Urteil des BSG vom 26.06.2008

Rente wegen Berufsunfähigkeit - Hinzuverdienst - Anrechnung von Arbeitslosen- und Krankengeld - Einmalzahlungen - Bemessungsentgelt - Verfassungsmäßigkeit

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 26.6.2008, B 13/4 R 49/07
R
Rente wegen Berufsunfähigkeit - Hinzuverdienst -
Anrechnung von Arbeitslosen- und Krankengeld -
Einmalzahlungen - Bemessungsentgelt -
Verfassungsmäßigkeit
Leitsätze
Es bedarf keiner Herausrechnung von Einmalzahlungen aus
dem Bemessungsentgelt, wenn Rente wegen Berufsunfähigkeit
nicht geleistet wird, weil der Versicherte als Hinzuverdienst
Arbeitslosengeld bezieht, das auf derselben
Bemessungsgrundlage beruht wie das zuvor bezogene
Krankengeld, das wiederum - unter Berücksichtigung von
Einmalzahlungen - auf der Grundlage eines vor Rentenbeginn
bezogenen Arbeitsentgelts berechnet wurde (Abgrenzung zu
BSG vom 20.11.2003 - B 13 RJ 43/02 R = BSGE 91, 277 = SozR
4-2600 § 96a Nr 3).
Tatbestand
1 Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die dem Kläger ab 1.4.2000
bewilligte Rente wegen Berufsunfähigkeit im Zeitraum vom 1.7.2001
bis zum 12.6.2003 in Höhe eines Drittels zu zahlen ist oder ob
wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) die entsprechende
Hinzuverdienstgrenze überschritten ist.
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Der im Jahre 1946 geborene Kläger war als Former
versicherungspflichtig beschäftigt. Er war vom 11.10.1999 bis
15.2.2000 und wiederum ab dem 2.3.2000 arbeitsunfähig erkrankt.
Im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten
Kalendermonaterzielte er einen (laufenden) Bruttoarbeitslohn in
Höhe von DM 4.636,42. Die AOK berücksichtigte für das ab
3.3.2000 bis zum 23.4.2001 gezahlte Krankengeld (KrG) ferner
beitragspflichtige Einmalzahlungen für die letzten 12
Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit in Höhe von DM
5.808,57, die das kalendertägliche Regelentgelt um (DM 5.808,57 :
360 =) DM 16,13 (+ Regelentgelt DM 154,55 = kumuliertes tägliches
Regelentgelt = DM 170,78) erhöhten.
3 Mit Bescheid vom 31.10.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger
unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls vom 2.3.2000 für die Zeit
ab 1.4.2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit, die in voller Höhe
(netto zunächst DM 1.459,86) ausbezahlt wurde; für den
Nachzahlungszeitraum vom 1.4. bis zum 31.10.2000 befriedigte sie
einen Erstattungsanspruch der AOK.
4 Ab dem 25.4.2001 erhielt der Kläger Alg in Höhe von zunächst DM
507,36/Woche (Bescheid der
Bundesanstalt für Arbeit vom 6.7.2001). Bei der Berechnung
dieser Leistung berücksichtigte die BA das dem KrG zugrunde
liegende Entgelt (Regelentgelt) als Bemessungsentgelt; es
errechnete ein wöchentliches Bemessungsentgelt von DM 1.1.98,17
(gerundet: DM 1.200,-- entsprechend DM 5.200,--/Monat), das ab
23.4.2002 auf DM 1.214,70 (gerundet: Euro 620,--, entsprechend
Euro 2.686,66/Monat) angepasst wurde.
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Nachdem die BA die Beklagte von der Alg-Bewilligung
benachrichtigt und diese den Kläger angehört hatte, hob sie mit
Bescheid vom 1.8.2001 den Bewilligungsbescheid vom 31.10.2000
hinsichtlich der Rentenhöhe nach § 48 Abs 1 des Zehnten Buchs
Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung ab dem 1.5.2001 auf, weil
der Kläger neben seiner Rente Hinzuverdienst oberhalb der
obersten Hinzuverdienstgrenze erziele. Die Hinzuverdienstgrenze
für Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe eines Drittels liege beim
Kläger für die Zeit ab dem 1.5.2001 bei DM 5.040,11/Monat und für
die Zeit ab 1.7.2001 bei DM 5.136,60/Monat; demgegenüber liege
dem Alg ein Arbeitsentgelt von DM 5.200,--/Monat zugrunde. Die
Überzahlung für die Zeit vom 1.5. bis 31.7.2001 in Höhe von DM
4.407,53 werde als Erstattungsanspruch gegenüber der BA geltend
gemacht; die bisherige Zahlung sei mit Ablauf des Monats Juli 2001
eingestellt worden. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg
(Widerspruchsbescheid vom 8.4.2003).
6 Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom
3.6.2003 erlassen, mit dem sie aufgrund des Wegfalls des Alg für die
Zeit ab 13.6.2003 wiederum Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller
Höhe bewilligt hat.
7 Mit Urteil vom 9.11.2005 hat das Sozialgericht Duisburg (SG) die
angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben, als für den
Zeitraum vom 1.5.2001 bis zum 12.6.2003 der Bewilligungsbescheid
vom 31.10.2000 hinsichtlich des Zahlungsanspruchs in Höhe eines
Drittels der Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgehoben worden war.
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat mit Urteil
vom 28.2.2007 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
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Die Instanzgerichte sind unter Hinweis auf das Senatsurteil vom
20.11.2003
(B 13 RJ 43/02 R, BSGE 91, 277 = SozR 4-2600 § 96a Nr 3) davon
ausgegangen, dass eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit
verfassungswidrige Ungleichbehandlung immer dann vorliege, wenn
ein passiver Arbeitnehmer, der Sozialleistungen beziehe, bei
Ermittlung des maßgeblichen Bemessungsentgelts bezogen auf die
Hinzuverdienstgrenze schlechter gestellt werde als ein aktiver
Arbeitnehmer, der aus einem Arbeitsverhältnis Arbeitseinkommen
erziele. Im Unterschied zu dem vom Bundessozialgericht (BSG)
entschiedenen Fall habe beim Kläger nicht während des Bezugs
von Rente wegen Berufsunfähigkeit ein Wechsel vom Arbeitsentgelt
zum Alg stattgefunden, sondern bereits vor dem Rentenbeginn
(1.4.2000) habe der Kläger nach dem Arbeitsentgelt einschließlich
Entgeltfortzahlung zunächst KrG (ab dem 3.3.2000) und erst nach
dem Rentenbeginn ab dem 24.4.2001 Alg bezogen. Die
Ausführungen des BSG gälten jedoch auch für den hier
vorliegenden Sachverhalt. Träfe die Ansicht der Beklagten zu, würde
ein Versicherter benachteiligt, der aufgrund von Arbeitsunfähigkeit
oder Arbeitslosigkeit nicht über den Beginn der Rente wegen
Berufsunfähigkeit hinaus arbeiten könne. Dies sei vor dem
Hintergrund des Verbots der Ungleichbehandlung von im
Wesentlichen gleichen Sachverhalten gemäß Art 3 Abs 1 des
Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich nicht haltbar. Mit der
Regelung des § 96a Abs 3 Satz 3 des Sechsten Buchs
Sozialgesetzbuch (SGB VI) solle nur vermieden werden, dass es
infolge der geringeren Höhe einer Ersatzleistung zur Zahlung einer
höheren Rente als während des Bezugs von Arbeitsentgelt komme;
im Übrigen stehe der Bezug von Sozialleistungen dem
Arbeitsentgelt gleich, so dass auch die Regelung des Abs 1 Satz 2
beim Bezug von Sozialleistungen bereits zu Rentenbeginn
Berücksichtigung finden müsse. Entgegen der Ansicht der
Beklagten führe dies nicht dazu, dass sämtliche Einmalzahlungen
auch beim Sozialleistungsbezug während des Rentenbezugs außer
Betracht bleiben müssten, sondern nur im Umfang der Regelung
des § 96a Abs 1 Satz 2 SGB VI.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine
Verletzung des § 96a Abs 1 und 3 SGB VI. Die Auffassung des LSG
stimme nicht mit dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck dieser
Vorschrift überein und werde von der Rechtsprechung des BSG (im
Senatsurteil vom 20.11.2003) nicht gedeckt. Sie trägt ua vor, dass in
dem Zeitraum von November 1988 bis Oktober 1999 nicht nur in
zwei, sondern in insgesamt acht Monaten neben dem monatlichen
Bruttoarbeitsentgelt auch beitragspflichtige Einmalzahlungen
geleistet worden seien. Soweit man das Senatsurteil vom
20.11.2003 überhaupt auf die Fallkonstellation eines Wechsels von
einem KrG- in einen Alg-Bezug übertragen könne, dürfe dies aber
auch nicht zu einer Besserstellung des
Lohnersatzleistungsbeziehers führen. Durch die von den
Vorinstanzen vorgenommene Reduzierung des Jahreswerts der
Einmalzahlungen und der Verteilung der verbleibenden Beträge auf
12 Monate werde für sämtliche Monate des Sozialleistungsbezugs
die Höhe des monatlichen Hinzuverdienstes - anders als bei
abhängig Beschäftigten - gleichmäßig reduziert. Das ansonsten in
der Höhe unterschiedliche Monatseinkommen sei so nicht abbildbar.
Im Ergebnis könnte dadurch ein mehr als zweimaliges
Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze ermöglicht werden. So
hätten die Vordergerichte bei ihrem Berechnungsansatz nicht
geprüft, ob aufgrund der acht Sonderzahlungen im maßgeblichen
Zeitraum die Hinzuverdienstgrenze mehr als zweimal überschritten
worden sei. Hinsichtlich der Monate Mai und Juni 2001 allerdings
ständen dem Kläger Überschreitungsrechte zu und könne ihm
Rente wegen Berufsunfähigkeit für zwei weitere Monate in voller
Höhe geleistet werden.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.2.2007 zu ändern,
auf ihre Berufung das Urteil des SG Duisburg vom 9.11.2005
hinsichtlich des Zeitraums vom 1.7.2001 bis zum 12.6.2003
aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Er hält die Urteile der Vorinstanzen für zutreffend und trägt
ergänzend vor, der Hinweis der Beklagten sei nicht nachvollziehbar;
es sei zu berücksichtigen, dass er im Bemessungszeitraum
November 1998 bis Oktober 1999 achtmal Einmalzahlungen
erhalten habe. Das Gesetz habe für die Berechnung des
Hinzuverdienstes aufgrund einer neben der Rente bezogenen
anderen Sozialleistung nicht eine so weit gehende fiktive Regelung
angeordnet, dass gewissermaßen der durch das tatsächlich
gezahlte Arbeitsentgelt geprägte Entgeltabrechnungszeitraum bzw
Bemessungszeitraum fiktiv fortgeschrieben werde, als ob auch in
der Zukunft in den jeweiligen Kalendermonaten dieselben
Einmalzahlungen erfolgt wären.
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Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung
des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung
(§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ) einverstanden
erklärt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist auch begründet.
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Streitig ist lediglich noch der Zeitraum vom 1.7.2001 bis zum
12.6.2003. Insoweit jedoch hat die Beklagte im angefochtenen
Bescheid (vom 1.8.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 8.4.2003) zu Recht den ursprünglichen Bescheid über die
Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (vom 31.10.2000)
wegen eines nachträglichen Hinzuverdienstes, der alle
Hinzuverdienstgrenzen überschritten hat, gemäß § 48 Abs 1 SGB X
hinsichtlich der Rentenzahlung aufgehoben. Entgegen der Meinung
der Vorinstanzen ist die Klage in dieser Hinsicht nicht begründet.
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1. Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit
Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den
tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Satz 2
der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der
Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit "... 3. nach
Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder
Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung
des Anspruchs geführt haben würde".
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Die Beklagte hatte den Bescheid über die Bewilligung der Rente
wegen Berufsunfähigkeit vom 31.10.2000 gemäß § 48 Abs 1 Satz 2
Nr 3 SGB X mit Wirkung ab 1.7.2001 hinsichtlich der Zahlung
zurückzunehmen, weil er insoweit nachträglich rechtswidrig
geworden war. Nach Erlass des genannten Verwaltungsakts hat der
Kläger Hinzuverdienst erzielt. Das im Zeitpunkt der
Rentenbewilligung bezogene KrG war nicht als Hinzuverdienst zu
berücksichtigen; nach § 96a Abs 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI ist KrG als
Hinzuverdienst nur zu berücksichtigen, wenn es aufgrund einer
Arbeitsunfähigkeit geleistet wird, die nach dem Beginn der Rente
eingetreten ist. Dies war beim Kläger nicht der Fall.
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Als Hinzuverdienst gilt jedoch auch der Bezug von Alg. Es handelt
sich dabei um reales und kein fiktives Einkommen, auch wenn es
nicht in seiner konkreten Höhe, sondern
(nach § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI) in Höhe des dieser Leistung
zugrunde liegenden Arbeitsentgelts
(hier also des Bemessungsentgelts nach § 131 des Dritten Buchs
Sozialgesetzbuch )
berücksichtigt wird. Das Alg wurde dem Kläger mit Bescheid der BA
vom 6.7.2001 ab 25.4.2001 gewährt. Spätestens mit dem 1.7.2001
wurde der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 31.10.2000
nachträglich wegen Zusammentreffens von Rente wegen
Berufsunfähigkeit und Alg insoweit rechtswidrig, als auf die Rente
Alg in Höhe des Bemessungsentgelts anzurechnen war, was zum
Wegfall der Rentenzahlung wegen Überschreitens der
Hinzuverdienstgrenze führte.
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Der Aufhebung und entsprechenden Rückforderung (nach § 50 Abs
1 SGB X) steht auch der Grundsatz nicht entgegen, dass das
Aufhebungsrecht im Rahmen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auf
die Höhe der nachträglich bewilligten Sozialleistung beschränkt ist
(hierzu Senatsurteil vom 23.3.1995 - 13 RJ 39/94, SozR 3-1300 § 48
Nr 37 S 80 f mwN)
. Denn das Alg (in Höhe von zunächst DM 507,36/Woche,
entsprechend DM 2.198,56/Monat) überstieg den Betrag der Rente
(zunächst netto DM 1.459.86/ Monat) deutlich. Schließlich
bestanden keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines atypischen
Falls, der bei der Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit eine
Ermessensausübung der Beklagten
(Soll-Ermessen nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X) hätte erfordern
können
(s Senatsurteil vom 31.1.2008 - B 13 R 23/07 R, RdNr 30 mwN)
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2. Im streitigen Zeitraum stand dem Kläger hinsichtlich seines
Anspruchs auf Rente wegen Berufsunfähigkeit kein Zahlbetrag zu.
Aufgrund des vom Kläger in dieser Zeit bezogenen Alg war auch die
für eine Drittelrente geltende Hinzuverdienstgrenze
(§ 313 Abs 3 Nr 2 SGB VI iVm § 96a SGB VI) überschritten. Für die
Zeit ab 1.7.2001 ergab sich insoweit eine monatliche
Hinzuverdienstgrenze von DM 5.136,60; diese war durch das
Bemessungsentgelt in Höhe von (gerundet) DM 5.200,--/Monat
überschritten, das dem ab 25.4.2001 gezahlten Alg zugrunde lag.
Dem entsprach für die Zeit ab dem 1.7.2002 eine
Hinzuverdienstgrenze von Euro 2.682,94 (= DM 5.247,37). Auch
diese wurde durch das inzwischen dynamisierte Alg überschritten;
das entsprechende - ungerundete - Bemessungsentgelt war nach
Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraums, also
ab 23.4.2002, um den Anpassungsfaktor 1,0138 zu erhöhen
(§ 1 Nr 2 SGB III-Anpassungsverordnung 2001 vom 19.6.2001,
BGBl I 1179, iVm § 138, § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III aF)
, also auf Euro 2.686,66/Monat.
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3. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das der Ermittlung
des nach § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI für die streitige Zeit "der
Sozialleistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt", hier
also das Bemessungsentgelt des Alg, nur gekürzt um diejenigen
Anteile zu berücksichtigen ist, die auf Einmalzahlungen
zurückzuführen sind und insoweit Eingang in die Berechnung des
dem KrG zugrunde liegenden Regelentgelts gefunden haben;
dieses wiederum war nach § 135 Nr 4 SGB III in der bis zum
31.12.2004 geltenden Fassung
(des Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes vom 21.7.1999, BGBl I
1648)
dem Alg als Entgelt zugrunde zu legen.
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a) Entgegen der Rechtsmeinung der Vorinstanzen ist die
Rechtsprechung des Senats
(Urteil vom 20.11.2003, BSGE 91, 277 = SozR 4-2600 § 96a Nr 3)
nicht dahingehend zu erweitern, dass auch in einer Fallkonstellation,
wie sie beim Kläger vorliegt, die Berücksichtigung von
beitragspflichtigen Einmalzahlungen eine verfassungsrechtlich nicht
zu rechtfertigende Schlechterstellung des "passiven" gegenüber
dem "aktiven" Arbeitnehmer darstellt und daher durch eine
entsprechende Auslegung zu vermeiden ist.
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Kennzeichnend für den im Jahre 2003 vom Senat entschiedenen
Fall war, dass die Anwendung des § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI dazu
führte, dass die Zahlung seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit, die
der damalige Kläger bislang neben dem Arbeitsentgelt als Teilrente
in Höhe von einem Drittel bezogen hatte, ab dem Beginn des
Bezugs von Alg zur Gänze entfiel. Denn bei der Berechnung des
Bemessungsentgelts für das Alg waren nunmehr auch solche
Einmalzahlungen zu berücksichtigen, die während seiner Zeit als
"aktiver" Arbeitnehmer als sog privilegierte Überschreitungen der
Hinzuverdienstgrenze (§ 96a Abs 1 Satz 2 letzter Teilsatz SGB VI)
außer Betracht geblieben waren. Der damalige Kläger wurde somit
durch den Wechsel zum Alg "doppelt bestraft" (neben dem Wechsel
vom Arbeitsentgelt zum Alg noch mit dem Wegfall der neben dem
Arbeitsentgelt bezogenen Drittelrente).
24
b) Von dieser Ausgangslage unterscheidet sich der vorliegende Fall
dadurch, dass die zum 25.4.2001 erfolgte Umstellung von dem bis
zum 23.4.2001 gezahlten KrG auf das Alg für den Kläger des
vorliegenden Verfahrens lediglich die "normale" Folge hatte, dass er
die hierauf beruhende Absenkung des Zahlbetrags hinnehmen
musste. Zwar war das KrG nicht als Hinzuverdienst zu
berücksichtigen, weil die Arbeitsunfähigkeit, aufgrund deren das KrG
gezahlt wurde, bereits vor dem Beginn der Rente wegen
Berufsunfähigkeit eingetreten war; nach § 96a Abs 3 Satz 1 Nr 1
Buchst a SGB VI ist nur solches KrG als Hinzuverdienst zu
berücksichtigen, das aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit geleistet wird,
die nach dem Beginn der Rente eingetreten ist. Dennoch bezog der
Kläger bis zum Beginn des Alg zuvor nicht etwa eine ungekürzte
Rente wegen Berufsunfähigkeit neben ungekürztem KrG; vielmehr
war nach § 50 Abs 2 Nr 2 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch das
KrG um den Zahlbetrag der Rente wegen Berufsunfähigkeit zu
kürzen, weil diese Leistung von einem Zeitpunkt nach dem Beginn
der Arbeitsunfähigkeit an zuerkannt wurde.
25
Der Kläger ist also im Ergebnis (lediglich) vom Bezug einer
Sozialleistung (des KrG), bei deren Berechnung beitragspflichtige
Einmalzahlungen zu berücksichtigen waren, zu einer weiteren
Sozialleistung (zum Alg) gewechselt, auf deren Höhe sich
beitragspflichtige Einmalzahlungen ebenfalls (hier: über den
"Umweg" des für die Bemessung des Alg maßgebenden
Regelentgelts des KrG) auswirkten. Diese Grundsituation kann
jedoch entgegen der Meinung der Vorinstanzen nicht als unbillige
Benachteiligung des Versicherten angesehen werden. Die Rente
wegen Berufsunfähigkeit soll in erster Linie den durch die
Berufsunfähigkeit eingetretenen Schaden im Sinne einer
Lohnersatzfunktion abwenden. Diese Zweckbestimmung verbietet
es, diese Rente neben einem vollen, bereits vor Eintritt der
Berufsunfähigkeit bezogenen Arbeitsentgelt zu zahlen. Die
zusätzliche Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der
Bemessung von Alg oder KrG begünstigt die Leistungsempfänger
(wie den Kläger); sie beruht auf einer Forderung des
Bundesverfassungsgerichts
(vgl BVerfG vom 24.5.2000, BVerfGE 102, 127 = SozR 3-2400 § 23a
Nr 1)
. Nach § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI ist als "Hinzuverdienst … das der
Sozialleistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt … zu
berücksichtigen". Dem entspricht es nicht nur, dass die Rente
wegen Berufsunfähigkeit auch nicht neben einem auf dem "vollen"
Arbeitsentgelt beruhenden Alg zusteht, sondern auch, dass bei
Bestimmung dieses Arbeitsentgelts die insoweit zu
berücksichtigenden Einmalzahlungen mitzählen. So aber liegt der
Fall hier. Denn für die Höhe des Alg des Klägers wurden
Einmalzahlungen angerechnet, war für seine Höhe doch auf das für
das KrG maßgebende Regelentgelt zurückzugreifen.
26
Wie überdies bereits im Urteil des Senats vom 20.11.2003
(aaO, RdNr 15 f) ausgeführt, kann für die Anwendung des § 96a Abs
3 Satz 3 SGB VI auf das Bemessungsentgelt des Alg weder so
verfahren werden, dass nur auf solche Monate abgestellt wird, in
denen Einmalzahlungen nicht geleistet worden sind, noch in der
Weise, dass alle Einmalzahlungen herausgerechnet werden. Genau
dies aber wäre die Konsequenz der von den Vorinstanzen
vertretenen Rechtsmeinung.
27
c) Gegen die Rechtsauffassung des Senats sprechen auch keine
verfassungsrechtlichen Bedenken. Der vom Kläger nach der
Aussteuerung aus dem KrG zum 23.4.2001 hinzunehmende
Nachteil (abgemildert durch die für Mai und Juni 2001 geltende
Privilegierung des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze, der die
Beklagte im Revisionsverfahren Rechnung getragen hat) entspricht,
wie aufgezeigt, dem Einkommensverlust, der regelmäßig nach dem
Auslaufen des Anspruchs auf KrG mit dem Wechsel auf die dann
zustehende Sozialleistung des Alg eintritt. Wie jedoch der Senat
bereits entschieden hat
(Urteil vom 31.1.2008 - B 13 R 23/07 R, RdNr 37 bis 43), verstößt
nicht gegen das GG, insbesondere nicht gegen dessen Art 14 Abs 1
Satz 1 (Gewährleistung des Eigentums) oder Art 3 Abs 1
(Gleichheitssatz), dass beim Bezug von Alg neben einer Rente
wegen Berufsunfähigkeit nicht der tatsächliche Zahlbetrag als
Hinzuverdienst berücksichtigt wird, sondern dessen
Bemessungsentgelt.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG; sie
berücksichtigt das teilweise Obsiegen des Klägers (hinsichtlich der
Monate Mai und Juni 2001).