Urteil des BSG vom 21.03.2018

Vertragsärztliche Versorgung - Aufsichtsanordnung gegen Krankenkasse zur Behebung einer Rechtsverletzung (hier: Umsetzung eines durch Schiedsspruch festgesetzten HzV-Vertrages) - gewichtiges öffentliches Interesse - Nichtentgegenstehen eines zwischen der

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 21.3.2018, B 6 KA 59/17
R
ECLI:DE:BSG:2018:210318UB6KA5917R0
Vertragsärztliche Versorgung - Aufsichtsanordnung gegen
Krankenkasse zur Behebung einer Rechtsverletzung (hier:
Umsetzung eines durch Schiedsspruch festgesetzten HzV-
Vertrages) - gewichtiges öffentliches Interesse -
Nichtentgegenstehen eines zwischen der Krankenkasse und
Dritten anhängigen Rechtsstreits über den Gegenstand der
Rechtsverletzung - sozialgerichtliches Verfahren -
Zuständigkeit der Spruchkörper für Vertragsarztrecht
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen
Landessozialgerichts vom 4. April 2017 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
1 Im Streit steht die Rechtmäßigkeit eines aufsichtsrechtlichen
Bescheids, mit dem das Staatsministerium für Gesundheit und
Pflege (StMGP) des beklagten Freistaats die klagende
Krankenkasse verpflichtete, den von einer Schiedsperson
festgesetzten Vertrag über eine hausarztzentrierte Versorgung
(HzV-Vtr) umzusetzen.
2
Die Klägerin ist eine Ortskrankenkasse, deren Zuständigkeitsbereich
das Gebiet des Freistaats Bayern umfasst. Sie bietet ihren
Versicherten seit 2009 auf der Grundlage von Verträgen mit dem
Bayerischen Hausärzteverband e.V. (BHÄV) eine besondere
hausärztliche Versorgung an
(hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V). Den ohne
Einschaltung eines Vertragshelfers am 12.2.2009 abgeschlossenen
HzV-Vtr, der die hausärztlichen Leistungen im Rahmen der
vertragsärztlichen Versorgung ergänzte ("add-on-Vertrag"), kündigte
die Klägerin zum 31.12.2010. Auch den anschließend von einer
Schiedsperson nach dem Modell eines Vollversorgungsvertrags
festgesetzten HzV-Vtr vom 13.2.2012
(s dazu das Urteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 44/16 R)
kündigte die Klägerin zum 30.6.2014, dem frühestmöglichen
Zeitpunkt. Da sich der BHÄV und die Klägerin erneut nicht auf eine
Anschlussvereinbarung verständigen konnten, ordnete die vom
StMGP bestimmte Schiedsperson Dr. K. zunächst am 5.5.2014 die
einstweilige Weitergeltung des gekündigten HzV-Vtr für bereits
eingeschriebene Hausärzte und Versicherte an;
Neueinschreibungen wurden ausgeschlossen. Mit Schiedsspruch
vom 19.12.2014 setzte Dr. K. einen neuen Vertrag wiederum als
Vollversorgungsvertrag fest (HzV-Vtr 2015). Dieser Vertrag sieht vor,
dass er an dem Tag, der der Feststellung seiner Nichtbeanstandung
durch die Aufsichtsbehörde folgt, oder - bei Fehlen einer solchen
Feststellung - zwei Monate nach Vorlage bei der Aufsichtsbehörde
in Kraft tritt und zum 1.4.2015 finanzwirksam wird
(§ 20 Abs 2 und 3 HzV-Vtr 2015). Eine ordentliche Kündigung ist
zum Ende eines Kalenderjahres, erstmals zum 31.12.2018 möglich
(§ 21 Abs 2 HzV-Vtr 2015).
3
Der HzV-Vtr 2015 wurde dem StMGP als für die Klägerin
zuständiger Aufsichtsbehörde am 29.12.2014 vorgelegt. Die
Klägerin bat mit Schreiben vom 23.1.2015 das Ministerium um
Beanstandung des Vertrags. Sie legte dar, dass der HzV-Vtr 2015
gegenüber der Regelversorgung zu jährlichen Mehrkosten im
Umfang von etwa 151 bis 204 Mio Euro führen könne, denen keine
entsprechenden Mehrleistungen gegenüberstünden. Zudem fehlten
zentrale Anlagen des Vertrags, was dessen Umsetzung unmöglich
mache. Weitere Regelungen - insbesondere der vorgesehene Beirat
mit Entscheidungsbefugnissen zu Vertragsinhalten - seien
rechtswidrig oder jedenfalls unbillig. Das StMGP gab dem
Vertragspartner (BHÄV) Gelegenheit zur Stellungnahme und bat
auch die Schiedsperson um eine Äußerung. Diese teilte ua mit, dass
sich alle Rechte und Pflichten der Vertragsparteien vollumfänglich
aus dem HzV-Vtr 2015 sowie der Begründung des Schiedsspruchs
ergäben. Soweit dort auf Anlagen Bezug genommen sei, die
aktualisiert werden müssten, seien diese ausnahmslos lediglich
technischer oder verfahrensmäßiger Natur und nicht konstitutiv für
die Durchführung der HzV. Sie sollten durch die Vertragspartner
sinnvollerweise selbst gestaltet werden, so wie das im
Schiedswesen allgemein üblich sei (Schreiben vom 6.2.2015).
Daraufhin informierte das StMGP die Klägerin, dass von einer
Beanstandung des Schiedsspruchs abgesehen werde, weil
angesichts des weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums der
Schiedsperson jedenfalls kein eindeutiger Rechtsverstoß erkennbar
sei, der ein Einschreiten ermögliche (Schreiben vom 2.3.2015). Der
Klägerin stehe hinsichtlich des Schiedsspruchs und des HzV-Vtr
2015 eine Klage zum SG offen, sodass ihr unabhängig von der
rechtsaufsichtlichen Prüfung ausreichende
Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stünden.
4 Die Klägerin wirkte in der Folgezeit an Maßnahmen zur Umsetzung
des Vertrags nicht mit. Sie erhob vielmehr am 16.3.2015 vor dem SG
München Klage gegen den BHÄV auf Feststellung der
Unwirksamkeit des Schiedsspruchs. Über diese Klage
(zunächst S 39 KA 228/15, jetzt S 28 KA 228/15) wurde bislang
noch nicht entschieden. Ein Antrag der Klägerin vom 26.5.2015
gegen den BHÄV auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes,
dem das SG zunächst stattgegeben hatte
(Beschluss vom 24.6.2015 - S 21 KA 620/15 ER), wurde in zweiter
Instanz abgewiesen
(Beschluss des LSG vom 5.10.2015 - L 12 KA 83/15 B ER - NZS
2016, 102)
.
5 Das StMGP richtete nach zahlreichen Gesprächen am 22.4.2015 an
die Klägerin ein rechtsaufsichtliches Beratungsschreiben, in dem es
die Rechtslage aus seiner Sicht darstellte und die Klägerin
aufforderte, den HzV-Vtr 2015 unverzüglich und rückwirkend zum
1.4.2015 umzusetzen. Hierfür und zur Äußerung im Hinblick auf
beabsichtigte weitere rechtsaufsichtliche Maßnahmen bei
Nichtbeachtung setzte das StMGP eine Frist bis zum 8.5.2015, die
auf Bitten der Klägerin bis zum 13.5.2015 verlängert wurde. Die
Staatsministerin erhielt Gelegenheit, in einer Sitzung des
Verwaltungsrats der Klägerin am 12.5.2015 die Auffassung des
StMGP zu erläutern. Der Verwaltungsrat fasste in dieser Sitzung
sodann "als bindende strategische Leitlinie für das Hauptamt" den
Beschluss, den Vollzug des HzV-Vtr 2015 weiterhin abzulehnen, da
der Vertrag nicht vollzugsfähig und rechtlich angreifbar sei und
zudem die Klägerin wettbewerbswidrig benachteilige. Diese
Entscheidung teilte die Klägerin dem Ministerium noch am selben
Tag mit.
6 Das StMGP verpflichtete daraufhin die Klägerin in dem hier
streitbefangenen aufsichtsrechtlichen Bescheid vom 28.5.2015, den
HzV-Vtr 2015 rückwirkend ab dem 1.4.2015 in Vollzug zu setzen;
zudem wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Die Klägerin
nehme mit ihrem Verhalten bewusst in Kauf, dass für ihre
Versicherten ab dem 1.4.2015 keine HzV gemäß den gesetzlichen
Anforderungen angeboten werden könne, und verletze damit ihre
Verpflichtungen aus § 73b Abs 1 SGB V. Eine Umsetzung des HzV-
Vtr 2015 sei für die Klägerin sowohl möglich als auch zumutbar. Die
von ihr als zentral angesehene Frage, welche Leistungen von dem
Vertrag umfasst seien, sei durch eine zwischenzeitliche
Stellungnahme der Schiedsperson geklärt; sie könne als
Interpretationshilfe herangezogen werden. Im Übrigen sei der
Vertrag einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich. Hierzu
seien die Vertragspartner im Rahmen einer konstruktiven
Zusammenarbeit verpflichtet, zB im Rahmen des gemäß § 17 HzV-
Vtr 2015 vorgesehenen Beirats als eines vertragsinternen
Schiedsverfahrens. Das bisherige Verhalten der Klägerin, einerseits
Lücken des Vertrags zu bemängeln und andererseits jegliche
Mitwirkung an einer Klärung zu verweigern, sei widersprüchlich und
verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Eine
unzumutbare finanzielle Belastung entstehe durch die geforderte
Umsetzung des HzV-Vtr 2015 nicht. Die diesbezüglichen Prognosen
der Klägerin beruhten auf einer geschätzten Zahl von 1,4 Millionen
in die HzV eingeschriebenen Versicherten, was angesichts der
zurzeit im HzV-Vtr 2012 noch eingeschriebenen ca 450 000
Versicherten unrealistisch sei. Die im HzV-Vtr 2015 geregelte
Vergütungsobergrenze sei auf nachdrücklichen Wunsch der
Klägerin als absolute (nicht von der Zahl der teilnehmenden
Versicherten abhängige) Obergrenze aufgenommen worden. Der
Grundsatz der Beitragssatzstabilität sei für HzV-Verträge nicht
unmittelbar anwendbar; eine Verletzung des allgemeinen
Wirtschaftlichkeitsgebots habe die Klägerin nicht substantiiert
aufgezeigt.
7
Der Beschluss des Verwaltungsrats der Klägerin vom 12.5.2015
zeige, dass die Rechtsverletzung innerhalb der im
Beratungsschreiben gesetzten Frist nicht abgestellt werde. Deshalb
halte es das StMGP im Rahmen seines Entschließungsermessens
für geboten, zum Schutz des Allgemeininteresses an der
Rechtmäßigkeit der Sozialverwaltung einen Verpflichtungsbescheid
zu erlassen. Das Interesse der Klägerin an einer Nichtumsetzung
des Vertrags sei geringer einzustufen als das Recht der
Versicherten, an einer gesetzeskonformen HzV teilnehmen zu
können. Die Klägerin sei als Körperschaft des öffentlichen Rechts in
besonderem Maße an Recht und Gesetz gebunden. Das bedeute
auch eine Bindung an das gesetzlich festgelegte Verfahren. Insoweit
habe das BSG im Urteil vom 25.3.2015
(B 6 KA 9/14 R - BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1)
klargestellt, dass ein Schiedsspruch trotz der von einem
Vertragspartner erhobenen Klage zu vollziehen sei. Es stehe der
Klägerin nicht frei, ein hiervon abweichendes Verfahren zu
etablieren und eigenmächtig Inhalt und Umfang der HzV
festzulegen. Die angeordnete Verpflichtung sei geeignet, erforderlich
und auch verhältnismäßig, um die Rechtsverletzung zu beheben.
8 Die Klägerin hat gegen den Verpflichtungsbescheid am 29.5.2015
Anfechtungsklage zum LSG erhoben, die dort einem Senat für
Angelegenheiten der Krankenversicherung zugewiesen worden ist
(L 5 KR 244/15 KL). Zudem hat die Klägerin die Wiederherstellung
der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt
(L 5 KR 243/15 KL ER). Der Beklagte hat hierzu erklärt, bis zum
Abschluss des gerichtlichen Eilverfahrens im Rechtsstreit der
Klägerin gegen den BHÄV die Aufsichtsanordnung nicht zu
vollstrecken. Die Klägerin hat nach der Entscheidung des LSG in
dem gegen den BHÄV gerichteten Verfahren
(Beschluss vom 5.10.2015 - L 12 KA 83/15 B ER - NZS 2016, 102)
den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
zurückgenommen und von da an den HzV-Vtr 2015 weitgehend
umgesetzt. Ihre Klage gegen den Aufsichtsbescheid hat sie in der
Annahme, dieser habe sich erledigt, mit Schriftsatz vom 30.11.2016
in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. In der mündlichen
Verhandlung vor dem LSG hat die Klägerin aber primär wieder einen
Anfechtungsantrag und lediglich hilfsweise einen
Feststellungsantrag zur gerichtlichen Entscheidung gestellt. Der
Beklagte hat auf Anregung des Gerichts den aufsichtsrechtlichen
Bescheid insoweit zurückgenommen, als angeordnet war, den HzV-
Vtr 2015 auch für die Zeit vor seiner Bekanntgabe (rückwirkend) in
Vollzug zu setzen.
9
Das LSG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.4.2017). Sie sei als
Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, weil die Klägerin
mittlerweile den HzV-Vtr 2015 jedenfalls überwiegend finanzwirksam
umsetze; dadurch habe sich der Verpflichtungsbescheid erledigt.
Das Feststellungsinteresse der Klägerin ergebe sich aus der geltend
gemachten Verletzung ihrer Selbstverwaltungsrechte sowie aus
einer Wiederholungsgefahr. Der aufsichtsrechtliche Bescheid sei
jedoch in der Sache rechtmäßig. Er sei in dem erforderlichen
abgestuften Verfahren und unter Beachtung des
aufsichtsrechtlichen Prüfungsmaßstabs ermessensfehlerfrei
erlassen worden. Die Klägerin habe geltendes Recht, insbesondere
ihren Sicherstellungsauftrag für eine HzV gemäß § 73b Abs 1 SGB
V verletzt, indem sie sich geweigert habe, den HzV-Vtr 2015 zu
vollziehen. Dieser sei in der von der Schiedsperson festgesetzten
Form nicht so lückenhaft gewesen, dass er überhaupt nicht
umsetzbar gewesen sei; die bestehenden Lücken hätten durch eine
ergänzende Vertragsauslegung gefüllt werden können. Das gelte
auch für die Leistungsbeschreibung gemäß Anhang 1 zu Anlage 3
des Vertrags. Eine gerichtliche Überprüfung der aufsichtsrechtlichen
Rechtskontrolle der Selbstverwaltung dürfe nicht dazu führen, dass
hier eine eingehendere Kontrolle stattfinde als in dem Verfahren zur
gerichtlichen Prüfung des Schiedsspruchs selbst. Der bei einer
direkten Kontrolle der Entscheidung der Schiedsperson
eingeschränkte gerichtliche Prüfungsmaßstab sei daher auch bei
der hier vorzunehmenden inzidenten Kontrolle maßgeblich. Nicht
stichhaltig sei der Einwand der Klägerin, dass durch die
Aufsichtsmaßnahme ihre Verhandlungsposition gegenüber dem
BHÄV geschwächt werde. Die Klägerin habe diese Maßnahme
hinzunehmen, weil sie rechtmäßig und von dem Ziel getragen sei,
die Verpflichtung zur HzV durchzusetzen.
10
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision zunächst Verfahrensmängel. Das
LSG-Urteil verletze § 136 Abs 1 Nr 5 SGG, weil es ihren
umfangreichen Vortrag zu einer einseitigen Abstimmung des StMGP
mit dem BHÄV vor Erlass des Verpflichtungsbescheids
("kollusive(s) Zusammenwirken zwischen dem zuständigen
Ministerium und einem am Verfahren gar nicht beteiligten <…>
privaten Verein")
überhaupt nicht erwähne. Auch ihr Vorbringen zur Vereitelung
effektiven Rechtsschutzes durch den Verpflichtungsbescheid sei
unvollständig wiedergegeben. Gleiches gelte für ihren Vortrag, dass
nicht erkennbar sei, wie sie das Handlungsgebot aus dem
Verpflichtungsbescheid zu erfüllen habe. Zudem sei § 136 Abs 1 Nr
6 SGG verletzt, weil den Gründen des LSG-Urteils nicht zu
entnehmen sei, warum ihrem Vortrag zum Vorliegen eines
Verstoßes gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens, zur
Verletzung ihres Rechts auf Anhörung, zur fehlerhaften
Ermessensausübung sowie zur Verletzung des Gebots effektiven
Rechtsschutzes, des Gewaltenteilungsgrundsatzes und des
Bestimmtheitsgrundsatzes nicht zu folgen sei. Dies stelle einen
absoluten Revisionsgrund dar.
11
In der Sache beanstandet die Klägerin eine Verletzung ihres aus §
29 SGB IV folgenden Rechts auf Selbstverwaltung, das ihr ein
subjektives Recht auf Wahrung der ihr gesetzlich eingeräumten
Kompetenzen verleihe. Der Beklagte habe seine
Aufsichtsbefugnisse überschritten, weil schon eine
Rechtsverletzung nicht festzustellen sei. Eine solche liege nicht in
der ursprünglich von ihr unterlassenen Umsetzung des HzV-Vtr
2015. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids
sei sie zum Vollzug dieses Vertrags nicht verpflichtet gewesen. Als
Körperschaft des öffentlichen Rechts habe sie vielmehr die
Verpflichtung, zunächst die Inhalte des von ihr für rechtswidrig
erachteten Vertrags gerichtlich überprüfen zu lassen; nur so könne
sie eigenes rechtswidriges Handeln vermeiden. Auch die
Nichtbeanstandung des HzV-Vtr 2015 durch die Aufsichtsbehörde
bewirke keine Umsetzungspflicht, sondern bedeute lediglich, dass
sie - die Klägerin - mit der Umsetzung beginnen dürfe. Ebenso wenig
folge eine Umsetzungspflicht aus der Entscheidung des BSG vom
25.3.2015 (B 6 KA 9/14 R).
12
Die lediglich temporäre Unterbrechung des Angebots einer HzV sei
nicht per se rechtswidrig, sondern in der gesetzlichen Regelung des
§ 73b SGB V jedenfalls für einen Übergangszeitraum angelegt. Ein
unbedenklicher vertragsloser Zustand bestehe während eines
laufenden Schiedsverfahrens, aber auch dann, wenn eine der
Parteien die ihr zustehenden Rechtsmittel zur Überprüfung eines
HzV-Vtr in Anspruch nehme. Diese Rechtsschutzmöglichkeit und ihr
Recht auf effektiven Rechtsschutz dürfe der Beklagte nicht durch
eine Verpflichtungsanordnung unterminieren. Eine
rechtsschutzbedingt vorübergehende Unterbrechung des Angebots
einer HzV führe weder zu einer Verletzung des
Sicherstellungsauftrags noch zu einer Unterversorgung der
Versicherten; diesen stehe die hausärztliche Betreuung im Rahmen
der von der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gewährleisteten
Regelversorgung zur Verfügung. Im Übrigen habe sie - die Klägerin -
die faktische Erbringung von HzV-Leistungen für ihre Versicherten
ab dem 1.4.2015 über Abschlagszahlungen honoriert.
13
Der Beklagte habe jedenfalls seine Kompetenzen als Rechtsaufsicht
überschritten. Nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und
einer maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht seien
Aufsichtsmaßnahmen rechtswidrig, wenn sich das Handeln des
Versicherungsträgers noch im Bereich des rechtlich Vertretbaren
bewege. Der Aufsichtsbehörde sei es verwehrt, ihre
Rechtsauffassung an die Stelle der Ansicht der beaufsichtigten
Körperschaft zu setzen, sofern bislang vom Gesetz oder der
Rechtsprechung noch nicht eindeutig beantwortete Rechtsfragen
zum Anlass einer Beanstandung genommen würden. Über diese
Grenze sei der Beklagte mit der Aufsichtsanordnung erheblich
hinausgegangen. Wesentliche Rechtsfragen zum Inhalt des HzV-Vtr
2015 seien zum damaligen Zeitpunkt ungeklärt gewesen; es habe
deshalb im Bereich des rechtlich Vertretbaren gelegen, dass sie -
die Klägerin - den zu ihrer festen Überzeugung nicht
vollzugsfähigen, rechtswidrigen und unwirksamen HzV-Vtr 2015
zunächst nicht umgesetzt, sondern die Gerichte um Rechtsschutz
ersucht habe. Das folge schon daraus, dass das SG München ihre
Rechtsansicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
bestätigt habe (Beschluss vom 24.6.2015 - S 21 KA 620/15 ER).
Grundsätzlich seien alle Fragen der Rechtmäßigkeit, Billigkeit und
Wirksamkeit eines HzV-Vtr und eventuelle Vertragsverletzungen
ausschließlich im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern zu
klären. Solange eine solche gerichtliche Überprüfung noch
andauere, sei es der Aufsicht verwehrt, einen Vertragspartner zur
unmittelbaren Umsetzung des Vertrags zu verpflichten. Das gelte
umso mehr, wenn nur eine Vertragspartei der Rechtsaufsicht
unterliege, weil Aufsichtsmaßnahmen deren Position gegenüber
dem Vertragspartner erheblich schwächten. Zudem habe der
Beklagte eine unzulässige Fachaufsicht ausgeübt, indem er im
Verpflichtungsbescheid einen konkreten Vertragsinhalt vorgegeben
und so den HzV-Vtr 2015 inhaltlich mitgestaltet habe; dass er dazu
auf die Auslegung durch die Schiedsperson verwiesen habe, sei
unerheblich.
14
Auch das zum Erlass des streitbefangenen Verpflichtungsbescheids
führende Verfahren sei rechtswidrig gewesen. Der Beklagte sei
seiner Verpflichtung zu einem kooperativen Verhalten nicht
nachgekommen, sondern habe einseitig zugunsten des BHÄV
agiert. Insbesondere habe er sie - die Klägerin - während des
Verwaltungsverfahrens nicht über die erfolgten bilateralen
Abstimmungen mit dem BHÄV informiert. Auch fehlten eigene
Ermessenserwägungen des Beklagten, da dieser die nachträglich
eingeholte Ansicht der Schiedsperson zum Inhalt des HzV-Vtr 2015
vollständig übernommen habe. Jedenfalls sei die
Ermessensausübung durch den Beklagten fehlerhaft, weil er gegen
das Neutralitätsgebot verstoßen und überwiegend im Interesse des
BHÄV tätig geworden sei. Der BHÄV habe, wie sich aus den Akten
ergebe, vom Beklagten mehrfach nachdrücklich ein
aufsichtsrechtliches Einschreiten gegen sie - die Klägerin - verlangt,
weil er das für erfolgversprechender gehalten habe, als selbst eine
Klage anzustrengen. Ermessensfehlerhaft sei das Vorgehen des
Beklagten auch, weil dieser bereits zwei Tage nach Einreichung
ihres Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz die aufsichtsrechtliche
Verpflichtungsanordnung erlassen habe, ohne den Ausgang des
gerichtlichen Verfahrens abzuwarten.
15
Weiterhin rügt die Klägerin, der Verpflichtungsbescheid verletze sie
auch in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz. Mit diesem
Prozessgrundrecht sei es nicht vereinbar, wenn sie bei noch
ausstehender gerichtlicher Entscheidung durch den Beklagten zur
Umsetzung des HzV-Vtr 2015 - gegebenenfalls auch mit Mitteln des
Verwaltungszwangs - verpflichtet werde, da dies ihre
Rechtsschutzmöglichkeiten empfindlich einschränke. Zudem
verstoße es gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der
Beklagte die Klärung eines Rechtsstreits zwischen ihr und dem
BHÄV über den HzV-Vtr 2015 durch den Erlass eines
Verpflichtungsbescheids vorwegnehme. Der Verpflichtungsbescheid
sei aber auch aufgrund eines Verstoßes gegen den
Bestimmtheitsgrundsatz rechtswidrig. Für sie - die Klägerin - sei nicht
erkennbar gewesen, was genau der Beklagte mit der Verpflichtung,
den HzV-Vtr 2015 "rückwirkend ab dem 01.04.2015 in Vollzug zu
setzen", von ihr verlangt habe, insbesondere wie weit die
Umsetzung des HzV-Vtr 2015 gediehen sein müsse, um dieses
Gebot vollständig zu befolgen.
16
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4. April 2017
sowie den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für
Gesundheit und Pflege vom 28. Mai 2015 aufzuheben.
17
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
18
Er hält die Entscheidung des LSG im Ergebnis für zutreffend. Die
Revision sei bereits unzulässig, da das Feststellungsinteresse für
eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehle, jedenfalls aber
unbegründet. Der streitbefangene Verpflichtungsbescheid berühre
das Recht auf Selbstverwaltung nicht, weil er auf die Herstellung
eines rechtmäßigen Zustands gerichtet sei. Die Weigerung der
Klägerin zur Umsetzung des HzV-Vtr 2015 sei objektiv rechtswidrig
gewesen. Ein Recht zur Selbstverwaltung stehe der Klägerin gemäß
§ 29 Abs 3 SGB IV nur im Rahmen des Gesetzes zu. Der
Verpflichtungsbescheid rüge nicht die Verletzung des HzV-Vtr 2015,
sondern eine Verletzung der gesetzlichen Pflicht der Klägerin, ihren
Versicherten eine HzV als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Das Gesetz verbiete es der Klägerin, einen vertragslosen Zustand
einseitig dadurch herbeizuführen, dass sie einen geschiedsten HzV-
Vtr nicht umsetze. Sie habe lediglich die Möglichkeit, vorläufigen
gerichtlichen Rechtsschutz - ggf in Gestalt eines
"Hängebeschlusses" - zu erwirken. Es stehe nicht im Belieben der
Klägerin, trotz eines bestehenden HzV-Vtr ihre Versicherten auf die
Regelversorgung bzw die Leistungserbringer auf
"Abschlagszahlungen" ohne Rechtsgrundlage zu verweisen.
19
Er - der Beklagte - habe weder seine Kompetenzen überschritten
noch die Erlangung effektiven Rechtsschutzes durch die Klägerin
beeinträchtigt. Deren Weigerung, den HzV-Vtr 2015 zu vollziehen,
sei rechtlich nicht vertretbar gewesen. Der Vertrag sei auch
vollziehbar gewesen, was die Klägerin anerkenne, wenn sie ihn
nunmehr auf der Grundlage der Entscheidung des LSG vom
5.10.2015 durchführe. Die gegenteilige Ansicht des SG
(Beschluss vom 24.6.2015) habe er bei Erlass des
Verpflichtungsbescheids noch nicht berücksichtigen können und
später nicht berücksichtigen müssen, nachdem diese Entscheidung
durch das LSG aufgehoben worden sei. Der Beklagte habe in dem
Verpflichtungsbescheid zum Inhalt des Vertrags keine Stellung
bezogen und auch keinen konkreten Vertragsinhalt vorgegeben.
Etwas anderes könne auch nicht daraus abgeleitet werden, dass in
der Begründung des Bescheids Bemerkungen dazu gemacht
worden seien, ob und wie Streitfragen zum Verständnis des Vertrags
gelöst werden könnten. Damit sei lediglich in gebotener Weise auf
das Vorbringen der Klägerin eingegangen worden.
Entscheidungsgründe
20
Die zulässige Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das LSG hat
die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der aufsichtsrechtliche
Verpflichtungsbescheid vom 28.5.2015 ist rechtmäßig.
21
A) Zur Entscheidung über die Revision ist der für das
Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG berufen. Der
Rechtsstreit betrifft eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts
(§ 10 Abs 2 iVm § 31 Abs 2, § 40 S 2 SGG).
22
Zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts gehören gemäß §
10 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG
(in der ab 1.1.2012 geltenden Fassung von Art 8 Nr 1 Viertes Gesetz
zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze <4. SGB IV-ÄndG>
vom 22.12.2011, BGBl I 3057)
auch Klagen aufgrund von Verträgen nach § 73b SGB V. Dies
umfasst auch Klagen aufgrund von Aufsichtsmaßnahmen im
Zusammenhang mit Verträgen nach § 73b SGB V. Aus § 10 Abs 2 S
2 Nr 2 SGG ergibt sich, dass die Zuordnung zu den Spruchkörpern
für Vertragsarztrecht oder den Spruchkörpern für Angelegenheiten
der Sozialversicherung (Krankenversicherung) auch
Aufsichtsangelegenheiten erfassen soll, die die jeweilige Materie
betreffen
(s die Begründung des Gesetzentwurfs zum 4. SGB IV-ÄndG, aaO:
"einschließlich diese betreffende Aufsichtsangelegenheiten"; vgl
auch Nguyen in juris-PK SGG, 2017, § 10 RdNr 37 bzw § 12 RdNr
57)
. Damit ist bundesrechtlich vorgegeben, dass Aufsichtsstreitigkeiten,
die Verträge nach § 73b SGB V zum Gegenstand haben, den
Spruchkörpern für Vertragsarztrecht zugewiesen sind. Die
Geschäftsverteilung beim BSG trägt dem Rechnung mit der
Regelung, dass die Zuständigkeit für Streitigkeiten aus dem Bereich
der Aufsicht und des Selbstverwaltungsrechts der Zuständigkeit für
die Sachgebiete folgt, die den einzelnen Senaten zugewiesen sind
(Teil A Abschnitt II Nr 1 Buchst a - RdNr 16 des
Geschäftsverteilungsplans für 2018)
. Soweit der Geschäftsverteilungsplan des LSG eine von der
bundesrechtlich vorgegebenen Zuordnung von
Aufsichtsstreitigkeiten zu den jeweiligen Fachsenaten abweichende
Bestimmung enthalten sollte, ist diese unwirksam
Bestimmung enthalten sollte, ist diese unwirksam
(Art 31 GG; zu den Zuordnungsregelungen eines
Geschäftsverteilungsplans als abstrakt-generellen Rechtssätzen vgl
BVerfG Beschluss vom 8.4.1997 - 1 PBvU 1/95 -
BVerfGE 95, 322, 328 f - Juris RdNr 28; BVerfG
Beschluss vom 20.2.2018 - 2 BvR 2675/17 - NJW 2018, 1155 RdNr
17; zur Geltung des Art 31 GG für alle Arten von Rechtssätzen s
BVerfG Beschluss vom 15.10.1997 - 2 BvN 1/95 - BVerfGE 96, 345,
364 = Juris RdNr 62)
.
23
B) Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung
des Senats nicht entgegen.
24
1. Unschädlich ist hier, dass der 5. Senat des Bayerischen LSG, der
das angefochtene Urteil erlassen hat, für Angelegenheiten des
Vertragsarztrechts nicht zuständig gewesen ist und deshalb auch
nicht in der für solche Streitigkeiten vorgeschriebenen Besetzung mit
je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der
Krankenkassen und der Vertragsärzte bzw Psychotherapeuten
entschieden hat (§ 33 Abs 1 iVm § 12 Abs 3 S 1 SGG). Der darin
liegende Verstoß gegen § 31 Abs 2 iVm § 33 Abs 1 SGG ist nicht
von Amts wegen zu berücksichtigen, sondern nur, wenn ein
Beteiligter diesen Verfahrensmangel ordnungsgemäß rügt
(stRspr, vgl BSG Urteil vom 16.7.1996 - 1 RS 1/94 - BSGE 79, 41, 43
f = SozR 3-2500 § 34 Nr 5 S 29 f; BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 6 KA
31/97 R - BSGE 82, 150, 152 = SozR 3-1500 § 60 Nr 4 S 14; BSG
Urteil vom 6.5.2009 - B 6 A 1/08 R - BSGE 103, 106 = SozR 4-2500
§ 94 Nr 2, RdNr 30 f; BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 30/10 R -
SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 10; ebenso BVerwG Beschluss vom
23.11.2010 - 6 P 2/10 - Buchholz 251.7 § 66 NWPersVG Nr 2 = Juris
RdNr 8, mwN auch aus der Rspr des BGH; BAG Beschluss vom
15.4.2008 - 1 ABR 44/07 - AP Nr 70 zu § 80 BetrVG 1972 RdNr 52;
s auch Burkiczak in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 12 RdNr 35)
. Eine entsprechende Rüge haben weder die Revisionsklägerin
noch (als Gegenrüge) der Revisionsbeklagte erhoben.
25
2. Der Senat ist an einer Sachentscheidung auch nicht dadurch
gehindert, dass das LSG von einer Beiladung des BHÄV abgesehen
hat, obwohl dieser als Vertragspartner des HzV-Vtr 2015 von dem
hier streitbefangenen Verpflichtungsbescheid zur Umsetzung dieses
Vertrags faktisch ebenfalls betroffen ist. Ein Fall der echten
notwendigen Beiladung, deren Unterlassung durch die Vorinstanz
im Revisionsverfahren grundsätzlich von Amts wegen zu beachten
wäre
(BSG Urteil vom 10.5.2017 - B 6 KA 5/16 R - SozR 4-2500 § 87a Nr
4 RdNr 25, auch zur Veröffentlichung in BSGE 123, 115
vorgesehen)
, liegt nicht vor.
26
Nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG sind Dritte, die an dem streitigen
Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch
ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, zu dem Verfahren
beizuladen. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung ist
gegeben, wenn durch die Entscheidung über das strittige
Rechtsverhältnis zugleich in die Rechtssphäre eines Dritten
unmittelbar eingegriffen wird
(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 =
SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 18).
Erforderlich ist hierfür die Identität des Streitgegenstands im
Verhältnis beider Hauptbeteiligter zu dem Dritten
(BSG Urteil vom 6.9.2017 - B 13 R 20/14 R - SozR 4-3250 § 48 Nr 1
RdNr 25, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen)
. Die Entscheidung muss aus Rechtsgründen nur einheitlich
ergehen können. Nicht ausreichend ist es, wenn lediglich die
tatsächlichen Verhältnisse eine einheitliche Entscheidung erfordern
oder als sinnvoll erscheinen lassen
(BSG Urteil vom 6.9.2017 - B 13 R 20/14 R - aaO; BSG Urteil vom
10.5.2017 - B 6 KA 5/16 R - aaO RdNr 26)
.
27
Der BHÄV ist an dem Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und
ihrer Aufsichtsbehörde nicht als Träger eigener Rechte oder
Pflichten beteiligt
(vgl BSG Urteil vom 18.5.1988 - 1/8 RR 36/83 - BSGE 63, 173, 175 =
SozR 2200 § 182 Nr 112 S 238 = Juris RdNr 13)
. Ihm steht kein Anspruch gegen die Aufsichtsbehörde auf ein
Einschreiten gegen die Klägerin zu
(vgl BSG Urteil vom 14.2.2007 - B 1 A 3/06 R - BSGE 98, 129 =
SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 13 mwN).
Seine Rechte und Pflichten aus dem HzV-Vtr 2015 werden durch
eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit oder
Rechtswidrigkeit der gegen die Klägerin gerichteten
Aufsichtsanordnung auch nicht unmittelbar und zwangsläufig
ausgestaltet. Allein der Gesichtspunkt, dass für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit der Aufsichtsanordnung die Rechtmäßigkeit oder
Wirksamkeit des HzV-Vtr 2015 als Vorfrage von Bedeutung sein
kann, führt nicht dazu, dass die hier zu treffende Entscheidung auch
im Verhältnis zu dem weiteren Vertragspartner BHÄV zwingend nur
einheitlich ergehen kann
(vgl Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 75 RdNr 94;
Engelhard in juris-PK SGB IV, 3. Aufl 2016, § 89 RdNr 145; in
diesem Sinne zB auch BSG Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA
38/15 B - Juris RdNr 13; BSG Urteil vom 10.5.2017 - B 6 KA 5/16 R -
aaO RdNr 26).
Dementsprechend hat der Senat in einem Rechtsstreit über die
Rechtmäßigkeit der an eine KZÄV adressierten Aufsichtsanordnung
zur Durchführung und Abrechnung der vertragszahnärztlichen
Versorgung die dort unterbliebene Beiladung hiervon betroffener
Krankenkassen(-verbände) nicht beanstandet
(BSG Urteil vom 27.6.2001 - B 6 KA 7/00 R - BSGE 88, 193 = SozR
3-2400 § 89 Nr 7)
. Die vom LSG unterlassene Beschlussfassung über die vom BHÄV
beantragte einfache Beiladung (§ 75 Abs 1 S 1 SGG), die hier
sachdienlich gewesen wäre, bewirkt keinen im Revisionsverfahren
beachtlichen Verfahrensmangel
(BSG Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 36/06 R -
SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 28).
28
C) Die Revision ist zulässig. Die Klägerin hat das vom LSG
zugelassene Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt und
überwiegend auch formgerecht begründet
(§ 164 Abs 1 und Abs 2 S 3 SGG).
29
1. Soweit der Beklagte meint, die Revision sei unzulässig, weil es
der Klägerin an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse iS von §
131 Abs 1 S 3 SGG fehle, betrifft das nicht die Zulässigkeit des
Rechtsmittels, sondern die Zulässigkeit der Klage und damit eine
Frage der Begründetheit der Revision
(vgl BSG Urteil vom 12.9.2012 - B 3 KR 17/11 R - Juris RdNr 10; s
auch Flint in juris-PK SGG, 2017, § 169 RdNr 15)
. Das gilt auch für die Frage nach der richtigen Klageart.
30
2. Unzulässig ist die Revision allerdings, soweit die Klägerin als
Verfahrensmangel die Verletzung des § 136 Abs 1 Nr 5 SGG
(gedrängte Darstellung des Tatbestands) beanstandet. Diese Rüge
entspricht nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Die
genannte Vorschrift bestimmt, dass die Revisionsbegründung bei
der Rüge von Verfahrensmängeln die Tatsachen bezeichnen muss,
die den Mangel ergeben. Dazu gehört auch die Darlegung, weshalb
das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Mangel beruhen kann
(BSG Urteil vom 6.5.2009 - B 6 A 1/08 R - BSGE 103, 106 = SozR 4-
2500 § 94 Nr 2, RdNr 75; s auch Leitherer in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 164 RdNr
12c; Röhl in juris-PK SGG, 2017, § 164 RdNr 66).
Daran fehlt es hier. Die Klägerin listet in ihrer Revisionsbegründung
zwar schlagwortartig Vorbringen auf, das im Tatbestand des LSG-
Urteils keine ausdrückliche oder nur eine unvollständige Erwähnung
gefunden habe, und führt aus, das sei "mit § 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG
auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu Bezugnahmen nach
Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift unvereinbar". Es ist bereits
zweifelhaft, ob die Klägerin damit aus sich heraus verständlich die
Umstände bezeichnet hat, aus denen sich der behauptete
Verfahrensmangel herleiten lässt. Das bedarf jedoch keiner weiteren
Klärung, da sich in der Revisionsbegründung jedenfalls keine
Darlegungen finden, inwiefern die Entscheidung des LSG in der
Sache darauf beruhen kann, dass das von der Klägerin skizzierte
Vorbringen im Tatbestand des Urteils nicht oder nur unvollständig
wiedergegeben ist. Ausführungen zur Frage des Beruhens enthält
erstmals der Schriftsatz der Klägerin vom 7.3.2018. Dieser ist aber
erst nach Ablauf der bis zum 30.11.2017 verlängerten
Revisionsbegründungsfrist eingegangen und kann deshalb nicht
berücksichtigt werden
(vgl BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 §
164 Nr 4 RdNr 22; BSG Beschluss vom 25.10.2017 - B 14 AS 11/17
R - Juris RdNr 4)
.
31
D) Die Revision der Klägerin ist nicht begründet
(§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Das Urteil des LSG ist im Ergebnis nicht zu
beanstanden. Die als Aufsichtsklage zulässige Klage hat sich
allerdings infolge der weitgehenden Umsetzung des HzV-Vtr 2015
durch die Klägerin seit Herbst 2015 nicht erledigt (dazu unter 1.). Der
aufsichtsrechtliche Verpflichtungsbescheid vom 28.5.2015 erweist
sich in der Sache als rechtmäßig (dazu unter 2.). Durchgreifende
Verfahrensmängel, auf denen das Urteil des LSG beruht, lassen
sich nicht feststellen(dazu unter 3.).
32
1. Die Klage ist als Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) zulässig. Die
Aufsichtsklage ist eine besondere Form der Anfechtungsklage,
soweit sie - wie hier - auf Aufhebung einer Anordnung der
Aufsichtsbehörde gerichtet ist. Die Klägerin als Körperschaft des
öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 Abs 1 SGB IV) kann
sie zulässigerweise erheben, wenn sie schlüssig darlegt, die
Aufsichtsbehörde habe mit ihrer Anordnung das Aufsichtsrecht
überschritten oder ermessensfehlerhaft gehandelt
(BSG Urteil vom 28.6.2000 - B 6 KA 64/98 R - BSGE 86, 203, 205 =
SozR 3-2500 § 80 Nr 4 S 31)
. Beides macht die Klägerin geltend. Der Durchführung eines
Vorverfahrens vor Klageerhebung bedurfte es gemäß § 78 Abs 1 S
2 Nr 3 SGG nicht.
33
Der Verpflichtungsbescheid vom 28.5.2015 als Gegenstand der
Aufsichtsklage ist entgegen der Ansicht des LSG nicht dadurch
entfallen, dass die Klägerin den HzV-Vtr 2015 mittlerweile umsetzt.
Das geschieht nach ihren eigenen Angaben "ausschließlich in
Befolgung des Beschlusses des Bayerischen LSG vom 5. Oktober
2015 (L 12 KA 83/15 B ER)", mit dem ihr gegen den BHÄV
gerichteter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
abgewiesen worden war. Die nunmehrige Umsetzung dessen, was
von der Klägerin in der Aufsichtsanordnung verlangt wird, führt nicht
dazu, dass sich diese Anordnung erledigt hat. Von einer Erledigung
"auf andere Weise" iS des § 39 Abs 2 SGB X ist auszugehen, wenn
ein Verwaltungsakt nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu
entfalten oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich
innewohnte, nachträglich entfallen ist
(BSG Urteil vom 14.3.2013 - B 13 R 5/11 R - SozR 4-1200 § 51 Nr 1
RdNr 20 mwN; BSG Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 34/16 R - SozR
4-2500 § 34 Nr 20 RdNr 30, auch zur Veröffentlichung in BSGE
vorgesehen).
Solange der HzV-Vtr 2015 noch nicht durch Zeitablauf oder infolge
einer Kündigung
(nach dessen § 21 Abs 2 erstmals zum 31.12.2018 möglich)
gegenstandslos geworden ist, ist die Anordnung, ihn "in Vollzug zu
setzen", aber weiterhin geeignet, eine Steuerungsfunktion für das
künftige Verhalten der Klägerin in Bezug auf diesen Vertrag zu
entfalten und im Falle einer erneuten Verweigerung der Umsetzung
des Vertrags rechtliche Wirkungen hervorzurufen. Die der Klägerin
durch den Aufsichtsbescheid auferlegte Handlungsverpflichtung ist
mithin nicht allein dadurch entfallen, dass die geforderten
Handlungen von ihr derzeit vorgenommen werden
(vgl BSG Urteil vom 14.3.2013 - B 13 R 5/11 R - aaO; für eine
Aufsichtsanordnung BSG Urteil vom 28.6.2000 - B 6 KA 64/98 R -
BSGE 86, 203, 205 = SozR 3-2500 § 80 Nr 4 S 31; s auch
Engelhard in juris-PK SGB IV, 3. Aufl 2016, § 89 RdNr 141).
Das gilt umso mehr, als nach Einschätzung des Beklagten und des
LSG die Klägerin zwar eine weitgehende, jedoch nach wie vor keine
vollständige Umsetzung sämtlicher Inhalte des HzV-Vtr 2015
gewährleistet.
34
Ist demnach bislang keine Erledigung der Verpflichtungsanordnung
des Beklagten eingetreten, liegen auch die Voraussetzungen für
eine Umstellung des Klagebegehrens in eine
Fortsetzungsfeststellungsklage nicht vor
(§ 131 Abs 1 S 3 SGG - zur Anwendung bei Aufsichtsklagen s BSG
Urteil vom 8.4.1987 - 1 RR 4/86 - BSGE 61, 254, 259 = SozR 7223
Art 8 § 2 Nr 3 = Juris RdNr 30)
. Die Klägerin hat eine solche Antragsänderung im Schriftsatz vom
30.11.2016 zwar ursprünglich selbst vorgenommen, dabei aber
zugleich einen richterlichen Hinweis erbeten, falls nach
Einschätzung des Gerichts eine Erledigung nicht eingetreten sei,
und sich für diesen Fall eine erneute Umstellung des Antrags
vorbehalten. In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat sie
primär ein Anfechtungsbegehren und nur hilfsweise einen
Fortsetzungsfeststellungsantrag zur gerichtlichen Entscheidung
gestellt. Auf der Grundlage der Ausführungen im LSG-Urteil, dass
sich der Verpflichtungsbescheid erledigt habe, hat die Klägerin ihren
Revisionsantrag jedoch zunächst als
Fortsetzungsfeststellungsantrag formuliert. Nach einem Hinweis in
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl § 106 Abs 1 SGG)
ist die Klägerin aber sachgerecht wieder auf den ursprünglichen
Anfechtungsantrag zurückgekommen. Dem steht das Verbot der
Klageänderung im Revisionsverfahren nicht entgegen, da bei gleich
bleibendem Klagegrund lediglich der Antrag wieder erweitert bzw in
die ursprüngliche Form gebracht worden ist
(§ 168 S 1 iVm § 99 Abs 3 Nr 2 SGG, s dazu BSG Urteil vom
25.3.2015 - B 6 KA 9/14 R - BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b
Nr 1, RdNr 54)
.
35
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Aufsichtsanordnung
vom 28.5.2015 erweist sich als rechtmäßig; sie überschreitet
insbesondere nicht das Aufsichtsrecht.
36
a) Rechtsgrundlage für die Aufsichtsanordnung ist § 89 Abs 1 S 2
SGB IV
(idF der Neubekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710).
Danach kann die Aufsichtsbehörde nach vorheriger, erfolglos
verlaufener Beratung (§ 89 Abs 1 S 1 SGB IV) den
Versicherungsträger verpflichten, eine festgestellte
"Rechtsverletzung" (vgl hierzu § 87 Abs 1 S 2 SGB IV) zu beheben.
Die Klägerin ist Versicherungsträger iS dieser Vorschrift
(§ 1 Abs 1 S 1 iVm § 29 Abs 1 SGB IV). Das StMGP des Beklagten
übt als oberste Landesbehörde über sie die Aufsicht aus, nachdem
sich der Zuständigkeitsbereich der Klägerin nicht über das Gebiet
des Freistaats Bayern hinaus erstreckt
(§ 90 Abs 2 SGB IV iVm § 143 Abs 1 SGB V, § 1 Abs 2 der Satzung
der Klägerin sowie Art 7 Abs 2 des Gesetzes zur Ausführung der
Sozialgesetze in der ab 16.7.2013 geltenden Fassung des
Änderungsgesetzes vom 24.6.2013, BayGVBl 385)
.
37
Die Aufsichtsbehörde ist dabei auf eine Rechtsaufsicht beschränkt
(§ 87 Abs 1 S 2 SGB IV). Sie darf nicht im Wege der Fachaufsicht
den Umfang und die Zweckmäßigkeit von Maßnahmen des
Versicherungsträgers zum Gegenstand ihrer staatlichen
Überwachungstätigkeit machen und erst recht keine "politische
Aufsicht" ausüben (Gaßner, MedR 2017, 677, 679). Die
Aufsichtsbehörde hat darüber zu wachen, dass der
Versicherungsträger die Gesetze und das sonstige für ihn
maßgebende Recht beachtet; dazu gehört auch die Beachtung
einer gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechung
(BSG Urteil vom 22.3.2005 - B 1 A 1/03 R - BSGE 94, 221 RdNr 19 =
SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 20 = Juris RdNr 33).
Bei Ausübung der Rechtsaufsicht muss zugleich dem
Selbstverwaltungsrecht des Versicherungsträgers als Träger
mittelbarer Staatsverwaltung Rechnung getragen werden
(§ 29 Abs 1 SGB IV); hierzu gehört ganz wesentlich die Befugnis der
Versicherungsträger, ihre Aufgaben im Rahmen des Gesetzes in
eigener Verantwortung zu erfüllen (§ 29 Abs 3 SGB IV). Einer
Aufsichtsbehörde ist es daher grundsätzlich verwehrt, mit
aufsichtsrechtlichen Mitteln ihre Rechtsauffassung durchzusetzen,
sofern dem Rechtsfragen zugrunde liegen, die bislang weder das
Gesetz noch die Rechtsprechung in eindeutiger Weise beantwortet
haben; in einem solchen Fall bedarf aufsichtsrechtliches
Einschreiten einer besonderen Rechtfertigung
(BSG Urteil vom 22.3.2005 - B 1 A 1/03 R - aaO). Der Grundsatz
einer maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht gebietet es zudem,
dem Versicherungsträger einen gewissen Beurteilungsspielraum
bzw eine Einschätzungsprärogative zu belassen
(s dazu BSG Urteil vom 28.6.2000 - B 6 KA 64/98 R - BSGE 86, 203,
207 = SozR 3-2500 § 80 Nr 4 S 33)
. Daraus folgt, dass Aufsichtsmaßnahmen, die stets eine Ausübung
pflichtgemäßen Ermessens erfordern, rechtswidrig sind, wenn sich
das Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers im Bereich
des rechtlich noch Vertretbaren bewegt
(BSG Urteil vom 22.3.2005 - B 1 A 1/03 R - aaO; s auch Engelhard
in juris-PK SGB IV, 3. Aufl 2016, § 89 RdNr 22 ff).
38
b) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist der Verpflichtungsbescheid
vom 28.5.2015 rechtmäßig (§ 54 Abs 2 S 1 und 2 SGG).
39
aa) Die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer
Aufsichtsanordnung lagen vor. Der in § 89 Abs 1 S 1 und 2 SGB IV
angelegte Vorrang einer Beratung des Versicherungsträgers,
dessen Beachtung grundsätzlich Voraussetzung für die
Rechtmäßigkeit einer Verpflichtungsanordnung ist
(BSG Urteil vom 28.6.2000 - B 6 KA 64/98 R - BSGE 86, 203, 206 =
SozR 3-2500 § 80 Nr 4 S 32; BSG Urteil vom 11.12.2003 - B 10 A
1/02 R - SozR 4-2400 § 89 Nr 2 RdNr 13)
, wurde gewahrt. Wie das LSG im Einzelnen näher dargestellt hat,
legte das StMGP in zahlreichen Gesprächen gegenüber der
Klägerin seine Rechtsauffassung dar, dass es als Rechtsverletzung
anzusehen sei, falls diese den von der Schiedsperson festgesetzten
HzV-Vtr 2015 weiterhin nicht umsetze. Dies kulminierte in dem
Beratungsschreiben vom 22.4.2015, mit dem die Klägerin
aufgefordert wurde, den Vertrag nunmehr unverzüglich umzusetzen,
zumal das BSG im Urteil vom 25.3.2015 bestätigt habe, dass der
Schiedsspruch zu einem Vertrag nach § 73b SGB V von der
Krankenkasse auch während einer hiergegen anhängigen Klage zu
vollziehen sei. In dem Schreiben kündigte das StMGP zugleich an,
vollziehen sei. In dem Schreiben kündigte das StMGP zugleich an,
rechtsaufsichtliche Maßnahmen nach § 89 Abs 1 S 2 SGB IV zu
ergreifen, falls die Rechtsverletzung nicht innerhalb einer zunächst
bis zum 8.5.2015 gesetzten und später bis zum 13.5.2015
verlängerten Frist abgestellt werde. Nach nochmaliger Erläuterung
und Bekräftigung dieser Position durch die Ministerin persönlich
antwortete der Verwaltungsrat der Klägerin in seiner Sitzung am
12.5.2015 mit einem Beschluss "als bindende strategische Leitlinie
für das Hauptamt", dass der Vollzug des HzV-Vtr 2015 abgelehnt
und der Vorstand ermächtigt werde, gegen einen
Verpflichtungsbescheid Aufsichtsklage zu erheben. Hieraus durfte
das Ministerium den Schluss ziehen, dass eine einvernehmliche
Lösung des Konflikts mit der Klägerin um die HzV in kooperativer
Weise nicht mehr erreichbar war. Dem Gebot, nach Möglichkeit im
Zusammenwirken mit dem Versicherungsträger nach einer dem
Gesetz entsprechenden Lösung zu suchen
(s dazu BSG Urteil vom 6.10.1988 - 1 RR 7/86 - BSGE 64, 124, 130
= SozR 2200 § 407 Nr 2 S 8)
, war damit Genüge getan
(zu den faktischen Grenzen des "aus einer anderen Welt"
stammenden Kooperationsgebots vgl Gaßner, MedR 2017, 677,
683 f)
.
40
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, der Beklagte
habe das Kooperationsgebot verletzt, weil das StMGP massiv
einseitig zugunsten des BHÄV gehandelt und sich im Verlauf des
aufsichtsrechtlichen Verfahrens mit diesem abgestimmt habe, ohne
sie darüber zu informieren
(dazu auch der von der Klägerin vorgelegte Aktenauszug
"Zusammenarbeit zwischen BHÄV und StMGP")
, rechtfertigt das keine andere Beurteilung. Zwar wird aus den Akten
ersichtlich, dass der BHÄV mehrfach unmissverständlich vom
StMGP ein rechtsaufsichtliches Einschreiten gegenüber der Klägerin
gefordert und zudem versucht hat, diesem Ansinnen auf höchster
politischer Ebene Nachdruck zu verleihen. Zuvor hatte jedoch auch
die Klägerin von der Aufsichtsbehörde die Beanstandung des von
der Schiedsperson festgesetzten HzV-Vtr 2015 eingefordert und
sich später ebenfalls bemüht, bei der Spitze der Exekutive eine
Entscheidung in ihrem Sinne zu erwirken. Für die formelle
Rechtmäßigkeit von Aufsichtsmaßnahmen ist aber ohne Belang, ob
der Anstoß zu deren Einleitung von außen - etwa von Konkurrenten
- kommt
(vgl Engelhard in juris-PK SGB IV, 3. Aufl 2016, § 89 RdNr 15).
Entscheidend für die Beachtung des Kooperationsgebots ist
lediglich, dass im Falle einer festgestellten Rechtsverletzung die
Aufsichtsbehörde nicht sofort mit einer Verpflichtungsanordnung
reagiert, sondern zunächst beratend und kooperativ darauf hinwirkt,
dass der Versicherungsträger diese Rechtsverletzung behebt. Dazu
muss sie sich jedenfalls mit den vom Versicherungsträger
vorgebrachten Argumenten inhaltlich auseinandersetzen
(BSG Urteil vom 11.12.2003 - B 10 A 1/02 R - SozR 4-2400 § 89 Nr
2 RdNr 18; Engelhard in juris-PK SGB IV, aaO RdNr 43)
. Das war hier der Fall.
41
bb) Bei Erlass des Verpflichtungsbescheids waren auch die
materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer
Aufsichtsanordnung erfüllt. Die damalige, auf rechtsaufsichtliche
Beratung hin ausdrücklich bekräftigte Weigerung der Klägerin, den
von der Schiedsperson festgesetzten HzV-Vtr 2015 umzusetzen,
bewirkte eine Rechtsverletzung. Grundlage dafür war nicht der
Vorwurf, die Klägerin habe einzelne Bestimmungen dieses Vertrags
nicht oder in rechtswidriger Weise angewandt. Die
aufsichtsrechtliche Anordnung stützte sich vielmehr darauf, dass die
Klägerin die durch § 73b Abs 1 SGB V begründete Verpflichtung,
ihren Versicherten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen
eine HzV anzubieten, grundlegend missachtete. Eine solche
Rechtsverletzung lag zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung
auch vor.
42
Der Senat hat bereits entschieden, dass ein von einer
Schiedsperson im Verfahren nach § 73b Abs 4a SGB V
festgesetzter HzV-Vtr als öffentlich-rechtlicher Vertrag vorbehaltlich
seiner Nichtigkeit (§ 58 SGB X) umzusetzen ist, solange seine
Rechtswidrigkeit nicht rechtskräftig festgestellt worden ist, und dass
die Pflicht zur Umsetzung des Vertrags bis zum rechtskräftigen
Abschluss des Hauptsacheverfahrens über dessen Rechtmäßigkeit
nur durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts nach § 86b Abs
2 SGG beseitigt werden kann
(BSG Urteil vom 25.3.2015 - B 6 KA 9/14 R - BSGE 118, 164 = SozR
4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 36)
. Daran hält er nach erneuter Prüfung fest
(s auch das Urteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 44/16 R -
RdNr 36)
.
43
Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände sind nicht stichhaltig.
Soweit sie sich insbesondere darauf beruft, dass eine Rechtspflicht
zum unmittelbaren Vollzug eines HzV-Vtr "der Systematik des § 73b
SGB V fremd" sei, weil ein solcher Vertrag rechtstechnisch kein
"Gesetz oder sonstiges Recht" iS von § 89 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 S
2 SGB IV enthalte, berücksichtigt sie nicht hinreichend den
Charakter eines HzV-Vtr als Normsetzungsvertrag
(s hierzu Engelhard in juris-PK SGB IV, 3. Aufl 2016, § 87 RdNr 57).
Ein HzV-Vtr unterscheidet sich in seiner Eigenschaft (auch) als
Normsetzungsvertrag - trotz der Freiwilligkeit einer Teilnahme
(§ 73b Abs 3 S 1 SGB V) - insoweit nicht von den
Bundesmantelverträgen oder den Gesamtverträgen, die für die
kollektivvertraglich geprägte Regelversorgung typisch sind
(vgl BSG Urteil vom 25.3.2015 - B 6 KA 9/14 R - BSGE 118, 164 =
SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 36; zu den mit der
kollektivvertraglichen Versorgung teilweise vergleichbaren
Strukturen der Selektivverträge nach § 73b SGB V s auch BSG
Urteil vom heutigen Tag - B 6 KA 44/16 R - RdNr 40)
. Die von einem HzV-Vtr erzeugten Normen zur Ausgestaltung eines
hausarztzentrierten Versorgungsangebots gelten als solche für die
von ihnen betroffenen Rechtssubjekte unmittelbar. Die Verpflichtung
der Beteiligten zu ihrer Befolgung steht deshalb nicht unter dem
Vorbehalt eines vorherigen gerichtlichen Testats der
Vorbehalt eines vorherigen gerichtlichen Testats der
Unbedenklichkeit bzw Rechtmäßigkeit der betreffenden
Regelungen. Vielmehr kann - umgekehrt - erst eine gerichtliche
Entscheidung, welche rechtskräftig die Rechtswidrigkeit von Normen
eines HzV-Vtr feststellt oder im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes auf der Grundlage von § 86b Abs 2 SGG vorläufige
Regelungen trifft, die Beteiligten von der Befolgung der Vorschriften
dieses Vertrags entbinden. Insofern ist es in der Zeit nach dem
Zustandekommen eines HzV-Vtr (sei es durch vertragliche Einigung
oder durch Schiedsspruch im Verfahren nach § 73b Abs 4a SGB V)
für die Verpflichtung der Beteiligten zur Befolgung von dessen
Normen gänzlich unerheblich, ob das Gesetz aufgrund des von ihm
zugrunde gelegten Vertragsmodells auch gewisse Zeiten ohne das
Angebot einer HzV voraussetzt bzw toleriert oder ob wegen der
Sicherstellung einer hausärztlichen Betreuung im
Kollektivvertragssystem (§ 73 Abs 1 S 2 SGB V) eine
Unterversorgung der Versicherten nicht zu befürchten ist.
44
Auf dieser Grundlage war die Klägerin bei Erlass der
aufsichtsrechtlichen Anordnung Ende Mai 2015 verpflichtet, den von
der Schiedsperson am 19.12.2014 festgesetzten HzV-Vtr 2015, der
nach Maßgabe seines § 20 Abs 2 am 3.3.2015 in Kraft getreten war
und gemäß § 20 Abs 3 ab 1.4.2015 finanzwirksam sein sollte,
umzusetzen. Da zum damaligen Zeitpunkt eine einstweilige
Anordnung nach § 86b Abs 2 SGG, die Abweichendes regelte, nicht
erlassen war, musste die Klägerin in der Ausgestaltung, die der HzV-
Vtr 2015 vorsah, ihre Verpflichtung aus § 73b Abs 1 SGB V erfüllen,
ihren Versicherten eine HzV anzubieten. Eine Nichtigkeit des HzV-
Vtr 2015 hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht;
Anhaltspunkte hierfür sind auch sonst nicht ersichtlich.
45
cc) Die Anordnung im Verpflichtungsbescheid vom 28.5.2015, den
HzV-Vtr 2015 "in Vollzug zu setzen", widerspricht nicht dem für
Verwaltungsakte geltenden Erfordernis inhaltlich hinreichender
Bestimmtheit (§ 33 Abs 1 SGB X). Die Anforderungen an die
Bestimmtheit einer Anordnung richten sich im Einzelnen nach den
Besonderheiten des jeweils maßgeblichen materiellen Rechts
(BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr
1 RdNr 16; BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - SozR 4-
2500 § 13 Nr 36 RdNr 17, auch für BSGE vorgesehen)
. Der Adressat des Verwaltungsakts muss bei Zugrundelegung der
Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in der
Lage sein, sein Verhalten an dem Verfügungssatz des Bescheids
auszurichten (BSG aaO). Bei einer Aufsichtsanordnung, die sich an
einen rechtskundigen Versicherungsträger richtet, muss für diesen
klar und unmissverständlich erkennbar sein, was die
Aufsichtsbehörde von ihm erwartet
(Engelhard in juris-PK SGB IV, 3. Aufl 2016, § 89 RdNr 68). Das
hängt von der jeweiligen Rechtsverletzung ab, die Grundlage des
Verpflichtungsbescheids ist, und baut zudem auf der
vorangegangenen aufsichtsrechtlichen Beratung auf. Wenn die
Rechtsverletzung - wie hier - in der generellen Verweigerung
besteht, ein komplexes Vertragswerk zur Ausgestaltung einer HzV
wirksam werden zu lassen, so genügt es, wenn der Verfügungssatz
daran anknüpfend die Verpflichtung ausspricht, den HzV-Vtr "in
Vollzug zu setzen", dh in allen seinen Regelungen umzusetzen.
Hierfür eine detaillierte Tätigkeitsauflistung in der Art eines
Handbuchs oder "Pflichtenhefts" zu verlangen, würde der Eigenart
der Rechtsbeziehungen zwischen Leistungserbringern und
Krankenkassen in der gesetzlichen Krankenversicherung und auch
dem Kooperationsgebot im Verhältnis zwischen Versicherungsträger
und Aufsichtsbehörde nicht gerecht.
46
dd) Mit der Anordnung an die Klägerin, den HzV-Vtr 2015 in Vollzug
zu setzen, überschritt der Beklagte seine aufsichtsrechtlichen
Befugnisse nicht; insbesondere übte er damit keine Fachaufsicht
aus. Auch im Bereich der HzV sind die aufsichtsrechtlichen
Befugnisse auf eine Rechtsaufsicht beschränkt
(§ 87 Abs 1 S 2 SGB IV). Die Anordnung, zur Behebung einer
Rechtsverletzung den HzV-Vtr 2015 umzusetzen, betrifft aber nicht
die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Klägerin; sie
verlässt den Bereich der Rechtmäßigkeitskontrolle nicht. Eine
inhaltliche Ausgestaltung dieses Vertrags ist mit dem
Verpflichtungsbescheid nicht verbunden. Soweit in der Begründung
des Bescheids ausgeführt wird, dass die von dem Vertrag erfassten
Leistungen im Sinne der Stellungnahme der Schiedsperson zu
bestimmen seien, diente das lediglich der Erläuterung, weshalb der
Einwand der Klägerin, der Vertrag sei lückenhaft und daher nicht
vollziehbar, nach Ansicht des Beklagten nicht zutrifft. Eine
hoheitliche Anordnung, den Vertrag nur mit einem bestimmten Inhalt
zu vollziehen, enthält der Verfügungssatz des Bescheids jedoch
nicht.
47
Der Beklagte verletzte mit dem Erlass des Verpflichtungsbescheids
auch nicht das Gebot einer maßvollen Ausübung der
Rechtsaufsicht. Nach diesem von der Rechtsprechung auf der
Grundlage allgemeiner Prinzipien des Aufsichtsrechts entwickelten
Gebot sind förmliche Aufsichtsmaßnahmen rechtswidrig, die ein
Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers beanstanden,
das sich noch im Bereich des rechtlich Vertretbaren bewegt
(BSG Urteil vom 22.3.2005 - B 1 A 1/03 R - BSGE 94, 221 RdNr 19 =
SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 20 = Juris RdNr 33 mwN; zur
Herleitung aus dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit
vgl Bogs, Die Sozialversicherung im Staat der Gegenwart, 1973, S
189 ff)
. Das Verhalten der Klägerin, pauschal und insgesamt eine
Umsetzung des HzV-Vtr 2015 zu verweigern, hielt sich aber nicht
mehr im Rahmen des noch Vertretbaren. Es war zum damaligen
Zeitpunkt bereits höchstrichterlich durch die Entscheidung des
Senats vom 25.3.2015
(B 6 KA 9/14 R - BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr
36)
unmissverständlich geklärt, dass die Klägerin den von einer
Schiedsperson festgesetzten HzV-Vtr umzusetzen verpflichtet war,
solange keine anderslautende rechtskräftige
Hauptsacheentscheidung oder eine einstweilige Anordnung der
Sozialgerichte ergangen war. Auf den Umstand, dass der genaue
Inhalt des Vertrags zwischen den Beteiligten damals umstritten war,
kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
48
ee) Ermessensfehler, die zur Rechtswidrigkeit des
Verpflichtungsbescheids führen würden (§ 54 Abs 2 S 2 SGG), sind
nicht ersichtlich.Die Begründung des Bescheids stellt die
Gesichtspunkte, die der Beklagte bei der Ausübung des Ermessens
zugrunde gelegt hat, ausführlich dar (§ 35 Abs 1 S 3 SGB X). Die
genannten Ermessenserwägungen lassen eine Überschreitung der
gesetzlichen Grenzen des Ermessens oder einen zweckwidrigen
Ermessensgebrauch nicht erkennen. Der Beklagte war sich
bewusst, dass er trotz einer festgestellten Rechtsverletzung nicht
zwingend verpflichtet ist, eine Aufsichtsmaßnahme zu ergreifen
(Opportunitätsprinzip). Er hat aber bei Abwägung des
Allgemeininteresses an der Gesetzmäßigkeit der Sozialverwaltung
mit den Interessen der Klägerin und den Interessen Dritter dem
Recht der Versicherten, an einer gesetzeskonformen HzV
teilzunehmen, den Vorrang eingeräumt und den Erlass eines
Verpflichtungsbescheids für geeignet, erforderlich und auch
verhältnismäßig gehalten, um die Rechtsverletzung zu beheben.
Das ist nicht zu beanstanden.
49
Der Einwand der Klägerin, es liege ein vollständiger Ausfall an
eigenen Ermessenserwägungen vor, weil das StMGP die
nachträgliche Stellungnahme der Schiedsperson zur Auslegung des
HzV-Vtr 2015 in seine Meinungsbildung einbezogen habe, trifft nicht
zu. Übernimmt eine Behörde bei der Ermessensausübung
Argumente Dritter nach eigener Prüfung ihrer Plausibilität als
zutreffend, übt sie dennoch selbst originär Ermessen aus. Auch ein
Ermessensfehlgebrauch liegt nicht darin begründet, dass der
Beklagte mit dem Erlass der Verpflichtungsanordnung im Ergebnis
den nachdrücklichen Forderungen des BHÄV nach einem solchen
Vorgehen Rechnung getragen hat. Zwar ist die Staatsaufsicht über
die Sozialversicherungsträger nicht dazu bestimmt, dem
Individualinteresse Einzelner zu dienen
(BSG Urteil vom 14.2.2007 - B 1 A 3/06 R - BSGE 98, 129 = SozR 4-
2400 § 35a Nr 1, RdNr 13)
. Ihr Zweck ist vielmehr, dem öffentlichen Interesse an einer
gesetzmäßigen Durchführung der Sozialverwaltung Geltung zu
verschaffen (vgl § 29 Abs 3 iVm § 87 Abs 1 S 2 SGB IV). Dem steht
aber nicht entgegen, dass sich eine im öffentlichen Interesse
erlassene Aufsichtsanordnung im Ergebnis auch zugunsten der
Interessen Dritter - hier des BHÄV und seiner Mitglieder, aber auch
der Versicherten - auswirkt. Problematisch wäre das nur, wenn
Einzelne die hoheitlichen Befugnisse der Aufsichtsbehörde
instrumentalisieren könnten, um zu Lasten der Allgemeinheit ihre
individuellen Interessen zu befördern. Für das Vorliegen einer
solchen Konstellation gibt es hier aber keine Hinweise. Ernsthafte
Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte bei Erlass des
Verpflichtungsbescheids das Allgemeininteresse an einer
gesetzmäßigen Sozialverwaltung als unmaßgeblich erachtet hätte
und als "Vollzugshelfer" des BHÄV tätig werden wollte, sind nicht
erkennbar.
50
ff) Ein Ermessensfehler ist ebenso wenig darin zu sehen, dass der
Beklagte die Aufsichtsanordnung am 28.5.2015 in Kenntnis des
zwei Tage zuvor von der Klägerin in ihrem Rechtsstreit mit dem
BHÄV beim SG München eingereichten Antrags auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung verfügt hat, anstatt den Ausgang dieses
Gerichtsverfahrens abzuwarten. Zu einem solchen Abwarten bzw zu
einem Absehen von aufsichtsrechtlichen Maßnahmen im Hinblick
auf ein anderweitig zu derselben Problematik anhängiges
Gerichtsverfahren war der Beklagte nicht verpflichtet
(vgl auch D. Marburger/H. Marburger, Die Staatsaufsicht in der
Sozialversicherung, 3. Aufl 2004, S 58; Schneider, Aufsicht in der
Sozialversicherung, Stand Juni 2017, 230
Entscheidungsfreiheit der Aufsichtsbehörde> S 2 f)
.
51
Die Aufsichtsbehörde als Teil der Exekutive und die
Rechtsprechung nehmen ihre jeweiligen Aufgaben gleichberechtigt
und unabhängig voneinander wahr
(D. Marburger/H. Marburger, aaO S 56; Schneider, aaO S 1). Dabei
erfordert der Grundsatz der Gewaltenteilung (Art 20 Abs 2 S 2 GG),
der nicht im Sinne einer strikten Trennung der Funktionen und
Monopolisierung jeder einzelnen Funktion nur bei einem bestimmten
Organ ausgestaltet ist
(BVerfG Beschluss vom 12.11.1997 - 1 BvR 479/92 ua - BVerfGE
96, 375, 394)
, dass die in der Verfassung vorgenommene Gewichtsverteilung
zwischen den Gewalten gewahrt wird. Weder darf eine Gewalt ein in
der Verfassung nicht vorgesehenes Übergewicht über eine andere
erhalten, noch darf eine Gewalt der für die Erfüllung ihrer
verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeiten
beraubt werden; der Kernbereich der Entscheidungsbefugnisse der
jeweiligen Gewalt ist unantastbar
(BVerfG Beschluss vom 30.6.2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139,
321 RdNr 125)
. Zur verbindlichen Auslegung von Normen ist allein die
rechtsprechende Gewalt berufen, die gemäß Art 92 GG den
Richtern anvertraut ist
(BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvR 2530/05 ua - BVerfGE
126, 369, 392 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 73).
Zum Kernbereich der rechtsprechenden Gewalt gehört aber auch
die letztverbindliche Streitentscheidung durch Anwendung des
geltenden Rechts, soweit Art 19 Abs 4 S 1 GG den Rechtsweg zu
den Gerichten garantiert
(vgl Detterbeck in Sachs, GG, 8. Aufl 2018, Art 92 RdNr 20 f;
Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 3. Aufl 2018, Art 92 RdNr 33 ff, 36)
.
52
Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben bedeuten für das Verhältnis
zwischen Maßnahmen der Rechtsaufsicht und gerichtlichen
Verfahren zu derselben Rechtsfrage, dass die Aufsichtsbehörde
nicht gehindert ist, während eines zwischen den Vertragspartnern
bereits anhängigen Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit eines
HzV-Vtr eine Aufsichtsanordnung in Bezug auf diesen HzV-Vtr zu
erlassen. Sie muss dabei allerdings alle Maßnahmen unterlassen,
die zu einem Eingriff in den Kernbereich der
Entscheidungsbefugnisse der Gerichte führen würden.
Insbesondere darf die Aufsichtsbehörde nicht in schwebende
Gerichtsverfahren eingreifen oder bereits ergangene
Gerichtsentscheidungen ignorieren (Schneider, aaO S 1). Deshalb
ist für den Erlass einer Aufsichtsanordnung, einen bestimmten HzV-
Vtr zu vollziehen, kein Raum mehr, wenn und solange im
Rechtsstreit zwischen den Vertragspartnern eine gerichtliche
Entscheidung zu beachten ist, dass dieser Vertrag wegen
rechtlicher Mängel nicht bzw einstweilen nicht ausgeführt werden
muss. Das gilt auch dann, wenn die gerichtliche Entscheidung noch
nicht rechtskräftig ist.
53
Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte aus Rechtsgründen
nicht gehindert, Ende Mai 2015 trotz des bereits zwischen Klägerin
und BHÄV anhängigen Gerichtsverfahrens eine Aufsichtsanordnung
zu erlassen, da zu diesem Zeitpunkt eine gerichtliche Entscheidung,
die einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde entgegenstand, nicht
vorlag. Es ist aber auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte
den Ausgang des erst wenige Tage zuvor von der Klägerin
anhängig gemachten Eilverfahrens nicht abwarten wollte, sondern
im Rahmen seiner Ermessensausübung ein sofortiges Handeln für
geboten hielt, um rechtzeitig vor Ablauf des Quartals II/2015
vorläufig Klarheit über die Art und Weise der Erbringung und
Abrechnung hausärztlicher Leistungen nicht nur für die Klägerin und
den BHÄV, sondern auch für Versicherte, Hausärzte und die davon
ebenfalls betroffene KÄV zu schaffen. Eine abschließende
Entscheidung in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
noch zeitgerecht vor Ablauf des Quartals war damals nicht
abzusehen. Nachdem das SG München Ende Juni 2015 jedoch
eine einstweilige Anordnung dahingehend erlassen hatte, dass die
Klägerin zur Umsetzung des HzV-Vtr 2015 nicht verpflichtet sei,
sicherte der Beklagte gegenüber dem Gericht zu, die
Aufsichtsanordnung bis zum Abschluss des gerichtlichen
Eilverfahrens nicht zu vollstrecken. Dadurch wurde in ausreichender
Weise gewährleistet, dass die sozialgerichtliche Entscheidung nicht
konterkariert wird, ehe diese später im Instanzenzug vom LSG
aufgehoben wurde und die Klägerin daraufhin ihren Eilantrag in
Bezug auf die Aufsichtsanordnung zurücknahm.
54
gg) Der Anspruch der Klägerin auf effektiven Rechtsschutz
(Art 19 Abs 4 S 1 GG - s hierzu BVerfG Beschluss vom 30.6.2015 - 2
BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 RdNr 129)
in dem von ihr vor dem SG München gegen den BHÄV
angestrengten Verfahren wurde durch die Aufsichtsanordnung des
Beklagten nicht vereitelt. Der Verpflichtungsbescheid hat die
Klägerin zwar angehalten
(mit der Möglichkeit des Verwaltungszwangs bei Zuwiderhandlung, §
89 Abs 1 S 3 SGB IV)
, genau das zu tun, was sie mit ihrem Rechtsstreit gegen den BHÄV
verhindern will. Die der Klägerin zur Verfügung stehenden
Rechtsschutzmöglichkeiten sind dadurch aber nicht eingeschränkt
worden. Auch die Durchführung einer tatsächlich wirksamen
gerichtlichen Kontrolle in dem von der Klägerin gegen den BHÄV
anhängig gemachten sozialgerichtlichen Verfahren und
gegebenenfalls die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz
(sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen) wurden durch die
Aufsichtsanordnung nicht beeinträchtigt. Das machen sowohl der
Beschluss des SG München vom 24.6.2015 (S 21 KA 620/15 ER)
als auch die Entscheidung des LSG
(Beschluss vom 5.10.2015 - L 12 KA 83/15 B ER)in besonderer
Weise deutlich. Insbesondere sind die Sozialgerichte in jenem
Verfahren bei ihren Entscheidungen in der Sache inhaltlich nicht an
die Aufsichtsanordnung gebunden, sondern lediglich an Gesetz und
Recht (Art 20 Abs 3 GG). Sofern in dem Verfahren rechtskräftig
festgestellt werden sollte, dass der HzV-Vtr 2015 rechtswidrig ist,
liegen die Voraussetzungen für eine Verpflichtungsanordnung nach
§ 89 Abs 1 S 2 SGB IV nicht mehr vor und ist die Aufsichtsbehörde
verpflichtet, ihren Bescheid nach § 44 Abs 2 SGB X mit Wirkung für
die Zukunft zurückzunehmen
(Fattler in Hauck/Noftz, SGB IV, K § 89 RdNr 5b, Stand der
Einzelkommentierung Oktober 2009)
.
55
hh) Aus den bereits genannten Gründen verletzt die
Aufsichtsanordnung auch nicht den Gewaltenteilungsgrundsatz des
Art 20 Abs 2 S 2 GG. Sie ersetzt nicht die Klärung des Rechtsstreits
im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem BHÄV, sondern sichert
lediglich bis zu dieser Klärung im öffentlichen Interesse den nach
Einschätzung der Aufsichtsbehörde rechtmäßigen Vollzug von
Gesetz und Recht.
56
c) Das Urteil des 3. Senats vom 27.10.1966
(3 RK 27/64 - BSGE 25, 224, 226 = SozR Nr 1 zu § 30 RVO S Aa2)
steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Der 3.
Senat hat zwar nicht näher spezifizierte "verfassungsrechtliche(n)
Bedenken (Art. 92 GG)" erwähnt und im Übrigen lediglich
prozessuale Erwägungen (Gefahr divergierender Entscheidungen
durch verschiedene Gerichte), aber keine materielle Rechtsnorm für
seine Ansicht angeführt, dass eine Aufsichtsbehörde der
gerichtlichen Entscheidung über den Inhalt eines streitigen
Rechtsverhältnisses "grundsätzlich" nicht durch eine eigene
Entscheidung vorgreifen dürfe
(zur Kritik an dieser Entscheidung vgl Schnapp, BKK 1969, 97, 98 f;
Brackmann, DOK 1969, 686, 687; D. Marburger/H. Marburger, Die
Staatsaufsicht in der Sozialversicherung, aaO S 59; Schneider,
Aufsicht in der Sozialversicherung, aaO S 2 f; Engelhard in juris-PK
SGB IV, 3. Aufl 2016, § 89 RdNr 73; Fattler in Hauck/Noftz, SGB IV,
K § 89 RdNr 5a)
. Er hat aber ausdrücklich offengelassen, ob das in Kauf zu nehmen
wäre, wenn ein gewichtiges öffentliches Interesse den Erlass einer
sofort vollziehbaren Aufsichtsanordnung erfordere und die
Rechtskraft des Urteils im Rechtsstreit zwischen den Beteiligten des
Rechtsverhältnisses aus besonderen Gründen nicht abgewartet
werden könne. Eine solche Konstellation liegt hier vor, wie oben
bereits ausgeführt wurde (RdNr 53). Damit weicht der Senat nicht
von tragenden Rechtssätzen in der genannten Entscheidung des 3.
Senats ab; die Einleitung eines Anfrageverfahrens gemäß § 41 Abs
3 S 1 SGG ist deshalb nicht erforderlich.
57
3. Die Revision bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als sie den
Verfahrensmangel einer Verletzung des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG
(iVm § 202 S 1 SGG, § 547 Nr 6 ZPO) rügt.
58
Die Vorschrift des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG wird durch die Vorgabe in
§ 128 Abs 1 S 2 SGG näher konkretisiert. Danach sind in dem Urteil
die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend
gewesen sind. Dies dient auch der Gewährleistung des
Prozessgrundrechts auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG). Eine
Verpflichtung des Tatsachengerichts, sich mit jeglichem Vorbringen
der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu
befassen, besteht allerdings nicht. Es hängt vielmehr von den
Umständen des Einzelfalls ab, inwieweit ein Gericht seine
Rechtsauffassung in den einzelnen Abschnitten seiner
Entscheidung begründen muss
(BSG Beschluss vom 26.5.2011 - B 11 AL 145/10 B - Juris RdNr 3).
Das Gericht muss die wesentlichen Fragen abhandeln, dabei aber
nicht notwendig auf alle Einzelheiten eingehen, sondern nur die
Leitgedanken wiedergeben
(BSG Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 50/15 B - Juris RdNr 9;
ebenso bereits BSG Urteil vom 10.8.1995 - 11 RAr 91/94 - BSGE 76,
233, 234 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 3)
. Sofern allerdings ein bestimmter Vortrag den Kern des Vorbringens
eines Beteiligten ausmacht und für den Prozessausgang von
entscheidender Bedeutung ist, muss das Gericht diese Argumente
ausdrücklich erwägen
(BVerfG Beschluss vom 14.9.2016 - 1 BvR 1304/13 -
Juris RdNr 22)
. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des
Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das
Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den
Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt das auf die
Nichtberücksichtigung dieses Vortrags schließen, sofern er nicht
nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber
offensichtlich unsubstantiiert war
(vgl BVerfG Beschluss vom 24.1.2018 - 2 BvR 2026/17 -
Juris RdNr 14).
59
Nach diesen Maßstäben lässt sich hier nicht feststellen, dass die
Entscheidungsgründe des LSG-Urteils in verfahrensfehlerhafter
Weise unzureichend sind. Die Klägerin macht mit ihrer Revision
geltend, dass dieses Urteil keine ausdrücklichen Ausführungen zu
folgenden Fragen enthält: (1) Verstoß des Beklagten gegen die
Grundsätze eines fairen Verfahrens, (2) Verletzung des Rechts der
Klägerin auf Anhörung, (3) fehlerhafte Ausübung des Ermessens
durch den Beklagten, (4) Verletzung des Gebots effektiven
Rechtsschutzes, (5) Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes
sowie (6) Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes. Zu diesen
Punkten hatte die Klägerin vor dem LSG noch ergänzend kurz
vorgetragen
(S 17 bis 21 der Klagebegründung vom 30.11.2016: "auch aus
diesem Grund rechtswidrig")
, nachdem sie zuvor die aus ihrer Sicht zentralen Argumente für eine
Rechtswidrigkeit breit dargestellt hatte (S 7 bis 17 aaO). Vor diesem
Hintergrund ist bereits zweifelhaft, ob die von der Klägerin nunmehr
genannten Punkte den Kern ihres Vorbringens mit entscheidender
Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits bildeten. Zu der in
diesem Zusammenhang von der Klägerin noch am intensivsten
erörterten Frage einer fehlerhaften Ermessensausübung
(S 17 bis 19 aaO) hat das LSG zumindest ausgeführt, dass der
Beklagte nach Überzeugung des Gerichts den angefochtenen
Bescheid "ermessensfehlerfrei erlassen" habe
(Urteilsumdruck S 8, 2. Absatz). Auch wenn das aus Sicht der
Klägerin falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein mag,
führt diese knappe Begründung noch nicht zu einer Verletzung der
Begründungspflicht
(vgl BSG Beschluss vom 7.5.2014 - B 12 KR 30/12 B - Juris RdNr 13
mwN)
.
60
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die
Rechtmäßigkeitskontrolle von Aufsichtsmaßnahmen nach
Maßstäben erfolgt, die in nicht unerheblichem Umfang
Wertungsspielräume enthalten. Das gilt insbesondere für das Gebot
einer maßvollen Ausübung der Aufsicht und für Gesichtspunkte der
Verhältnismäßigkeit im Kontext mit anderen gerichtlichen Verfahren.
Welcher eigenständige Anwendungsbereich noch für die Prüfung
der Ermessensausübung der Aufsichtsbehörde verbleibt, hängt
maßgeblich auch davon ab, ob die insoweit bedeutsamen
Umstände schon im Zusammenhang mit den sonstigen
Voraussetzungen für ein rechtsaufsichtliches Einschreiten erörtert
worden sind. Hier hat das LSG ausführlich dargelegt, weshalb nach
seiner Rechtsauffassung der Aufsichtsbescheid in dem
erforderlichen abgestuften Verfahren erlassen wurde
(Urteilsumdruck S 9 f); dabei hat es auch die Beteiligung des BHÄV
und die enge Kooperation des Beklagten mit diesem im Vorfeld der
Entscheidung vom 28.5.2015 erwähnt. Das zeigt, dass das
entsprechende Vorbringen der Klägerin vom LSG tatsächlich
erwogen wurde, auch wenn es nicht explizit in Ausführungen zur
Ermessensausübung geschehen ist. Von einer Verletzung des
rechtlichen Gehörs der Klägerin kann somit keine Rede sein.
61
E) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3
SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.