Urteil des BSG vom 29.09.1999

BSG: gemeinschaftspraxis, vertragsarzt, ausschreibung, beendigung, konstitutive wirkung, berufliche tätigkeit, wirtschaftliches interesse, arztpraxis, versorgung, verwertung

Bundessozialgericht
Urteil vom 29.09.1999
Sozialgericht Duisburg
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Bundessozialgericht B 6 KA 1/99 R
Die Revisionen der Klägerinnen zu 1) und zu 2) sowie des Beigeladenen zu 7) gegen das Urteil des
Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1998 werden zu rückgewiesen. Die Klägerinnen zu 1) und
2) sowie der Beigeladene zu 7) haben jeweils ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Beklagten für das
Revisionsverfahren zu erstatten. Im üb rigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Besetzung eines Vertragsarztsitzes für Radiologie im Planungsbereich Kreis K ...
Der zu 8) beigeladene Arzt für Radiologie war vom 1. April 1992 bis zum 30. September 1992 in der Praxis des zu 7)
beigeladenen Radiologen als Vorbereitungsassistent tätig. Der Zulassungsausschuß ließ ihn zum 1. Oktober 1992 für
den Vertragsarztsitz des Beigeladenen zu 7) in K. zu und genehmigte beiden Ärzten die Führung einer
Gemeinschaftspraxis. Zu einer gemeinschaftlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit kam es nicht, weil der
Beigeladene zu 8) bereits Anfang Oktober 1992 erkrankte. Der Zulassungsausschuß stellte das Ende der
Gemeinschaftspraxis zum 31. Dezember 1992 fest. Der Arzt für Radiologie B. (B.) vertrat den Beigeladenen zu 8)
zunächst in der Praxis und bildete ab dem 1. Januar 1993 mit dem Beigeladenen zu 7) bis Ende 1996 eine
Gemeinschaftspraxis.
Nachdem die Zulassung des Beigeladenen zu 8), der zum 1. April 1993 eine Stelle als Oberarzt in einem
Krankenhaus angenommen hatte, zunächst geruht hatte, stellte der Zulassungsausschuß das Ende von dessen
Zulassung zum 31. Dezember 1993 fest. Zum 1. Juli 1994 ließ er den Beigeladenen zu 8) als Vertragsarzt in K. -L.
(Kreis W. ) zu. Mit Schreiben vom 17. März 1994 bat dieser die zu 1) klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV),
seinen Vertragsarztsitz in K. für eine Neubesetzung auszuschreiben. In diesem Planungsbereich bestehen seit dem
2. September 1993 Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Radiologen.
Die Klägerin zu 1) schrieb am 26. April 1994 den Vertragsarztsitz mit dem Text "Kreis K. - Arzt für Radiologie" aus.
Nachdem sich zuletzt noch die zu 2) klagende Ärztin für Radiologie, Chefärztin der radiologischen Abteilung des S. A.
-H. in K. , sowie der Radiologe Dr. Sch. (Sch.) um den Vertragsarztsitz beworben hatten, erteilte der
Zulassungsausschuß dem Arzt Dr. Sch. die Zulassung und lehnte den Antrag der Klägerin zu 2) ab.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin zu 2) geltend, der Zulassungsausschuß sei zu Unrecht davon
ausgegangen, das Nachbesetzungsverfahren betreffe einen Vertragsarztsitz in einer Gemeinschaftspraxis. Eine
solche habe zumindest seit Ende 1992 zwischen den Beigeladenen zu 7) und 8) nicht bestanden. Deshalb sei
zutreffend lediglich allgemein ein Vertragsarztsitz in K. ausgeschrieben worden. Für diesen Vertragsarztsitz sei sie die
qualifiziertere Bewerberin und hätte deshalb zugelassen werden müssen.
Der beklagte Berufungsausschuß hob mit Beschluss vom 7. Juni 1995 den Beschluss des Zulassungsausschusses
auf und wies die Zulassungsanträge der Klägerin zu 2) sowie des Radiologen Dr. Sch. zurück. Er begründete diese
Entscheidung damit, § 103 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) lasse in gesperrten Planungsbereichen
nur dann die Neubesetzung von Vertragsarztsitzen zu, wenn eine bestehende Vertragsarztpraxis fortgeführt werden
solle. Eine Praxis, die übernommen werden könne, habe hier aber nicht bestanden. Der Beigeladene zu 8) sei
zumindest ab dem 31. Dezember 1992 nicht mehr Mitglied einer Gemeinschaftspraxis gewesen und habe im Kreis K.
auch keine Einzelpraxis betrieben, die von einem Nachfolger hätte fortgeführt werden können. Im übrigen sei er nach
eigenen Angaben am Wert der Praxis des Beigeladenen zu 7) nicht beteiligt gewesen. Dies sowie der Umstand, daß
der Beigeladene zu 8) erst 14 Monate nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaftspraxis im Frühjahr 1994 die
Ausschreibung des Vertragsarztsitzes beantragt habe, legten den Schluß nahe, daß allein den Interessen des
Beigeladenen zu 7) gedient werden solle.
Im Klageverfahren hat die zu 1) klagende KÄV die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Beklagten und
dessen Verpflichtung zu einer erneuten Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin zu 2) begehrt, nachdem Dr.
Sch. im November 1995 seinen Zulassungsantrag im Hinblick auf eine Zulassung in Niedersachsen zurückgezogen
hatte. Die Klägerin zu 2) hat demgegenüber ihre Zulassung für den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz für Radiologie
in K. beansprucht. Das Sozialgericht (SG) hat beide Klagen abgewiesen und sich der Rechtsauffassung des
Beklagten angeschlossen (Urteil vom 18. März 1998).
Dieses Urteil haben beide Klägerinnen und der Beigeladene zu 7) mit der Berufung angegriffen.
Die klagende KÄV hat die Auffassung vertreten, Gegenstand des Nachbesetzungsverfahrens sei der Vertragsarztsitz
des Beigeladenen zu 8) in Bindung an die Gemeinschaftspraxis, die dieser mit dem Beigeladenen zu 7) geführt habe.
Der zeitliche Abstand zwischen Beendigung der Gemeinschaftspraxis und Ausschreibungsantrag stehe einer
Neubesetzung des Vertragsarztsitzes in der Gemeinschaftspraxis nicht entgegen.
Die Klägerin zu 2) hat demgegenüber dargelegt, sie sei als inzwischen einzig verbliebene Bewerberin zuzulassen.
Richtigerweise sei der Vertragsarztsitz ohne Bindung an eine Gemeinschaftspraxis ausgeschrieben worden. Eine
solche habe jedenfalls ab dem 1. Quartal 1993 nicht mehr bestanden. Da sie die vertragsärztliche Tätigkeit, wie sie
der Beigeladene zu 8) ausgeübt habe, im Planungsbereich K. fortsetzen wolle und im übrigen über die notwendige
Eignung verfüge, sei sie zuzulassen.
Der Beigeladene zu 7) hat geltend gemacht, zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 8) habe tatsächlich eine
Gemeinschaftspraxis bestanden. Da nur ein Vertragsarztsitz mit Bindung an diese Gemeinschaftspraxis im Rahmen
des Nachbesetzungsverfahrens zur Ausschreibung gelangt sei, sei die Klägerin zu 2) nicht zulassungsfähig. Diese
habe stets abgelehnt, ihre vertragsärztliche Tätigkeit im Rahmen der bestehenden Gemeinschaftspraxis in K.
auszuüben. Ihr gehe es nur darum, den Vertragsarztsitz aus der Gemeinschaftspraxis an das Krankenhaus zu
verlagern.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen zurückgewiesen. Die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes
komme nicht in Betracht, da eine Praxis, die ein Übernehmer fortführen könne, nicht mehr bestanden habe. Eine
Gemeinschaftspraxis zwischen den Beigeladenen zu 7) und 8) habe nicht existiert. Eine vertragsärztliche
Einzelpraxis, die von einem Nachfolger übernommen werden könne, habe der Beigeladene zu 8) zu keinem Zeitpunkt
betrieben. Die Auffassung der Klägerin zu 2), für eine Zulassung auf der Grundlage des § 103 Abs 4 SGB V sei
ausreichend, daß der Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit des ausgeschiedenen Arztes ohne Bezug zu
dessen Praxis fortsetzen wolle, sei nicht zutreffend. Das Gesetz unterscheide bewußt zwischen dem Vertragsarztsitz
und der ärztlichen Praxis. Ziel der gesetzlichen Regelung sei, die Fortführung von Arztpraxen zu ermöglichen und
ihrem Inhaber bzw dessen Erben die Verwertung auch in gesperrten Gebieten zu erlauben. Zweck des Gesetzes
könne nicht sein, öffentlich-rechtliche Zulassungen zu Handelsobjekten zu machen (Urteil vom 21. Oktober 1998).
Dieses Urteil greifen die Klägerinnen zu 1) und 2) sowie der Beigeladene zu 7) mit ihren Revisionen an.
Die Klägerin zu 2) rügt eine Verletzung des § 103 Abs 4 SGB V. Das LSG habe verkannt, daß die Absicht zur
Fortführung einer frei werdenden oder frei gewordenen Praxis nicht Voraussetzung für die Durchführung des
Nachbesetzungsverfahrens, sondern lediglich Voraussetzung für die Einbeziehung eines Bewerbers in die
Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses sei. Dieser brauche in seine Entscheidung nur solche Bewerber
einzubeziehen, die "fortführungswillig" seien, so daß beispielsweise sowohl die Praxisübernahme durch schon
zugelassene Konkurrenten zum Zwecke der Fusion als auch die Übernahme eines Vertragsarztsitzes mit dem Ziel, im
Zuge der Praxisübernahme den Sitz verfallen zu lassen, ausgeschlossen sei. Sie - die Klägerin zu 2) - wolle anstelle
des Beigeladenen zu 8) im Planungsbereich K. radiologisch tätig sein; mehr fordere § 103 Abs 4 SGB V nicht. Die
das Berufungsurteil tragende Differenzierung zwischen Vertragsarztsitz und vertragsärztlicher Praxis finde im Gesetz
keinen Niederschlag. Die Bereitschaft zur Fortführung der Praxis sei mit der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit
im jeweiligen Planungsbereich identisch. Da sie als einzige Bewerberin bereit sei, in diesem Sinne die
vertragsärztliche Tätigkeit des Beigeladenen zu 8) und damit dessen Praxis fortzuführen, müsse sie zugelassen
werden.
Zu folgen sei dem Berufungsurteil allein insoweit, als es die Anwendung des § 103 Abs 6 SGB V ausgeschlossen
habe. Zum 1. Januar 1993 sei anstelle des Beigeladenen zu 8) der Arzt für Radiologie B. in die Praxis des
Beigeladenen zu 7) eingetreten und habe mit diesem eine Gemeinschaftspraxis gebildet. Alle wirtschaftlichen Belange
des Beigeladenen zu 7) seien damit ausreichend berücksichtigt worden, denn nach dem Eintritt des Radiologen B. in
die Gemeinschaftspraxis anstelle des Beigeladenen zu 8) sei ein wirtschaftlicher Nachteil für die bestehende
Gemeinschaftspraxis ausgeschlossen. Der zutreffend ausgeschriebene Vertragsarztsitz, den früher der Beigeladene
zu 8) innegehabt habe, habe dementsprechend keinen Bezug zu einer Gemeinschaftspraxis.
Die Klägerin zu 2) beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1998 und des
Sozialgerichts Duisburg vom 18. März 1998 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses
vom 7. Juni 1995 zu verpflichten, - sie - die Klägerin zu 2) - für den Vertragsarztsitz K. als Ärztin für Radiologie zur
vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, sowie die Revisionen der Klägerin zu 1) und des Beigeladenen zu 7)
zurückzuweisen, hilfsweise, unter Abänderung der angefochtenen Urteile den Beklagten unter teilweiser Aufhebung
des angefochtenen Beschlusses zur Neubescheidung ihres - der Klägerin zu 2) - Widerspruchs gegen den Beschluss
des Zulassungsausschusses für Ärzte Duisburg vom 11. Januar 1995 unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Senats zu verpflichten.
Die Klägerin zu 1) ist der Ansicht, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses habe eine
Gemeinschaftspraxis zwischen dem Beigeladenen zu 7) und dem Radiologen B. bestanden. Auf diese
Gemeinschaftspraxis sei abzustellen und den Inhabern der Gemeinschaftspraxis die wirtschaftliche Verwertung eines
dort bestehenden Vertragsarztsitzes zu ermöglichen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 25.
November 1998 die Interessen der Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis beim Ausscheiden eines Arztes gestärkt und
den verbleibenden Mitgliedern ein eigenes Recht zur Beantragung der Ausschreibung eines frei werdenden
Vertragsarztsitzes zugebilligt. Die Klägerin zu 2) komme jedoch für die Zulassung auf den durch das Ausscheiden des
Beigeladenen zu 8) frei gewordenen Vertragsarztsitz in K. nicht in Frage, da sie ausdrücklich nicht die Praxis dieses
Arztes fortführen und nicht in die Gemeinschaftspraxis eintreten wolle.
Die Klägerin zu 1) beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1998 und des
Sozialgerichts Duisburg vom 18. März 1998 teilweise abzuändern und festzustellen, daß der Beschluss des
Beklagten vom 7. Juni 1995 insoweit rechtswidrig ist, als der Zulassungsantrag des Dr. Sch. zurückgewiesen worden
ist.
Der Beigeladene zu 7), der anstrebt, daß der Zulassungsantrag der Klägerin zu 2) endgültig abgelehnt wird, macht
geltend, das LSG habe den Regelungsgehalt des § 103 Abs 4 und 6 SGB V verkannt. Es sei zu Unrecht davon
ausgegangen, es bestehe keine "Praxis" des Beigeladenen zu 8) mehr, die ein Nachfolger fortführen könne. Eine
vertragsärztliche Praxis müsse, wie die Situation einer Gemeinschaftspraxis zeige, auch verwertet werden können,
wenn der ausscheidende Arzt für sich kein wirtschaftliches Substrat seiner ärztlichen Tätigkeit geschaffen habe. Der
Beigeladene zu 8) sei ab dem 1. Oktober 1992 Mitgesellschafter einer Gemeinschaftspraxis geworden. Dem stehe
nicht entgegen, daß ein Gesellschaftsvertrag nicht schriftlich abgeschlossen worden sei. Daraus dürfe nicht auf einen
tatsächlich fehlenden Bindungswillen geschlossen werden. Entscheidend und auch ausreichend sei, daß er und der
Beigeladene zu 8) sich zum 1. Oktober 1992 entschlossen hätten, in der Form einer Gemeinschaftspraxis beruflich
tätig zu werden. Es sei lediglich deshalb nicht zum Vollzug der Gemeinschaftspraxis gekommen, weil der
Beigeladene zu 8) bereits ab dem 5. Oktober 1992 derart gravierend erkrankt sei, daß er nach eigener Einschätzung
auf Dauer nicht würde vertragsärztlich tätig sein können. Auch der Umstand, daß er am Vermögen der
Gemeinschaftspraxis nicht beteiligt worden sei, spreche nicht dagegen, daß tatsächlich eine Gemeinschaftspraxis
gegründet worden sei. Eine Regelung in dieser Hinsicht wäre gewiß erfolgt, wenn die Gemeinschaftspraxis über eine
längere Zeit hinweg hätte betrieben werden können.
Zutreffend habe der Beklagte allerdings entschieden, daß die Klägerin zu 2) im Rahmen des Nachfolgeverfahrens
nicht zugelassen werden könne, weil sie nicht bereit sei, in die Gemeinschaftspraxis einzutreten. Ihr gehe es
ausschließlich darum, den ausgeschriebenen Kassenarztsitz in eine Kooperation mit ihrem Krankenhaus einzubringen
und auf diese Weise das Krankenhaus von Kosten zu entlasten. Eine Zulassung ohne Bindung an die
Gemeinschaftspraxis könne die Klägerin zu 2) nicht erhalten, weil das Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 6
SGB V vor allem den Interessen der in der Gemeinschaftspraxis verbleibenden Ärzte zu dienen bestimmt sei. Nach
endgültiger Zurückweisung des Zulassungsbegehrens der Klägerin zu 2) habe die Klägerin zu 1) den Vertragsarztsitz
neu auszuschreiben.
Der Beigeladene zu 7) beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1998 und
des Sozialgerichts Duisburg vom 18. März 1998 teilweise abzuändern und festzustellen, daß der Beschluss des
Beklagten vom 7. Juni 1995 insoweit rechtswidrig ist, als der Zulassungsantrag des Dr. Sch. zurückgewiesen worden
ist, sowie die Revision der Klägerin zu 2) zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt, die Revisionen der Klägerinnen zu 1) und zu 2) sowie des Beigeladenen zu 7)
zurückzuweisen.
Er macht geltend, die Auffassung der Klägerin zu 1) sei unzutreffend, allein wegen Genehmigung einer
Gemeinschaftspraxis zwischen den Beigeladenen zu 7) und 8) durch den Zulassungsausschuß habe diese
bestanden. Der Arzt B. sei im übrigen als unmittelbarer Nachfolger des Beigeladenen zu 8) in die
Gemeinschaftspraxis eingetreten. Dieser habe sich konsequenterweise zu keinem Zeitpunkt darauf berufen, die
Nachbesetzung des von ihm frei gemachten Vertragsarztsitzes habe seine eigenen persönlichen oder wirtschaftlichen
Interessen zu berücksichtigen.
Die Klägerin zu 2) hält die Revision der klagenden KÄV für unzulässig, weil diese kein Rechtsschutzbedürfnis habe.
Sie könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Verpflichtung des Beklagten erreichen, über ihren Widerspruch
gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses erneut zu entscheiden, weil sie selbst nicht Widerspruch gegen
diese Entscheidung eingelegt habe. Die Revision des Beigeladenen zu 7) hält die Klägerin zu 2) für unbegründet, weil
er in keiner Weise schutzwürdig sei; denn als Nachfolger des Beigeladenen zu 8) sei der Radiologe B. in die Praxis
eingetreten. Im übrigen sei offenkundig, daß zu keinem Zeitpunkt eine Gemeinschaftspraxis zwischen den
Beigeladenen zu 7) und 8) bestanden habe. Der Beigeladene zu 7) sei lediglich daran interessiert, für seine
Gemeinschaftspraxis einen dritten Vertragsarztsitz zu gewinnen, obwohl die Praxis zu keinem Zeitpunkt von drei
Ärzten betrieben worden sei und für den Planungsbereich K. Zulassungsbeschränkungen bestünden.
Die Beigeladene zu 4) beantragt, die Revision der Klägerin zu 1) zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 1), 5) und 6) halten das Berufungsurteil für zutreffend.
II
Die Revisionen der Klägerinnen zu 1) und zu 2) sowie des Beigeladenen zu 7) sind zulässig, haben aber in der Sache
keinen Erfolg.
Die Revision der Klägerin zu 1) ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an der für eine Nachprüfung des
Berufungsurteils im Revisionsverfahren erforderlichen Rechtsmittelbefugnis. Die KÄVen sind aufgrund der ihnen
übertragenen Verantwortung für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung
der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs 1 SGB V) durch die Entscheidungen der Zulassungs- und
Berufungsausschüsse stets und unmittelbar in eigenen Rechten betroffen (vgl BSG SozR 3-2500 § 311 Nr 4 S 24
sowie BSG SozR 3-2500 § 19 Nr 1 S 2). Eine solche Betroffenheit in eigenen Rechten entfällt hier nicht deshalb, weil
das Berufungsgericht die Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses, die Klägerin zu 2) nicht zuzulassen, in
Übereinstimmung mit der Rechtsaufassung der Klägerin zu 1) bestätigt hat. Die Entscheidung des Beklagten beruht in
erster Linie auf der von der Klägerin zu 1) nicht geteilten und im gesamten Rechtszug bekämpften Rechtsauffassung,
die Voraussetzungen für eine Praxisnachfolge iS des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V hätten im Hinblick auf die
vertragsärztliche Tätigkeit des Beigeladenen zu 8) von vornherein nicht vorgelegen. Die Klägerin zu 1) hält
demgegenüber die Kriterien für die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 8) für gegeben. Die
Entscheidung, die Klägerin zu 2) nicht zuzulassen, sei allein deswegen zutreffend, weil diese als Praxisnachfolgerin
des Beigeladenen zu 8) ungeeignet sei. Danach bestehen zwar im Ergebnis zwischen der Auffassung der Klägerin zu
1) und derjenigen des Beklagten hinsichtlich des Zulassungsbegehrens der Klägerin zu 2) keine
Meinungsunterschiede. Das angefochtene Urteil beruht jedoch auf einer Rechtsauffassung, gegen die sich die
klagende KÄV unabhängig von der Entscheidung über das Zulassungsbegehren der Klägerin zu 2) wenden kann, weil
davon erhebliche Wirkungen für das weitere Verfahren ausgehen. Ist die Auffassung der Klägerin zu 1) zutreffend, ist
eine erneute Ausschreibung des Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 8) nicht von vornherein ausgeschlossen. Ist
dagegen der Ansicht des LSG zu folgen, ist der Vertragsarztsitz des Beigeladenen zu 8) ersatzlos fortgefallen. Da die
KÄV in das Nachbesetzungsverfahren insbesondere durch die Verpflichtung, frei werdende Vertragsarztsitze unter
bestimmten Voraussetzungen auf Antrag auszuschreiben (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V), eingebunden ist, ist sie
berechtigt, eine für ihre Verwaltungspraxis relevante Rechtsauffassung der Zulassungsgremien zur gerichtlichen
Überprüfung zu stellen. Das gilt auch dann, wenn hinsichtlich der Behandlung eines bestimmten
Zulassungsbegehrens eines Arztes zwischen ihr und dem Berufungsausschuß im Ergebnis kein Dissens besteht.
In der Sache sind die Revisionen nicht begründet.
Die Klägerin zu 2) macht geltend, das Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs 4 SGB V setze lediglich die
Beendigung der Zulassung eines Vertragsarztes infolge der in Satz 1 der Vorschrift genannten Tatbestände des
Erreichens der Altersgrenze, des Todes, des Verzichts oder der Entziehung der Zulassung sowie schließlich die
Ausschreibung des Vertragsarztsitzes durch die zuständige KÄV voraus. Es komme nicht darauf an, ob tatsächlich
eine ärztliche Praxis vorhanden sei und ob der Bewerber um den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz diese Praxis
fortführen wolle oder könne. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, wie bereits die vorinstanzlichen Gerichte zutreffend
erkannt haben.
Die Regelungen des § 103 Abs 4 und Abs 6 SGB V über Praxisnachfolgen hat der Gesetzgeber im Zusammenhang
mit den Neuregelungen über die Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen getroffen (s Art 1 Nr 58 ff
Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266, mit der Neufassung des § 103 SGB V in Art 5 Nr
60). Wenn für eine Arztgruppe in einem Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung
angeordnet worden sind (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V), kann dort kein Arzt mehr zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen werden. Eine Ausnahme davon läßt das Gesetz nur zu, wenn auf Antrag eines ausscheidenden
Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben dessen Vertragsarztsitz ausgeschrieben
und ein Praxisnachfolger ausgewählt wird (§ 103 Abs 4 SGB V). Das Verfahren der Nachbesetzung ist mehrstufig
ausgestaltet. Nach § 103 Abs 4 SGB V wird, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, auf Antrag der frei
gewordene Vertragsarztsitz durch die KÄV ausgeschrieben (aaO Sätze 1 und 2). Dann erfolgen die Auswahl und
Zulassung eines Bewerbers durch den Zulassungsausschuß (aaO Abs 4 Sätze 3 bis 5 und Abs 5 Satz 3). Wird ein
Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes nicht gestellt, so findet eine Ausschreibung nicht statt.
Ausschreibungen von Amts wegen sind nicht vorgesehen; der Vertragsarztsitz erlischt in diesem Fall (vgl zu alldem
bereits Senatsurteil vom 25. November 1998 - B 6 KA 70/97 R = SozR 3-2500 § 103 Nr 3).
Schon aus dem Wortlaut der Sätze 1 und 3 des § 103 Abs 4 SGB V ist abzuleiten, daß die Beendigung der Zulassung
eines Vertragsarztes sowie die Ausschreibung dieses Vertragsarztsitzes seitens der KÄV nicht die einzigen
Voraussetzungen für die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens sind. Dieses findet vielmehr nur statt, wenn
die Praxis, die der bisher zugelassene Vertragsarzt betrieben hat, von einem Nachfolger fortgeführt werden soll.
Soweit nach § 103 Abs 4 Satz 3 SGB V der Zulassungsausschuß unter mehreren Bewerbern, die die Praxis als
Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen hat, kann
daraus nicht abgeleitet werden, die Praxisfortführung spiele lediglich auf der Ebene der Auswahlentscheidung seitens
des Zulassungsausschusses eine Rolle. Sofern der Tatbestand einer Praxisfortführung iS des § 103 Abs 4 Satz 1
SGB V nicht erfüllt ist, weil es keine fortführungsfähige Praxis gibt, ist weder ein Vertragsarztsitz auszuschreiben
noch eine Zulassung im Nachbesetzungsverfahren zu erteilen.
Die Auffassung der Klägerin zu 2), das Gesetz gebrauche die Worte "Vertragsarztsitz" und "Praxis" im identischen
Sinne, so daß eine Praxisfortführung schon immer dann angestrebt werde, wenn ein Bewerber lediglich die
vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der
ausscheidende Vertragsarzt ausüben wolle, wird weder dem Wortlaut noch dem Zweck des § 103 Abs 4 SGB V
gerecht. Die in § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V verwendeten Termini "Zulassung" und "Vertragsarztsitz" sind im
Unterschied zur "Praxis" Rechtsbegriffe aus dem Vertragsarztrecht. Das kommt besonders deutlich in § 24 Abs 1 der
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) zum Ausdruck, wonach die Zulassung für den Ort der
Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz) erfolgt (vgl BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 26; BSGE 79, 152, 155 = SozR 3-
2500 § 103 Nr 1 S 4). Wenn ein Arzt für einen bestimmten Ort als Vertragsarzt zugelassen wird, hat er die
Möglichkeit, dort eine ärztliche Praxis zu eröffnen bzw zu betreiben und vertragsärztlich tätig zu sein. Ein Arzt kann
auch eine ärztliche Praxis als sog "Privatpraxis" zunächst ohne Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit betreiben
und diese Praxis nach Erhalt der Zulassung als Vertragsarztpraxis weiterführen. Weiterhin kann ein Arzt für einen
Zeitraum von bis zu drei Monaten für einen bestimmten Vertragsarztsitz zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen
sein, ohne tatsächlich seine Tätigkeit aufzunehmen und eine Praxis zu betreiben (§ 19 Abs 3 Ärzte-ZV). Von der
Zulassung und dem Vertragsarztsitz als öffentlich-rechtlicher Berechtigung bzw Zuordnung ist somit die "Arztpraxis"
als Gesamtheit der gegenständlichen und personellen Grundlagen der Tätigkeit des in freier Praxis niedergelassenen
Arztes als Vermögensgegenstand (vgl Preißler in Ehlers (Hrsg), Praxis der Fortführung von Arztpraxen, 1998, Kap 1
RdNr 26) zu unterscheiden. Die Arztpraxis als solche ist - im Gegensatz zu Zulassung und Vertragsarztsitz - auch
Gegenstand des Privatrechtsverkehrs und kann insbesondere durch Rechtsgeschäft (Unternehmenskauf: vgl Preißler,
aaO, Kap 1 RdNr 27) übertragen werden.
Sofern ein Arzt in seiner Praxis vertragsärztlich tätig gewesen ist, setzt die Übernahme der Arztpraxis in ihrer
Gesamtheit - einschließlich des vorhandenen Patientenstammes - allerdings voraus, daß der Praxisübernehmer am
Ort der Niederlassung des Praxisübergebers seinerseits (auch) vertragsärztlich tätig werden kann. Das führt
notwendigerweise bei der Übergabe einer vertragsärztlichen Praxis zu einem Ineinandergreifen von nicht übertragbarer
öffentlich-rechtlicher Zulassung und privatrechtlich übertragbarer Arztpraxis als Vermögensgegenstand (vgl Wigge,
NZS 1998, 53, 56; Dahm, MedR 1994, 223 ff). Dieses Ineinandergreifen hat jedoch nicht zur Konsequenz, daß
zwischen Praxis und vertragsärztlicher Zulassung bzw Vertragsarztsitz nicht mehr zu unterscheiden wäre.
Gegenstand des in § 103 Abs 4 SGB V geregelten Nachbesetzungsverfahrens kann lediglich die Zulassung zur
vertragsärztlichen Tätigkeit an einem bestimmten Ort sein. Die Entscheidung des Zulassungsausschusses, welcher
von mehreren geeigneten Bewerbern als Nachfolger ausgewählt werden soll (§ 103 Abs 4 Satz 3 SGB V), hat deshalb
nur zum Inhalt, daß ein bestimmter Arzt für einen bestimmten Vertragsarztsitz zur vertragsärztlichen Tätigkeit
zugelassen wird. Durch diesen Zulassungsakt wird der vom Zulassungsausschuß als Nachfolger eines
ausscheidenden Vertragsarztes ausgewählte Bewerber nicht automatisch Inhaber der ärztlichen Praxis des
ausscheidenden Vertragsarztes. Dies setzt vielmehr einen privatrechtlichen Übernahmevertrag mit dem
ausscheidenden Vertragsarzt bzw seinen Erben voraus.
Gleichwohl kann der Zulassungsausschuß gemäß § 103 Abs 4 Satz 3 SGB V einen Zulassungsbewerber nur dann als
"Nachfolger" auswählen, wenn es (noch) eine vertragsärztliche Praxis gibt, die bisher von einem Vertragsarzt geführt
worden ist und die - wie es Abs 4 Satz 1 aaO voraussetzt - von einem anderen Vertragsarzt fortgeführt werden kann
(vgl Preißler, aaO, Kap 7, RdNr 43; Bartels, MedR 1995, 232). Praxisfortführung in diesem Sinne verlangt nicht
notwendig, daß der Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben
Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen
Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will (vgl Preißler, aaO, Kap 7, RdNr 42). Eine Praxis kann aber iS
des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V nur dann von einem Nachfolger fortgeführt werden, wenn der ausscheidende
Vertragsarzt zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Zulassung - von der seltenen Situation eines Ruhens der
Zulassung zunächst abgesehen - tatsächlich unter einer bestimmten Anschrift in nennenswertem Umfang (noch)
vertragsärztlich tätig gewesen ist (vgl § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V). Das setzt den Besitz bzw Mitbesitz von
Praxisräumen, die Ankündigung von Sprechzeiten, die tatsächliche Entfaltung einer ärztlichen Tätigkeit unter den
üblichen Bedingungen sowie das Bestehen der für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet
erforderlichen Praxisinfrastruktur in apparativ-technischer Hinsicht voraus. Fehlt es an all dem, wird eine ärztliche
Praxis tatsächlich nicht betrieben und infolgedessen auch die vertragsärztliche Tätigkeit nicht ausgeübt. Ein
Vertragsarzt, der eine vertragsärztliche Tätigkeit tatsächlich nicht wahrnimmt, keine Praxisräume mehr besitzt, keine
Patienten mehr behandelt und über keinen Patientenstamm verfügt, betreibt keine Praxis mehr, die iS des § 103 Abs
4 Satz 1 SGB V von einem Nachfolger fortgeführt werden könnte. Endet in diesem Fall die Zulassung - was dem
Regelfall entspricht - durch Entziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gemäß § 95 Abs 6 SGB
V, fällt der Vertragsarztsitz ersatzlos fort. Das Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 SGB V kommt dann nicht
zur Anwendung. Auch soweit eine KÄV gleichwohl auf Antrag den Vertragsarztsitz zur Nachbesetzung
ausgeschrieben hat, darf eine Zulassung im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens nicht erteilt werden. Die
Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes hat keine konstitutive Wirkung in der Weise, daß für das Verfahren nach §
103 Abs 4 SGB V im Sinne einer Fiktion oder einer unwiderleglichen Vermutung von der Existenz einer
fortzuführenden Praxis auszugehen wäre.
Das sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergebende Erfordernis der Existenz einer fortführungsfähigen Praxis als
Voraussetzung für das Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 SGB V findet eine Bestätigung im
Regelungszweck des § 103 Abs 4 bis 6 SGB V. Wie im Gesetzgebungsverfahren ausgeführt worden ist, soll den
Erfordernissen des Eigentumsschutzes dadurch Rechnung getragen werden, daß dem Inhaber einer Praxis deren
wirtschaftliche Verwertung auch in einem für Neuzulassungen gesperrten Gebiet ermöglicht wird (vgl Bericht des
Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 12/3937 S 7). Der Gesetzgeber hat die Fortsetzung eines - an sich
unerwünschten - Zustandes der Überversorgung nach der Beendigung der Zulassung eines Vertragsarztes nur deshalb
hingenommen, weil andernfalls ein ausscheidender Vertragsarzt bzw seine Erben keine Möglichkeit hätten, die oft
einen erheblichen Wert repräsentierende Praxis zu verwerten. Regelmäßig würde sich ein Arzt für die Übernahme
einer (auch) vertragsärztlichen Praxis nicht interessieren, sofern er für den jeweiligen Vertragsarztsitz keine Zulassung
erhalten könnte. Der die Vorschriften über die vertragsärztliche Bedarfsplanung prägende Grundsatz, wonach
Überversorgung zu vermeiden und - soweit möglich - abzubauen ist, tritt dann zurück, wenn und soweit die
wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bzw seiner Erben - sowie die vom Gesetzgeber
ebenfalls für schutzwürdig gehaltenen Belange der verbleibenden Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis (vgl § 103 Abs
6 Satz 2 SGB V sowie Senatsurteil vom 25. November 1998; SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 23 f) - die Erteilung einer
Zulassung in einen gesperrten Gebiet als geboten erscheinen lassen. Daraus ergeben sich auch Konsequenzen für
die Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses gemäß § 103 Abs 4 Satz 3 SGB V. Bewerber, die
erklärtermaßen nur an dem Vertragsarztsitz des ausscheidenden Vertragsarztes interessiert sind und dessen Praxis
im oben dargestellten Sinne nicht fortführen wollen und von vornherein nicht bereit sind, mit dem ausscheidenden
Vertragsarzt über eine Praxisübernahme zu verhandeln, dürfen auf der Grundlage dieser Vorschrift keine Zulassung
erhalten (vgl Steinhilper, MedR 1994, 231; Hesral, in: Ehlers (Hrsg), Praxis der Fortführung von Arztpraxen, 1998, Kap
3, RdNr 112). Diese darf zwar nicht unter der Bedingung erteilt werden, daß zwischen dem ausscheidenden
Vertragsarzt bzw seinen verfügungsberechtigten Erben und dem vom Zulassungsausschuß ausgewählten Bewerber
tatsächlich ein Vertrag über die Praxisübernahme - unter der Voraussetzung der Erteilung einer Zulassung an den
Bewerber - abgeschlossen worden ist oder wird. Ärzte, die jedoch von vornherein an einer Praxisübernahme nicht
interessiert sind, scheiden als geeignete Bewerber im Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 SGB V aus.
Dieselben Grundsätze gelten nach Maßgabe des § 103 Abs 6 SGB V für die Fortführung der vertragsärztlichen
Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis. § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V bestimmt ausdrücklich, daß die Interessen der in
der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen sind. Daraus ist
nicht nur ein Recht der in der Gemeinschaftspraxis verbleibenden Vertragsärzte auf Ausschreibung eines frei
werdenden Vertragsarztsitzes abzuleiten (Senatsurteil vom 25. November 1998; SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 22 ff),
sondern auch, daß der Zulassungsausschuß einem Arzt, der die Tätigkeit des ausscheidenden Vertragsarztes in einer
Gemeinschaftspraxis nicht fortsetzen will, auf der Grundlage des § 103 Abs 4 Satz 3 SGB V keine Zulassung erteilen
darf (vgl Steinhilper, MedR 1994, 232; Wertenbruch, MedR 1996, 485, 489; Hesral, aaO, Kap 3, RdNr 194; ähnlich
Herzog, MedR 1998, 297, 301). Die Interessen der in einer Gemeinschaftspraxis verbleibenden Vertragsärzte auf
Fortführung einer Gemeinschaftspraxis in einer bestimmten gewachsenen und im Hinblick auf die apparativ-
technische und personelle Ausstattung der Praxis sowie unter Berücksichtigung der Zahl der zu versorgenden
Patienten angemessenen Größe werden gerade nicht gewahrt, wenn im Wege des Nachbesetzungsverfahrens ein
Arzt zugelassen wird, der sich an der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit explizit nicht beteiligen
will. Melden sich auf die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes mit Bindung an eine Gemeinschaftspraxis keine
Bewerber, die diese Bindung für ihre in Aussicht genommene berufliche Tätigkeit akzeptieren wollen, oder erklären die
in der Gemeinschaftspraxis verbleibenden Vertragsärzte übereinstimmend, mit keinem der an einem Eintritt in die
bestehenden Gemeinschaftspraxis interessierten Bewerber zusammenarbeiten zu wollen oder zu können, kann
grundsätzlich eine Zulassung im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens auf der Grundlage des § 103 Abs 6 Satz 1
iVm Abs 4 Satz 3 SGB V nicht erteilt werden.
Ist hingegen eine Arztpraxis, die einschließlich des sog Goodwills auf einen potentiellen Nachfolger übertragen werden
und von diesem fortgeführt werden könnte, überhaupt nicht (mehr) vorhanden, ist keine Rechtfertigung für die
Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens erkennbar. Gesichtspunkte der Sicherung einer angemessenen
vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten sind in diesem Zusammenhang ohne Belang, weil das
Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V nur in Planungsbereichen durchzuführen ist, die in der
jeweiligen Arztgruppe wegen Überversorgung für eine Neuzulassung gesperrt sind. Dort stehen den Versicherten
bereits Vertragsärzte dieser Fachrichtung in größerem Umfang zur Verfügung, als es für eine angemessene
vertragsärztliche Versorgung erforderlich wäre.
Eine vertragsärztliche Praxis, die der Fortführung durch einen Nachfolger zugänglich ist, hat der Beigeladene zu 8) im
Planungsbereich K. zu keinem Zeitpunkt betrieben. Er ist nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und
deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des Berufungsgerichts zum 1. Oktober 1992 zur
vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen worden, hat diese Tätigkeit aber weder in einer Einzelpraxis noch im Rahmen
einer mit dem Beigeladenen zu 7) betriebenen Gemeinschaftspraxis ausgeübt.
Der Annahme, der Beigeladene zu 8) habe eine Einzelpraxis geführt, steht entgegen, daß er für einen Vertragsarztsitz
in K. zugelassen worden ist, an dem bereits der Beigeladene zu 7) vertragsärztlich tätig war, und der Beigeladene zu
8) zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt hat, dort eigenständig die räumlichen und medizinisch-technischen
Voraussetzungen für den Betrieb einer radiologischen Praxis zu schaffen. Er hat seine vertragsärztliche Tätigkeit
vielmehr von vornherein in einer Gemeinschaftspraxis gemäß § 33 Ärzte-ZV mit dem Beigeladenen zu 7) entfalten
wollen. Mit Beschlüssen vom 16. September 1992 hat der Zulassungsausschuß den Beigeladenen zu 8) zugelassen
und zugleich gemäß § 33 Abs 2 Ärzte-ZV die Führung einer Gemeinschaftspraxis zwischen ihm und dem
Beigeladenen zu 7) genehmigt. Die "Praxis", die von einem Nachfolger des Beigeladenen zu 8) fortgeführt werden
könnte, kann demnach von vornherein nur die Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen zu 7)
sein. Dieser hat seine vertragsärztliche Tätigkeit jedoch nicht mit dem Beigeladenen zu 8) in einer
Gemeinschaftspraxis betrieben, so daß auch die Fortführung einer bisher mit einem anderen Vertragsarzt
gemeinschaftlich ausgeübten vertragsärztliche Tätigkeit iS des § 103 Abs 6 Satz 1 SGB V nicht in Betracht kommt.
Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zutreffend entschieden, daß eine
Gemeinschaftspraxis iS des § 33 Abs 1 Ärzte-ZV zwischen beiden Ärzten nicht bestanden hat.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daß die Führung einer Gemeinschaftspraxis durch den Zulassungsausschuß
genehmigt worden ist. Die Genehmigung ist zwar Voraussetzung dafür, daß Vertragsärzte unter einer einheitlichen
Praxisbezeichnung und einer einheitlichen Abrechnungsnummer sowie unter Modifikation des Gebotes der
persönlichen Leistungserbringung (§ 32 Ärzte-ZV) vertragsärztlich tätig sein und ihre Leistungen gegenüber der KÄV
abrechnen können (vgl BSG SozR 3-2200 § 368c Nr 1 S 3 f). Die Genehmigung nach § 33 Abs 2 Ärzte-ZV ist jedoch
nicht alleinige Voraussetzung für das Bestehen einer Gemeinschaftspraxis. Hinzu kommen muß, daß die
Vertragsärzte, denen die Führung einer Gemeinschaftspraxis öffentlich-rechtlich genehmigt worden ist, sich
tatsächlich zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verpflichtet haben. Das
geschieht regelmäßig durch den Abschluß eines auf den gemeinschaftlichen Betrieb der Praxis gerichteten Vertrages,
meist durch den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages. Ein solcher ist nach den Feststellungen des LSG zwischen
den Beigeladenen zu 7) und 8) nicht zustande gekommen. Das hat das Berufungsgericht aus der Gesamtschau aller
von den Beteiligten vorgetragenen sowie der aktenkundigen Umstände geschlossen. Es hat dabei insbesondere den
Sachverhalt gewürdigt, daß zwischen den Beigeladenen zu 7) und 8) kein schriftlicher Vertrag über die Aufnahme
einer Gemeinschaftspraxis abgeschlossen worden ist. Der Wertung des LSG, das Fehlen eines schriftlichen
Vertrages über die Aufnahme einer Gemeinschaftspraxis stelle ein gewichtiges Indiz dafür dar, daß sich die Parteien
überhaupt nicht - auch nicht mündlich - über die gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit geeinigt haben,
tritt der Senat bei. Die Führung einer Gemeinschaftspraxis erfordert die Regelung zahlreicher persönlich wie
wirtschaftlich wichtiger Sachverhalte, zB der Gewinnbeteiligung bzw der Entnahmerechte sowie von Vereinbarungen
über die Bedingungen der Beendigung der gemeinschaftlichen Berufsausübung, so daß verantwortungsvoll handelnde
Ärzte auf einen schriftlichen Vertrag in aller Regel nicht verzichten werden. In dieselbe Richtung weist das vom LSG
seiner Entscheidung zugrunde gelegte Schreiben des Beigeladenen zu 8) vom 19. Oktober 1998, in dem dieser
ausdrücklich erklärt, er habe mit dem Beigeladenen zu 7) längere Zeit verhandelt, eine Einigung sei indessen nicht
zustande gekommen und er sei deshalb zum 31. Dezember 1992 ausgeschieden.
Nach den Feststellungen des LSG ist es auch nicht zur faktischen Wahrnehmung einer Gemeinschaftspraxis durch
die Beigeladenen zu 7) und 8) gekommen; denn der zum 1. Oktober 1992 zugelassene Beigeladene zu 8) erkrankte
"direkt zu Beginn des 4. Quartals 1992" langfristig und nahm bis zur formalen Beendigung der Gemeinschaftspraxis
durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1992 zum Ende des 4. Quartals 1992 eine Tätigkeit
in der Gemeinschaftspraxis nicht mehr auf. An seine Stelle trat mit Beginn des 4. Quartals 1992 der Radiologe B., mit
dem der Beigeladene zu 7) ab dem 1. Januar 1993 eine vom Zulassungsausschuß genehmigte Gemeinschaftspraxis
führte. Selbst wenn entsprechend der Auffassung des Beigeladenen zu 7) zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 8)
eine Gemeinschaftspraxis für wenige Tage bestanden haben sollte, hätte in diesem Falle der Radiologe B. die dem
Beigeladenen zu 8) zuzuschreibenden Anteile daran übernommen und fortgeführt. Eine Praxis oder ein Anteil an einer
Gemeinschaftspraxis des Beigeladenen zu 8), die im Zeitpunkt der Ausschreibung des Vertragsarztsitzes durch die
KÄV im April 1994 von einem Nachfolger hätten fortgeführt werden können, haben danach nicht bestanden. In
Übereinstimmung hiermit ist zu keinem Zeitpunkt von einem der Beteiligten und insbesondere nicht vom Beigeladenen
zu 8) selbst ein wirtschaftliches Interesse an der Verwertung von ihm zuzuordnenden Vermögenswerten, die in einer
Praxis oder in einem Anteil an einer Gemeinschaftspraxis realisiert sein könnten, geltend gemacht worden.
Der Auffassung der Klägerin zu 1), hinsichtlich der Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einer
Gemeinschaftspraxis sei allein entscheidend, ob zum Zeitpunkt der Ausschreibung eine solche überhaupt bestehe,
während unerheblich sei, ob der Vertragsarzt, dessen Zulassung iS des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V endet, zu diesem
Zeitpunkt noch Mitglied dieser Gemeinschaftspraxis sei, kann aus den dargestellten Erwägungen nicht gefolgt
werden. Nach § 103 Abs 6 Satz 1 SGB V finden die Absätze 4 und 5 dieser Vorschrift entsprechende Anwendung,
wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten
gemeinschaftlich ausgeübt hat. Aus dem Tatbestandsmerkmal "bisher" ist abzuleiten, daß die Einleitung eines
Nachbesetzungsverfahrens im Falle der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis
voraussetzt, daß der Vertragsarzt, dessen Zulassung endet, zu diesem Zeitpunkt noch der Gemeinschaftspraxis
angehört. Ob in Ausnahmefällen ein Nachbesetzungsverfahren noch dann stattfinden kann, wenn die Zulassung des
betreffenden Vertragsarztes zunächst geruht hat und er erst zu einem späteren Zeitpunkt seine vertragsärztliche
Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis endgültig beendet (vgl etwa die besondere Situation im Senatsurteil BSG SozR
3-2500 § 103 Nr 3), kann hier auf sich beruhen. Jedenfalls in Konstellationen, in denen ein Vertragsarzt, der zunächst
in einer Gemeinschaftspraxis tatsächlich tätig war, aus dieser endgültig ausscheidet bzw in denen - wie es hier der
Fall ist - nach den Umständen zweifelsfrei feststeht, daß eine Gemeinschaftspraxis nicht zustande kommt bzw nicht
fortgesetzt wird, kann ein Nachbesetzungsverfahren nur durchgeführt werden, wenn Zulassungsende und
Ausschreibungsantrag unmittelbar der Beendigung der Gemeinschaftspraxis nachfolgen. Schließt sich dagegen an die
Auflösung der bisherigen Gemeinschaftspraxis oder die Feststellung ihrer Beendigung durch den
Zulassungsausschuß (dazu BSG SozR 3-2200 § 368c Nr 1) eine längere Zeit des Ruhens der Zulassung des
ausgeschiedenen Mitglieds an, ist grundsätzlich für ein Nachbesetzungsverfahren kein Raum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4, § 194 Satz 2 SGG iVm § 100 Zivilprozeßordnung. Mehrere
Kostenschuldner haften danach für die Kosten grundsätzlich nach Kopfteilen.