Urteil des BSG vom 21.03.2018

Vertragsärztliche Versorgung - ärztlich geleitete kommunale Gesundheitseinrichtung - Entfallen der Zulassung bei Trägerwechsel zu einer freigemeinnützigen Organisation

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 21.3.2018, B 6 KA 46/16
R
ECLI:DE:BSG:2018:210318UB6KA4616R0
Vertragsärztliche Versorgung - ärztlich geleitete kommunale
Gesundheitseinrichtung - Entfallen der Zulassung bei
Trägerwechsel zu einer freigemeinnützigen Organisation
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
Potsdam vom 28. September 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine bislang kommunale
Einrichtung nach § 311 Abs 2 SGB V weiterhin berechtigt ist, an der
vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, wenn sie von dem
klagenden Verein übernommen wird.
2
Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Senftenberg und
Unterverband eines anerkannten Verbands der freien
Wohlfahrtspflege. In Teilen des Landkreises Oberspreewald-Lausitz
führt er den Rettungsdienst durch und erbringt Leistungen der
Haushaltshilfe sowie der häuslichen Krankenpflege nach §§ 132,
132a SGB V. Er beabsichtigt, Gesellschaftsanteile der "Medizinische
Einrichtungs-GmbH Senftenberg" (im Folgenden: M GmbH) zu
erwerben. Hierbei handelt es sich um eine seit 1992 zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassene ärztlich geleitete
Einrichtung nach § 311 Abs 2 SGB V, die in der Rechtsform einer
GmbH am allgemeinen Rechtsverkehr teilnimmt. Alleinige
Gesellschafterin der M GmbH ist die zu 8. beigeladene Stadt
Senftenberg.
3
Am 3.7.2013 beantragte der Kläger beim Zulassungsausschuss die
Erteilung einer Zusicherung, dass im Fall der Veräußerung der
Gesellschaftsanteile der M GmbH an ihn kein Verwaltungsakt ergehe,
der der M GmbH den Status als Einrichtung nach § 311 Abs 2 SGB V
entziehe. Hilfsweise beantragte er die Zusicherung, dass der mit der
Veräußerung der Gesellschaftsanteile verbundene Trägerwechsel
genehmigt wird. Der Zulassungsausschuss lehnte die Anträge mit
Beschluss vom 19.3.2014 ab. Der Widerspruch und die Klage gegen
die Ablehnung des Hauptantrags waren erfolglos
(Beschluss des beklagten Berufungsausschusses vom 7.10.2014;
Urteil des SG Potsdam vom 28.9.2016)
. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Kläger habe keinen
Anspruch auf Erteilung der begehrten Zusicherung, weil er mangels
Zulassung oder Ermächtigung zur Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung kein tauglicher Träger der Einrichtung
sei. Die Zulässigkeit eines Trägerwechsels richte sich nach den
gemäß § 311 Abs 2 S 2 SGB V im Übrigen geltenden Vorschriften
des SGB V über medizinische Versorgungszentren (MVZ). Demnach
müsse der Einrichtung gemäß § 95 Abs 6 S 3 SGB V die Zulassung
entzogen werden, weil sie länger als sechs Monate nach der
Übertragung der Gesellschaftsanteile von der Kommune auf den
Kläger die Gründungsvoraussetzung des § 95 Abs 1a S 1 Halbs 1
SGB V nicht mehr erfülle. Der Kläger sei zwar ein gemeinnütziger
Träger, nehme aber nicht aufgrund einer Zulassung oder
Ermächtigung, sondern allein aufgrund eines Vertrags nach §§ 132
und 132a SGB V an der medizinischen Versorgung der Versicherten
teil. Dies genüge nicht, um Träger eines MVZ bzw einer Einrichtung
nach § 311 SGB V zu sein. Auch die Voraussetzungen der
Bestandsschutzregelung des § 95 Abs 1a S 2 SGB V seien nicht
erfüllt.
4
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom SG zugelassenen
Revision. Das Verbot eines Trägerwechsels sei in § 311 Abs 2 S 1
SGB V ausdrücklich nicht vorgesehen. Deshalb sei ein Wechsel der
Trägerschaft innerhalb des bestandsgeschützten Bereichs der
kommunalen, staatlichen und freigemeinnützigen Träger einer
Gesundheitseinrichtung jederzeit vertragsarztrechtlich zulässig. Da
die abschließende Regelung des § 311 Abs 2 S 1 SGB V die
allgemeinen Maßstäbe für die Trägerschaft von MVZ verdränge,
gälten Letztere auch nicht gemäß § 311 Abs 2 S 2 SGB V im Übrigen
entsprechend. Unabhängig davon drohe nach Veräußerung der
Gesellschaftsanteile an den Kläger keine Gefahr einer Beeinflussung
ärztlicher Entscheidungen durch sachfremde Erwägungen, weil
aufgrund der Gemeinnützigkeit des Klägers keine Gefährdung der
medizinischen Unabhängigkeit der Einrichtung zu besorgen sei.
Dieser für die Beschränkung des Kreises zulässiger Träger eines
MVZ gemäß § 95 Abs 1a S 1 Halbs 1 SGB V maßgebliche
Gesichtspunkt spiele bei Einrichtungen nach § 311 Abs 2 S 1 SGB V
im Falle eines Trägerwechsels zwischen Staat, Kommune und
gemeinnützigen Organisationen keine Rolle.
5
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. September 2016 und
den Beschluss des Beklagten vom 7. Oktober 2014 aufzuheben und
festzustellen, dass die Medizinische Einrichtungs-GmbH Senftenberg
aufgrund der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile an den Kläger nicht
die Berechtigung verlieren würde, an der vertragsärztlichen
Versorgung teilzunehmen.
6
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
7
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. § 311 Abs 2 S 2
SGB V enthalte eine dynamische Verweisung auf die im Übrigen
geltenden Vorschriften über den Trägerwechsel bei einem MVZ.
8
Die Beigeladene zu 8. hat sich dem Vorbringen des Klägers in vollem
Umfang angeschlossen. Die übrigen Beteiligten haben sich nicht
geäußert.
Entscheidungsgründe
9 Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
10
1. Der Senat hat die M GmbH mit ihrer Zustimmung zum Verfahren
beigeladen (§ 168 S 2 Halbs 2 SGG). Nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG
sind Dritte dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen
Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch
ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige
Beiladung). Danach ist die M GmbH, die als juristische Person
beteiligtenfähig ist (§ 70 Nr 1 Alt 2 SGG), notwendig beizuladen, weil
es um den Fortbestand der Berechtigung der von ihr betriebenen
Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
nach dem Erwerb ihrer Gesellschaftsanteile durch den Kläger geht.
Dass mit der Stadt Senftenberg bereits die alleinige Gesellschafterin
der M GmbH beigeladen ist, ändert nichts an der Notwendigkeit
einer Beiladung der rechtlich selbstständigen Betreiberin der
Einrichtung nach § 311 Abs 2 SGB V.
11
2. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und
Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG). Der
Kläger kann den Bescheid des Beklagten, mit dem dieser die
beantragte Zusicherung abgelehnt hat, anfechten, weil dieser
Bescheid zumindest eine formelle Beschwer enthält. Eine auf die
Erteilung einer schriftlichen Zusicherung gerichtete
Verpflichtungsklage, dass eine auf den Trägerwechsel gestützte
Zulassungsentziehung unterlassen wird, wäre mangels
Klagebefugnis unzulässig. Es ist offensichtlich ausgeschlossen,
dass dem Kläger ein Anspruch auf die begehrte Zusicherung
zustehen kann
(vgl zur Klagebefugnis bei Verpflichtungsklagen BSGE 113, 114 =
SozR 4-1500 § 54 Nr 33, RdNr 16; BSG SozR 3-2600 § 149 Nr 6 S
16; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl
2017, § 54 RdNr 22; Bieresborn in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, §
54 RdNr 116)
. Allein das Interesse des Klägers, das wirtschaftliche Risiko des
zukünftigen Erwerbs von Anteilen an der M GmbH zu mindern,
begründet keine subjektive Rechtsposition. Ein rechtlich
geschütztes Interesse an einer solchen Klärung hat grundsätzlich
nur der betroffene zugelassene Leistungserbringer und nicht jeder
potenzielle Übernahmeinteressent.
12
Da die Frage, wer im Falle einer geplanten Übernahme einer
Einrichtung nach § 311 Abs 2 SGB V auf welchem prozessualen
Weg eine solche Klärung herbeiführen kann, bisher in der
Rechtsprechung ungeklärt war, sieht der Senat eine auf die
Feststellung des Erhalts des Zulassungsstatus nach einem
Trägerwechsel gerichtete Klage nach § 55 SGG hier als zulässig an.
Sowohl die zu 8. beigeladene Stadt als auch die im
Revisionsverfahren zu 9. beigeladene M GmbH unterstützen den
Klageantrag des Klägers ausdrücklich, sodass kein Zweifel daran
besteht, dass sie in der - an sich gebotenen - Klägerposition
dasselbe Klagebegehren geltend machen würden. Gleichzeitig wird
damit deutlich, dass konkrete Verkaufsgespräche mit dem Kläger
geführt wurden. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen der
Beteiligten, insbesondere das Risiko des Klägers, besteht ein
berechtigtes Interesse an der Klärung des künftigen
vertragsarztrechtlichen Status der Beigeladenen zu 9. im Fall der
Übernahme durch den Kläger.
13
3. Begründet ist die Feststellungsklage jedoch nicht.
14
a) Der Beklagte ist passivlegitimiert. Der Fortbestand der
Berechtigung einer Einrichtung zur Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung nach § 311 Abs 2 SGB V kann
verbindlich nur von den Zulassungsgremien geklärt werden
(vgl zum Zulassungsstatus Psychologischer Psychotherapeuten
BSGE 87, 158, 183 = SozR 3-2500 § 95 Nr 25 S 131)
. Der Senat billigt den Zulassungsgremien in ständiger
Rechtsprechung die Befugnis zu, deklaratorische Entscheidungen
über das Ende der Zulassung zu treffen, um Rechtssicherheit
herzustellen und für alle an der vertragsärztlichen Versorgung
Beteiligten Klarheit darüber zu schaffen, ob ein Arzt berechtigt ist,
vertragsärztlich tätig zu werden
(BSGE 119, 79 = SozR 4-5520 § 19 Nr 3, RdNr 18 mwN). Diese
Befugnis erfasst auch deklaratorische Entscheidungen zum Status
einer Einrichtung nach § 311 Abs 2 SGB V.
15
b) Der Beschluss des Beklagten vom 7.10.2014 ist rechtmäßig.
Wenn der Kläger die M GmbH übernimmt, würde die Zulassung der
Einrichtung nach § 311 Abs 2 SGB V, deren Betreibergesellschaft
die M GmbH ist, entfallen.
16
Nach § 311 Abs 2 S 1 SGB V
(in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom
14.11.2003 )
nehmen die im Beitrittsgebiet bestehenden ärztlich geleiteten
kommunalen, staatlichen und freigemeinnützigen
Gesundheitseinrichtungen einschließlich der Einrichtungen des
Betriebsgesundheitswesens (Polikliniken, Ambulatorien, Arztpraxen)
sowie diabetologische, nephrologische, onkologische und
rheumatologische Fachambulanzen in dem Umfang, in dem sie am
31.12.2003 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind,
weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Nach § 311 Abs
2 S 2 SGB V gelten im Übrigen für die Einrichtungen nach S 1 die
Vorschriften dieses Buches, die sich auf MVZ beziehen,
entsprechend.
17
Diese Vorschrift enthält eine Bestandsgarantie für Einrichtungen ua
im praktisch häufigsten Fall der kommunalen Trägerschaft. Der
Bestandsschutz, den die von der Beigeladenen zu 9. betriebene
Einrichtung nach § 311 Abs 2 S 1 SGB V genießt, kommt der
Einrichtung aber nur als am 31.12.2003 bestehender "kommunaler"
Einrichtung zu; verliert sie diese Eigenschaft, verliert sie auch ihre
Zulassung. Eine Wechselmöglichkeit zwischen den in § 311 Abs 2 S
1 SGB V genannten kommunalen, staatlichen und
freigemeinnützigen Gesundheitseinrichtungen besteht nicht.
Vielmehr sind alle von § 311 Abs 2 S 1 SGB V erfassten
Einrichtungen in der Ausrichtung und in der Trägerschaft geschützt,
wie sie am Stichtag des 31.12.2003 bestanden. Bei einem Wechsel
der Trägerschaft - auch innerhalb der Gruppe der kommunalen,
staatlichen und freigemeinnützigen Einrichtungen - entfällt dieser
Bestandsschutz. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der
Norm, wie er in ihrer historischen Entwicklung deutlich wird.
Entgegen der Auffassung des SG kommt es nicht darauf an, dass
der Kläger nicht berechtigt wäre, ein MVZ zu gründen, weil er die
Voraussetzungen des § 95 Abs 1a S 1 SGB V in der ab 2012
geltenden Fassung nicht erfüllt. Die Verweisung in § 311 Abs 1 S 2
SGB V "Im Übrigen" auf die Vorschriften des SGB V, die sich auf
MVZ beziehen, betrifft nicht die in § 311 Abs 2 S 1 SGB V
abschließend geregelte mögliche Trägerschaft der
bestandsgeschützten Gesundheitseinrichtungen.
18
aa) § 311 SGB V ist vor dem Hintergrund des Einigungsvertrags
vom 31.8.1990 (BGBl II 889) zu sehen. Bis 1990 haben ganz
überwiegend kommunale Gesundheitseinrichtungen die ambulante
Versorgung der Bevölkerung der DDR gewährleistet
(Wenner in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl 2016, § 311 RdNr
3)
. Die am 29.9.1990 in Kraft getretene ursprüngliche Fassung des §
311 Abs 2 SGB V
(Art 1 und 10 Abs 1 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23.9.1990,
BGBl II 885)
regelte in S 1, dass zur Sicherstellung der kassenärztlichen
Versorgung die im Beitrittsgebiet bestehenden ärztlich geleiteten
kommunalen, staatlichen und freigemeinnützigen
Gesundheitseinrichtungen einschließlich der Einrichtungen des
Betriebsgesundheitswesens (Polikliniken, Ambulatorien ua) kraft
Gesetzes bis zum 31.12.1995 zur ambulanten Versorgung
zugelassen wurden. Der Zulassungsausschuss sollte über eine
Verlängerung der Zulassung nach S 1 im Benehmen mit der
Landesbehörde entscheiden, insbesondere unter Berücksichtigung
des Anteils der in freier Praxis niedergelassenen Ärzte (S 3). Die
Niederlassung in freier Praxis sollte mit dem Ziel gefördert werden,
dass der freiberuflich tätige Arzt maßgeblicher Träger der
ambulanten Versorgung wird. Der Anteil der in Abs 2 genannten
Einrichtungen sollte entsprechend verringert werden. Diesem Ziel
Einrichtungen sollte entsprechend verringert werden. Diesem Ziel
sollte auch die Umwandlung der genannten Einrichtungen in
Gemeinschaftseinrichtungen der ambulanten ärztlichen Versorgung
(Gemeinschaftspraxen, Praxisgemeinschaften ua) dienen
(§ 311 Abs 10 SGB V). Der Senat hat in seinem Urteil vom 9.3.1994
zur Frage der Einbeziehung der Fachambulanzen an
Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft
(BSGE 74, 64, 67 = SozR 3-2500 § 311 Nr 2 S 12) betont, dass der
Tatbestand des § 311 Abs 2 S 1 SGB V an den Status quo der
ambulanten Versorgung in der DDR anknüpft und das gesamte in
der ehemaligen DDR vorhandene Gesundheitswesen erfasst. In
einem weiteren Urteil vom 19.6.1996
(zur Frage der Genehmigung einer Anstellung für ein bislang nicht in
der Einrichtung vertretenes Fachgebiet: BSGE 78, 284, 287 = SozR
3-2500 § 311 Nr 4 S 26)
hat der Senat auf die Begründung der Bundesregierung
hingewiesen, wonach für eine Übergangszeit die Einrichtungen, die
zuvor ganz überwiegend die ambulante Versorgung der
Bevölkerung des beigetretenen Gebietes gewährleistet haben,
zugelassen werden sollten
(BT-Drucks 11/7817 S 148; vgl dazu BSGE 75, 226, 228 = SozR 3-
2500 § 311 Nr 3 S 18)
. Zugleich sind die Partner des Einigungsvertrags aber davon
ausgegangen, dass mittelfristig eine Angleichung des bisherigen
Systems der ambulanten Versorgung im Gebiet der ehemaligen
DDR an das System des Kassenarztrechts der alten
Bundesrepublik erfolgen sollte
(vgl BSGE 75, 226, 228 = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 19 zur
Erstreckung der gesetzlichen Zulassung auf unselbstständige
Krankenhausabteilungen)
.
19
Die am 1.1.1993 in Kraft getretene Neufassung des § 311 Abs 2
SGB V
(in der Normfassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom
21.12.1992, BGBl I 2266)
bestimmte, dass zur Sicherstellung der vertragsärztlichen
Versorgung die im Beitrittsgebiet bestehenden ärztlich geleiteten
kommunalen, staatlichen und freigemeinnützigen
Gesundheitseinrichtungen einschließlich der Einrichtungen des
Betriebsgesundheitswesens (Polikliniken, Ambulatorien, Arztpraxen)
sowie diabetologische, nephrologische, onkologische und
rheumatologische Fachambulanzen mit Dispensaireauftrag kraft
Gesetzes zur ambulanten Versorgung zugelassen waren, soweit sie
am 1.10.1992 noch bestanden. Die kirchlichen Fachambulanzen
waren kraft Gesetzes bis zum 31.12.1995 zur ambulanten
Versorgung zugelassen, soweit sie am 1.10.1992 noch bestanden.
20
Der Senat hat hierzu im Urteil vom 19.6.1996
(BSGE 78, 284, 287 f = SozR 3-2500 § 311 Nr 4 S 26 ff) ausgeführt,
dass sich an der Zielsetzung der mittelfristigen Angleichung an das
ambulante Versorgungssystem der alten Bundesländer mit der
Neufassung des § 311 Abs 2 SGB V durch das GSG nichts
geändert habe. Nunmehr seien die in § 311 Abs 2 S 1 SGB V
genannten Einrichtungen ohne zeitliche Begrenzung zugelassen,
allerdings nur, "soweit sie am 1. Oktober 1992 noch bestanden".
Beide gesetzgeberischen Entscheidungen - die Umwandlung der
ursprünglich befristeten in eine dauerhafte Zulassung und die
Beschränkung des Bestandsschutzes auf den am 1.10.1992
vorhandenen Stand - stünden in einem systematischen
Zusammenhang. Auf der einen Seite habe das GSG die
Rechtsstellung der in § 311 Abs 2 S 1 SGB V genannten
Gesundheitseinrichtungen durch die Verleihung eines dauerhaften
Zulassungsstatus deutlich gestärkt. Durch die Entfristung der
Zulassung der Gesundheitseinrichtungen nach § 311 Abs 2 S 1
SGB V habe der Gesetzgeber den traditionell gewachsenen
SGB V habe der Gesetzgeber den traditionell gewachsenen
Einrichtungen der ambulanten Versorgung in den neuen
Bundesländern ein eigenes Betätigungsfeld belassen und den
Umfang ihrer Tätigkeit im Vergleich zu den niedergelassenen Ärzten
quantitativ und qualitativ nicht eingeschränkt
(vgl Begründung der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP zur
Neufassung des § 311 SGB V, BT-Drucks 12/3608 S 127 zu Art 1
Nr 149 GSG, allerdings nur auf die Fachambulanzen bezogen)
. Auf der anderen Seite sei die gesetzlich auf Dauer abgesicherte
Betätigung der in § 311 Abs 2 S 1 SGB V genannten Einrichtungen
auf die ärztlichen Fachgebiete beschränkt worden, die in den
Einrichtungen am 1.10.1992 vorhanden gewesen seien, wie sich
aus der Wendung "soweit ..." ergebe. Diesen Nebensatz hat der
Senat so verstanden, dass nur das am 1.10.1992 bestehende
Versorgungsangebot auf Dauer Bestandteil der ambulanten
vertragsärztlichen Versorgung sein sollte. Nur dieses
Leistungsangebot sei abweichend von den Versorgungsstrukturen
in den alten Bundesländern dauerhaft abgesichert worden. Solle in
einem bestimmten Planungsbereich ein Versorgungsangebot für ein
medizinisches Fachgebiet geschaffen werden, das dort bisher nicht
Bestandteil der ambulanten ärztlichen Versorgung war, greife
unmittelbar der in § 311 Abs 10 SGB V
(Gebot zur Verringerung des Anteils der Einrichtungen nach § 311
Abs 2 S 1 SGB V, aufgehoben durch das Gesetz zur
Rechtsangleichung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom
22.12.1999, BGBl I 2657, vgl dazu BT-Drucks 14/1977 S 192 zu Art
21a)
vorgesehene Vorrang der freiberuflich tätigen Ärzte ein.
21
bb) Dass der Bestandsschutz der Einrichtung an die zum Stichtag
bestehende Trägerschaft geknüpft ist, hat der Senat in einem Urteil
vom 5.11.1997 (SozR 3-2500 § 311 Nr 5) ausdrücklich entschieden
für eine kirchliche Fachambulanz in der Trägerschaft der
katholischen Kirche, für die § 311 Abs 2 S 3 SGB V in der ab dem
1.1.1993 geltenden Fassung eine Zulassung kraft Gesetzes bis zum
31.12.1995 vorsah. Der Senat hat zunächst klargestellt, dass der
Wechsel der Trägerschaft einer Einrichtung nach § 311 Abs 2 S 1
SGB V dem Zulassungsausschuss nicht angezeigt und von diesem
genehmigt werden muss. Ein Genehmigungserfordernis für den
Trägerwechsel bei Einrichtungen nach § 311 Abs 2 S 2 SGB V sei
weder im Gesetz noch in der Zulassungsverordnung für
Vertragsärzte normiert. Die Zulassung von Einrichtungen im Sinne
des § 311 Abs 2 SGB V beruhe nicht auf einer statusbegründenden
Entscheidung der Zulassungsgremien, sondern unmittelbar auf dem
Gesetz, sodass eine Genehmigung der Zulassungsgremien nicht
konstitutive Voraussetzung für den Fortbestand eines unmittelbar
gesetzlich begründeten Zulassungsstatus nach einem Wechsel in
der Trägerschaft sein könne (BSG SozR 3-2500 § 311 Nr 5 S 36).
Bezüglich des - in dem zu entscheidenden Fall am 1.1.1994
erfolgten - Trägerwechsels hat der Senat ausgeführt, es müsse die
an dem für die Anwendung des § 311 Abs 2 S 2 SGB V
maßgeblichen Stichtag des 1.10.1992 vorhandene Zuordnung der
Fachambulanz zur katholischen Kirche auch nach dem
Trägerwechsel erhalten geblieben sein, damit die Fachambulanz
weiterhin als kirchliche Einrichtungen beurteilt werden könne. Der
Stichtag des 1.10.1992 habe Bedeutung nicht nur für den Bestand
an medizinischen Fachabteilungen an Gesundheitseinrichtungen im
Sinne des § 311 Abs 2 S 1 SGB V
(vgl BSGE 78, 284, 286 = SozR 3-2500 § 311 Nr 4 S 25), sondern
auch für die Zuordnung von Ambulanzen nach § 311 Abs 2 S 2
SGB V zu einem der privilegierten (kirchlichen) Träger. Die
Neufassung des § 311 Abs 2 SGB V durch das GSG habe zum
Inhalt, den am 1.10.1992 erreichten Zustand der Anpassungen von
Einrichtungen (auch) der ambulanten Gesundheitsversorgung der
DDR an das Versorgungssystem der Bundesrepublik
festzuschreiben und in dem erreichten Umfang auf Dauer oder
zeitlich begrenzt in dieses System einzugliedern. Nach dem Stichtag
könne eine nicht-kirchliche Fachambulanz nicht durch
Verschmelzung mit einem kirchlichen Krankenhausträger in den
Status einer kraft Gesetzes zugelassenen kirchlichen
Fachambulanz hineinwachsen. Ebenso entfalle dieser Status für
Einrichtungen, die nicht mehr dem konkreten kirchlichen Träger
zugeordnet werden könnten, dessen rechtlicher Bestandteil sie am
1.10.1992 gewesen seien. Die Zuordnung zu derjenigen Kirche, die
(auch) mit der von ihr betriebenen Ambulanz am 1.10.1992 den
Auftrag dieser Kirche in der Welt mitverwirklicht habe, sei
unverzichtbare Voraussetzung für den Fortbestand eines
Zulassungsstatus (BSG SozR 3-2500 § 311 Nr 5 S 38). Der Senat
Zulassungsstatus (BSG SozR 3-2500 § 311 Nr 5 S 38). Der Senat
hat damit für die Fortdauer der Zulassung einer kirchlichen
Fachambulanz nicht einmal ausreichen lassen, dass der neue wie
der alte Träger in einem übergreifenden Sinne "kirchlich" waren,
sondern den Status an die fortbestehende Zuordnung der
Einrichtung zu der Kirche im staatskirchenrechtlichen Sinne
gebunden, der ihr Träger zu DDR-Zeiten war.
22
Nichts anderes gilt im Grundsatz für die in § 311 Abs 2 S 1 SGB V
genannten kommunalen, staatlichen oder freigemeinnützigen
Träger. Auch insofern ermöglicht die Bestandsschutzregelung des §
311 Abs 2 S 1 SGB V lediglich dem jeweiligen Träger zum Zeitpunkt
des gesetzlich bestimmten Stichtages, trotz des prinzipiellen
Vorrangs der Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung durch
niedergelassene Ärzte und MVZ eine vorhandene
Gesundheitseinrichtung weiter zu betreiben. Es kann offenbleiben,
ob aus kommunalverfassungsrechtlichen Gründen von diesem
Grundsatz Ausnahmen gemacht werden müssten, wenn etwa nach
Landesrecht nur noch Zweckverbände und nicht mehr einzelne
Städte und Gemeinden Gesundheitseinrichtungen betreiben dürften.
Für die Zulassung eines freien Trägerwechsels von einer
kommunalen in eine freigemeinnützige Einrichtung besteht
jedenfalls kein Raum. Will oder kann der kommunale Träger die
Einrichtung nicht weiter betreiben, kann er auf deren Zulassung
verzichten; je nach Stand der Bedarfsplanung für die beteiligten
Disziplinen im Planungsbereich führt das zu frei werdenden
Arztsitzen oder zum Abbau von Überversorgung. So sind in der
Einrichtung der M GmbH zahlreiche Fachgebiete vertreten, für die im
Planungsbereich Kreis Oberspreewald-Lausitz, in dem Senftenberg
liegt, keine Zulassungsmöglichkeiten bestehen (Urologie,
Orthopädie, Radiologie). Ein Schutz des Fortbestandes einer
Einrichtung, die ihr Träger selbst nicht mehr fortführen will, ist weder
über einen Trägerwechsel rechtlich möglich noch unter
Versorgungsgesichtspunkten in jedem Fall erforderlich.
23
cc) Die Bezugnahme auf die Regelungen für MVZ führt nicht dazu,
dass eine Einrichtung nach § 311 Abs 2 SGB V auf potentielle
Gründer eines MVZ nach § 95 Abs 1a SGB V übertragen werden
kann. Mit Wirkung zum 1.1.2004 wurde durch das GMG vom
14.11.2003 (BGBl I 2190) sowohl § 311 Abs 2 SGB V neu gefasst
als auch die ärztliche Kooperationsform des MVZ eingeführt. § 311
Abs 2 SGB V lautet seitdem: "Die im Beitrittsgebiet bestehenden
ärztlich geleiteten kommunalen, staatlichen und freigemeinnützigen
Gesundheitseinrichtungen … nehmen in dem Umfang, in dem sie
am 31. Dezember 2003 zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen sind, weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Im Übrigen gelten für die Einrichtungen nach Satz 1 die Vorschriften
dieses Buches, die sich auf medizinische Versorgungszentren
beziehen, entsprechend." Zur Begründung der Neufassung des §
311 Abs 2 SGB V führt der Gesetzentwurf der Fraktionen SPD,
CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
(BT-Drucks 15/1525 S 151 zu Nr 182) aus: "Die Einrichtungen nach
§ 311 Abs. 2 werden gesetzlich in dem Umfang, in dem sie zum
Stichtag 31. Dezember 2003 zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen sind, auch weiterhin zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen. Ab diesem Zeitpunkt bestimmen sich ihre Rechte nach
den Regelungen für medizinische Versorgungszentren. Da es sich
um eine Besitzstandsregelung handelt, ist es - anders als bei den
medizinischen Versorgungszentren - nicht nötig, dass die
Einrichtungen fachübergreifend tätig sind. Die Gleichbehandlung mit
den medizinischen Versorgungszentren ist sachgerecht, weil die
Einrichtungen nach § 311 Abs. 2 in den wesentlichen Strukturen
den medizinischen Versorgungszentren entsprechen
(Leistungserbringung durch angestellte Ärzte)."
24
Der Senat hat daraus in einem Urteil vom 6.2.2013 gefolgert, dass
Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V nach neuem Recht kraft
Gesetzes als MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen
sind (SozR 4-2500 § 311 Nr 1 RdNr 15). Das bedeutet indes nicht,
dass an die Stelle der in § 311 Abs 2 S 1 SGB V genannten Träger
die potentiellen Träger eines MVZ treten. Der Senat hat vielmehr
ausgeführt, dass "im Übrigen" - also über die in § 311 Abs 2 S 1
SGB V geregelte Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
hinaus - die Vorschriften des SGB V, die sich auf MVZ beziehen,
entsprechend gälten (SozR 4-2500 § 311 Nr 1 RdNr 24). Dabei hat
der Senat darauf verwiesen, dass die Gesetzesbegründung zum
GMG (BT-Drucks 15/1525 S 151 zu Nr 182) von den "Rechten" der
Einrichtung spricht, die sich nach den Regelungen des MVZ
bestimmen. Nur diese, nicht aber die in § 311 Abs 2 S 1 SGB V
geregelten Voraussetzungen für die Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung, sind danach von der Verweisung in §
311 Abs 2 S 2 SGB V erfasst und damit wie diejenigen eines MVZ
ausgestaltet. Der Senat hat im Hinblick darauf entschieden, dass die
Leistungen der Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V wie solche
eines MVZ und damit aus der Gesamtvergütung und nicht direkt von
den Krankenkassen vergütet werden. Entsprechend anwendbar
sind etwa auch die Vorschriften über die Genehmigung von
Anstellungen, § 95 Abs 2 S 9 SGB V, oder die Nachbesetzung von
Arztstellen, § 103 Abs 4a S 3 SGB V. Eine Erweiterung des Kreises
möglicher Träger nach § 311 Abs 2 S 1 SGB V ist mit der
Verweisung nicht verbunden.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG
iVm § 154 Abs 2 VwGO. Demnach fallen die Kosten der erfolglosen
Revision dem Kläger zur Last. Eine Erstattung der Kosten der
Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt
haben (§ 162 Abs 3 VwGO).