Urteil des BSG vom 24.05.1951

BSG (kläger, ddr, forschung, tätigkeit, berufliche tätigkeit, diplom, voraussetzung, sgg, techniker, berechtigung)

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 23.8.2007, B 4 RS 1/06 R
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz -
persönliche und sachliche Voraussetzung - Diplom-Physiker - Konstrukteur
Leitsätze
1. Die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Konstrukteur" zu führen, setzt voraus, dass der
Beschäftigte eine Fachschul- oder Hochschulausbildung durchlaufen und erfolgreich
abgeschlossen hat.
2. Die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Konstrukteur zu führen, wurde nicht staatlich
verliehen sondern war durch die Wahrnehmung einer konkreten Arbeitsaufgabe in dem
Arbeitsbereich "Konstruktion" bestimmt. Die in Arbeitsverträgen, Arbeitsbüchern und
Sozialversicherungsausweisen aufgenommenen Berufsbezeichnungen haben insoweit
indizielle Wirkung.
Tatbestand
1 Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der
Anlage 1 Nr 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet
ist, Beschäftigungszeiten des Klägers in der DDR vom 1.9.1964 bis 30.6.1990 als Zeiten der
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie
die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
2 Der Kläger erwarb im August 1964 an der Universität G. den akademischen Grad des
Diplom-Physikers. Nach den Feststellungen des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG)
war er im Anschluss daran bis 31.12.1965 als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim W. der V.
B. in K. beschäftigt. Ab 1.1.1966 wechselte er als Entwicklungsingenieur zum VEB E. R.,
wissenschaftlicher Industriebetrieb. Bis zum 31.12.1968 war er dort als Forschungsphysiker
und bis 31.12.1969 als Themenverantwortlicher tätig. Vom 1.1.1970 bis 30.6.1990 war er
beim VEB K. R. G. bzw beim VEB R. Z. für F. und T. Fachgebiet Geräte - als "Forscher" und
ab 1.1.1980 als Mitarbeiter Forschung und Entwicklung im Fachgebiet Geräte tätig, das seit
dem 1.2.1989 dem VEB R. B. K. als unselbständiger Betriebsteil angegliedert war. Er war in
der DDR nicht in ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem einbezogen worden.
3 Den Antrag des Klägers vom 25.8.1999 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur
AVItech lehnte die Beklagte ab; die Qualifikation als Diplom-Physiker berechtige ihn nicht,
den Titel eines Ingenieurs oder Technikers zu führen (Bescheid vom 19.9.2001,
Widerspruchsbescheid vom 6.2.2002). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg
(Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 26.8.2002, Urteil des LSG vom
22.1.2003).
4 Der Kläger hat das Urteil des LSG mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
Revision angegriffen. Der Senat hat mit Beschluss vom 31.3.2004 (B 4 RA 53/03 B) die
Revision zugelassen. Der Kläger hat die Revision eingelegt und die Verletzung von §§ 1
Abs 1, 5 Abs 1, 8 Abs 3 iVm Abs 1 und 2 AAÜG gerügt. Mit Urteil vom 29.7.2004 - B 4 RA
16/04 R - hat der Senat das Urteil des LSG vom 22.1.2003 aufgehoben und den Rechtsstreit
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Es könne nicht
abschließend beurteilt werden, ob der Kläger der in § 1 Abs 1 Satz 1 der Zweiten
Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der
technischen Intelligenz (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl 487) genannten
Berufsgruppe der Konstrukteure zuzuordnen sei. Das LSG werde zu ermitteln haben, wie die
Berufsbezeichnung "Konstrukteur" erlangt bzw wie diese berufliche Qualifikation in der DDR
erworben wurde. Das Gericht habe die Ermittlungen in folgender dreistufiger Abfolge
vorzunehmen: (1.) ob es in der DDR von staatlicher Stelle erlassene Regelungen zum "Beruf
des Konstrukteurs" gegeben habe. Falls diese fehlten, (2.) ob abstrakt-generelle
Vereinbarungen der beteiligten Berufskreise, insbesondere in so genannten
Kollektivverträgen iS des DDR-Arbeitsrechts, Aussagen zum "Beruf des Konstrukteurs"
entnommen werden könnten. Wenn auch solche fehlten, (3.) welchem Anforderungsprofil auf
Grund sonstiger genereller tatsächlicher Gegebenheiten ein Werktätiger genügen musste,
um als Konstrukteur qualifiziert zu werden.
5 Das LSG hat die Berufung mit Urteil vom 15.3.2005 erneut zurückgewiesen und zur
Begründung ausgeführt, der Kläger werde vom persönlichen Anwendungsbereich des § 1
Abs 1 Satz 1 AAÜG nicht erfasst. Er sei nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG
bestehenden Versorgungsanwartschaft gewesen. Er habe auch nach der am 30.6.1990
gegebenen Sachlage keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, denn
er erfülle nicht die persönliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech. Die
Qualifikation als Diplom-Physiker werde von § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB nicht erfasst. Der
Kläger sei auch nicht berechtigt gewesen, sich "Konstrukteur" zu nennen. Der eingeholten
Stellungnahme des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus vom 7.1.2005 sei zu
entnehmen, dass es in der DDR keinen eigenständigen Berufsabschluss "Konstrukteur"
gegeben habe. Die fachliche Ausbildung für einen Einsatz als Konstrukteur sei in die
Ausbildung zum "Techniker" oder "Ingenieur" integriert gewesen. Bei den Ingenieuren seien
drei Hauptgruppen unterschieden worden: Produktionsingenieure, Technologen und
Konstrukteure. Die Aufzählung "Konstrukteur" in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB laufe deshalb ins
Leere, es sei denn, der betreffende Versicherte könne arbeitsrechtliche Unterlagen vorlegen,
nach denen er als Konstrukteur eingestellt und beschäftigt worden sei. Eine solche Abrede
habe jedoch am 30.6.1990 nicht bestanden. Zwar sei der Kläger am 30.6.1990 in einem
(volkseigenen) Produktionsbetrieb der Industrie - dem VEB R. B. K. beschäftigt gewesen.
Eine berufliche Tätigkeit als Konstrukteur werde aber durch die vorgelegten arbeits- und
sozialrechtlichen Unterlagen nicht belegt. Unter Zugrundelegung des für den Industriezweig
maßgeblichen Qualifikationshandbuchs und des Funktionsplans des
Beschäftigungsbetriebs habe der Kläger nicht als Konstrukteur gearbeitet, sondern sei als
"Mitarbeiter Forschung/Entwicklung" eingesetzt worden. Für seine Behauptung, als
Konstrukteur tätig gewesen zu sein, habe er keinen Beweis erbracht.
6 Auf die erneute Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat die Revision wegen
grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (Beschluss vom 13.12.2005 - B 4
RA 97/05 B).
7 Der Kläger rügt erneut die Verletzung der §§ 1 Abs 1, 5 Abs 1, 8 Abs 3 iVm Abs 1 und 2
AAÜG. Die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, die Eintragungen im Arbeitsbuch und im
Sozialversicherungsausweis seien nur Indizien für die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Er hat
einen Auszug aus dem Qualifikationshandbuch für Hoch- und Fachschulkader in den VEB
und Einrichtungen der Industrieministerien der DDR zum Bereich Konstruktion (Bereich 32)
vorgelegt. Danach sei für die Bezeichnung der Arbeitsaufgabe Konstrukteur als Qualifikation
ein Fachschulabschluss mit mehrjähriger Berufserfahrung oder ein Hochschulabschluss zu
fordern. Auch die vom Statistischen Zentralamt Berlin herausgegebene "Systematik der
Berufe" gehe davon aus, dass verschiedene Berufsabschlüsse die Ausübung der Tätigkeit
als Konstrukteur zuließen. Die Tätigkeit des Klägers habe darin bestanden,
Entwicklungsarbeit für Zukunftstechnologien zu leisten und deren Umsetzung in die Praxis
vorzubereiten. Dies beinhalte die Konstruktion, auch wenn die Aufgabe inhaltlich über die
konstruktive Arbeit hinausreiche. Der Kläger hat auch auf das von der früheren
Bundesanstalt für Arbeit herausgegebene "Grundwerk für ausbildungs- und berufskundliche
Informationen" (gabi) Bezug genommen. Danach sei der Beruf "Konstrukteur" eine
Berufsausübungsform für Ingenieure, aber auch für Diplom-Physiker. Auf Anfrage des
Senats hat der Kläger mitgeteilt, ihm sei mit Bescheid vom 4.1.2000 von der Beklagten
Altersente wegen Arbeitslosigkeit ab 1.1.2000 bewilligt worden. Diesen Rentenbescheid, der
keine Zeiten nach dem AAÜG enthalte, habe er nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen.
8 Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 15.3.2005 und den Gerichtsbescheid
des Sozialgerichts Chemnitz vom 26.8.2002 sowie die ablehnende Entscheidung im
Bescheid der Beklagten vom 19.9.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
6.2.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom
1.9.1964 bis 30.6.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der
technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
9 Die Beklagte beantragt,
die Revision gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 15.3.2005
zurückzuweisen.
10 Sie ist der Auffassung, das AAÜG sei auf Grund der am 30.6.1990 gegebenen Sachlage auf
den Kläger nicht anwendbar. Er erfülle nicht die Voraussetzungen für einen
Versorgungsanspruch aus dem Bereich der AVItech, denn es sei nicht nachgewiesen, dass
er den Beruf des Konstrukteurs ausgeübt habe. Er sei im Juni 1990 als Mitarbeiter
Forschung und Entwicklung beschäftigt gewesen. Die Qualifikationshandbücher bestätigten
die unterschiedlichen Anforderungen und Arbeitsaufgaben eines Konstrukteurs einerseits
und eines Mitarbeiters Forschung und Entwicklung andererseits. Der Kläger habe den
Rentenbescheid vom 4.1.2000 nicht angefochten.
11 Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ).
Entscheidungsgründe
12 Die statthafte und zulässige Revision des Klägers, über die der Senat mit dem
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl §§ 165 Satz 1, 153 Abs 1,
124 Abs 2 SGG) entscheidet, ist unbegründet.
13 Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Begehren des Klägers, das Urteil des LSG vom
15.3.2005 und den Gerichtsbescheid des SG vom 26.8.2002 sowie die ablehnenden
Entscheidungen der Beklagten im Bescheid vom 19.9.2001 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 6.2.2002 aufzuheben und diese zu verpflichten, die
Beschäftigungszeiten vom 1.9.1964 bis 30.6.1990 als Tatbestände von Zeiten der
Zugehörigkeit zur AVItech sowie die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Der Kläger
verfolgt sein Begehren zulässig in Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen
(§ 54 Abs 1 SGG) .
14 Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen und den Senat bindenden tatsächlichen
Feststellungen (§ 163 SGG) besteht kein prozessualer Anspruch des Klägers auf
Verpflichtung der Beklagten im Sinne des Klagebegehrens.
15 In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs 5
Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ähnlich ist (vgl BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 2) , ist
die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser
dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterfällt (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG) . Erst
wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob Tatbestände von
Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 Abs 1 AAÜG und damit Tatbestände von gleichgestellten
Pflichtbeitragszeiten iS des SGB VI vorliegen, auf deren Feststellungen der Kläger nach § 8
Abs 1 iVm Abs 2 und 3 AAÜG einen Anspruch gegen die Beklagte hätte.
16 1. Vom persönlichen Anwendungsbereich werden nach der Maßstabsnorm des § 1 Abs 1
Satz 1 AAÜG die Inhaber von Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften)
erfasst, die solche Rechte auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im
Beitrittsgebiet erworben hatten, sofern diese beim Inkrafttreten des AAÜG am 1.8.1991
bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten,
weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn beim Ausscheiden vor dem Leistungsfall
vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Geht man vom Wortlaut der Vorschrift aus, erfüllt der Kläger beide Tatbestandsalternativen
nicht.
17 Der Kläger war nach den Feststellungen des LSG bei Inkrafttreten des AAÜG weder Inhaber
eines Versorgungsanspruchs noch einer -anwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch
die er zum 1.8.1991 eine Versorgungsanwartschaft inne gehabt hätte, liegt nicht vor. Weder
hatte er eine positive Statusentscheidung der Beklagten erlangt noch eine frühere
Versorgungszusage als einen nach Art 19 Satz 1 des Einigungsvertrags - EV - idF vom
31.8.1990 bindend gebliebenen Verwaltungsakt noch eine einzelvertragliche Einbeziehung
erhalten. Der Kläger war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren
Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem (hier: AVItech) einbezogen worden.
18 Für den Kläger greift auch nicht § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG, denn er hatte keine Rechtsposition
inne, die er hätte verlieren können. Nur in diesen Fällen wird kraft Gesetzes eine
Anwartschaft nach § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG fingiert (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 15;
BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 3 S 20 f) .
19 2. Bei Personen, die am 30.6.1990 nicht einbezogen waren und auch nicht durch eine
Rehabilitierungsentscheidung (Art 17 EV) einbezogen worden sind, ist allerdings auf Grund
der vom Senat vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1
Abs 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1.8.1991 gültigen
Bundesrechts nach der am 30.6.1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung
einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 12 f; BSG SozR
3-8570 § 1 Nr 3 S 20; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 4 S 26 f; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 5 S 32;
BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 39; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 7 S 59 f; BSG SozR 3-8570 § 1
Nr 8 S 73) .
20 Ob der Kläger am 1.8.1991 Inhaber einer solchen fingierten Versorgungsanwartschaft war,
hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 VO-AVItech vom 17. August 1950 und der dazu
ergangenen 2. DB von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2
S 14, Nr 5 S 33, Nr 6 S 40 f, Nr 7 S 60, Nr 8 S 74), die kumulativ vorliegen müssen (vgl BSG
SozR 3-8570 § 1 Nr 2),
(1) von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche
Voraussetzung),
(2) von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und
zwar
(3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des
Bauwesens (§ 1 Abs 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs 2 der 2. DB
gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
21 Der Kläger erfüllt die persönliche Voraussetzung nicht.
22 a) Der Kläger wird weder als Ingenieur noch als Techniker von dieser Norm erfasst (vgl Urteil
des Senats vom 31.7.2002 - B 4 RA 62/01 R) . Zwar gehören nach § 1 Abs 1 Satz 1 der 2.
DB der technischen Intelligenz ua "Ingenieure und Techniker" aller Spezialgebiete an. Nicht
entscheidend ist bei diesen Berufen, welche Tätigkeiten ein Beschäftigter verrichtete, denn
bezüglich der Berufsgruppen der Ingenieure und Techniker erfüllte ein Beschäftigter in der
DDR die persönliche Voraussetzung nur, wenn ihm aufgrund eines staatlichen Akts das
Recht verliehen war, die Berufsbezeichnung Titel "Ingenieur" (vgl BSG, Urteil vom 10.4.2002
- B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 8 S 77 ) oder "Techniker" (vgl BSG, Urteil vom
26.10.2004 - B 4 RA 35/04 R ) zu führen. Eine solche Berechtigung war dem Kläger nicht
verliehen worden (vgl zum Diplom-Physiker: BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9 ).
23 b) Der Kläger war nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung "Konstrukteur" zu führen (aa) und
war auch nicht als Konstrukteur tätig (bb), wie das LSG in dem angegriffenen Urteil in einer
den Senat bindenden Weise (§ 163 SGG) festgestellt hat (cc).
24 aa) Der Senat hat sich bislang in zwei Entscheidungen mit der in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB
bezeichneten Berufsgruppe der "Konstrukteure" befasst. Er hat jeweils dem
Tatsachengericht aufgegeben, die in der DDR geltenden abstrakt-generellen Regelungen
zum Beruf des Konstrukteurs zu ermitteln (vgl BSG, Urteil vom 29.7.2004 - B 4 RA 16/04 R).
25 Von diesen Vorgaben ausgehend hat das LSG im Berufungsverfahren weitere Ermittlungen
durchgeführt. Es hat die Auskunft des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus vom
7.1.2005 erhoben und gestützt hierauf im angefochtenen Urteil festgestellt, der Kläger sei
nach den normativen und tatsächlichen Gegebenheiten in der DDR nicht berechtigt
gewesen, die Berufsbezeichnung "Konstrukteur" zu führen. Es habe in der DDR zum
Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30.6.1990 weder auf
Grundlage einer Facharbeiterausbildung noch aufgrund einer Fortbildung einen
eigenständigen Berufsabschluss zum "Konstrukteur" gegeben. Ausbildungsinhalte dieses
Berufs hätten sich vielmehr in den Fachschulausbildungen zum "Techniker" und "Ingenieur"
wiedergefunden. Der Begriff Konstrukteur sei als Bezeichnung für die Ausübung bestimmter
Tätigkeiten verwendet worden (unter Hinweis auf: Qualifikationshandbücher für die
Arbeitsaufgaben von Hoch- und Fachschulkadern in den volkseigenen Betrieben und
Einrichtungen der verschiedenen Industrieministerien der ehemaligen DDR ). Für Ingenieure
habe es - geordnet nach Tätigkeitsinhalten - Einsatzmöglichkeiten als Produktionsingenieur,
Technologe oder Konstrukteur gegeben (unter Bezugnahme auf: Draeger, Der Ingenieur im
sozialistischen Betrieb, VEB Verlag Technik, S 54 f) . Auch die Ausbildung zum Techniker
habe den beruflichen Einsatz als Konstrukteur nach sich ziehen können, allerdings sei der
Absolvent bei erfolgreichem Abschluss der Ausbildung auch berechtigt, die
Berufsbezeichnung "Techniker" zu führen (unter Hinweis auf: "Anordnung über die Erteilung
und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulbildung" vom 4.3.1988;
GBl 71 ).
26 Die Aufführung der "Konstrukteure" in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB laufe danach ins Leere, es
sei denn, der Betreffende könne arbeitsrechtliche Unterlagen vorlegen, aus denen sich
zweifelsfrei ergebe, dass er als Konstrukteur eingestellt worden sei und diese
arbeitsvertragliche Abrede auch noch am 30.6.1990 bestanden habe. Die Auffassung des
Klägers, mangels formeller Ausbildung zum Konstrukteur sei ein Arbeitsvertrag mit solcher
Tätigkeitsbezeichnung nie abgeschlossen worden, sei unzutreffend. Arbeitsverträge sowie
Eintragungen in Sozialversicherungsausweisen über die Berufstätigkeit als Konstrukteur
seien in der DDR vielfach getroffen worden. Derartige arbeitsrechtliche Unterlagen, die den
Einsatz als Konstrukteur belegten, könne der Kläger aber nicht vorlegen. Der Kläger erfülle
die persönliche Voraussetzung des Anspruchs auf Einbeziehung in die AVItech nicht, weil er
nicht berechtigt gewesen sei, die Berufsbezeichnung "Konstrukteur" zu führen.
27 Nach den Feststellungen des LSG zu den abstrakt-generellen Tatsachen, die das
Verständnis in der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme prägten (vgl BSG SozR 4-
8570 § 1 Nr 11 RdNr 23; auch BSG, Urteil vom 7.9.2006 - B 4 RA 39/05 R), setzt der Beruf
des Konstrukteurs die Tätigkeit in dem Arbeitsbereich "Konstruktion" voraus (vgl
Ökonomisches Lexikon , Verlag Die Wirtschaft, 2. Aufl 1970, Stichwort
Konstruktion ; zum Konstruktionsbüro dagegen: BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 11 ). Unter
Konstruktion ist der Entwurf, die Berechnung und die Darstellung von Einzelteilen,
Baugruppen und Erzeugnissen verstanden worden (vgl Ökonomisches Lexikon aaO; ebenso
Lexikon der Wirtschaft Industrie, Verlag Die Wirtschaft, 1970, Stichwort:
Konstruktion ). Durch Konstruktion wurden die zu bauenden oder zu fertigenden
Gegenstände gestaltet. Bei der Konstruktionstätigkeit waren die (zuvor zu leistenden)
Versuchs-, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auszuwerten (vgl BSG SozR 4-8570 § 1
Nr 11 S 58 ). Die Arbeitsaufgaben eines Konstrukteurs einerseits und eines Mitarbeiters der
Forschung und Entwicklung (F/E) andererseits sind inhaltlich nicht identisch. Die Tätigkeit
des Mitarbeiters F/E ging in ihren qualitativen Anforderungen über diejenigen an einen
Mitarbeiter mit der Berufbezeichnung "Konstrukteur" qualitativ hinaus. Unter "Forschung und
Entwicklung" verstand man in der DDR eine der Konstruktion vorgelagerte Tätigkeit, bei der
wissenschaftliche Arbeiten zur Erlangung neuer Erkenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten
in Natur und Gesellschaft sowie wissenschaftliche Vorbereitungsarbeiten zur Umsetzung in
die Praxis durchgeführt worden sind (vgl Lexikon der Wirtschaft Industrie, Verlag
Die Wirtschaft, 1970, Stichwort: Forschung und Entwicklung) . Die Beschaffenheit von
Werkstoffen zur Herstellung von Produkten sind wissenschaftlich und experimentell erforscht
und aufbereitet worden. Diese technisch-wissenschaftliche Tätigkeit erforderte den Einsatz
von hochqualifiziertem wissenschaftlich befähigtem Personal (zu der beruflichen
Qualifikation und den Arbeitsaufgaben eines Konstrukteurs siehe sogleich unten).
Schließlich unterscheiden sich die beiden hier fraglichen Tätigkeiten darin, dass der Bereich
Forschung und Entwicklung die ersten Schritte hin zu Entwicklung neuer Produkte
unternimmt. Es handelt sich um eine der Produktion vorgelagerte Tätigkeit ( vgl auch zum
Forschungszentrum: BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 4 S 28; zu Dienstleistungsbetrieben: BSG
SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 44 ). Dagegen setzt die Tätigkeit des Konstrukteurs Erkenntnisse
aus dem Bereich Forschung und Entwicklung voraus und diese in die Berechnung, Planung
und Fertigung eines Produkts um.
28 Die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Konstrukteur zu führen, knüpft maßgeblich an die
Ausübung einer konstruktiven Tätigkeit an (Tätigkeitsbezeichnung). Der Kläger ist nicht
allein aufgrund seines Hochschulabschlusses als Diplom-Physiker berechtigt, die
Berufsbezeichnung Konstrukteur zu führen. Die berufliche Qualifikation ist nur eine von
mehreren Voraussetzungen, nicht aber das allein ausschlaggebende Kriterium, um auf die
Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung "Konstrukteur" schließen zu können. Zum
einen sollten vom Geltungsbereich der AVItech nur die in der 2. DB ausdrücklich genannten
Gruppen von Beschäftigten erfasst werden, da sie besonderen Einfluss auf den
Produktionsprozess hatten (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8 S 75 f; zum Diplom-Physiker:
BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9; bestätigt durch BVerfG SozR 4-8570 § 1 Nr 10) . Zum anderen
war die berufliche Tätigkeit im Wirtschaftssystem der DDR durch den Einsatz in bestimmten
Arbeitsbereichen charakterisiert. Nach der Anordnung (AO) über die Einführung der
Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des
Bauwesens vom 18.12.1974 - Rahmenrichtlinie - (GBl 1975 1) wurden folgende
Arbeitsbereiche unterschieden:
Bereich
10
Produktproduktionsdurchführende Bereiche
Bereich
20
Produktionshilfsbereiche (Reparatur, Instandhaltung)
Bereich
30
Produktionsvorbereitende Bereiche (Forschung, Entwicklung, Konstruktion,
Technologie, Projektierung)
Bereich
40
Leitungs- und produktionssichernde Bereiche
Bereich
50
Beschaffung und Absatz
Bereich
60
Kultur-, Sozialwesen und Betreuungseinrichtungen
Bereich
70
Kader und Bildung
Bereich
80
Betriebssicherheit
Bereich
90
übrige Arbeitsbereiche.
29 Innerhalb des Bereichs 30 differenzierte die AO zwischen dem Bereich 31 "Forschung und
Entwicklung" einerseits und dem Bereich 32 "Konstruktion" andererseits (vgl
Rahmenrichtlinie, aaO; vgl auch Qualifikationshandbuch für Arbeitsaufgaben von Hoch- und
Fachschulkadern in den VEB und Einrichtungen des Maschinenbaus
, registriert beim Staatssekretariat für Arbeit und Löhne unter Nr
101/78; zu dessen Anwendung auch: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.5.2006 - L 6
RA 54/03 ). Der Arbeitsbereich 31 (Forschung und Entwicklung) umfasste die Forschung und
Entwicklung im engeren Sinne, die Entwicklungskonstruktion sowie ua die
Datenverarbeitungsprojektion, wohingegen der Arbeitsbereich 32 "Konstruktion" die
Unterbereiche Fertigungskonstruktion und Betriebsmittelkonstruktion umfasste (vgl
Rahmenrichtlinie, aaO, S 2 ). Nach dem Qualifikationshandbuch für die Arbeitsaufgaben von
Hoch- und Fachschulkadern konnte eine Person mit Hochschulabschluss und
entsprechender Berufserfahrung zwar als Konstrukteur eingesetzt werden. Allerdings ist
unter denselben Voraussetzungen auch eine Tätigkeit in dem hiervon getrennt geführten
Arbeitsbereich "Forschung und Entwicklung" (Bereich 31) möglich - wie auch das LSG in
seinem Urteil aufgezeigt hat. Die Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen für den
Arbeitsbereich 32 ist folglich noch kein Beleg für eine Berufstätigkeit als Konstrukteur.
30 Da nach den Feststellungen des LSG, ein spezifischer Berufsabschluss als
Zugangsvoraussetzung für den Beruf des Konstrukteurs fehlte, ist mit Blick auf die anderen
in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsgruppen weiter zu fordern, dass die
Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Konstrukteur" führen zu können, voraussetzt, dass
der Beschäftigte eine den Anforderungen der anderen in der Vorschrift genannten Berufe
qualitativ entsprechende Ausbildung (Fachschul- oder Hochschulausbildung) durchlaufen
und erfolgreich abgeschlossen hat. So ergibt sich aus den berufskundlichen Materialen zu
Berufen der DDR (vgl ergänzend zu den vom LSG zitierten Werken: Bundesanstalt für Arbeit
, Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen , Berufe der
ehemaligen DDR, Bd 3 Nr 261 o 01 und Bd 4 Nr 501 o 02 und Nr 635 o 03 ), dass dem
beruflichen Einsatz als Konstrukteur regelmäßig eine Fachschulausbildung oder eine
Hochschulausbildung auf der Ebene einer heutigen Fachhochschule vorausging. Die
Berufsbezeichnung konnte auch durch Weiterbildung in technischen Berufen erlangt
werden. Dagegen sind Diplom-Physiker in der Regel nicht als Konstrukteure eingesetzt
worden ( vgl zum Fall des Diplom-Chemikers: BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8 S 79 ).
31 Die in den Arbeitsverträgen, Arbeitsbüchern und Sozialversicherungsausweisen
aufgenommenen Berufsbezeichnungen haben indizielle Wirkung. Zutreffend wird im Urteil
des LSG dargelegt, dass die Verwendung anderer Bezeichnungen als Konstrukteur in den
von dem Kläger vorgelegten Urkunden nicht annehmen lässt, er sei berechtigt gewesen, die
Berufsbezeichnung "Konstrukteur" zu führen. Solche Berufsbezeichnungen sind - anders als
vom Kläger angenommen wird - in der DDR nicht willkürlich verwendet worden. Vielmehr
war das Recht, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, staatlich reglementiert. Diese
Regelungen prägten die betriebliche Praxis (vgl zur Verordnung über die Führung der
Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12.4.1962 : BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9 S
49 ). Nach der AO vom 25.10.1979 über die Erteilung und Führung von
Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung (Sonderdruck Nr 1024 des GBl
1979 ) geändert durch die AO vom 4.3.1988 über die Erteilung und Führung von
Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung (GBl 71 ) wurden die
Berufsbezeichnungen in der DDR für die Gruppe der Hoch- und Fachschulabsolventen
durch ministerielle Anordnung geregelt. Die Berufsbezeichnungen waren in einem
Verzeichnis aufzuführen (§ 2 Abs 1 AO ). Die Inhaber einer Urkunde über einen
Hochschulabschluss konnten nur eine ihrer Ausbildung entsprechende und im Verzeichnis
genannte Berufsbezeichnung führen (§ 3 Abs 3 AO ).
32 Auch die in den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen aufgenommenen Berufsbezeichnungen
eines Beschäftigten waren nach dem Verständnis in der DDR nicht beliebig austauschbar.
Die Bedeutung der Eintragungen lassen sich anhand der nicht zu Bundesrecht gewordenen
Regelungen des Arbeitsgesetzbuchs der DDR vom 16.6.1977 ( GBl 185 ) - ArbGB
DDR - erschließen, denn dessen rechtliche Regelungen bieten Anhaltspunkte für das
Verständnis der Eintragungen in den Arbeitsbüchern. Nach § 38 Abs 1 ArbGB DDR war die
Begründung eines Arbeitsrechtsverhältnisses zwischen dem Werktätigen und dem Betrieb
zu vereinbaren (Arbeitsvertrag). Im Arbeitsvertrag waren nach § 40 Abs 1 Satz 1 ArbGB DDR
insbesondere die Arbeitsaufgabe, der Arbeitsort und der Tag der Arbeitsaufnahme zu
vereinbaren (notwendiger Vertragsinhalt). Nach § 42 Satz 1 und 3 ArbGB DDR war der
Betrieb verpflichtet, die mit dem Werktätigen getroffenen Vereinbarungen in einen
schriftlichen Arbeitsvertrag aufzunehmen und die Vertragsurkunde dem Werktätigen
unverzüglich, spätestens am Tage der Arbeitsaufnahme auszuhändigen. Gemäß § 73 Abs 2
ArbGB DDR hatte der Betrieb auch den Inhalt der Arbeitsaufgaben einschließlich der
Verantwortungsbereiche zu bestimmen und in Funktionsplänen oder anderer geeigneter
Form schriftlich niederzulegen. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Arbeitsaufgabe ist
also in einem betrieblichen Funktionsplan mit Qualifikationsmerkmalen weiter konkretisiert
worden.
33 Die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Konstrukteur führen zu dürfen, wurde nicht wie bei
den Berufen "Ingenieur" und "Techniker" staatlich verliehen sondern war - so das LSG -
durch die Wahrnehmung einer konkreten Arbeitsaufgabe in dem Arbeitsbereich
"Konstruktion" bestimmt. Mangels eines spezifischen Berufsabschlusses und infolge der
Anknüpfung der Berufsbezeichnung "Konstrukteur" an die tatsächlich wahrgenommene
Arbeitsaufgabe überschneiden sich bei diesem Berufsbild die persönliche und die sachliche
Voraussetzung (vgl auch BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 12 RdNr 19 f) , für den fiktiven Anspruch
auf Erteilung einer Versorgungszusage.
34 Insoweit hat das LSG gestützt auf den Funktionsplan des Beschäftigungsbetriebs des
Klägers in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dieser habe eine dem Beruf des
Konstrukteurs entsprechende Tätigkeit nicht ausgeübt. In den Betrieben der DDR waren die
Arbeitsaufgaben einschließlich der Verantwortungsbereiche vorab zu bestimmen und in
Funktionsplänen oder anderer geeigneter Form schriftlich niederzulegen ( vgl § 73 Abs 2
ArbGB DDR ). Die vereinbarte Arbeitsaufgabe ist durch diese Funktionspläne mit
Qualifikationsmerkmalen arbeitsrechtlich wirksam konkretisiert worden. In dem
Funktionsplan des Beschäftigungsbetriebs ist die Tätigkeit des Klägers beschrieben als
"Mitarbeiter Forschung und Entwicklung". Es gehörte danach zu den Aufgaben, die ein
Mitarbeiter Forschung und Entwicklung - und damit auch der Kläger - wahrzunehmen hatte,
Lösungsvarianten und Lösungsvorschläge sowie die effektivsten Lösungswege für
vorgegebene Aufgabenstellungen selbständig zu erarbeiten. Dabei hatte er auch
theoretische und experimentelle Tätigkeiten auszuführen und die Ergebnisse in die Praxis
überzuleiten. Dementsprechend hat auch der Kläger betont, er strebe nicht die
Berufsbezeichnung "Konstrukteur" an, sondern sei (nur) befähigt gewesen, die Tätigkeit als
"Konstrukteur" auszuüben. Von diesem Vorbringen ausgehend erscheint fraglich, ob der
Kläger selbst eine tatsächliche Beschäftigung als Konstrukteur behauptet.
35 Der tatsächliche Einsatz als Konstrukteur ist entgegen der Darstellung des Klägers auch
nicht deshalb zu bejahen, weil das LSG festgestellt habe, er sei "wie" ein Konstrukteur tätig
gewesen. Das LSG hat im angefochtenen Urteil das Vorliegen der sachlichen
Voraussetzung - zunächst - unterstellt (LSG-Urteil, S 14), um die betrieblichen
Voraussetzungen zu prüfen. Nach deren Bejahung hat es festgestellt, der Kläger sei nicht als
Konstrukteur tätig gewesen. Auch die vom LSG aufgeworfene Frage (LSG-Urteil, S 15), "ob"
der Kläger Konstruktions- oder Ingenieurstätigkeiten verrichtet habe, bedeutet keine
Feststellung von Tatsachen mit dem behaupteten Inhalt.
36 Deshalb dürften gute Gründe für den Vorschlag des LSG sprechen, arbeitsvertraglichen
Abreden bzw die Eintragung im Arbeitsbuch sowie entsprechende Eintragungen im
Sozialversicherungsausweis oder Aufgabenzuweisungen in dem jeweiligen betrieblichen
Funktionsplan als Nachweis dafür dienen zu lassen, dass ein Arbeitnehmer tatsächlich als
Konstrukteur tätig und daher berechtigt war, die Berufsbezeichnung "Konstrukteur" iS des §
1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB zu führen. Allerdings können diese und weitere Fragen im Rahmen
des vorliegenden Rechtsstreits nicht abschließend beantwortet werden, da der Kläger weder
tatsächlich als Konstrukteur eingesetzt worden noch berechtigt war, die Berufsbezeichnung
"Konstrukteur" zu führen.
37 cc) Der Senat ist an die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LSG gebunden, denn der
Kläger hat diese nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen.
38 Gemäß § 163 SGG ist das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen im
angegriffenen Urteil gebunden, es sei denn, der Kläger hätte in Bezug auf diese
Feststellungen zulässige und begründete Revisionsrügen vorgebracht (vgl zB BSG SozR 4-
8570 § 1 Nr 2 S 10 f ). Für die Bindungswirkung der vom LSG getroffenen tatsächlichen
Feststellungen kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung des LSG auf den
festgestellten Tatsachen beruht (vgl BSGE 73, 195, 196 = SozR 3-4100 § 249e Nr 3; dem
folgend: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl 2002, S
397 f; Lüdtke in Hk-SGG, 2. Aufl 2006, § 163 Rn 2 ).
39 Bei der Feststellung, welche abstrakt-generellen Voraussetzungen zum Führen der
Berufsbezeichnung Konstrukteur berechtigten und ob der Kläger diese erfüllte, handelt es
sich um eine Tatsachenfeststellung in diesem Sinne. Auch die Auslegung des Inhaltes von
Individualerklärungen - wie vorliegend den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag des Klägers,
den Eintragungen in seinem Arbeitsbuch und in seinem Sozialversicherungsausweis - fällt in
den Aufgabenbereich des Tatsachengerichts (vgl BSG vom 9.4.2002 - B 4 RA 31/01 R =
SozR 3-8570 § 1 Nr 2, BSG vom 10.4.2002 - B 4 RA 34/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 3 ), das
dabei nach ständiger Rechtsprechung des BSG zu § 1 Abs 1 AAÜG auf die tatsächlichen
Gegebenheiten in der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme am 30.6.1990
abzustellen hat ( BSG aaO; bestätigt durch: BVerfG SozR 4-8560 § 22 Nr 1).
40 Der Kläger hat die genannten Feststellungen im Urteil des LSG nicht mit zulässigen und
begründeten Revisionsrügen angegriffen. Er hat sich darauf beschränkt, vorzutragen, die
Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Er sei als Mitarbeiter
"Forschung und Entwicklung" auf Grund seiner konstruktiven Aufgaben und Tätigkeiten
berechtigt gewesen, die Berufsbezeichnung "Konstrukteur" zu führen.
41 Soweit er rügt, das Berufungsgericht hätte "bei sorgfältiger Ermittlung" prüfen müssen, ob
Hochschulkader in den VEB und Einrichtungen des Maschinenbaus und der Chemischen
Industrie als Konstrukteure eingestellt worden seien, könnte darin die Rüge der Verletzung
der Amtsermittlungspflicht (zB durch Unterlassen einer Beweiserhebung über bestimmte für
die Vertragsauslegung bedeutsame Tatsachen) liegen. Allerdings wäre die Rüge nicht in
zulässiger Weise erhoben, denn es wird schon nicht deutlich, ob und aus welchen Gründen
die geforderte Beweiserhebung des LSG nach dessen insoweit maßgeblicher Ansicht für
den vorliegenden Rechtsstreit erheblich gewesen wäre. Daneben fehlt es auch an der
Bezeichnung der Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-
rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl BSG
SozR 1500 § 103 Nr 25) .
42 Der Kläger hat auch keinen Verstoß gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze, keine
Verletzung sonstiger Verfahrensvorschriften oder von bundesrechtlichen
Auslegungsgrundsätzen geltend gemacht ( vgl BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2; BSG SozR 3-
2200 § 1265 Nr 13 S 88 f) .
43 Da er die Tatsachenfeststellungen des LSG nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, ist der
Senat an die Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen für die Berechtigung zum
Führen der Berufsbezeichnung Konstrukteur iS des § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB und zu den
Gegebenheiten des Einzelfalls gebunden. Danach sind die Voraussetzungen für den
Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech beim Kläger nicht erfüllt.
44 Die Revision des Klägers kann daher keinen Erfolg haben.
45 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.