Urteil des BSG vom 29.04.2004

BSG: Bayerisches Landessozialgericht L 11 AL 408/98 Bundessozialgericht B 11 AL 61/03 R   Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. August 2000, eugh

Bundessozialgericht
Urteil vom 29.04.2004
Sozialgericht Nürnberg S 5 AL 777/97
Bayerisches Landessozialgericht L 11 AL 408/98
Bundessozialgericht B 11 AL 61/03 R
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. August 2000 - L 11 AL
408/98 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht
zurückverwiesen.
Gründe:
I
Der Kläger ist seit 1995 Arbeitnehmer bei dem türkischen Unternehmen E. A.S. I. , das im grenzüberschreitenden
Verkehr zwischen Deutschland und der Türkei tätig ist. Dieses Unternehmen übernimmt mit seinen Fahrern die in
Deutschland zugelassenen Lkw des Transportunternehmens K. Internationale Transporte in H ... Die Fahrer
übernehmen die von der Firma K. mit vollständigen Papieren versehenen, beladenen und gewarteten Lkw in
Deutschland und überführen diese in die Türkei, löschen dort die Ladung und bringen die Lkw zurück.
Für seine Tätigkeit war dem Kläger zuletzt eine Arbeitserlaubnis bis zum 30. April 1997 erteilt worden. Seinen Antrag
auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis ab 30. April 1997 lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 11. Juni 1997;
Widerspruchsbescheid vom 12. September 1997). Der Inhaber des Unternehmens Kacar Internationale Transporte
erwirkte beim Sozialgericht (SG) Bayreuth im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung, dass der Kläger
vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Tätigkeit arbeitserlaubnisfrei ausüben dürfe.
Das SG Nürnberg hat mit Urteil vom 27. Oktober 1998 festgestellt, dass der Kläger, der im grenzüberschreitenden
Verkehr auf den Lkw der Firma Kacar Internationale Transporte tätig ist, keiner Arbeitserlaubnis bedarf.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 30. August 2000 zurückgewiesen: Der
Kläger könne sich als türkischer Arbeitnehmer auf die zwischenstaatlichen Vereinbarungen berufen, die die
Europäische Gemeinschaft mit der Türkei abgeschlossen habe. Diese Vereinbarungen konservierten den
Rechtszustand, der zu Beginn der Beschäftigung des Klägers in Deutschland bestanden habe. Die Stillhalteklausel
des Art 13 des Beschlusses Nr 1/80 des Assoziationsrates über die Entwicklung der Assoziation zwischen der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 9. September 1980 (ARB Nr 1/80) erfasse auch die
streitrelevante Beschäftigung des türkischen Fahrers auf den deutschen Teilstrecken seiner grenzüberschreitenden
Tätigkeit. Durch die Neuregelung des Arbeitserlaubnisrechts ab 10. Oktober 1996 sei eine wesentliche Beschränkung
des Zugangs von ausländischen Lkw-Fahrern zum deutschen Arbeitsmarkt eingetreten. Diese generelle
Einschränkung verstoße gegen das Assoziationsrecht und sei deshalb unbeachtlich. Dahingestellt bleibe, ob, wie die
Beklagte geltend mache, der Kläger, sein Arbeitgeber oder der deutsche Auftraggeber gegen das deutsche
Güterkraftverkehrsrecht verstießen. Etwaige derartige Verstöße zu ahnden oder zu unterbinden sei den für das
Güterkraftverkehrsrecht zuständigen Behörden und Gerichten aufgegeben und vorbehalten. Eine unzulässige
Arbeitnehmerüberlassung liege nicht vor. Der Arbeitgeber des Klägers erbringe die von ihm der deutschen
Auftraggeberin geschuldeten Leistungen, die Lkw an die vereinbarten Ziele zu fahren.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Der Senat hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)
mit Beschluss vom 20. Juni 2001 Fragen zur Auslegung des Art 13 ARB Nr 1/80 und des Art 41 des Zusatzprotokolls
vom 23. November 1970 zu dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vorgelegt. Nach dem Urteil des EuGH vom 21. Oktober 2003 (C-317/01 sowie
C-369/01) ist das Verfahren fortgeführt worden.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) bzw des § 9 Nr 3a
Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV). In den vorgenommenen Änderungen des Arbeitsgenehmigungsrechts liege
keine neue Beschränkung für die Dienstleistungserbringung durch Unternehmen mit Sitz in der Türkei. Die Änderung
des Arbeitsgenehmigungsrechts stelle lediglich eine Anpassung an die ohnehin geltenden Regelungen des
Verkehrsrechts dar. Der grenzüberschreitende Straßenverkehr sei generell nicht uneingeschränkt möglich. Er hänge
vielmehr von den bestehenden Transportgenehmigungen ab, wonach nur im Staat der Niederlassung des
Unternehmens zugelassene Fahrzeuge eingesetzt würden. Die Änderung des Arbeitsgenehmigungsrechts verfolge
lediglich eine Anpassung des Arbeitsgenehmigungsrechts an andere Rechtsbereiche (Verkehrsrecht) und damit die
Wahrung der Rechtseinheit. Durch die Änderung der ArGV sei kein neuer Regelungsinhalt geschaffen worden, sondern
lediglich die Gesetzessystematik und die Regelungstechnik geändert worden. Neben den verkehrsrechtlichen
Ausführungen sei auch eine Überlassung der Lkw durch ein deutsches Unternehmen an einen türkischen Arbeitgeber
im Wege der Vermietung unzulässig, weil eine Verlegung des Fahrzeugs durch ein deutsches Unternehmen ins
Ausland ohne Wechsel des Kennzeichens gegen § 27 Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) verstoße. Die
"Fahrzeug-Vermietung" stelle in Verbindung mit der Beschäftigung von türkischen Arbeitnehmern
Arbeitnehmerüberlassung dar. Bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzabkommens im Jahr 1971 sei diese
Dienstleistung grenzüberschreitend nicht zulässig gewesen. Damit könne weder von einer rechtmäßig erbrachten
Dienstleistung noch von einer ordnungsgemäßen Beschäftigung die Rede sein.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. August 2000 - L 11 AL 408/98 -
sowie das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. Oktober 1998 - S 5 AL 777/97 - aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Kläger künftig berechtigt ist, als von
der E. A.S., I. , beschäftigter Kraftfahrer auf in Deutschland zugelassenen Lastkraftwagen des
Güterkraftverkehrsunternehmens K. Internationale Transporte, H. , im grenzüberschreitenden Güterverkehr in
Deutschland ohne Arbeitsgenehmigung tätig zu werden.
Er ist der Auffassung, die Beklagte setze sich mit ihrem Vorbringen in Widerspruch zu der von ihr im Jahre 1989
nachhaltig vertretenen Rechtsauffassung. Es gebe in der Bundesrepublik ca 100 Transportfirmen, die sich auf die
Nahostroute Bundesrepublik - Türkei - Iran - Irak -Bundesrepublik spezialisiert hätten. Die deutschen Firmen hätten
türkische Fahrer mit Wohnsitz und Arbeitgeber in der Türkei einsetzen können. Visa und Arbeitserlaubnisse seien
nicht gebraucht worden. Die Änderung der AEVO vom 1. September 1993 habe sodann den arbeitserlaubnisfreien
Einsatz türkischer Fahrer nur für den Fall gestattet, dass der jeweilige Fahrer bei einer Firma in der Türkei angestellt
sei. Es habe damals zwischen der Beklagten und den betroffenen Speditionsfirmen zahlreiche Gespräche und
Verhandlungen gegeben. Im Rahmen dieser Verhandlungen sei den Unternehmern ausdrücklich empfohlen worden,
sich in der Türkei Kooperationspartner zu suchen, die die Fahrer anstellten. Entsprechend dieser Empfehlung sei es
sodann zu Kooperationen zwischen deutschen und türkischen Firmen gekommen. Es sei in Form einer
Arbeitsgemeinschaft zwischen den Firmen zusammengearbeitet worden. Aufgabe der türkischen Firmen sei die
Auswahl und die Beschäftigung geeigneter qualifizierter Kraftfahrer und die Akquisition von Frachtgut vom Orient nach
Deutschland bzw in die EU gewesen. Aufgabe der deutschen Firma sei die Bereitstellung ordnungsgemäß gewarteter
und versicherter Lkw sowie die Akquisition von Frachtaufträgen von Deutschland bzw der EU in den Nahen Osten. Die
Direktionsbefugnis des Arbeitgebers für den Einsatz der Fahrer liege ausschließlich bei den in der Türkei ansässigen
Firmen.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Der Senat kann auf Grund der vom LSG
getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
1. Der Kläger als Arbeitnehmer begehrt die Feststellung, dass er künftig berechtigt ist, als von der E. A.S., I. ,
beschäftigter Kraftfahrer auf in Deutschland zugelassenen Lastkraftwagen (LKW) des
Güterkraftverkehrsunternehmens K. Internationale Transporte, H. , im grenzüberschreitenden Verkehr in Deutschland
arbeitsgenehmigungsfrei tätig werden zu können. Die Feststellungsklage ist zulässig. Etwaigen Bedenken hinsichtlich
des Feststellungsinteresses angesichts der weiteren Fassung des Feststellungsantrages in den Vorinstanzen hat der
Kläger dadurch Rechnung getragen, dass er sein Feststellungsbegehren auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit
beschränkt hat. Insoweit handelt es sich nicht um eine im Revisionsverfahren nach § 168 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
unzulässige Klageänderung, sondern um eine Klarstellung dessen, was der Kläger bereits in den Vorinstanzen begehrt
hat (s dazu BSG 3-1500 § 55 Nr 34; vgl auch BSGE 88, 231, 233 = SozR 3-4210 § 9 Nr 2).
2. Die Begründetheit des Feststellungsbegehrens hängt davon ab, ob hinsichtlich der beabsichtigten Beschäftigung
Arbeitsgenehmigungsfreiheit besteht. Nach dem anzuwendenden deutschen Recht ist der Kläger als Arbeitnehmer
eines türkischen Arbeitgebers nicht berechtigt, im grenzüberschreitenden Güterverkehr auf in Deutschland
zugelassenen Fahrzeugen in Deutschland arbeitsgenehmigungsfrei tätig zu werden. Die vom Kläger begehrte
Arbeitsgenehmigungsfreiheit folgt jedoch aus einer Anwendung des Art 41 Abs 1 des Zusatzprotokolls vom 23.
November 1970 (ABl 1972 L 293 S 1; BGBl II 1972 S 385).
a) Abzustellen ist jeweils auf die Rechtslage, die das im Streit befindliche Rechtsverhältnis erfasst (BSGE 2, 188,
192; 3, 95, 103; 74, 90, 92 = SozR 3-4210 § 9 Nr 1), also die derzeit geltenden Bestimmungen. Nach § 9 Nr 3a ArGV -
erlassen auf Grund des § 288 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - bedarf keiner Arbeitsgenehmigung das fahrende
Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, wenn das Fahrzeug im
Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist. Nach den Ausführungen im Urteil des LSG ist der Kläger bei der E. A.S.,
einem türkischen Unternehmen, angestellt. Zu Gunsten des Klägers kommt deshalb in Betracht, dass er derzeit bzw
in Zukunft als Fernfahrer für einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland tätig werden will. Es fehlt aber jedenfalls an der für
die Arbeitserlaubnisfreiheit gemäß § 9 Nr 3a ArGV weiter erforderlichen Voraussetzung der Zulassung des jeweiligen
Fahrzeugs im Sitzstaat des Arbeitgebers; denn die vom Kläger gelenkten bzw in Zukunft zu lenkenden Fahrzeuge
sind in Deutschland, nicht in der Türkei zugelassen.
b) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die Änderung der Arbeitserlaubnisverordnung (ArbErlaubV) vom 10.
Oktober 1996 sei eine nach Art 13 ARB 1/80 unzulässige neue Beschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt. Diese
Vorschrift ist nicht auf Arbeitnehmer anzuwenden, die bei einem Unternehmen mit Sitz in der Türkei beschäftigt sind,
von diesem entlohnt werden und nur wegen ihrer Tätigkeit als Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterverkehr
immer wieder kurzfristig in Deutschland arbeiten, wie der EuGH in dem auf Vorabentscheidungsersuchen des
Bundessozialgerichts ergangenen Urteil vom 21. Oktober 2003 C-317/01 (Abatay) und C-369/01 (Nadi Sahin)
entschieden hat (aaO RdNr 87 - 91). Die Situation des Klägers bei der im Feststellungsantrag umschriebenen
Tätigkeit entspricht der vom EuGH zu Grunde gelegten Situation.
c) Der Kläger kann sich jedoch darauf berufen, dass die bereits genannte Änderung der ArbErlaubV zum 10. Oktober
1996 zu einer unzulässigen Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs iS des Art 41 Abs 1 des
Zusatzprotokolls vom 23. November 1970 (ABl 1972 L 293 S 1; BGBl II 1972 S 385) geführt hat. In dieser Vorschrift
verpflichten sich die Vertragsparteien, untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des
freien Dienstleistungsverkehrs einzuführen. Der Dienstleistungsverkehr in diesem Sinne umfasst auch den Einsatz
von Arbeitskräften des Dienstleisters (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 RdNr 111). Auf die Inanspruchnahme
dieser Bestimmung können sich nicht nur das Unternehmen in der Türkei, das rechtmäßig Dienstleistungen in einem
Mitgliedstaat erbringt, sondern auch türkische Fernfahrer, die von einem derartigen Unternehmen mit Sitz in der Türkei
beschäftigt werden, berufen (EuGH aaO RdNr 105 und 106).
d) Der EuGH hat unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nach Art 59 EG-Vertrag (Art 49
EG-Vertrag neu) dargelegt, dass eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs iS von Art 41 Abs 1
Zusatzprotokoll darin liegt, dass eine nationale Regelung die Erbringung von Dienstleistungen durch ein in einem
anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen im Inland von der behördlichen Erlaubnis wie einer
Arbeitserlaubnis abhängig macht (EuGH Urteil vom 21. Oktober 2003 RdNr 111). Im Hinblick darauf ist es nicht
zweifelhaft, dass es sich bei der Einführung einer Arbeitserlaubnispflicht für den grenzüberschreitenden Verkehr bei
Zulassung des Fahrzeuges im Inland um eine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs handelt (vgl EuGH
aaO RdNr 112 - 115).
Es handelt sich auch gegenüber dem Rechtszustand beim Inkrafttreten des Zusatzprotokolls am 1. Januar 1973 um
eine neue Beschränkung des Dienstleistungsverkehrs.
Im Jahre 1973 war das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr allgemein und ohne weitere
ausdrückliche Einschränkung arbeitserlaubnisfrei (§ 9 Nr 2 ArbErlaubV idF vom 2. März 1971, BGBl I 152). Mit der
durch Verordnung vom 1. September 1993 (BGBl I 1527) für die Zeit ab September 1993 vorgenommenen Änderung
des § 9 Nr 2 ArbErlaubV (Einfügung der Worte "bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland") war eine Verschlechterung der
Position in der Türkei beschäftigter Arbeitnehmer noch nicht verbunden. Die später in Kraft gesetzten Regelungen des
§ 9 Nr 2 ArbErlaubV in der ab 10. Oktober 1996 geltenden Fassung (Verordnung vom 30. September 1996, BGBl I
1491) sowie des § 9 Nr 3a ArGV, die Arbeitsgenehmigungsfreiheit nur noch für das fahrende Personal bei
ausländischen Arbeitgebern vorsehen, "sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist", sind
jedoch im Vergleich zu den davor geltenden Regelungen für die betroffenen türkischen Staatsangehörigen "weniger
günstig".
e) Dem Einwand der Beklagten, in den Änderungen des Arbeitsgenehmigungsrechts für die Zeit ab Oktober 1996 liege
keine neue Beschränkung, sondern lediglich eine Anpassung an die ohnehin geltenden Regelungen des
Verkehrsrechts, ist nicht zu folgen. Dem hier zu beurteilenden Einsatz von in der Türkei in einem
Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmern auf den LKW des deutschen Güterkraftverkehrsunternehmers, der
Inhaber der Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) vom 22. Juni 1998 (BGBl I 1485; bis zum 30. Juni
1998: Genehmigung nach § 8 GüKG) ist, stehen ausdrückliche Vorschriften des GüKG nicht entgegen. Die Frage, ob
der inländische Erlaubnisinhaber seine Pflichten nach dem GüKG oder den europarechtlichen Vorschriften für den
Güterverkehr auf LKW (vgl etwa Art 15 EWGV 3820/85 vom 20. Dezember 1985, ABl L 370 S 1 und Art 13 und 14
EWGV 3821/85 vom 20. Dezember 1985, ABl L 370 S 8) beim Einsatz des Klägers als Kraftfahrer auf seinen LKW
verletzt, weil etwa der türkische Unternehmer als Arbeitgeber Weisungsrechte gegenüber dem Kläger hat und auch
wahrnimmt, ist für diesen Rechtsstreit unerheblich. Etwaige Pflichtverstöße hätte die nach dem GüKG zuständige
Behörde zu beurteilen und zu ahnden.
Bedenken der Beklagten, die Überlassung von LKW an ein türkisches Unternehmen verstoße gegen § 27 StVZO,
gehen ins Leere, denn das Feststellungsbegehren des Klägers richtet sich nur auf den Einsatz von LKW eines
deutschen Güterkraftverkehrsunternehmers.
3. Der Senat vermag auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG jedoch nicht zu entscheiden, ob
sich die vorliegende Vertragsgestaltung und tatsächliche Handhabung als unzulässige Arbeitnehmerüberlassung
darstellt. Diese Frage kann - anders als die erörterten güterkraftverkehrsrechtlichen Vorfragen - nicht unentschieden
bleiben, weil sie unmittelbar die rechtliche Zulässigkeit der von dem türkischen Arbeitnehmer im Inland ausgeübten
Tätigkeiten betrifft und an diese anknüpft. Insoweit steht auch die in Art 41 Abs 1 des Zusatzprotokolls enthaltene
Stillhalteklausel nicht entgegen, denn die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung war jedenfalls auch zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls genehmigungspflichtig (vgl zur den Fragen der
grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung im Einzelnen Feuerborn in Schüren,
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), 2. Aufl 2003, Einleitung RdNr 572 ff). Im Übrigen schützt Art 41 Abs 1 des
Zusatzprotokolls nur diejenigen Unternehmen in der Türkei, die rechtmäßig Dienstleistungen im Inland erbringen.
Da das türkische Unternehmen nicht über eine Erlaubnis nach dem AÜG verfügt, ist die Beschäftigung des
Arbeitnehmers im Inland nur dann rechtmäßig, wenn dieser nicht als dem deutschen Unternehmen K. Internationale
Transporte, H. , überlassener Arbeitnehmer tätig wird. Zwar hat das LSG ausgeführt, es liege keine unzulässige
Arbeitnehmerüberlassung vor, ohne allerdings die nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitgerichts
(BAG) erforderlichen Feststellungen zu treffen. Der Hinweis des LSG, § 9 Nr 3b ArGV spreche gegen eine
unzulässige Arbeitnehmerüberlassung, ist nicht zwingend; denn die Freistellung von der Arbeitsgenehmigungsfreiheit
für bei ausländischen Arbeitgebern beschäftigte Fahrer im grenzüberschreitenden Linienverkehr mit Omnibussen lässt
keine Schlussfolgerungen auf die tatsächliche Gestaltung im Einzelfall zu. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des
BAG nicht ausgeschlossen, dass das türkische Unternehmen für das deutsche Unternehmen im Rahmen eines
Dienst- oder Werkvertrages tätig wird, denn auch im erlaubnispflichtigen Personen- und Güterverkehr ist nicht jeder
drittbezogene Arbeitnehmereinsatz zugleich Arbeitnehmerüberlassung iS des AÜG (BAG 6. August 2003 - 7 AZR
180/03 = BB 2004, 669; vgl auch BAGE 94, 144 = AP Nr 8 zu § 14 AÜG). Jedoch rechtfertigt nicht allein die
Erwägung, das türkische Unternehmen erbringe mit seinen Arbeitnehmern die von ihr der deutschen Auftraggeberin
geschuldete Leistung, die Schlussfolgerung des LSG, hier liege ein Werkvertrag vor.
Ob Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, beurteilt sich nach der Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen
Verleiher und Entleiher einerseits (Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen dem Entleiher und dem
Arbeitnehmer andererseits (Leiharbeitsvertrag) sowie dem Fehlen arbeitsvertraglicher Beziehungen zwischen
Arbeitnehmer und Entleiher. Hiervon ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei Dritten auf Grund eines Werk- oder
Dienstvertrages zu unterscheiden, die vorliegt, wenn der Unternehmer die zur Erreichung eines wirtschaftlichen
Erfolges notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisiert und er dem
Drittunternehmer für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten
Werks verantwortlich bleibt. Im letztgenannten Fall unterliegen die Arbeitnehmer den Weisungen des Arbeitgebers,
wobei ein Weisungsrecht des Dritten im Einzelfall, wie sich auch aus § 645 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch
ergibt, unschädlich sein kann (BAG Urteil vom 6. August 2003 aaO). Maßgebend für die Abgrenzung zwischen
Arbeitnehmerüberlassung und Dienst- und Werkverträgen ist der tatsächliche Geschäftsinhalt des
Vertragsverhältnisses (BAG aaO). Zu den maßgebenden vertraglichen Beziehungen und deren Handhabung hat das
LSG jedoch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Dies wird nachzuholen sein.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.