegebedürftigen
Versorgungsempfänger und der fremden Pflegekraft im
Arbeitsvertrag vereinbarte Bruttoarbeitsentgelt seinerseits
angemessen iS des § 35 Abs 2 S 1 BVG ist.
22
aa) Daszwischen G und S für deren Pflegetätigkeit arbeitsvertraglich
vereinbarte und als Beitragsbemessungsgrundlage für die
Sozialversicherungsbeiträge
(und damit auch für den hier streitigen fiktiv vom Beklagten
errechneten Arbeitnehmerbeitragsanteil zur gesetzlichen Renten-
und Arbeitslosenversicherung; vgl § 161 Abs 1, § 162 Nr 1 SGB VI
bzw § 341 Abs 3 S 1, § 342 SGB III jeweils iVm § 14 Abs 1 S 1 SGB
IV)
maßgebliche Bruttoarbeitsentgelt ist angemessen iS des § 35 Abs 2
S 1 BVG. Hinsichtlich der Vergütung fanden auf das
Arbeitsverhältnis zwischen G und S kraft einzelvertraglicher
Vereinbarung die AVR der Caritas Anwendung
(vgl hierzu BAG Urteil vom 6.11.1996 - 5 AZR 334/95 - BAGE 84,
292, 286)
. Nach den Feststellungen des LSG entsprach das
Bruttoarbeitsentgelt der S in der mit G vereinbarten Höhe den
Vorgaben der AVR. Das Berufungsgericht hat zwar keine
Feststellungen zu Art und Ausmaß der Pflegetätigkeit sowie zur
Qualifikation und zu der konkreten Einstufung der S in das
Vergütungsgruppensystem nach den AVR der Caritas getroffen.
Diese waren vorliegend aber auch entbehrlich, weil hierüber
zwischen den Beteiligten kein Streit besteht. Entsprechendes gilt für
die ebenfalls fehlenden Feststellungen der Vorinstanz zu der Höhe
der dem G nach § 35 Abs 1 BVG gewährten pauschalen
Pflegezulage.
23
Der Senat hat - wie oben ausgeführt - in seinem Urteil vom
18.9.2003(B 9 V 12/01 R - SozR 4-3100 § 35 Nr 1Leitsatz und
RdNr 16)bereits entschieden, dass die AVR der Caritas (in der
jeweils gültigen Fassung) einen geeigneten Bewertungsmaßstab für
eine angemessene Vergütung einer Pflegekraft iS des § 35 Abs 2 S
1 BVG darstellen, von dem im Fall ihrer Anwendung nicht ohne
Weiteres abgewichen werden darf. Besondere Sachgründe, die eine
Abweichung von der Vergütungsstruktur der AVR im Rahmen der
hier streitigen Bestimmung der Angemessenheit der Lohnkosten bei
der Beschäftigung von Regelaltersrentnern als Pflegekraft
rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Ein solcher eine Abweichung
rechtfertigender sachlicher Grund ist jedenfalls nicht bereits dann
gegeben, wenn für die Pflegekraft - wie vorliegend - aufgrund von
Versicherungsfreiheit ein Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen
Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht mehr zu entrichten ist.
Denn Lohnkosten in entsprechender Höhe bleiben für den
Versorgungsempfänger bestehen, die dieser im Fall eines unter
Berücksichtigung der Vorgaben der AVR vertraglich vereinbarten
und damit nach der vorgenannten Senatsrechtsprechung
grundsätzlich iS des § 35 Abs 1 S 1 BVG angemessenen
Bruttoarbeitsentgelts zur Sicherstellung seiner Pflege tatsächlich
aufbringen muss.
24
bb) Wie das LSG bereits zutreffend festgestellt hat, unterscheiden
die AVR der Caritas, die dem Pflegearbeitsvertrag zwischen G und S
zugrunde lagen, bei der Bemessung der Bruttovergütung nicht
danach, ob die beschäftigte Pflegekraft wegen des Bezugs einer
Regelaltersrente und der damit verbundenen Versicherungsfreiheit
von der Tragung des Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Renten-
und Arbeitslosenversicherung entbunden ist. Das von einem
pflegebedürftigen Versorgungsempfänger als Arbeitgeber an eine
Pflegekraft nach den AVR der Caritas zu zahlende
Bruttoarbeitsentgelt ändert sich aufgrund der Versicherungsfreiheit
nicht. Dies ist vor dem Hintergrund des Regelungsgehalts der §§
171 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI und 346 Abs 3 S 1 SGB III (in ihren hier
jeweils maßgeblichen oben genannten Fassungen) folgerichtig.
25
Der Arbeitgeber ist trotz Versicherungsfreiheit der Regelaltersrente
beziehenden Pflegekraft verpflichtet, ausgehend vom
arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttoarbeitsentgelt die
Arbeitgeberbeitragsanteile zu entrichten. Dies folgt für die
gesetzliche Rentenversicherung aus § 172 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI
und für die Arbeitslosenversicherung aus § 346 Abs 3 S 1 SGB III.
Danach haben die Arbeitgeber für Beschäftigte, die wegen des
Bezugs einer Altersvollrente bzw des Erreichens der
Regelaltersgrenze versicherungsfrei sind, die Hälfte des Beitrags zu
tragen, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten
versicherungspflichtig wären. Alleiniger Zweck dieser Bestimmungen
versicherungspflichtig wären. Alleiniger Zweck dieser Bestimmungen
ist, Wettbewerbsvorteile für Arbeitgeber zu verhindern, die
versicherungsfreie Altersrentner beschäftigen, und
Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten versicherungspflichtiger
Arbeitnehmer zu vermeiden. Deshalb werden Arbeitgeber
versicherungsfreier Altersrentner so gestellt, als wenn sie einen
Arbeitnehmer beschäftigen, für den Beiträge an die Renten- und
Arbeitslosenversicherung abzuführen wären. Dadurch soll im
Ergebnis die Beschäftigung eines versicherungsfreien Altersrentners
für den Arbeitgeber nicht weniger kosten als die Beschäftigung eines
versicherungspflichtigen jüngeren Arbeitnehmers. Erreicht werden
soll, dass Arbeitgeber Altersrentner nicht nur um des mit der
Beitragsfreiheit verbundenen Lohnkostenvorteils wegen bevorzugt
beschäftigen
(vgl Begründung der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP vom
7.3.1989 zum Entwurf des RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 185;
Begründung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP vom 27.9.1988
zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des
Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung des gleitenden
Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand, BT-Drucks
11/2990 S 22 f; zur Verfassungsmäßigkeit der Vorgängerregelungen
des § 172 Abs 1 SGB VI in § 1386 RVO = § 113 AVG BVerfG Urteil
vom 16.10.1962 - 2 BvL 27/60 - BVerfGE 14, 312 = SozR Nr 1 zu Art
108 GG; vgl aber den durch das Rentenflexigesetz vom 8.12.2016
mit Wirkung zum 1.1.2017 eingefügten § 346 Abs 3 S
3 SGB III, wonach § 346 Abs 1 S 1 SGB III bis zum 31.12.2021 nicht
anzuwenden ist
"Steigerung der Attraktivität der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer"
s BT-Drucks 18/9787 S 30, 51>, und zu den mit Wirkung vom
1.1.2017 durch das Rentenflexigesetz erfolgten Änderungen bei der
Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit von Regelaltersrentner s
unter ee)
.
26
Zwar muss der Arbeitgeber bei der Beschäftigung eines
Regelaltersrentners von dem Bruttoarbeitsentgelt wegen des
Nichtbestehens der Versicherungspflicht kein Entgelt in Höhe des
Arbeitnehmerbeitragsanteils an die genannten
Sozialversicherungszweige mehr abführen. Die "Kosten" für den
"ehemaligen Arbeitnehmeranteil" entstehen dem Arbeitgeber bei
einer solchen Rentnerbeschäftigung aber trotzdem. Denn der Anteil
am arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttoarbeitsentgelt, der dem
aufgrund der Versicherungsfreiheit nicht mehr anfallenden
Arbeitnehmerbeitragsanteil zur gesetzlichen Renten- und
Arbeitslosenversicherung entspricht, ist von diesem mangels
"Engeltabzugsbefugnis" (vgl § 28g SGB IV) an den beschäftigten
Regelaltersrentner auszuzahlen bzw diesem zu belassen, sodass
sich bei nach dem Arbeitsvertrag gleichbleibendem
Bruttoarbeitsentgelt lediglich dessen Nettoarbeitsentgelt
entsprechend erhöht. Dadurch ändert sich aber weder die dem
maßgeblichen Bruttoarbeitsentgelt zugrunde liegende
vergütungsmäßige Bewertung der Pflegetätigkeit der Pflegekraft
noch die tatsächlich für den Beschädigten erforderlichen
Aufwendungen für die fremde Pflege. Deren
Angemessenheitskriterien bestehen unverändert fort. Die
versicherungsfreie Pflegekraft muss lediglich keinen Abzug von
ihrem arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttoarbeitsentgelt in Höhe
des Arbeitnehmeranteils zugunsten der Renten- und
Arbeitslosenversicherung (mehr) dulden, sondern kann über den
entsprechenden - von ihr durch die Pflegeleistung erarbeiteten -
Betrag frei verfügen.
27
cc) Ob ein pflegebedürftiger Versorgungsempfänger vor diesem
Hintergrund beim Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einer wegen
des Bezugs einer Altersvollrente bzw des Erreichens der
Regelaltersgrenze versicherungsfreien (Haus-)Pflegekraft
insbesondere bei angespannter Arbeitsmarktlage im Pflegesektor
(vgl hierzu jüngst Leuxner/von Schwanenflügel, NZS 2018, 202,
203, die darauf hinweisen, dass die Situation am Arbeitsmarkt für
den gesamten Pflegebereich von einem nahezu flächendeckenden
Fachkräftemangel geprägt ist)
überhaupt die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hätte, ein um
einen fiktiven Arbeitnehmerbeitragsanteil (hier) zur gesetzlichen
Renten- und Arbeitslosenversicherung gemindertes
Bruttoarbeitsentgelt zu vereinbaren, oder eine entsprechende
"Vertragsanpassung" zu solchermaßen geminderten
Entgeltbedingungen zu erreichen, kann dahingestellt bleiben
(vgl § 19 Abs 3 und Abs 4 S 1 der AVR der Caritas in ihrer im Jahr
2011 maßgeblichen Fassung und § 19 Abs
3 und Abs 5 S 1 der AVR der Caritas in ihrer im Jahr 2018 geltenden
Fassung, wonach das Dienstverhältnis ohne Kündigung mit dem
Ende des Monats endet, in dem der Mitarbeiter das gesetzlich
festgelegte Alter zum Erreichen einer abschlagsfreien
Regelaltersrente vollendet, und bei einer Weiterbeschäftigung über
diesen Termin hinaus ein neuer schriftlicher Dienstvertrag
abzuschließen ist)
. Diesbezüglich hat der Senat aber - ebenso wie schon das LSG -
erhebliche Zweifel. Denn eine (weitere) Erwerbstätigkeit bei
pflegebedürftigen Versorgungsempfängern mit einem
Bruttoarbeitsentgelt unterhalb der AVR der Caritas bzw unter
Verzicht auf die mit der Versicherungsfreiheit (quasi "automatisch")
einhergehende Erhöhung des Nettolohns um den bisherigen
Arbeitnehmeranteil (hier) zur Renten- und Arbeitslosenversicherung
dürfte (auch) aus Sicht der meisten oberhalb der Regelaltersgrenze
noch arbeitenden Pflegekräfte weder "attraktiv" noch "angemessen"
erscheinen. Es erscheint daher eher unwahrscheinlich, dass sich
(insbesondere) fachlich qualifizierte Pflegekräfte auf eine solche
Entgeltvereinbarung einlassen.
28
dd) Hieran anschließend erscheint es zudem äußerst fraglich, ob
eine solche (von den AVR der Caritas abweichende) besondere
Entgeltvereinbarung überhaupt - wie vom Senat gefordert
(vgl Senatsurteil vom 18.9.2003 - B 9 V 12/01 R - SozR 4-3100 § 35
Nr 1 RdNr 14) -
orts- bzw arbeitsmarktüblichen Vergütungsbedingungen im
häuslichen Pflegebereich entsprechen würde. Vom Gesetzgeber
nicht gewollt ist jedenfalls, wie oben bereits ausgeführt, Arbeitgeber -
in welcher Form auch immer - dazu anzuleiten, die finanziellen
Vorteile aus der Sozialversicherungsfreiheit von Arbeitnehmern "für
sich (oder einen Dritten ) zu
beanspruchen". Schon deshalb hält es der Senat in
Übereinstimmung mit dem LSG für rechtswidrig, die nach § 35 Abs 2
S 1 BVG von einem Beschädigten für fremde Pflege und Wartung
aufzuwendenden "angemessenen (Personal-)Kosten" in einer
Weise zu bestimmen, die einen pflegebedürftigen
Versorgungsempfänger zur Sicherstellung einer die Lohnkosten
deckenden Pflege und Wartung faktisch dazu zwingen würde,
Pflegekräften oberhalb der Regelaltersgrenze allein aufgrund ihrer
Versicherungsfreiheit eine verringerte Bruttovergütung zu zahlen
und dadurch zu gesetzgeberisch unerwünschten
Wettbewerbsverzerrungen und negativen Beschäftigungsanreizen
auf dem Arbeitsmarkt beizutragen. Offen lässt der Senat, ob eine
solche mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze verbundene
besondere Entgeltvereinbarung zu Lasten von im Pflegebereich
beschäftigten versicherungsfreien Altersrentnern mit dem in der
Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung
eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der
Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl L 303 S 16) und
in dem zur Umsetzung dieser Richtlinie in das deutsche Recht
ergangenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom
14.8.2006 (BGBl I 1897) jeweils normierten Verbot der
Altersdiskriminierung vereinbar ist
(vgl Art 6 Abs 1 der Richtlinie 2000/78/EG und § 10 AGG).
29
ee) Ergänzend weist der Senat schließlich noch darauf hin, dass die
vom Beklagten unter Berufung auf das vorgenannte Schreiben des
BMAS vertretene Auffassung
(s ebenso die in § 57 Abs 5 S 2 vorgesehene Regelung des "Ersten
Arbeitsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Sozialen
Entschädigungsrechts" des BMAS )
mit der durch das Flexirentengesetz vom 8.12.2016 (BGBl I 2838)
geschaffenen neuen Rechtslage für beschäftigte Altersrentner
oberhalb der Regelaltersgrenze und dem vor dem Hintergrund eines
zunehmenden Fachkräftemangels verfolgten grundlegenden
(neuen) Ziel des Gesetzgebers, die Rahmenbedingungen für die
Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern zu verbessern und
attraktiver zu gestalten (vgl hierzu
Begründung der Fraktionen CDU/CSU und SPD vom 27.9.2016 zum
Entwurf des Flexirentengesetzes BT-Drucks 18/9787 S 1, 2, 22),
nicht zu vereinbaren sein dürfte.
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Seit 1.1.2017 können Beschäftigte, die eine Vollrente beziehen und
die Regelaltersgrenze bereits erreicht haben, durch Erklärung
gegenüber ihren Arbeitgebern für die Dauer des
Beschäftigungsverhältnisses auf die Versicherungsfreiheit
(§ 5 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB VI) verzichten und somit
versicherungspflichtig werden
(§ 5 Abs 4 S 2 und 3 SGB VI in der der Fassung des
Flexirentengesetzes aaO)
. Dadurch wirkt sich sowohl der nach bisherigen Recht für die
Rentenhöhe wirkungslos gebliebene "isolierte"
Arbeitgeberbeitragsanteil nach § 172 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI
(vgl BSG Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 9/06 R - SozR 4-4170 § 2
Nr 1 RdNr 22)
als auch der dann von den Beschäftigten (wieder) zu tragende
Arbeitnehmerbeitragsanteil rentensteigernd aus
(vgl Begründung der Fraktionen CDU/CSU und SPD vom 27.9.2016
zum Entwurf des Flexirentengesetzes, BT-Drucks 18/9787 S 2, 22 f,
30)
. Allerdings bedeutet dies zugleich eine Verringerung des
Nettoentgelts des Beschäftigten. Davon könnten jedoch nach
Ansicht des Gesetzgebers des Flexirentengesetzes "negative
Beschäftigungsanreize" ausgehen, weshalb von der Einführung
einer generellen Versicherungspflicht bei einer Beschäftigung nach
einer generellen Versicherungspflicht bei einer Beschäftigung nach
Erreichen der Regelaltersgrenze abgesehen wurde. Der
Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass gerade durch die
"Wahlmöglichkeit" zwischen Versicherungsfreiheit und
Versicherungspflicht die Beschäftigungsanreize für ältere
Arbeitnehmer erhöht werden, "da die Betroffenen die aus ihrer
persönlichen Sicht bessere Option (höheres Nettoeinkommen oder
Steigerung der Rente) wählen können"
(so die Begründung der Fraktionen CDU/CSU und SPD vom
27.9.2016 zum Entwurf des Flexirentengesetzes BT-Drucks 18/9787
S 25)
. Die vom Beklagten unter Berufung auf das vorgenannte Schreiben
des BMAS vom 2.11.2015 vertretene Auffassung, wonach eine
Vergütungsvereinbarung mit einer wegen des Bezugs einer
Regelaltersrente versicherungsfreien Pflegekraft nur in Höhe eines
um den fiktiven Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen
Rentenversicherung reduzierten Bruttoarbeitsentgelts angemessen
iS des § 35 Abs 2 S 1 BVG wäre, würde einer solchen Pflegekraft
bei Anbahnung oder Fortsetzung eines Beschäftigungsverhältnisses
mit Versorgungsempfängern jedoch von vornherein die Option
"höheres Nettoentgelt anstatt Steigerung der Rente durch
Entrichtung des Arbeitnehmerbeitragsanteils" abschneiden. Der
Gesetzgeber des Flexirentengesetzes wollte jedoch - wie dargestellt
- gerade auch den Regelaltersrentnern diese "Wahlmöglichkeit" als
möglichen Beschäftigungsanreiz ausdrücklich eröffnen.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG
iVm § 154 Abs 2 VwGO. Der Beklagte ist zur Kostentragung
verpflichtet, weil er auch mit seiner Revision unterlegen ist.
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5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 47 Abs 1 S 1, § 52 Abs 1 und Abs 3 S 1, § 63 Abs 2 S 1
GKG.