Urteil des BSG vom 28.08.2013

BSG: job sharing, richtigstellung, innere medizin, ablauf der frist, heilung des verfahrensmangels, vertrauensschutz, anteil, überschreitung, rückforderung, anhörung

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 28.8.2013, B 6 KA 50/12 R
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom
24. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.
Tatbestand
1 Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der
Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen I/2006 bis IV/2007.
2 Die Klägerin, ein in E. befindliches Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), ist zur
vertragsärztlichen Tätigkeit in den Fachgebieten Allgemeinmedizin und Innere Medizin
zugelassen.
3 Mit Beschluss vom 21.11.2003 ließ der Zulassungsausschuss (ZA) zunächst die
praktische Ärztin Dr. S. mit Wirkung vom 1.1.2004 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und
genehmigte ebenfalls mit Wirkung ab dem 1.1.2004 die gemeinsame Ausübung der
vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und der
Fachärztin für Innere Medizin Dr. Sch. gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V iVm § 33
Abs 2 Ärzte-ZV und Nr 23a-h der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und
Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von
Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL)
im Rahmen eines Job-Sharing. Mit der Genehmigung war die Festsetzung
quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als
Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.
4 Mit Beschluss vom 1.10.2004 gab der ZA dem Antrag auf Zulassung der Klägerin, dem
MVZ Dres. R. und Sch., mit Wirkung ab dem 1.10.2004 bzw ab Eintritt der Rechtskraft
dieses Bescheides statt. Der Klägerin wurde gemäß § 95 Abs 1 iVm § 101 Abs 1 Satz 1 Nr
4 SGB V die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. S. im Rahmen des sog Job-Sharing
im Umfang von 40 Wochenstunden ab dem 1.10.2004 bzw ab Eintritt der Rechtskraft
dieses Bescheides erteilt. In Analogie zu § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V wurde die
Fortgeltung der in dem Beschluss vom 21.11.2003 festgelegten Gesamtpunktzahlvolumina
bestimmt.
5 Die Genehmigung der Klägerin zur Beschäftigung von Dr. S. wurde seitens des
Zulassungsausschusses für Ärzte mit Beschluss vom 17.12.2008 zum 31.12.2008
beendet.
6 Mit Honorarbescheid vom 17.7.2006 setzte die Beklagte für das Quartal I/2006 ein Honorar
in Höhe von 112 358,41 Euro, mit Honorarbescheid vom 16.10.2006 für das Quartal
II/2006 ein Honorar in Höhe von 108 662,73 Euro, mit Honorarbescheid vom 15.1.2007 für
das Quartal III/2006 ein Honorar in Höhe von 100 482,95 Euro und für das Quartal IV/2006
mit Honorarbescheid vom 16.4.2007 ein Honorar in Höhe von 127 832,34 Euro fest. Für
das Jahr 2007 wurde mit Honorarbescheid vom 16.7.2007 für das erste Quartal ein
Honorar in Höhe von 118 908,23 Euro, für das zweite Quartal mit Honorarbescheid vom
15.10.2007 ein Honorar in Höhe von 116 497,95 Euro, für das dritte Quartal mit
Honorarbescheid vom 15.1.2008 ein Honorar in Höhe von 103 078,41 Euro und für das
vierte Quartal mit Honorarbescheid vom 15.4.2008 ein Honorar in Höhe von 130 572,06
Euro festgesetzt. Eine Berücksichtigung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte jeweils
nicht.
7 Unter dem 10.2.2009 erließ die Beklagte einen Bescheid, mit dem sie wegen
Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen I/2006 bis IV/2006 in
einem Umfang von insgesamt 3.042.024,5 Punkten einen Betrag in Höhe von insgesamt
113 196,97 Euro zurückforderte. Für die Quartale I/2007 bis IV/2007 wurde mit Bescheid
vom 10.3.2009 bei einer Punktzahlüberschreitung von 2.067.732,3 Punkten ein Betrag in
Höhe von 84 104,76 Euro zurückgefordert.
8 Die Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom
30.11.2009 zurück. Die Einhaltung der Obergrenzen werde aus technischen Gründen stets
erst im Nachhinein überprüft. Die Obergrenzen seien aber bekannt gewesen, sodass ein
schutzwürdiges Vertrauen nicht entstanden sei.
9 Das SG hat die Klage hiergegen mit Urteil vom 10.11.2011 abgewiesen. Die für die
Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Abrechnung zuständige Beklagte
habe zu Recht eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge angenommen.
Diese ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 1.10.2004, der für die
Beteiligten bindend sei. Eine Konstellation, in welcher im Falle einer sachlich-
rechnerischen Richtigstellung eines Honorarbescheides nach der Rechtsprechung des
BSG Vertrauensschutz gewährt werden könne, liege nicht vor. Insbesondere sei dadurch,
dass die Beklagte über längere Zeit hinweg das Honorar ohne Anwendung der
Obergrenzen ausgezahlt habe, keine Situation entstanden, die mit der wissentlichen
Duldung einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche
Abrechnungsgenehmigung vergleichbar sei. Es sei zwar davon auszugehen, dass der
Beklagten die für die Ermittlung der Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina
notwendigen Zahlen nicht erst bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide bekannt
gewesen seien, gleichwohl habe die Klägerin hieraus nicht schließen dürfen, dass die
Gesamtpunktzahlvolumina ganz entfallen seien.
10 Mit dem angefochtenen Urteil vom 24.10.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin
zurückgewiesen. Aufgrund der Überschreitung der bestandskräftig festgesetzten
Gesamtpunktzahlvolumina seien die Honorarbescheide für die Quartale I/2006 bis IV/2007
sachlich-rechnerisch unrichtig und daher von der Beklagten zu berichtigen gewesen. Es
sei keine der Fallkonstellationen einschlägig, in denen nach der Rechtsprechung des
BSG Vertrauensschutz zu gewähren sei. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung könne
auch nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass sich die Vorläufigkeit von
Honorarbescheiden jeweils nur auf begrenzte Teile der Honorarforderung des
Vertragsarztes beziehen dürfe. Umfasse die Rückforderung - wie vorliegend - wegen
desselben Sachverhaltes mehrere Quartale, sei es nicht zu beanstanden, wenn der
gemittelte Umfang der Überschreitung in den betroffenen Quartalen zugrunde gelegt
werde; jedenfalls komme die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht.
Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Größenordnung von 15 % noch als kleinerer
Anteil zu werten, dieser Wert jedoch ausdrücklich nicht als Obergrenze festgelegt, sondern
nur die Hälfte des sich aus dem Honorarbescheid ergebenden Betrages als inakzeptabel
bezeichnet worden. Die vorliegend zwischen 16,84 % und 35,26 % liegenden
Rückforderungen nötigten daher nicht dazu, die Richtigstellung den Anforderungen des §
45 SGB X zu unterwerfen. Die Praktizierung fehlerhafter Honorierung während einer
längeren Zeit begründe für sich gesehen keinen Vertrauensschutz; hierfür sei nach der
Rechtsprechung des BSG neben der Fallkonstellation, in der die Beklagte ihr Recht zur
Richtigstellung bereits verbraucht habe, kein Raum. Selbst wenn eine der vorgenannten
Fallgruppen einschlägig sei, könne dies für die Klägerin zu keinem positiven Ergebnis
führen, weil den Vertragsärzten des klagenden MVZ jedenfalls die grob fahrlässige
Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Honorarberechnungen vorzuwerfen sei.
Schließlich führe auch ein eventuelles Mitverschulden der Beklagten an den
eingetretenen Überzahlungen nicht zu einem Vertrauensschutz des klagenden MVZ.
11 Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Die angefochtenen Bescheide seien
schon formell rechtswidrig, da mangels Anhörung ein Verstoß gegen § 24 Abs 1 SGB X
vorliege, der nicht gemäß § 41 SGB X geheilt worden sei. Für eine Nachholung genüge
nicht, wenn nur innerhalb des Widerspruchsverfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme
eingeräumt werde; ein Anhörungsschreiben habe sie zu keinem Zeitpunkt erhalten. Die
streitgegenständlichen Bescheide seien aber auch materiell rechtswidrig. In der
Rechtsprechung des BSG sei anerkannt, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen,
wenn ein ausschließlich in die Risikosphäre der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV)
fallendes fehlerhaftes Verhalten vorliege und kein Hinweis auf eine etwaige Problematik
erteilt worden sei. Der Beklagten sei aufgrund der Beteiligung an dem Verfahren vor dem
ZA bekannt gewesen, dass eine Job-Sharing-Konstellation vorgelegen habe und folglich
Gesamtpunktzahlvolumina zu berücksichtigen seien. Sie sei daher nach der
Rechtsprechung verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass bei Erlass der
Honorarbescheide die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung gefunden hätten.
Zudem habe die sachlich-rechnerische Berichtigung nur unter den Voraussetzungen des §
45 SGB X vorgenommen werden können, weil nicht nur ein "kleinerer Anteil" von 15 % der
Honorarforderung betroffen gewesen sei. Unter Zugrundelegung der abgerechneten
Punkte, nicht der Eurobeträge, seien im Jahr 2006 Anteile zwischen 23,97 % und 35,26 %
betroffen gewesen. Gemessen am Gesamthonorar habe die Rückforderung einen Anteil
von 25,19 % erfasst. Gleiches gelte im Ergebnis für das Kalenderjahr 2007, in dem
zwischen 24,64 % und 16,84 % der abgerechneten Punkte gekürzt worden seien.
Bezogen auf das Gesamthonorar habe der Rückforderungsbetrag in Höhe von 84 104,76
Euro einen Anteil von 17,93 % ausgemacht. Es sei damit kein "kleinerer Anteil" mehr
betroffen. Zudem sei das LSG im Rahmen seiner Hilfserwägungen zu Unrecht davon
ausgegangen, dass sie, die Klägerin, die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide gekannt
oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Zutreffend sei zwar, dass ihr die
Grenzleistungsvolumina bekannt gewesen seien. Jedoch sei ihr nicht bekannt gewesen,
dass die Beklagte diese bei Erlass der Honorarbescheide nicht beachtet habe. Dies sei
auch nicht ohne Weiteres erkennbar gewesen.
12 Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2012 und des
Sozialgerichts Stuttgart vom 10. November 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom
10. Februar 2009 und 10. März 2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.
November 2009 aufzuheben.
13 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
14 Sie verteidigt die Urteile des SG und des LSG. Die fehlende Anhörung sei durch
Nachholung im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Die streitgegenständlichen
Bescheide seien auch materiell rechtmäßig. Es sei keine der Fallgruppen einschlägig, in
denen nach der Rechtsprechung des BSG im Falle der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung von Honorarbescheiden Vertrauensschutz gewährt werden könne. Die
Berichtigungsbefugnis sei auch nicht deshalb beschränkt gewesen, weil sich die
Vorläufigkeit von Honorarbescheiden nur auf "kleinere Anteile" der Honorarforderung
beziehen dürfe. Das BSG habe offen gelassen, ob diese Begrenzung überhaupt für alle
Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen gelte. Jedenfalls habe das LSG zutreffend
ausgeführt, dass die Rechtsprechung des BSG nicht auf Fälle übertragbar sei, in denen
der Fehler der Sphäre des Vertragsarztes zuzurechnen sei.
Entscheidungsgründe
15 Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen
der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil sie die für ihre Job-Sharing-Praxis
geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.
16 1. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Soweit die Klägerin unter
Bezugnahme auf ein Urteil des 4. Senats des BSG vom 9.11.2010 (B 4 AS 37/09 R - SozR
4-1300 § 41 Nr 2) das Fehlen der erforderlichen Anhörung rügt, greift dies nicht durch.
Zwar ist die Klägerin vor Erlass der Richtigstellungsbescheide nicht angehört worden, die
Anhörung ist aber mit dem Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden. Eine Heilung des
Verfahrensmangels kann nach den mit der Anhörung verfolgten Funktionen noch während
des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn dem Betroffenen während des Vorverfahrens
- zB durch Einlegung des Widerspruchs - hinreichende Gelegenheit gegeben worden ist,
sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (BSG, aaO, RdNr 17
unter Bezugnahme auf BSGE 89, 111, 114 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1; BSG SozR 4-1300 §
24 Nr 1). Für die Nachholung der fehlenden Anhörung während eines gerichtlichen
Verfahrens hat der 4. Senat in der genannten Entscheidung gefordert, dass sichergestellt
wird, dass die Nachholung der Verfahrenshandlung sich in einer dem Anhörungsverfahren
möglichst vergleichbaren Situation vollzieht. Die Beklagt hat der Klägerin hier in den
Ausgangsbescheiden alle entscheidungserheblichen Haupttatsachen mitgeteilt, sodass
sie durch Einlegung des Widerspruchs hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu diesen zu
äußern.
17 2. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist §
106a Abs 2 Satz 1 SGB V (in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetztes vom
14.11.2003 , insofern in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV
die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu
gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die
Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit
der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen
rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen
Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -,
erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für
bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im
Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des
Honorarbescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die
gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X
verdrängen (stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89,
90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1,
2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine
nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-
)Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs
1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der
Leistung aus (BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr
42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; zuletzt BSG SozR 4-2500 §
106a Nr 1 RdNr 12; aaO, Nr 3 RdNr 18).
18 Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische
Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich
festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die
Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale rechtswidrig sind. In wessen
Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich;
einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides
(vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR
44/2004 Anm 1).
19 Der ZA hat auf der Grundlage von Abschnitt 4a Nr 23a ff BedarfsplRL (idF vom 8.1.1999,
BAnz Nr 61 S 5243 vom 30.3.1999; seit der Neufassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab
dem 1.4.2007, BAnz Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007, §§ 23a ff; zur weiteren BedarfsplRL-
Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL
vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit
Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62) mit Beschluss vom 1.10.2004 die
Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der
Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat
die Klägerin nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die
den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige
Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer
Ärztin in der Praxis der Klägerin unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.
20 Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat die Klägerin in den
streitbefangenen Quartalen überschritten. Die Überschreitungen der
Gesamtpunktzahlvolumina in Höhe von insgesamt 3 042 024,5 Punkten für das Jahr 2006
und 2.067.732,3 Punkten für das Jahr 2007 wurden in den Honorarbescheiden zunächst
nicht berücksichtigt.
21 3. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften
Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes
eingeschränkt.
22 a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor
einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten
Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2
S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; zuletzt: BSG SozR 4-2500 §
106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im
Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese
quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu
erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die
Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen
Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die
Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die
Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht
umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche
sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.
23 Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und
Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den
gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der
Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre
des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der
generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall
müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen
aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die
Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung
an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden
(BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung
dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen
Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen,
ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen
herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus
Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR
4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im
Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V
RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff;
Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366
ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).
24 b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheids nach den Vorschriften über die
sachlich-rechnerische Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier
Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90,
103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen
Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10;
vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V
auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff;
Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine
Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter
Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4
Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die
Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der
Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82
Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222,
236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.
25 c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus
Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur
sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die
Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung
nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und
vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in
BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19). In diesem Fall ist die jedem
Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit
der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11,
RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.
26 d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der
Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des
Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der
Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S
352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B
6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes
Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)
hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der
Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid
selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender
Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62,
72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris
RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR
4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen
Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen
des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist
für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender
Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X
Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind (BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr
22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier
maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der
Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide keine Ungewissheit
im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung
betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die
Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten der Honorarbegrenzung für Job-
Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit
bestand.
27 e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die
Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung
für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die
sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind
(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 §
85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die
fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der
versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen
Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen
bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des
Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45
Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-
2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den
allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die
Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB
X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt,
der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500
§ 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten
ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der
Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder
Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der
vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der
vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten
gegenüber der Klägerin enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder
vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen
Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die
Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer
Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das
Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die
Richtigstellung mit der Umsetzung der Folgen einer Überschreitung der
Abrechnungsgrenzen einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des
vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004
(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen
Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung
vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.
28 f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die
KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände
längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt,
kann offen bleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend:
Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33e; ebenso
Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370
ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die bloße fehlerhafte
Zahlung über einen längeren Zeitraum ist jedenfalls nicht geeignet, Vertrauensschutz zu
begründen (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 24). Es würde ansonsten die 4jährige
Ausschlussfrist, innerhalb der die KÄV fehlerhafte Abrechnungen berichtigen kann, leer
laufen. Eine vergleichbare Situation mit der wissentlichen Duldung systematisch
fachfremder Tätigkeit oder einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche
Abrechnungsgenehmigung (vgl BSGE 89, 90, 102 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 14; BSG
SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 35) liegt nicht vor. Die Beklagte hat gegenüber allen Job-
Sharing-Praxen zunächst Honorarbescheide ohne Berücksichtigung der Obergrenzen
erteilt und später eine Neufestsetzung entsprechend der für die einzelne Praxis für das
jeweilige Quartal maßgeblichen Punktzahlobergrenzen vorgenommen. Damit konnten für
die betroffenen Praxen Unsicherheiten verbunden sein, insbesondere weil den
ursprünglichen Honorarbescheiden kein Hinweis beigefügt war, wonach die Umsetzung
der Punktzahlobergrenzen einem späteren Bescheid vorbehalten bleibe. Diese
Verwaltungspraxis, die die Beklagte bereits seit längerem schon zugunsten einer
quartalsgleichen Berücksichtigung der Leistungsgrenzen aufgegeben hat, rechtfertigt für
die hier streitbefangenen Quartale jedoch nicht den Vorwurf eines widersprüchlichen
Verhaltens. Ein solcher Vorwurf wäre nur gerechtfertigt, wenn die Beklagte zuvor einen
Vertrauenstatbestand gesetzt hätte. Daran fehlt es aber. Die Begrenzung der
Gesamtpunktzahl erfolgte im Zulassungsverfahren durch den Zulassungsausschuss und
nicht die KÄV. Über diese Festsetzung kann die KÄV weder allein noch einvernehmlich
mit dem Vertragsarzt disponieren. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die KÄV
nach § 23f BedarfsplRL aF (heute § 45 BedarfsplRL) die Anpassungen der
Gesamtpunktzahlvolumina vornimmt. Aus der Nichtberücksichtigung der Grenze bei der
Honorarberechnung konnte mithin nicht gefolgert werden, dass die Punktzahlbegrenzung
von der KÄV aufgehoben worden wäre. Nur dann hätte die KÄV sich mit der
Richtigstellung aber zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch gesetzt.
29 g) Es besteht hier auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats
anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis
der Klägerin, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht
nicht.
30 4. Die Richtigstellung und Rückforderung kann schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt
beanstandet werden, dass die Richtigstellung von Honorarbescheiden sich jeweils nur auf
kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf. Der Senat hat in
zwei Entscheidungen, in denen ein Vorläufigkeitsvorbehalt zu beurteilen war, mit dem die
KÄV unter Berufung auf umstrittene Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs
für vertragsärztliche Leistungen alle Honorarbescheide versehen hatte, ausgeführt, dass
sich die Vorläufigkeit des Honorarbescheides ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte
Teile des Honorarbescheides bzw - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der
Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf. Eine Vorläufigkeit, die es
ermöglichen würde, das vertragsärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte
des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem Honorarbescheid zunächst ergibt, nähme
diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragsarztes
für ein Kalendervierteljahr, weil dem Arzt in der Sache lediglich eine Abschlagzahlung
zugebilligt würde (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom
26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20). Diese Aussage bezieht sich indes allein auf
pauschale Richtigstellungsvorbehalte (vgl BSGE 93, 69, 73 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11,
RdNr 13; BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 96, 1, 7 f = SozR 4-
2500 § 85 Nr 22, RdNr 21; noch offengelassen im Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 22/09
B - Juris RdNr 16; ebenso Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: November 2011, K §
85 RdNr 153c). Nur in diesem Fall liegt eine allein dem Verantwortungsbereich der
Beklagten zuzurechnende Unsicherheit über die Höhe des zu leistenden Honorars vor, die
nur in begrenztem Umfang an den Vertragsarzt weitergegeben werden darf. In allen
anderen Fällen besteht eine solche Grenze nicht. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte
nicht gehindert ist, etwa in Fällen umfangreicher Falschabrechnung die Abrechnung des
Vertragsarztes in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich eines prozentualen Anteils
richtigzustellen.
31 Ob hier ein "kleinerer Anteil" des Gesamthonorars im Sinne der Rechtsprechung des
Senats betroffen war, kann mithin offenbleiben. Es spricht aber viel dafür, dass dies der
Fall war. In der Rechtsprechung des Senats ist eine Größenordnung von 15 % noch als
"kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl BSGE 96, 1, 7 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr
21 mwN). Dieser Wert wurde jedoch ausdrücklich nicht als Obergrenze bezeichnet. Die
Frage, ab welchem Prozentsatz eine Rückforderung dem Honorarbescheid seinen
Regelungscharakter nimmt, entzieht sich nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr
einer generellen Festlegung, weil insoweit die näheren Umstände in die Beurteilung
einzubeziehen sind (BSG Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 22/09 B - Juris RdNr 18).
Zudem ist es, wenn eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale
umfasst, nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im
Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale
hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls käme in derartigen Fällen die Zugrundelegung
eines höheren Toleranzwertes in Betracht (BSG aaO). Gemessen an den Euro-Beträgen
lag der durchschnittliche Anteil der Rückforderung am Honorar im Jahr 2006 bei 25,19 %
und im Jahr 2007 bei 17,93 %, bezogen auf den gesamten Zeitraum bei 21,56 %. Diese
Werte dürften noch nicht als zu hoch angesehen werden.
32 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer
entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin auch die
Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.